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Originalausgabe

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, März 2017

Copyright © 2017 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburger Straße 17, 21465 Reinbek

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Umschlaggestaltung any.way, Walter Hellmann

Umschlagabbildung merlion/iStockphoto.com

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Satz Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-644-90404-0

www.rowohlt.de

www.rowohlt-theater.de

ISBN 978-3-644-90404-0

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Zwei Schauspieler, die Goethe und Weygand spielen.

WEYGAND

Guten Abend, meine Damen und Herren.

GOETHE

Guten Abend.

WEYGAND

Wenn im Theater jemand vor der Vorstellung vor den Vorhang tritt, dann ist das meist ein schlechtes Zeichen.

GOETHE

Wenn zwei kommen, ist es ein noch schlechteres Zeichen, denn dann traut sich der eine nicht alleine.

WEYGAND

Es kann also verschiedene Ursachen haben. Ein Schauspieler ist erkrankt. Oder die Technik streikt. Also ich meine die Geräte. Aber das ist heute nicht der Fall.

GOETHE

Nein. Es ist viel schlimmer.

WEYGAND

In der Tat. Wir haben, um es rundheraus zu sagen, kein Stück. Denn pünktlich zum Abgabetermin erhielt das Theater eine E-Mail:

GOETHE

Vom «Autor»: Stücke schreiben ist jedes Mal wie die Welt umsegeln: Man weiß nie, hat man die Magellanstraße gefunden oder eine Bucht. Und man kann immer Schiffbruch erleiden.

WEYGAND

Ja. Dennoch stehen wir hier. Dennoch werden Sie heute Abend ein Stück sehen.

GOETHE

Bloß nicht «Open Werther».

WEYGAND

Denn schon am Tag nach dem bewussten Schiffbruch hat sich die Leitung dieses Hauses auf die Suche gemacht. Und durch verschiedene Umstände, die hier zu erläutern unnötige Weitschweifigkeit … [mit sich bringen würde …]

GOETHE

Sie waren ein paar Tage in Leipzig, sag’s doch, privat eigentlich, aber als Theaterleiter ist man eben nie privat. Ich weiß das.

WEYGAND

Er ist schon in seiner Rolle: Goethe.

GOETHE

Ja, ich könnte dann anfangen.

WEYGAND

Leipzig also. In der Bibliothek des Buchwissenschaftlichen Institutes war eine beschädigte Handschrift eingegangen, beschädigt beim Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar 2004. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine Handschrift des Verlegers Johann Friedrich Weygand handelte.

GOETHE

Deshalb war die Handschrift nach Leipzig gekommen, weil Weygand aus Leipzig war; ein Fehler, wie man heute weiß.

WEYGAND

Denn als man feststellte, dass in der Handschrift mehrfach der Name Werther auftauchte …

GOETHE

Und mehrfach mein Name, Goethe!

WEYGAND

… begann man eine aufwendige Rekonstruktion der Handschrift.

GOETHE

Und man stellte fest, dass sie von mir ist. Also von Goethe.

WEYGAND

Das Ganze ist eine nachträgliche Niederschrift Weygands nach Notizen, die er sich an diesem Abend gemacht hat. Viele Szenen haben die beiden offenbar zusammen entwickelt. Einige Seiten waren gar nicht zu retten, man hat sie ergänzen müssen. Dadurch kam die Arbeit auch erst in jenen Tagen zum Abschluss, als die Aalener Theaterleitung in Leipzig weilte und durch verschiedene Umstände …

GOETHE

Ja, ja. Wir fangen jetzt an.

WEYGAND

Es ist diesem Haus, meine Damen und Herren, dem Theater Aalen, und das war keine Kleinigkeit, gelungen, sich die Uraufführung dieses bisher verschollenen Textes zu sichern.

GOETHE

Erschaffen von mir, Johann Wolfgang Goethe, 26.

WEYGAND

Aus dem Gedächtnis aufgeschrieben, ergänzt und überarbeitet von mir, Johann Friedrich Weygand, 32.

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