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Leopold Federmair
Rosen brechen

Leopold Federmair

Rosen brechen

Österreichische Erzählungen

OTTO MÜLLER VERLAG

www.omvs.at

ISBN 978-3-7013-1245-0

© 2016 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG-WIEN
Alle Rechte vorbehalten
Satz: Media Design: Rizner.at
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck – Germany
Coverbild: Leopold Fellinger

Inhalt

Vorwort

Vom Lande

Beim Schmiedl

Die Michaelskapelle

Das Feld

Schwedenbomben

Rosen brechen

Kukuruz

Vorwort

Als ich vor drei Jahren mit meiner spanischen Übersetzerin über eine Auswahl von Erzähltexten sprach, die in Mexiko erscheinen sollten, entschieden wir uns für „österreichische Erzählungen“, denn mir wurde klar, daß ich mich seit den späten achtziger Jahren, als ich mit dem Schreiben ernst zu machen begann, immer wieder mit meiner österreichischen Kindheit und Jugend auseinandersetzte, auf mehr oder weniger direkte Weise, mit einem wechselnden Anteil an Fiktion, Erfindung, Phantasie. Jene Auswahl trägt den für Mexikaner exotischen, für Oberösterreicher, Salzbur ger und Bayern vertrauten Titel Freilassing. Wege der Befreiung aus den Gefängnissen, den Festlegungen der frühen Biographie zu suchen, war und ist einer der Antriebe dieses Schreibens.

Eine österreichische Autorin sagte kürzlich in einem Interview, an einem bestimmten Punkt ihres Lebens seien viele ihrer Kindheitserinnerungen „abgefallen“. Ihre Verwandten waren alle gestorben, so konnte sie „neu anfangen“. Obwohl ich bezweifle, daß Erinnerungen einfach so abfallen können, glaube ich ebenfalls an die Möglichkeit von Neuanfängen, von Wiedergeburten. Zugleich aber trägt ein jeder die frühen Erinnerungen ein Leben lang mit sich. Die Art, wie sie auf unser gegenwärtiges Leben einwirken, ändert sich, und ebenso ihre Gestalt. Wir gestalten die Inhalte unseres Gedächtnisses, meist unbewußt, zuweilen mit Absicht. Was wir erlebt haben, ändert sich in der Erinnerung, und schon die ersten Speicherungen sind heterogen, durch Erzählungen anderer beeinflußt, durch Familienfotos und Ansichtskarten, durch das eigene Wunschdenken. Schon aus diesem Grund glaube ich nicht, mit meinen Erinnerungen jemals ganz fertig zu werden. Was wir tun können, ist, sie durch Erzählen so zu bearbeiten, daß sie uns nicht mehr bedrängen und behindern. Ja, vielleicht können sie sogar Impulse zum Neuanfang geben.

Meiner spanischen Übersetzerin habe ich es zu verdanken, daß das, was ich für abgeschlossen hielt, wie eine späte Welle zurückgekehrt ist, unter anderen Blickwinkeln, mit Schichten und Höhlen des Gelebten, die in meinem Gedächtnis verborgen waren und der Fiktion bedurften, um formuliert werden zu können. Der Grundtext dieses Strangs österreichischer Erzählungen ist eine Geschichte mit dem gar nicht heimatlich klingenden Titel Bitumen, 1994 in dem Band Monument und Zufall erschienen, aber schon in den achtziger Jahren entstanden. Aus ihm geht alles weitere hervor. Die relative Kohärenz dieses Blocks oder Stroms, also die Zusammengehörigkeit verschiedener Texte, war mir selbst lange Zeit nicht klar. Die mexikanische Anthologie hat in mir den Wunsch geweckt, einen abschließenden Band mit österreichischen Erzählungen zu schreiben. Dabei bin ich einem Ausdrucksbedürfnis gefolgt, das mich zum Beispiel die Erfahrungen von Kindesmißbrauch ein weiteres Mal und, wie ich glaube, auf neue Weise literarisch bearbeiten ließ. Die jetzt modifizierte Erzählung Rosen brechen hat ihren Ursprung in der Zeit von Bitumen und ist mit der viel später entstandenen Erzählung Freilassing verwandt.

Inzwischen habe ich das Gefühl, diese Themen „erschöpft“ zu haben. In Wahrheit können Schlußstriche unter die eigene Vergangenheit, ob sie nun fiktional oder autobiographisch ist, immer nur vorläufig sein. Ganz gleich, wohin wir fliehen, wir tragen unsere Kindheit mit uns und werden sie nicht los. Die frühen Erlebnisse und Erfahrungen, auch die ganz gewöhnlichen, unscheinbaren, haben uns stärker geprägt und sich dem Gedächtnis tiefer eingeprägt als die meisten der späten. Allein schon deshalb zehren so viele Autoren von diesem oft genug ambivalenten Schatz. Nicht nur Schreibende, auch Leser, sogar Nicht-Leser, wir alle zehren davon. Wenn wir uns neu erfinden, was wir von Zeit zu Zeit tun sollten, kann uns der Rückblick als Trampolin für Kunstsprünge dienen.

Hiroshima, im März 2016

Vom Lande

Das Scheitel

Da stand er jetzt mit dem Scheitel in der Hand, während der Vater in die Knie ging. Ein Herzanfall wieder einmal, wird nicht der letzte sein. „Ich sag euch immer, ihr dürft ihn nicht ärgern“, sagte die Mutter bei jeder Gelegenheit. Seit er aus der Gefangenschaft zurück war, gingen ihm ständig die Nerven durch. „Dir werd ich die Wadel nach vorne richten!“ schrie er, wenn einer der Söhne nicht spurte. Dabei hatte der Sepp nur gesagt, was der Vater selbst oft gesagt hatte, nämlich daß das Holz vor Ostern gehackt werden muß. Jetzt hatte er etwas anderes im Kopf, die Mai feier nämlich, und an der Wand stapelten sich die gehackten Scheitel fast bis unters Dach. „Dir werd ich das Scheitel über den Scheitel ziehen“, hatte der Vater diesmal geschrien, und der Sepp hatte gelacht, das Scheitel über den Scheitel, das ist doch ein Witz. Er hatte den rechten Arm gehoben, hatte den Vaterarm aufprallen lassen und das zu Boden gefallene Scheitel an sich genommen. Jetzt lag der Alte wie ein Wurm gekrümmt im Gras und röchelte. Der Sepp warf das Scheitel in hohem Bogen fort, als wär’s ein Corpus Delicti (Cor pus Christi, dachte er, Deo gratias). Es landete zwischen den Mostbirnbäumen hinter dem Misthaufen.

Eine nervöse Wespe …

… kroch auf dem Tischtuch herum, erhob sich schwerfällig, zog ein paar Kreise über dem Bierglas und schwirrte ab, nahm die Nervosität mit sich. Auf ihre Rückkehr hätte man gefaßt sein können, aber sie näherte sich unbemerkt dem Schaum, diesem weißen Gebirge über dem gelben See, und hier stolperte sie, rappelte sich hoch, verlor sich zwischen den Rücken, halb betäubt. Die Änderungsschneiderin, eine bildhübsche Frau Ende zwanzig, hob das Glas auf die Höhe ihres Mundes, ohne das Gespräch mit dem weißhaarigen Mann, der kaum älter als sie war, zu unterbrechen, schließlich war sie gerade erst ins Er zäh len gekommen. Der Haarschopf blendete sie, aber sie konnte den Blick nicht abwenden. Der Mann leuchtet ja, dachte sie, der leuchtet wie der Stern von Bethlehem. Als sie mit ihrer Geschichte vom Hof und dem gefallenen und dem heimgekehrten Bruder zu Ende war, tat sie einen tiefen Zug und spürte sogleich einen Stich, griff sich an die Kehle, aber der Stich war inwendig, die Wespe kämpfte um ihr Leben, die Schneiderin rang nach Atem, ihr Gesicht verfärbte sich zuerst rot, dann blau. „Eis!“ rief der Mann mit dem Heiligen schein, „Eis!“ Er stürzte zum Kühlraum, drückte den schweren Hebel herunter, kam mit einem Kübel heraus. „Hätte ich ihr die Kehle durchschneiden sollen?“ sagte er später lachend, wenn die Rede auf den Vorfall kam. Er hatte die Frau geheiratet, sie arbeitete in der Küche, die Schneiderei hatte sie aufgegeben.

Die Scheibtruhe

Ja, das Schieben der Scheibtruhe, die nur ein Rad hatte, war eine Kunst, wenn man schwer geladen hatte. Die Welzig Berta kam ein- oder zweimal pro Woche mit ihrem hölzernen Wägelchen daher, auf das sie das Trank stellte, das unter dem Küchenfenster stand. Zwischen dem Tonnenrand und dem Fenster sims verlief ein dunkler Streifen an der Hauswand, weil das Küchenpersonal den für die Schweine vorgesehenen Abfall einfach aus dem Fenster fallen ließ und die Kartoffelschalen, Soßenreste, Fritösenrückstände und all das Verkommene, Verfaulte, das sich rasch ansammelte, Spritzer und Dünste absonderten. Die Welzig Berta trug eine blaue Arbeitshose aus grobem Stoff, ein kariertes Männerhemd, das sie sorgfältig in den Hosenbund steckte, und schwarze Gummistiefel, denn sie arbeitete im Stall und verbrachte die meiste Zeit bei den Tieren, die sie besser verstand als die Menschen. Manche behaupteten sogar, die Berta schlafe im Stroh neben den Schweinen, aber das stimmte nicht, weil sie einen Sohn hatte, der in die Haupt schule ging, und zwei Zimmer mit ihm bewohnte, neben der Stiege, die zum Mostkeller führte, zwei dunkle und feuchte Löcher in der Mitte des bedroh lichen Labyrinths, das der außen stattliche Bauernhof in seinem Inneren war. Manchmal, auf der Straße oder aus dem Stall, hörte man die Welzig Berta vor sich hin fluchen, aber es war schwer, sie zu verstehen, weil sie wie mit einem Knödel im Mund redete. Ein- oder zweimal im Jahr kam es vor, daß sie eine der Likör flaschen austrank, die sie unter der Abwasch hortete. Dabei hörte sie dem Wunschkonzert zu und schlief irgendwann ein, schlief wie eine Tote, bis tief in den nächsten Tag hinein. An so einem Tag kam ihr Sohn, der Welzig Herbert, weil das Trank schon einen Gupf auf der Tonne machte und neue Speisereste auf den Boden fielen, mit der Scheibtruhe daher und lud die Tonne auf, stellte sie an den seitlichen Rand der Ladefläche, so daß sie umkippte, als er vom Parkplatz in die Straße einbiegen wollte. Das Trank rann die Straße hinunter, und der Welzig Herbert wußte nichts Besseres, als sich in den Graben daneben zu setzen und zu weinen. Er steckte seinen Kopf zwischen die Knie und wimmerte nach seiner Mutter, die ihn auch dann nicht gehört hätte, wenn er den Kopf gehoben und laut nach ihr gerufen hätte, denn sie lag schnarchend auf dem Diwan neben dem Volksempfänger, der irgendeine Blasmusik dudelte.

Hollywoodschaukel und Prinzenrolle

Die Hollywoodschaukel vor der dunkelgrünen Glaswand der Fertigungshalle quietschte noch eine Weile vor sich hin, ehe sie ganz zum Stillstand kam. Der Schaukelboden strich im langsamer werdenden Rhythmus über die ungemähten Gräser, und auf dem graubraunen Lehmfleck vor der Bank, der ein Oval aus der Wiese schnitt, lag ein Fetzen von einer Prinzenrolle, auf dem just der schlanke Prinz sichtbar war, sowie das Sternengefunkel über seinem Kopf. Mit seinen Zähnchen knabberte das Kind den Keks von dem Cremekreis, um die Erfüllung seines Begehrens hinauszuschieben und, wenn die Arbeit beendet war, die Süße umso reiner zu schmecken. Hinter dem grünen Vorhang der Trauerweide versteckt hatte das Kind beobachtet, wie der Kopf der Kellnerin langsam nach hinten gesunken war und der Mann von Zimmer 12 seine Lippen auf ihre Lippen legte, ohne mit den kleinen Fußstößen aufzuhören, die die Hollywoodschaukel im Rhythmus hielten, und es hatte einen Seufzer vernommen, als machte ihr irgendetwas Sorgen. Das Knistern vom Keks, dachte der Bub, wird sie aufschrecken, und er ließ die Masse im Mund zergehen, bis sie ihm als brauner Saft aus dem Mundwinkel rann. Als er das nächste Mal seine Nase zwischen die Zweige und Blätter steckte, war das Pärchen verschwunden, als wäre es niemals dagewesen. Und doch hatten die beiden auf der Hollywoodschaukel küssend geschaukelt, der lachende Prinz würde noch Zeugnis ablegen, wenn das Quietschen längst verstummt und hinter der Hecke der Motor des Opel Kadett – nach dem fünften Versuch – angesprungen war.

Der geköpfte Hahn

Ob der Hahn wirklich ohne Kopf über den Hof gelaufen ist? In jeder Landkindheit kommt die schauerliche Szene vor, aber vielleicht handelt es sich um Wiederholungen, von Kind zu Kind, deren ursprüngliches Bild längst verloren gegangen ist. Viel schlimmer war doch das Hühnerrupfen, es wiederholte sich als handfeste Wirklichkeit alle paar Tage, immer gleich, die weißliche Haut bildete Spitzen, die Federn waren Stacheln, an denen die Hand zupfte, ein paar ausgerissene steckten schon in dem kleinen Hohl raum, den die beiden letzten Finger bildeten. Die nackte Haut war von kleinen roten und ein paar blauen Flecken übersät. Die mißhandelte Leiche sollte jetzt gebraten und gegessen werden? Ab in den Kühl raum mit ihr, auf Nimmerwiedersehen!

Die Fischblase

Unter der Hand der Köchin, die den Fisch am Bauch aufschlitzte, quoll die Blase hervor und wurde größer, als säße ein Kobold im Fischbauch und bliese, vorsichtig wie die Kinder ihren Bazooka-Kaugummi, da mit er nicht platzte, sondern größer wurde, noch ein wenig, noch ein wenig, die Weltkugel vor dem Mund. Irgendwann platzte das federleichte rosa Gebilde, wie alles platzt, auch die Fischblase, das Kind holte eine Nadel vom Nähtisch im Arbeitszimmer und stach hinein, selbst das Zerstören war schön, das Zurückgehen, das Kleinerwerden, Verschwinden, schließlich der Hautfetzen, der von der Hand der Köchin im Trank verschwand.

Brennesseln

Das Brennesselgestrüpp wächst immer noch an seinen Orten, hinten am Rand der Scheune, unter der Eisenbahnböschung, zwischen der Marienkapelle und dem Schotterwegerl. Der große Dicke schubst den Kleinen, weil er „Dicker“ gesagt hat, und die gezackten Brennnesseln lecken gierig an den Waden, es ist die grüne Hölle des Kleinen. „Daraus kann man Tee machen“, schrie er eines Tages, „Brennesseltee, hat die Mutter vom Herbert gesagt“, und der Herbert nickte, weil er immer nickte, damit er nicht in die Brennesseln geschubst wird. Also haben sie angefangen, Brennesseln auszurupfen, die sie nur am Stengel anfassen durften, nicht an den Blättern, sonst wäre es wieder die Hölle gewesen. Sie schlichteten die Pflanzen vorsichtig übereinander, der Dicke legte Wert auf Ordnung, daß ein Blatt über das andere paßte, und der Welzig Herbert lief, um den Zöger zu holen, in den seine Mutter sonst die Nüsse legte. Aber die Welzig Berta machte daraus keinen Tee, sondern eine Salbe, die angeblich gegen Rheumatismus half. Sicher ist, daß der Dicke den Kleinen nicht mehr in die Brennesseln schubste und daß sie nun öfters Brennesseln pflückten, weil ihnen die Welzig Berta dafür einen Schilling gab, mit dem sie sich Bazookas kaufen konnten. Sie sammelten die Kaugummibilder, damit sie, wenn sie hundert gesammelt hätten, einen Fußball geschickt bekämen. Die Wuchtel ist nie eingetroffen, aber die Brennesseln, wie gesagt, die wachsen immer noch.

Der Weihrauchbub …

… schob seinen Arm in den Ärmel der Joppe und tastete nach dem Fäustling, der an einem starken Wollfaden hing, der zum anderen Fäustling führte, der im anderen Ärmel steckte. Dasselbe Spiel dann auf der anderen Seite, und der Faden kratzte im Nacken, weshalb der Weihrauchbub ein, zwei Hüpfer machte, um sich und die Kleidung zu lockern. Draußen war es noch finster, die Schneewächten schimmerten im gelblichen Licht der Straßenlaterne, die Kirche lag am Ende des Wegs wie der Schatten eines der vorzeit lichen Tiere, die das Buch bevölkerten, das er zu Weihnachten bekommen hatte. In der Sakristei wankte der turmhohe Pfarrer, während Schwester Monika an seinem weißen Kittel herumzupfte, damit er über dem Gurt bauschige Falten würfe, nicht zu wenig und nicht zu viel. Schläfrigkeit, später, im Stehen, Traum reste vermischt mit eingeschliffenen Handlungen, das Häuflein der alten Frauen in den Bankreihen vor der Treppe. Der Höhepunkt, wenn er den Pfarrer zum Tabernakel begleitete, sie zwei allein, der winzige Knabe und der turmhohe Mann, allein vor der rosenfarbenen Höhle, die sich im Holzschnitzwerk auftat, und der Goldkelch darin, das sanfte Fleisch, der Seifenduft an den gepflegten Fingern des Pfarrers.

Tarock

„Industrie und Glück“, stand auf einer der bunten Tarockkarten. Das Wortpaar wurde dem Kind zum Leitspruch, obwohl der Vater, der jeden Samstagabend in der Kartenrunde saß, nur unverständlich brummte, wenn es danach fragte. Die Karten flogen, wandten sich ab, wurden aufgedeckt, blieben verhalten, bis das Spiel eine Lösung fand. Das Kind folgte dem Streit und den Verbrüderungen von Mond und Gstieß, von Vernunft und Zufall, es flog mit dem Adler, setzte sich dessen funkelnde Krone auf, die sich wie eine Wollmütze anfühlte. Der Vater war beherrscht, konzentriert, manchmal zeigte sich etwas wie Genugtuung auf seinem Gesicht. Andere Spieler zischten, pfiffen durch die Zähne, grinsten. Ein Zaundürrer kaute an einem Zahnstocher, der ihm aus dem Mundwinkel stand. Der Mond sandte silbrige Strahlen über den Tisch. Oder waren es Rauchschwaden einer doch noch entzündeten Zigarette? Der Gstieß sah aus wie ein lustiger Kerl, aber dann stieg er auf wie der Sichelmond und stürzte herab wie der Raubvogel und packte einen aus der Runde am Genick. Nie den Vater, vor ihm hatte er Respekt.

Der Eierkarton …

… hatte 25 Vertiefungen, Mulden in denen die Eier ruhten. Ebensoviele Erhöhungen, oder noch mehr, die aussahen wie Spitzberge, wie Fingerhüte. Der Karton war weich und doch fest, nur gegen Flüssigkeiten schwach. Wenn eine Schale zerbrach, bildete sich ein gelber See, der mit der Zeit stockte. Der Mann, der die Kartons durch die Hintertür neben der Küche hereintrug, wurde Oagödn genannt. Hatte er die Eierkartons abgestellt, bestellte er sich einen gespritzten Apfelsaft an der Theke der Gaststube, den er manchmal auszutrinken vergaß. Er wechselte ein paar Worte mit der Kellnerin, die eine kleine Tochter hatte, und mit ihrer Bedäch tig keit und dem wächsernen Teint nicht in die Wirtshaus umgebung paßte, weshalb sie als hochnäsig galt. Eines Tages quittierte sie den Dienst und zog mit ihrer Tochter auf den Bauernhof, von dem die in der Küche verarbeiteten Eier stammten. Weiterhin brachte der Oagödn die Eier, verzichtete jedoch auf das Getränk an der Theke. Eines Tages, als die Tochter der Kellnerin schon großjährig war, wurde ihre Mutter erschossen, angeblich, weil sie sich der Verbindung mit ihrem Lieb haber, einem Hauptstadtganoven, wi der setzt hatte. Seit dem kaufte die Wirtin die Eier in der Stadt, im Groß markt, den sie am Sperrtag besuchte. Die Eiervierecke waren jetzt aus Plastik, dem es an Weichheit fehlte.

Suderanten und Spinner …

… gab es jederzeit, ohne sie konnte das Dorf nicht auskommen. Suderanten in größerer Zahl, vielleicht bildeten sie sogar die Mehrheit. Wobei zu bedenken ist, daß bald einer als Suderant galt, wenn den anderen nicht paßte, was er absonderte. Das Sudern war eine Beschäftigung, der vor allem die Stammgäste an der Theke oblagen, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als ein Fernsehgerät an der Decke angebracht wurde. Bestimmt wurde auch zu Hause gesudert, das Leben bot Anlässe genug. Man könnte sagen, daß das Dorf aus zahllosen Suderanten und ein paar Spinnern bestand. Zu letzteren zählten jene, die einer zwielichtigen Tätigkeit nachgingen oder fremden Gedanken nachhingen und gar nichts absonderten, oder unverständliches Zeug. Die Spinner waren verschlossen und ungefährlich.

Verschustern

Was haben wir nicht alles verschustert! Die Fäustlinge (am Ende von jedem Winter), das zweite Mohnflesserl (oder verschenkt?), das schöne Sacktuch, das Brillenetui der Großmutter, den von der Linzer Tante geschenkt bekommenen Maria-Theresien-Taler, das Album mit den Abziehbildern (nicht zurückbekommen!), die im Ziegelteich davongeschwommene Wuchtel, den Korken vom Pfitzepfeil, den Hirschknopf von der Strickjacke, den Schatz im Silbersee (nicht zurückbekommen!), die Zeit in der Scheune (wo das geschah, was wir nicht merkten), das rotzige Sacktuch, das Gerstl (vom Onkel mit dem schwarzen VW), die Antenne vom Kofferradio, die Neue Revue, die Benachrichtigung, die Lutschtabletten, die Wörter (wenn aufkam, was niemand wissen durfte).

Beim Schmiedl

Und der kleine Theo ging ohne die Hand des Vaters, die auf einmal stehen geblieben war, weiter. Ging ohne die Hand, die in der Luft zurückblieb wie die Trompete des Trompeters, dem die Feindeskugel die Brust aufgerissen hat. Klebte am Arm, die Hand, und der Arm klebte an der Achsel des Vaters, klebte wie die Trompete am Mund des Trompeters: waagrecht und himmelwärts, in einem Winkel von fünfundvierzig Grad vielleicht, wie im Grunde genommen ja auch der Kopf der Tante Josefa und die Köpfe der Bekannten der Tante, die gerade noch gekudert hatten

Eierköpfe sagte der Onkel zu viel Eierlikör zum Himmel zeigten, ebenso der Spaten im Gemüsebeet und die Antenne am schwarzen Opel vor der Haustür, ebenso der Bach, der jetzt auf einmal ein Zierstock im Beet war mit der silbrig rosa glitzernden Kugel, die in die Luft zitterte wie ein Abendmond, denn es war Abend und der Gewitterdonner verrollte, vertrollte sich, die Wolken hatten einem großen Oval Platz gemacht, das ihn, den kleinen Theo, an die Glatze von Onkel Kurt erinnerte: die Glatze von oben betrachtet, wenn er auf den Schultern des Onkels saß und seine Arme um den Hals schlang, bis die Glatze rosa und schließlich rot wurde wie die Krawatte, die der Onkel trug, rosa mit roten Flecken, während Theo jetzt unter der Glatze des Abendhimmels lief, als wäre all der Platz ringsum nur für ihn, die Hand des Vaters schon fern wie ein weißes Taschentuch am Pier, der Weg von früheren Regengüssen ausgehöhlt, die Steine freigelegt, die Lehmwände rechts und links glänzend, die Haselnußstauden fuchtelnd, als wollten sie ihm sagen: daß: dringlich, aber ihre Sprache war unklar, aber Theo ließ sich nicht abbringen, sondern steckte Steinchen um Steinchen in die Tasche seiner ledernen Pumphose: Den Weg aufsammeln, dachte er, nichts soll hinter mir übrig bleiben, den Weg aufräumen, bis ich nirgendwo ankomme, bis der Wald weggeht mit seinen Bäumen und Pilzen und roten Augen, die mich anstarren, die ich angreifen muß, damit die Glatze des Onkels endlich zerplatzt, die Ästchen und Äderchen, die sich in den Wolkenhainen verzetteln, die Gerinnsel, die im Stein aufschlagen und widerhallen.

Da bist du ja, sagte Großvater Manuel, wir haben dich überall gesucht.

Was hast du denn im Höllwald zu suchen, sagte Onkel Kurt und strich sich mit der flachen Hand über die Glatze. Wo nicht einmal der Wegmacher Augustin hineingeht, geschweige denn wieder herausfindet, weil die Bäume so kreuz und quer stehen, daß die Eiche ihre Kinder nicht mehr kennt.

Theo streckte den Arm aus und öffnete bedächtig die Faust, so daß Wasser zu Boden tropfte vom Stein, der im Abendlicht funkelte. Die Erwachsenen schauten sich an, weil das Tropfen nicht aufhören wollte.

Aber das ist doch kein Stein, rief der Onkel, das ist eher ein Glas. Er griff nach der Hand, die Theo rechtzeitig schloß.

Laß, sagte Großvater Manuel, du tust ihm weh. Und die kleine Faust schlüpfte aus der großen und blieb vor aller Augen in der Luft stehen, und die Bekannte der Tante Josefa, die entgegen ihrer Ankündigung noch immer nicht nach Hause gegangen war, rief: Aber das war doch nur ein Glasscherben von einer zerbrochenen Bierflasche. So ein unnützer Scherben, wirf ihn endlich weg!

Der Splitter wird dir bis zum Hals steigen, rief die Tante im Duett mit dem Onkel. Der wandert durch das Blutgeäst, das kann Jahre dauern. Eines Tages erreicht er das Herz und du fällst tot um … Hörst du, tot!

Jetzt ließ sich Theo einfach zu Boden fallen, auf den kalten Steinboden im Flur neben der Eckbank, wo nie jemand saß, ließ er sich fallen, nur die Äpfel im Herbst lagen da in den Kisten, bis sie braun wurden und weiße und grüne Augen zeigten wie die Höllschwammerl, die die Großmutter, als sie noch lebte, zu einem Sud verkochte, den sie den gichtigen Männern und Frauen im Dorf auf die Knochen schmierte: dort ließ er sich hinfallen neben die faulig stinkenden Kisten, aber niemand außer ihm glaubte, daß er wirklich tot war, weil sie wußten, daß kein Glasscherben so schnell das Herz eines kleinen Buben erreichen kann.

Am nächsten Morgen nahm Großvater Manuel Theos Hand, und beide gingen zu dem großen Stein, der neben der Kapelle an der Landstraße unter dem Lindenbaum lag. Siehe, auch das ist ein Stein, sagte Großvater Manuel, wie willst du ihn heben mit deinen Händen, wie willst du ihn in deine Tasche stecken, wie willst du ihn forttragen? Niemand weiß, wie der Stein hierher gekommen ist, aber man erzählt, der Kaiser habe sich darauf niedergelassen, als er vor vielen, vielen Jahren hier aus der Kutsche stieg. Deshalb nennen wir ihn heute noch Kaiserstein, obwohl es keinen Kaiser mehr gibt. Und nach dem Kaiser haben sich so viele Leute darauf niedergelassen, daß diese Mulde sowie zwei Armlehnen und ein Fußschemel entstanden sind, weil die äußeren Schichten des Steins mit der Zeit abgegangen sind durch das viele Sitzen der Leute.

Dann ist die Haut vom Stein am Hosenboden der Leute kleben geblieben, und so haben sie alle zusammen den Stein fortgetragen wie Ameisen, Großvater Manuel?

Theo plantschte in der von altem Regenwasser gefüllten Mulde. In Wahrheit kam es nur selten vor, und wenn, dann im Sommer, daß sich jemand auf den Kaiserstein setzte.

So kann man es sagen, sagte Großvater Manuel, aber es wird tausend Jahre dauern, bis sie ihn ganz weggetragen haben werden. Das werden wir zwei nicht mehr erleben. Siehe, auf dem Erdenkreis gibt es unermeßlich viele Steine, kein Mensch kann ihre genaue Zahl messen. Wenn du anfängst, sie alle einzusammeln, wirst du doch niemals fertig, und wer weiß, ob sich die allerschönsten nicht erst viel später zeigen würden, während du dich mit den grauen und glatten Kieselsteinen aufhältst, die hinter dem Haus und am Höllberg vorkommen.

Dann müßte ich erst ans Ende der Welt gehen, damit ich die schönsten Steine auf dem Rückweg einsammeln kann?

So kann man es sagen. Nur daß du dann so alt wie dein Großvater Manuel sein wirst und weiße Haare und einen grauen Schnauzbart haben wirst.

Aber ich will keine Steine sammeln, sondern Glasscherben, die funkeln wie ein Feuerwerk. Und in die Hosentaschen will ich Haselnüsse stecken, soviel ich essen kann

bis sie platzt, die Hose

oder die Glatze

und Gräser und Blumen und Bildchen mit Fuß ballern und Tieren, und Groschen und Schillinge und Kastanien und Bierflaschen wie mein Cousin Herbert, und Gräser und Blumen, die ich der Tante schenken kann, Gänseblümchen Narzissen Edelweiß, Käfer und Schlangen und Eidechsen, damit die Tante weiß wird im Gesicht.

Der alte Mann und der kleine Bub gingen auf dem weißen Kieselweg die Sonnleiten hinunter bis zum Bach, der sich am Talboden hinter dichtem Gebüsch versteckte.

Siehst du, sagte Großvater Manuel, die Kieselsteinchen hier hebst du nicht auf, weil sie einander gleichen wie die Eier der Henne.

Jetzt muß ich aber mit dir reden, Großvater Manuel, sagte Theo und spitzte die Ohren.

Im selben Augenblick kroch ein Gleichnis über den Bäckerberg, es tauchte so plötzlich auf wie eine Sternschnuppe oder ein Blitz, der den Himmel spaltet, oder ein Käfer, der über den Rücken läuft, vorbei an den Katen Stadeln Gemüsegärten, schwalbenflink an der alten Volksschule vorbei, die so abgelegen war, daß die Kinder des Krämers und des Gemeindesekretärs lieber zu Hause lernten.

Ein Gleichnis, sagte Großvater Manuel, hast du’s gesehen? Eigentlich gibt es ja gar keine Gleichnisse, also wird es eine Luftspiegelung gewesen sein, eine Fata Morgana, verstehst du. In Wirklichkeit ist alles verschieden, kein Ei gleicht dem anderen, so daß jedes einen anderen Namen haben müßte, nicht Ei oder Stein oder Gleichnis, sondern zum Beispiel AABACZ, wie ja auch jeder Mensch einen anderen Namen hat, oder heißt du etwa Manuel, Theo?

AAABZ? sagte Theo und kratzte mit dem Schuhabsatz auf dem Weg, bis ein sichelförmiger Schatten zustande kam. Dann heißt dieser Kieselstein hier AABA … Solche Namen kann sich doch niemand merken.

Eben, sagte Großvater Manuel, deshalb lassen wir es lieber bleiben und nennen sie alle nur Steinchen, oder weiße Kieselsteinchen, oder weiße spitzige Kieselsteinchen, und was dazwischen hervorwächst, nennen wir Gräser

auf denen man pfeifen kann

auf denen du pfeifen kannst, wenn du sie zwischen die Lippen spannst wie eine Mandolinensaite. Wir gebrauchen, ohne daß wir es merken, das Verähnlichungsvermögen, das uns allen angeboren ist, schon ganz kleine Kinder verähnlichen die Welt, die zufällig um sie herum ist. Das Verähnlichungsvermögen entwickelt sich langsam, aber irgendwie ist es von Anfang an da, in potentia, verstehst du, Theo, wir ziehen das Verähnlichungsnetz über die Welt, weil wir fürchten, daß die Dinge auf uns losgehen wie Raubtiere oder wie Panzer

ich fürchte mich nicht vor den Tieren

halten wir uns die Dinge vom Leib, die Bäume Häuser Steine Wolken, die Bäche Wege Stege Tropfen, sie können uns nichts anhaben, weil wir sie mit Wörtern zusammenbinden wie Radieschen mit einem Gummiring.

Und die Radieschen sind alle verschieden? sagte Theo, als sie sich der Holzbrücke näherten, deren letzte Bohle rumpelte, weil gerade ein Kombiwagen darüberfuhr (der Lenker grüßte Großvater Manuel durch das offene Fenster).

Ja, sagte Großvater Manuel. Oder nein. Es kommt darauf an, wie du sie ansiehst. Und es hängt davon ab, ob du schon einmal welche gegessen hast. Du hast doch schon öfters Radieschen gegessen, in Scheibchen geschnittene Radieschen mit weißem Fleisch und roter Haut auf dem Butterbrot, ein bißchen Salz draufgestreut, damit die Wassertröpfchen hervortreten können. Die schwitzen wie der Onkel, wenn er das Gras mäht.

Ich schwitze nie, sagte Theo.

Du bist noch ein recht kleines Radieschen, sagte Großvater Manuel. Mit einem roten Köpfchen, weil die Sonne scheint und du kein Hütchen aufsetzen willst.

Entweder oder nicht?

Der kritische Verstand ist auch so ein Pflänzchen, das Zeit braucht zum Wachsen. Notwendig, aber nicht so unterhaltsam. Ein Spielverderber ist das Urteilsvermögen des Verstandes. Will die Spreu vom Weizen trennen, und am Ende ist alles nur Spreu. Aber es gibt auch fröhliche Burschen, die sich einen Spaß daraus machen, daß sie jedes einzelne Ding aus dem Kasten nehmen und ins Licht halten und das Gefunkel begutachten.

Mein roter Scherben!

Das große Glas, das zerbrochen ist auf dem Transport nach Philadelphia: nur ein paar Sprünge, fast alle auf der Seite der Junggesellen, wenige auf der Seite der Ehefrau, eigentlich gar nicht zerbrochen, sondern nur verziert, von einem System feinster Risse durchzogen, vergleichbar dem Netz der Ähnlichkeiten, die so fein sind, daß sie niemals im Gleichnis aufgehen.

Man kann nicht durch es hindurchsehen.

Kurz, Theodor, das Gleichnis hat kurze Beine. Jemand hat es vom Horizont abgelesen wie eine altersschwache schnaubende Fliege, sagte Großvater Manuel schnaubend, denn er und der kleine Theo hatten ein langes Wegstück zurückgelegt und kamen jetzt gerade am Tor des alten Dorfgasthauses vorbei, wo oben im großen Saal jahrein jahraus die Hochzeits- und Begräbnis- und Tauffeiern stattfanden, auch gestern hat eine Hochzeit stattgefunden, nur daß nachher noch eine Handvoll Gäste in der Gaststube unten zurückgeblieben sind und der Ederwirt die Aushilfskellnerin nach Hause geschickt hat, mit den paar Leutchen käme er allein zurecht, und im Morgengrauen hat dann der Bäcker, als er durchs Fenster schaute, weil ihm irgendetwas komisch vorkam, den Wirt vor der Theke in einer Blutlache liegen sehen und daneben einen vollkommen zertrümmerten, ja zersplitterten Stuhl – sie kamen also, Theo und Großvater Manuel, zum Gasthaustor, das an einem Samstagvormittag immer offenstand, aber heute nicht, was dem Großvater komisch vorkam und in seinem Kopf ein Säuseln auslöste, das erst aufhörte, als ihm der Schmied, der schon lange keine Hufe mehr beschlug, sondern Garten- und Haushaltsgeräte reparierte, aber immer noch von allen Schmied genannt wurde oder Schmiedl (so nannte er sich selbst, weil er ja doch kein richtiger Schmied mehr war), die greuelhafte Geschichte erzählte. Auch Theo hörte die Geschichte an, während er in der Werkstatt auf einer großen grauen Gießkanne saß, auf der er reiten konnte, wie wenn sie das Pferd wäre, dessen Sattel dort an der Wand hing, und er stellte sich vor, wie der Mann, sicher war es ein Bekannter vom Wirt

Einen Unbekannten prügelt man nicht über den Tod hinaus

In der Ukraine hab ich einmal gesehen, wie sie einen Toten gevierteilt

Was heißt das Großvater Manuel was heißt gevierteilt?

In vier Teile zerlegt

Wie ein Hähnchen?

Kann man so sagen

der dem Stuhl ein Bein ausgerissen hat, muß schwerer gewesen sein als das Beineausreißen beim Frosch damals am Klammerteich, der uns angestarrt hat mit riesigen Augen und einem Herz, das so heftig schlug, wie wenn es aus dem kleinen Körper herausspringen wollte, der ganze Frosch ein einziges glitschiges grünes Herz mit verkümmerten Ärmchen und zwei Beinen, die sich ausreißen ließen wie Grashalme, nur daß es glitschte und das Herz so laut klopfte, wie wenn es im nächsten Augenblick sagen wollte

herein
nein
hinaus

nein, das Herz hat schon keinen Mucks mehr gemacht, die Beine waren schon fort, sie waren zu den anderen Schenkeln in den Korb gefallen, die dort zuckten, wie wenn sie miteinander tanzen täten, in dem Korb, den der Sigi trug, weil er doch irgendwas tun mußte, der Sigi, zum Fröschefangen war er zu feige, er traute sich nicht einmal, sie anzugreifen.

Während er der Erzählung des Schmieds zuhörte, begann sich Theo zu fragen, ob nicht auch Stuhlbeine Schmerzen empfinden und zusammenzucken, wenn man sie schlägt.

Vielleicht rührt sich der Tote noch, Großvater Manuel, gehen wir nachschauen … vielleicht will er die Splitter zusammenkehren.

Aber ich habe den Hahn gesehen, wie er auf den Misthaufen gelaufen ist ohne Kopf, der war noch nicht tot.

Wann ist einer tot, Großvater Manuel?

Der Schmied erhob sich vom Holzschemel, auf dem er seine Arbeit verrichtete, die Schürze vor der breiten Brust. Er legte die große Feile zur Seite und bat Großvater Manuel, auf die Werkstatt aufzupassen, weil er zum Lagerhaus müsse, bevor die Mittagsglocke läute.