Über Antoine Laurain

Foto: Jean-Luc Bertini, Flammarion

Antoine Laurain arbeitete als Drehbuchautor und Antiquitätenhändler in Paris. Er ist in Frankreich ein gefeierter Bestsellerautor. Mit Liebe mit zwei Unbekannten (Atlantik Verlag, 2015) gelang ihm der internationale Durchbruch. Zuletzt erschien von ihm der Roman Der Hut des Präsidenten (Atlantik Verlag, 2016).

Einer, der Dinge liebte

Ich zünde die zwanzig, die ich in willkürlicher Anordnung aufgestellt habe, eine nach der anderen an. Anschließend rauche ich eine Zigarette und schenke mir ein Glas Whisky ein, das ist mein Ritual. Hinter einem Fass mit Industrieöl habe ich einen exzellenten, noch jungen Bowmore versteckt. Wie alle guten Whiskysorten schmeckt er nach Leder und Torf und ist, anders als diese widerlichen bernsteinfarbenen Cognacs, klar wie

Die großen Blechplatten sind nie gestrichen worden und haben geduldig Rost angesetzt, bis sie diesen besonderen Farbton angenommen haben, den Künstler als »gebranntes Siena« bezeichnen. Ein so kräftiges Braun, dass es fast rot wirkt.

Ich komme ein- bis zweimal im Monat hierher und bleibe zwei Stunden, um meine Sammlung zu bewundern, wie ich es einst in meinem Arbeitszimmer getan habe. Tabakdosen aus Gold oder Schildpatt, schmiedeeiserne Schlüssel mit Griffen in Form von Delphinen oder Chimären, durchsichtige kugelförmige Briefbeschwerer, die für immer ihre vielfarbigen Einsprengsel umschließen, fluoreszierende Salzflakons, geformt aus diesem gelben, Uranglas genannten Kristall, Madonnen mit Elfenbeinschnitzereien aus Dieppe, Haute-Époque-Becher aus Vermeil, und so vieles mehr. Sie sind auf einer ehemaligen Werkbank angeordnet, wo ich auch ein Regal mit mehreren Fächern aufgebaut habe. In jedes von ihnen habe ich ebenfalls kleine Dinge gestellt, es

Alle Geschenke, die ich mir im Laufe meines Sammlerlebens gemacht habe, sind hier vereint. Hier in meinem Kuriositätenkabinett, vor den Blicken anderer verborgen, so wie es solch ein geheimer Ort voller fabelhafter Dinge, die eifersüchtig von ihrem einzigen Herrn bewacht werden, zu sein hat. Mit seiner Lage am Feldrand ist es das merkwürdigste aller Kuriositätenkabinette. Mitten im Burgund, da, wo nicht einmal Handys klingeln.

Die sommerliche Hitze drückt schwer, und die Strohballen, die seit Jahrzehnten bis unters Dach der Halle gestapelt stehen, sind so trocken, dass sie von einem Augenblick auf den anderen plötzlich Feuer fangen können. Oben rechts steht, auf Säcken mit verdorbenem Dünger, mein Porträt, darauf ein Wappen. Heute ahne ich, was wirklich mit diesem Bild geschehen ist.

Ich setze mich nun auf einen kleinen Rattan

Alles begann vor etwas mehr als einem Jahr. Weit weg vom Burgund, in Paris.

Am darauffolgenden Tag hatte ich meine zwei weinroten Vasen von Gallé geholt, »Nachtfalter« genannt, und sie unter dem missbilligenden Blick meiner Frau auf beide Seiten des Kamins gestellt.

»Wenn sie kaputt gehen, kostet uns das hunderttausend Mäuse«, hatte ich verkündet, damit jede ungewollte Bemerkung abgewehrt und mich in die Zeiten des Francs zurückversetzt, damit der bereits übertriebene Betrag sie noch mehr beeindruckte.

Das finanzielle Argument hatte gefruchtet, und ich hatte mich gefragt, ob ich nicht den Wert weiterer Gegenstände anheben sollte, um sie erneut ins Wohnzimmer stellen zu dürfen.

Es war einige Zeit her, dass ich zuletzt bei Drouot war, um meine Hand zum Gebot zu heben. Auktionen hinterlassen ein Gefühl der Trunkenheit, wie es kein alkoholisches Getränk vermag, und, im Gegensatz zum Kasino, hat man, wenn man verliert, trotzdem den Eindruck, ein wenig gewonnen zu haben: Das Geld, das man für das Objekt vorgesehen hatte, das einem gerade entgangen ist, geht wie von Zauberhand wieder auf

»Maître Chaumont«, würde er in höflichem, aber bestimmtem Ton sagen.

»Sorry, I think it’s a mistake, my name is Smith, Mister Smith …«, würde ich hinter meiner schwarzen Brille und meinem großen Schal antworten.

»Das bringt nichts, Maître Chaumont, wir haben Sie erkannt. Gehen Sie.«

Einige Stunden später würde ich mit blond gefärbten Haaren wiedergekommen. Kaum hätte ich mich genähert, würde der Mann die Augen schließend mit dem Kopf schütteln. Nie wieder würde ich einen Fuß über die Tür des Auktionssaals setzen.

An einem Mittag gönnte ich mir, während er sich die Akte anschaute, eine Pause, wie ich sie liebte, und flanierte durch die Ausstellungsräume von Drouot. Die Kanzlei befand sich fünfzig Meter vom Auktionshaus entfernt, was bei der Entscheidung für die Räumlichkeiten ausschlaggebend gewesen war. Nachdem ich schnell ein belegtes Brötchen verschlungen und eine Limonade getrunken hatte, trat ich in die Halle. Flüchtig beobachtete ich eine asiatische Auktion. Sie umfasste nur einen erotischen Druck, auf dem man

Der erste Stock quoll über vor Porzellanfiguren und Kommoden aus Rosenholz. Es gab auch eine Waffenauktion, die Neugierige und Fachleute für Schwarzpulver und Feuersteine anzog. Ich ging weiter ins Untergeschoss. Die Auktionen hier stehen stets weniger hoch im Kurs als die im ersten Stock, aber man hat mir von gewissen Leuten erzählt, die davon leben, im Untergeschoss etwas zu kaufen, um es wenige Monate später im ersten Stock wieder zu verkaufen.

Ich schlenderte durch einen Raum, in dem eine Philatelie-Auktion ausgestellt war. Mein Blick verlor sich in den bunten Federn tropischer Vögel, in den Seen Italiens und den Profilen der Heilsbringer verschiedener Länder. Da ich keine besondere Vorliebe für Briefmarken hatte, zog es mich in den benachbarten Raum weiter, wo die Taxidermie im Mittelpunkt stand. Vom Kolibri bis zum Zebra war geradezu die gesamte Fauna vertreten. Ein Ameisenbär zog meine Aufmerksamkeit auf sich, doch der Einzug dieses großen Insektenliebhabers in

Mit resigniertem Schritt und müden Augen trat ich in Saal 8. Schränke, Buffets, Konsolen und Spiegel stapelten sich bis zur Decke. Es roch nach Rumpelkammer, nach Dachbodenmobiliar ohne Stil und Wert. Ich ging weiter, schritt günstige Ziergegenstände und einige alte Schinken ab, die an den Wänden hingen, als ich es sah.

Sechzig mal vierzig Zentimeter. Ein Pastellbild aus dem 18. Jahrhundert im Originalrahmen. Ein Mann mit gepuderter Perücke und blauem Anzug. Oben rechts ein unentzifferbares Wappen. In diesem Augenblick war es jedoch nicht das Wappen, das meine Aufmerksamkeit erregte, sondern das Gesicht. Ich war wie versteinert, konnte meinen Blick nicht mehr abwenden: Dieses Gesicht, das war meins.

Arthur, der alte Basset artésien der Familie, verstarb im Schlaf an einem Herzinfarkt. Zwei Wochen später kaufte meine Mutter einen identischen Hund, der sich zu jener Zeit nur durch

Einige Zeit später schleppte mich meine Mutter zu einem dieser Einkaufsnachmittage mit, die sie so mochte. Ihr bevorzugter Zufluchtsort war der Old-English-Laden auf den Grands Boulevards, ein luxuriöses und altmodisches Markengeschäft, in dem sie mir beharrlich graue Flanellhosen und marineblaue Blazer kaufte. Daher stammt sicherlich meine Abscheu vor Mausgrau und dunklem Blau. Für alles Gold der Welt könnte man mich heute nicht dazu zwingen, eine Jacke

Am selben Abend schrieb ich in mein Tagebuch: »Eine Sammlung beginnt mit zweien, wenn man auf der Suche nach dem dritten ist.«

Um diesen Satz würde mein Leben zukünftig kreisen.

»Du, mein Kleiner, du bist sehr viel klüger als deine Eltern«, hatte Onkel Edgar eines Tages in vertraulichem Ton zu mir gesagt.

Ich war mit ihm im Wohnzimmer geblieben, während meine Mutter hinausgegangen war, um etwas zum Knabbern für den Aperitif zu holen. Ich erinnere mich, wie ich Onkel Edgar, der

Auch meine Mutter benutzte wohl Make-up, aber ich habe sie sich nie schminken sehen. Sie schloss sich im Badezimmer ein, um dieses Ritual zu vollziehen, das die Männer und kleinen Jungen, die sie alle geblieben waren, faszinierte. Nur Céline erlaubte mir zuzuschauen, wenn sie Puder und Lidschatten auflegte.

Meine Augen hatten wieder die des Onkels gesucht, und wie unter denen von Céline war eine feine blaue Linie zu sehen gewesen, die die Farbe der Iris hervorhob. Mein Onkel hatte mich zärtlich betrachtet, ein verschwörerisches und trauriges Lächeln war auf seinem Gesicht erschienen.

Meine Mutter war mit einem Teller trockener Plätzchen zurückgekommen, ich hatte die Finger geschlossen und sie möglichst unauffällig am Handballen gerieben, um das Geheimnis des Onkels zu tilgen, der sich schminkte wie eine Frau.

*

Onkel Edgar hatte die Angewohnheit, aus seinen Taschen Dinge hervorzuholen, eines erstaunlicher als das andere, und sie auf wunderbare Weise zu beschreiben. Seine zärtliche, gezierte Stimme habe ich Jahre später wiederentdeckt, als ich zufällig eine Wiederholung französischer Schwarz-Weiß-Filme im Kabelfernsehen sah. Ein Nebendarsteller war meinem Onkel in Gestalt, Stimme und Art zum Verwechseln ähnlich: der Schauspieler Jean Tissier. Unter den besorgten Blicken meiner Eltern hielt Onkel Edgar mir die Gegenstände hin und forderte mich auf, sie zu betrachten, und zwar »mit Intelligenz und Logik, mein Junge«. Zündholzhalter, kleine Necessaires, Taschenspiegel, Fächer, Puderdosen, Süßigkeitenschatullen,