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Über das Buch

In einem Feriencamp in Kroatien lernt die 16-jährige Mel den stillen und ernsten Arnon kennen. Mel ist fasziniert von ihm, obwohl sie den festen Vorsatz hat, sich niemals zu verlieben. Doch außer ihr scheint keiner der anderen Campteilnehmer Arnon zu kennen. Nicht einmal ihrer besten Freundin Kara ist der gutaussehende Junge bisher aufgefallen. Als im Camp ein Junge beinahe ertrinkt, hat Melanie ein Déjà-vu, denn auch sie wäre als Kind einmal fast ertrunken. Und eine weitere Erkenntnis trifft Mel wie ein Schlag: Damals war Arnon in ihrer Nähe! Doch wie kann das sein? Nur eins kann sie mit Gewissheit sagen: Arnon und sie verbindet etwas Besonderes ...

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Drei Monate später

1

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»Was denkst du, soll ich das Teil hier auch noch mitnehmen?« Die Stimme meiner Freundin erklang dumpf aus den Tiefen ihres Kleiderschranks. Ich saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Seit einer gefühlten Ewigkeit, oder genauer gesagt, seit einer guten Stunde kramte Kara nun bereits in ihrem Schrank und warf diverse Kleidungsstücke auf einen Haufen, der sich in der Mitte ihres Zimmers bereits auf Mount-Everest-Höhe türmte. Daneben lagen zwei geöffnete Koffer und eine Reisetasche. Schminkutensilien, Badetücher und ein kleiner Schuh-Berg rundeten das Chaos ab. Karas sonst so ordentliches Zimmer glich einem Schlachtfeld. Nur einmal hatte ich mir erlaubt, sie darauf hinzuweisen, dass sie vielleicht ein klein wenig zu viel einpackte.

»Melanie Mary Jankins, du wirst mir noch dankbar sein für meine Weitsicht beim Packen.« Sie hatte drohend mit dem Finger vor meinem Gesicht herumgefuchtelt, ihre blauen Augen hatten gefährlich unter zusammengezogenen Brauen aufgeblitzt. Ganz bestimmt würde ich das. Aber vorher würde ich ihr noch helfen müssen, das ganze Zeug nach Kroatien zu schleppen. Und das lag ja bekanntlich nicht gerade um die Ecke von Sevenoaks. Genau genommen lag es am anderen Ende Europas. Und genau dort sollte es für die perfekten Ferien auch liegen. Natürlich schaffte Kara es nicht lange, ihre strenge Oberlehrermiene aufrecht zu erhalten. Kichernd verschwand sie wieder in ihrem Schrank.

»Sag schon, Mel, was hältst du von dem Teil?«

Ich betrachtete das schwarz-weiß-gepunktete Rüschen-Etwas, das eigentlich aus zwei Komponenten bestand, mit einem Kopfschütteln. »Das ist kein Bikini, das ist ein Zirkuszelt.«

»Das ist Retro«, verbesserte mich Kara.

So was hatte ich schon befürchtet. Retro und Vintage waren zurzeit Karas Lieblingsbegriffe. Teile, in denen nicht einmal meine Grandma auf die Straße gegangen wäre, fand sie total schick.

Ich grinste. »Von mir aus ein Retro-Zirkuszelt. Willst du das wirklich anziehen?«

Kara zog eine Schnute, die sie in Kombination mit ihrem kurzen roten Haar und den Sommersprossen zuckersüß wirken ließ. Dieses Gesicht gefiel mir nicht. Es kündete zumeist drohendes Unheil an – und zwar für mich.

»Ich nicht, aber du.« Wusste ich’s doch! »Ich zieh den hier an.« Damit zog sie ein zweites, diesmal ein rosa geblümtes Zirkuszelt aus dem Schrank.

»Wo hast du denn diese Schrecklichkeit her?« Das Teil war so hässlich, dass ich schon wieder beeindruckt war.

»Von Grandma, das ist ein Original. Sie hat es von ihrer Mum. Wenn wir uns damit am Strand blicken lassen, sind wir bestimmt der Hingucker.« Sie lächelte glücklich.

»Kara, wenn wir uns damit bei den Kids blicken lassen, sind wir die Lachnummer der Insel. Aber von mir aus, pack sie ein. Mit den zwei Dingern ist dann sowieso schon der halbe Koffer voll.«

»Spielverderber«, brummte Kara und warf die beiden Zirkuszelte in den Koffer.

Eine weitere Stunde später hatten wir es mit vereinten Kräften geschafft, die beiden Koffer und die Reisetasche zu schließen. Karas Schrank war beinahe leer.

In der Küche angekommen, stapelten wir Karas Gepäck zu meiner Reisetasche. Dort sollte es die halbe Küche blockieren, bis uns Karas Eltern morgen zum Flughafen bringen würden.

»Lieber Gott, bist du sicher, dass du nur einen Monat weg sein wirst? Es sieht eher so aus, als wolltest du ausziehen.« Karas Mum beäugte amüsiert das Koffer-Gebirge. »Du wirst Übergepäck bezahlen müssen.«

»Ich weiß.« Mit einem Blaubeermuffin zwischen den Zähnen warf sie mir einen Verschwörerblick zu, ehe sie mir auch einen Muffin in die Hand drückte. »Wir brauschen dasch aber allesch dringend mit.«

»Mit vollem Mund spricht man nicht, auch nicht in Kroatien«, tadelte Karas Mum sie halbherzig.

»Isch weisch.« Sie schluckte und sagte dann: »Du bist die beste, Mum! Ich werde dich und deine Blaubeermuffins vermissen.«

Wir aßen den ganzen Teller leer und unterhielten uns mit Karas Mutter über unser bevorstehendes Abenteuer, bis ich mich schließlich auf den Heimweg machte. Erst als ich wieder alleine war, fand ich Zeit, über das nachzudenken, was wir morgen tun würden. Wow, wir würden es tatsächlich durchziehen? Es schien erst gestern gewesen zu sein, dass Kara mit dieser Idee dahergekommen war. »Dieser Sommer wird der Sommer unseres Lebens.« Das war der Satz, mit dem alles begonnen hatte. Wie hätte ich ahnen sollen, dass es möglicherweise der letzte Sommer meines Lebens sein würde? Kara hatte beschlossen, dass es für zwei Mädchen in unserem Alter nicht mehr anging, mit den Eltern in den Urlaub zu fahren. »Aber die lassen uns doch niemals alleine fahren. Wir sind erst sechzehn.«

»Sechzehneinhalb«, hatte mich Kara verbessert. »Und ich werde im Sommer siebzehn.«

»Ja, ja, das weiß ich doch.« Ich hatte das Argument mit einer lässigen Handbewegung beiseite gewedelt. Immer musste sie mir unter die Nase reiben, dass sie älter war. »Aber das wird auch keinen Unterschied machen. Zumindest nicht bei meiner Mum.«

»Bei meiner auch nicht. Aber wir fahren ja auch nicht einfach so in den Urlaub. Wir werden in einem englischen Sommercamp für Kinder und Jugendliche in Kroatien arbeiten.«

»Werden wir?« Ich musste ziemlich dämlich dreingesehen haben, denn Kara war in schallendes Gelächter ausgebrochen. Kara hatte ihren Laptop aufgeklappt und in Windeseile die Internetseite gefunden, auf der alles bis ins kleinste Detail beschrieben stand: »Sommer, Sonne, Strand und ein bisschen Kinderhüten. Das ist perfekt! Und dort gibt es bestimmt viele süße Jungs.«

Oha, daher wehte also der Wind! Das Problem mit Kara und den Jungs war, dass sie anscheinend ein Faible für Drama und die Art von Romeos hatte, die wussten, dass sie Romeos waren und auch dementsprechend für Drama sorgten. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie sich ein solches Romeo-und-Julia-Szenario im Feriencamp gestalten würde. Denn leider war ich immer diejenige, die Julia alias Kara dann trösten musste, wenn sich Romeo alias Ken, Patrick oder zuletzt Phillip aus der Affäre zog. Nicht durch Tod, sondern durch Sätze wie: »Wir passen einfach nicht zusammen.« oder noch schlimmer »Lass uns doch Freunde bleiben.« Kara war diejenige, die danach immer tausend Tode starb und sich fest vornahm, sich nie wieder zu verlieben. Aber da es ja bekanntlich so eine Sache mit Vorsätzen ist, lag ihr Rekord der Nicht-Verliebt-Phase bei ganzen drei Monaten. Nun waren es bereits wieder zwei Monate, seit besagter Phillip-Romeo die Bildfläche verlassen hatte. Sätze wie: »Wenn ich mich je wieder verlieben sollte, hast du die Erlaubnis, mir auf den Kopf zu schlagen« oder »Als allerbeste Freundin musst du mich ins Kloster begleiten« gehörten der Vergangenheit an. Kara war bereit, sich wieder zu verlieben, mehr als bereit. Ich seufzte. Jedenfalls hatte sie es geschafft, mich zu dieser Feriencamp-Geschichte zu überreden, obwohl ich den Sommer lieber zu Hause verbracht hätte. Nicht etwa weil es so toll war, den Sommer zuhause in Sevenoaks zu verbringen, sondern weil ich Mum nicht so gerne alleine lassen wollte. Auch sie machte eine schwere Zeit durch, nachdem sie sich von ihrem langjährigen Freund getrennt hatte. Ob Stan auch »Lass uns doch Freunde bleiben« zu ihr gesagt hatte, wusste ich nicht. Aber er hatte damit nicht nur Mum, sondern auch mich verlassen. Ich mochte Stan. Er war immer nett zu mir gewesen und hatte sich bemüht, mir meinen Dad zu ersetzen, so gut es ging. Dad hatte sich nämlich aus den Staub gemacht, da war ich gerade vier Jahre alt gewesen. Er hatte uns für einen tollen Job in den USA verlassen. Wofür Stan uns verlassen hatte, wusste ich auch nicht. Er hatte versucht, es mir zu erklären. Aber ich hatte mich geweigert zuzuhören. Mum litt anders als Kara. Weit weniger dramatisch. Still und leise, und das machte es noch beängstigender. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie gar nicht mehr sie selbst war, so als hätte sie die Lust am Leben verloren. Und Mum und Kara waren nicht die einzigen Beispiele dafür, was Liebeskummer aus einem Menschen machen konnte. Mir würde das nicht passieren. Nach der Sache mit Mum und Stan hatte ich einen Pakt mit mir selbst geschlossen. Ich würde mich nicht verlieben, niemals. Ich wollte nicht wie ein heulendes Elend enden, so wie Kara alle paar Monate oder schlimmer noch, wie Mum. Liebe war wie die Sache mit dem Rauchen, eine Sucht. Und wenn man damit gar nicht erst anfing, musste man auch niemals damit aufhören. Ich fand diese Theorie sehr einleuchtend. Solange ich mich daran hielt, konnte in Kroatien nichts schiefgehen. Und es war ja nur ein Monat. Mum hatte das auch so gesehen und mich mehr oder weniger gezwungen, es zu tun. Sie hätte so etwas auch machen sollen, als sie in meinem Alter gewesen war, hatte sie gesagt. Sie hatte Recht. Es war eine tolle Gelegenheit, und ich freute mich tatsächlich auf die Arbeit mit den Kindern. Ich hatte mir schon des Öfteren überlegt, später einmal Lehrerin zu werden, oder vielleicht im Kindergarten zu arbeiten. Diese Erfahrung würde mir bei meiner Entscheidung bestimmt weiterhelfen.

Als ich die Haustür aufsperrte, hatte sich ein vorfreudiges Lächeln auf mein Gesicht geschlichen. Ich würde nach Kroatien fliegen, morgen schon.

2

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Das Flugzeug rumpelte über das Rollfeld und kam dann vor dem Flughafengebäude von Rijeka zum Stehen. Vergessen waren die letzten drei Stunden, die wir es kuschelig eng und ohne Bordverpflegung, dafür aber mit einer schlecht gelaunten Flugbegleiterin aushalten mussten. Kaum hatte das Flugzeug zur Landung angesetzt, war unsere Vorfreude nicht mehr zu bändigen. Mein Magen flatterte ein bisschen. Kara dagegen schien von Nervosität nichts zu spüren. Sie fasste mich bei der Hand und zog mich aus der Maschine und hinein ins Flughafengebäude, das ein Fliegenschiss in der Landschaft war, verglichen mit den großen Londoner Flughäfen. Weil das Gebäude so klein war und unsere Maschine die einzige, die abgefertigt wurde, dauerte es auch nicht lange, bis wir unsere Koffer hatten, ich meinen und Kara ihre Kofferarmee. Mit vereinten Kräften beluden wir einen Rollwagen und machten uns auf den Weg zum Ausgang. Man hatte uns gesagt, dass wir vom Flughafen abgeholt würden. Und so hielten wir nach jemandem Ausschau, der vielleicht ein Schild mit unseren Namen hochhielt, oder sich zumindest suchend nach uns umschaute. Aber da war niemand. Auch die anderen Fluggäste hatten sich längst zerstreut.

»Mist, was machen wir denn jetzt?«, fragte ich unsicher.

»Ich weiß auch nicht.« Ihr Blick wanderte weiterhin suchend durch die kleine Halle.

»Hast du eine Telefonnummer?«

»Ja, hab ich.« Schon kramte Kara in ihren Unterlagen und zückte ihr Handy, während ich mich auf einen der weißen Sessel plumpsen ließ und sie neugierig beobachtete. Kara war faszinierend. Sie hatte die Situation voll im Griff. Nach kurzer Zeit hatte sie jemanden aus dem Camp an der Leitung.

»Und?« Ich blickte sie fragend an, als sie aufgelegt hatte.

»Das war Paul, der Leiter des Camps. Er sagte, ein gewisser ›Jan‹ sei unterwegs, um uns abzuholen. Der ist vor über einer Stunde im Camp losgefahren, müsste also schon längst hier sein. Er wird versuchen, ihn zu erreichen. Wir sollen einfach noch ein bisschen warten.« Kara stieg über das Kofferchaos hinweg und ließ sich neben mir auf einem Stuhl nieder.

»Wenigstens haben sie uns nicht vergessen.«

Kara stieß ein entsetztes Schnauben aus. »Zum Glück nicht. Stell dir vor, wir müssten mit all den Koffern Busfahren.«

Die nächste halbe Stunde verbrachten wir damit, den Eingang zu beobachten und nach Jan Ausschau zu halten. Wir vertrieben uns die Zeit damit, uns vorzustellen, wie Jan aussehen würde.

Ein älterer untersetzter Mann mit Halbglatze betrat den Raum. Sein Hemd war vollkommen durchgeschwitzt. Kara und ich wechselten einen alarmierten Blick und schüttelten dann gleichzeitig den Kopf. »Jan, der Triefende.« Das war so eine Macke von Kara und mir. Wir gaben den Menschen gerne Beinahmen. Zum Glück war Jan, der Triefende, nicht unseretwegen hier. Er eilte auf eine ältere Frau zu und nahm ihr den Koffer ab.

Der nächste, der den Raum betrat, war ein großgewachsener Mann im Anzug mit schwarzem Schnurrbart. Wieder trafen sich unsere Blicke. »Jan, der Schreckliche«, meinte ich zaghaft.

Kara grinste. »Zum Glück nicht unser Jan. Und der da müsste eher Ivan, der Schreckliche, heißen.«

Es folgten Jan, der Gebrechliche, Jan, der Schlurfende, Jan, das Gummibärchen, und Jan, der Jämmerliche. Jan, der Hungerhaken, war eigentlich eine Janina. Aber Kara war so in Fahrt, dass sie einfach nicht aufhören konnte. Ich kramte gerade in meinem Rucksack, um einen Kaugummi herauszufischen, als ich Kara neben mir japsen hörte. »Jan, der Überirdische. Bitte, bitte lieber Gott, lass das Jan sein.«

Ich folgte ihrem verträumten Schmachtblick. Oje, bitte lass das nicht Jan sein, dachte ich. Als Jan, den Überirdischen, hätte ich ihn jetzt nicht unbedingt bezeichnet. Aber er war bestimmt die ansehnlichste Jan-Version, die in der letzten halben Stunde durch diese Tür getreten war. In abgetragenen Jeans, die ihm ziemlich tief an den Hüften hingen, und einem weißen T-Shirt, das seine gebräunte Haut gut betonte, kam er hereingeschlendert und ließ seinen Blick suchend durch den Raum schweifen, bis er an uns hängen blieb. Im Näherkommen streifte er sich eine dunkelblonde Haarsträhne aus dem Gesicht und setzte ein schiefes Lächeln auf. Der liebe Gott schien es gut mit Kara zu meinen, denn der Jan, auf dem Karas Hoffnung ruhte, blieb tatsächlich vor uns stehen.

»Ihr müsst Kara und Melanie sein.«

Kara war wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen. »Sind wir. Dann bist du bestimmt Jan.«

Er nickte.

»Jan, der Unpünktliche«, murmelte ich. Leider zu laut, denn Jan schien es gehört zu haben.

Er grinste auf mich herab. »Ja, sorry, ich hatte unterwegs eine Reifenpanne.« Zum Beweis hielt er mir seine schmutzverschmierten Hände entgegen. Auch sein T-Shirt war ziemlich schmutzig, wie ich jetzt bemerkte.

»Wenn ihr nichts dagegen habt, geh ich mir schnell die Hände waschen.« Damit steuerte er auf die Herrentoilette zu.

Während ich meine Sachen zusammenpackte, konnte ich Kara neben mir undeutlich zischeln hören: »Hat der einen Hintern.«

»Na, das hoffe ich doch. Irgendwo muss er ja drauf sitzen«, gab ich mit Unschuldsmiene zurück und fing mir sofort einen Knuff von Kara ein. »Du weißt schon, wie ich das meine.«

»Ich weiß und ich ahne Schreckliches.«

»Ach, ich mach doch nur Spaß.« Kara schien mich beruhigen zu wollen. Aber das begeisterte Funkeln in ihren Augen verriet sie.

Keine fünf Minuten später half uns Jan, die Koffer in den alten Jeep zu laden. »Bin ich froh, dass wir die Panne nicht auf dem Rückweg gehabt haben. Unter den vielen Koffern hätte ich den Reservereifen nie gefunden.«

Karas Gesicht nahm eine Farbe an, die nichts mit der Hitze zu tun hatte, die hier auf der Insel Krk herrschte. Aber Jan schien nicht locker lassen zu wollen: »Habt ihr vor, für immer hier zu bleiben, oder schleppen englische Mädchen immer so viel Zeug mit?«

Ich erwartete, dass Kara ihm eine der schlagfertigen Antworten geben würde, für die sie berühmt war. Doch interessanterweise brachte sie nichts weiter als ein hilfloses Schnauben zustande. Und auch wenn ich der Meinung war, dass Jan mit der Kofferinvasion recht hatte, konnte ich meine beste Freundin doch nicht unverteidigt lassen. »Das machen wir nur, um Jungs zu ärgern, die uns versetzen.«

Jan grinste mich von der Seite an, während er versuchte, den Kofferraumdeckel zuzuquetschen. »Melanie, die Nachtragende, also. Oder bist du Kara?«

Jetzt war ich diejenige, die errötete. Wir hatten uns gar nicht bei ihm vorgestellt. »Ich bin Mel, das ist Kara.« Dabei deutete ich auf meine Freundin, die sich bereits auf den Vordersitz des Autos gezwängt und ihre Sonnenbrille aufgesetzt hatte. Mir war es nur recht. So hatte ich die Rückbank für mich alleine. Während sich Jan hinters Lenkrad schwang, machte ich es mir hinter Kara mit meinem Rucksack bequem, der beim besten Willen nicht mehr in den Kofferraum gepasst hatte.