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Nr. 98

– Im Auftrag der Menschheit Band 95 –

 

Das Tefroder-Problem

 

Landung auf Karshmel – dem Planeten, der für Menschen verboten ist

 

von Clark Darlton

 

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Die Ereignisse des Jahres 2842, die in den weltenzerstörerischen Aktivitäten des Redbone- und des Suddenly-Effekts ihren Niederschlag finden – und in der Entführung Lordadmiral Atlans, des Chefs der USO –, haben, so scheint es, ihren absoluten Höhepunkt erreicht oder sogar schon überschritten.

Jetzt, Mitte April, hat der Lordadmiral sein Duell mit dem zweiten »Grauen« siegreich beendet. Der Planet Tolvtamur, der Ausgangspunkt des »Raumzeit-Labyrinths«, ist zusammen mit den beiden Situationstransmittern explodiert, und die dort angesammelte Psi-Materie ist im Hyperraum verschwunden.

Atlan selbst wurde kurz vor dem Untergang Tolvtamurs von Ottac, dem mysteriösen Sternentramp und Gefährten des Arkoniden aus uralter Zeit, mit einem kleinen Raumschiff in Sicherheit gebracht.

Der Lordadmiral will sogleich den Planeten Nemoia anfliegen, von dem aus der Spuk des »Grauen« seinen Anfang nahm. Doch Ottac verwehrt es ihm.

Der Sternentramp fliegt statt dessen zu einer Welt, die für Menschen verboten ist. Denn dort, so sagt er, gebe es ein wichtiges Problem zu lösen – DAS TEFRODER-PROBLEM ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral erkennt das Tefroder-Problem.

Ottac – Der Sternentramp fliegt einen verbotenen Planeten an.

Topmugg – Ein fresslustiger Kresalier.

Brandol – Bürgermeister einer tefrodischen Ansiedlung.

Ben Svaton – Überlebender einer Raumschiffskatastrophe.

IR-17 – Svatons robotischer Gefährte.

1.

 

Wie ein winziges Staubkorn nahm sich das kleine Raumschiff aus, das zwischen den Sternen schwebte, scheinbar bewegungslos und doch mit halber Lichtgeschwindigkeit dahinrasend, einem unbekannten Ziel entgegen.

Es war die Pause zwischen zwei Linearetappen.

Im Innern des acht Meter langen und vier Meter im Durchmesser betragenden Metallzylinders befanden sich nur zwei menschliche Wesen – Atlan und Ottac.

Das Raumschiff war rot, und wie ein Blutstropfen zog es durch die Endlosigkeit von Zeit und Raum.

Ottac hatte die Automatik programmiert und ließ den Kontrollsessel zurückschwenken. Er drehte ihn so, dass er Atlan ansehen konnte, der im Hintergrund der Kabine in einem Kontursessel lag.

Es war erst vierundzwanzig Stunden her, seit sie den Planeten Tolvtamur verlassen hatten, der hinter dem Heck ihres kleinen Schiffes wieder zu dem wurde, was er einst gewesen war: Energie.

Der Kreislauf allen Seins hatte sich an ihm vollendet.

Niemand kannte Ottac, den man allgemein den »Calurier«, den »Sternenwanderer« oder manchmal auch den »Schnorrer« nannte. Aber jeder höhere Offizier der USO wusste, dass er ein Freund Atlans war, wenn auch niemand die geheimen Bande dieser freundschaftlichen Verbindung kannte oder auch nur ahnte. Niemand wusste, woher Ottac kam und wer er war.

Calurien, so hieß es, sei sein Heimatplanet. Wenn man die Unterlagen durchforschte, musste man zu dem Ergebnis gelangen, dass es eine Welt mit diesem Namen nicht gab.

Er war groß, hager und ging gebeugt. Eine Hakennase beherrschte sein faltiges Gesicht und dominierte sogar über die hellblauen, klugen Augen. Er schien in der ganzen Galaxis zu Hause zu sein und alle bewohnten Planeten zu kennen, und vor allen Dingen schien er es zu verstehen, ohne Geld wie ein Fürst zu leben.

Selbst seinem Freund Atlan verriet er nicht alles, sondern lächelte nur, wenn dieser ihm Fragen stellte. So auch jetzt.

»Woher ich dieses herrliche Schiffchen habe? Man hat es mir geschenkt, ob du es nun glaubst oder nicht. Man hat es mir wirklich geschenkt. Vielleicht deshalb, um mich endlich loszuwerden.«

Zu seiner Überraschung lächelte Atlan zurück.

»Das wäre sogar eine glaubhafte Ausrede, mein Freund. Aber ich will nicht in dich dringen, wie wir es ja einst abmachten und bisher hielten. Wir kennen uns doch zu lange.«

»Wirklich, fast zu lange«, meinte Ottac ohne Spott. »Es würde uns niemand glauben, wenn wir es ihm sagten.«

»Das Unwahrscheinliche ist meist die Wahrheit, Ottac.« Atlan blickte hinaus in das Gewimmel der Sterne. »Hast du die Position nachgerechnet?«

»Sie stimmt, mein Bester. Warum fragst du?«

Atlan griff in die Tasche und zog ein Bündel Papiere daraus hervor.

»Wie du weißt, fand ich auf Tolvtamur einige Hinweise, die ich inzwischen auswerten konnte. Demnach dürfte es in dieser schönen Milchstraße einen Planeten namens Nemoia geben, auf dem sich etliche Rätsel vielleicht lösen ließen.«

»Mit anderen Worten, du möchtest ihn dir ansehen ...«

»Genau das!«

»Daraus wird aber leider nichts, Freund und Meister.«

»Und warum nicht?«

»Weil meine Pläne ein wenig anders aussehen. Nein, bleib ganz ruhig sitzen, Atlan, und hör mir gut zu, ehe du versuchst, mich umzustimmen. Natürlich begreife ich, dass dir die Daten von Nemoia wichtig erscheinen und du der Sache auf den Grund gehen möchtest, um das Geheimnis des Grauen zu lüften, aber da gibt es noch gewisse Nebenerscheinungen, die doch recht seltsam sind, nicht wahr?«

»Welche, zum Beispiel?«

»Die Tefroder zum Beispiel. Warum tauchen sie plötzlich in großer Zahl in unserer Galaxis auf, so als planten sie eine Invasion? Wir wissen natürlich, dass ein solches Vorhaben absurd wäre, aber immerhin ist es doch wohl erlaubt, sich Gedanken zu machen.«

»Das habe ich schon getan, aber ich fand keine Antwort.«

»Ich auch nicht, Atlan. Darum sollten wir uns um das Problem kümmern. Ich kenne da einen hübschen Planeten, auf dem es zwei Siedlungen der Tefroder gibt – wenn es sie noch gibt. Ein recht unbedeutender und relativ unbekannter Planet, dessen Namen du wahrscheinlich noch nie in deinem Leben gehört hast. Karshmel!«

»Karshmel?« Atlan schüttelte den Kopf. »Du hast recht, das Wort habe ich noch nie im Leben gehört.«

»Obwohl es ein so langes Leben war«, lächelte Ottac wissend.

»Und was hat Karshmel mit dem Problem der Tefroder zu tun?«

»Das weiß ich auch nicht, aber wir könnten sie ja fragen, oder nicht? Ich bin sicher, sie leben dort noch so wie vor Hunderten von Jahren, und vielleicht haben sie auch noch nie von dem Grauen gehört, der die Galaxis zu erobern gedenkt und der nicht oft genug sterben kann. Lassen wir also Nemoia und fliegen wir nach Karshmel. Was meinst du?«

»Habe ich denn etwas zu meinen?«, erkundigte sich Atlan ironisch. »Dies ist dein Schiff, ich bin nur Gast.«

»Nicht so verbittert, mein Lieber«, sagte Ottac begütigend. »Du wirst noch einmal einsehen, dass ich es gut mit dir meine.«

»Davon bin ich überzeugt!« Atlan grinste flüchtig. »Was hat das Problem der Tefroder eigentlich mit uns zu tun, mit den Menschen, den Terranern?«

Ottac betrachtete nachdenklich einige der näherstehenden Sonnen und warf einen Blick auf die Uhr über den Kontrollen.

»Du meinst, was ihr Verhalten mit den Bewohnern der Milchstraße zu tun hat? Schwierige Frage, das gebe ich zu, aber ich nehme an, dass die Menschheit allgemein an ihrem Verhalten nicht unschuldig ist.«

Atlan machte eine empörte Geste der Ablehnung.

»Unsinn, alter Bauchaufschneider!«, sagte er.

Ottacs Gesicht wurde plötzlich sehr ernst. Es war, als hätte sich eine Wolke über eine sonnenbeschienene Landschaft geschoben.

»Sag das nie wieder, Atlan!«, warnte er ruhig. »Auch dann nicht, wenn wir allein sind. Es bringt Unglück, das weißt du! Vergiss es also nicht!«

Atlan wirkte zutiefst betroffen.

»Verzeih, Ottac«, meinte er dann leise. »Ich hatte es für eine Sekunde vergessen. Aber manchmal steigt die Erinnerung aus dem Unterbewusstsein empor und beherrscht für den Bruchteil einer Sekunde die Gegenwart.«

»Zwölftausend Jahre sollten genügen«, murmelte Ottac.

Atlan griff das ursprüngliche Problem wieder auf, so als wolle er den kurzen Zwischenfall so schnell wie möglich vergessen machen.

»Hast du die Koordinaten von Karshmel? Was ist das für eine Welt? Warum leben dort Tefroder, und wir wissen es nicht?«

»Die Koordinaten habe ich, die beiden anderen Fragen kann ich dir nicht beantworten. Vielleicht finden wir die Antwort, wenn wir dort sind und lange genug leben, um ein wenig zu suchen. Karshmel ist eine der so genannten Urwelten, auf der sich zwar Leben entwickelte, aber keine beherrschende Intelligenzform. Das ist auch einer der Gründe, warum sich dort Tefroder niederließen: Sie brauchten keine Entdeckung zu fürchten, und die Eingeborenen würden keine Schwierigkeiten bereiten. Nur fürchte ich, sie sind mit den Umständen auf Karshmel nicht fertig geworden.«

»Mit welchen Umständen?«, fragte Atlan befremdet. Sein Interesse war erwacht. »Du sagtest doch, eine Urwelt. Mit der kann man fertig werden, oder nicht?«

»Kann man, ja. Aber nicht dann, wenn die Entwicklung dort andere Wege eingeschlagen hat, als wir sie gewohnt sind. Karshmel ist eine Welt, auf der die Natur eines Tages herrschen wird, wenn sie in Ruhe gelassen wird. In erster Linie meine ich damit die Vegetation. Aber nicht nur sie, Atlan. Zur Natur gehören auch das Meer, die Flüsse, die Gebirge und Wälder. Sie alle sind eine Symbiose eingegangen, so wie man auch den Zusammenschluss von Völkern eine Symbiose nennen könnte. Auf Karshmel gibt es keine Vielzahl von Gegnern, die uns nicht wollen und daher bekämpfen. Dort gibt es nur einen einzigen Gegner: die Planeten selbst!«

»Und trotzdem leben dort Tefroder?«

Ottac nickte.

»Vielleicht leben sie noch dort, wir werden sehen. Hier ...«, er schob Atlan eine Sternkarte hin, »... sieh sie dir an. Ich habe das System angekreuzt. Es sind noch etwas mehr als zweitausend Lichtjahre.«

Sie befanden sich im Zentrumsgebiet der Galaxis, und die Sterne standen dicht beieinander, oft nur Lichtwochen entfernt. Die Berechnung einer Linearetappe erforderte viel Mühe und Genauigkeit. Mehr als viertausend Lichtjahre hatten sie seit ihrer Flucht von Tolvtamur zurückgelegt, aber nun benötigte der Antrieb des kleinen und leistungsfähigen Schiffes unbedingt eine Ruhepause.

»Ein blauer Riese mit sechzehn Planeten«, murmelte Atlan verblüfft. »Offiziell bezeichnet, und doch unbekannt. Merkwürdig.«

»Du wirst es verstehen, wenn wir dort sind.«

»Und warum willst du es mir nicht schon jetzt verraten?«

Ottac lächelte vielsagend.

»Weil ich dir eigentlich schon alles verraten habe«, erwiderte er ausweichend und mit einem Tonfall, der keine weiteren Fragen mehr zuließ.

Atlan seufzte und vertiefte sich wieder in die Karte und die Daten, die er auf Tolvtamur gefunden hatte.

 

*

 

Atlan hatte sein Duell mit dem zweiten Grauen siegreich beenden können. Da es insgesamt sechs Graue gab – fünf von ihnen waren Duplos –, war, was Atlan noch nicht wusste, nun die Hälfte ausgeschaltet worden. Aber auch der Rest war noch zuviel für die Galaxis.

Durch die Explosion der beiden Situationstransmitter wurden nicht nur ein Grauer und der Planet vernichtet, sondern auch die angesammelte Psi-Materie verschwand im Hyperraum.

Damit hatte der unheimliche Gegner eine empfindliche Schlappe erlitten. Er würde Zeit brauchen, sich von dieser Niederlage zu erholen.

Ottacs Raumschiff hatte abermals fünfhundert Lichtjahre zurückgelegt und trieb ohne Schub und mit gleichbleibender Geschwindigkeit dahin. Die nächsten Sonnen waren Lichtwochen entfernt.

Ottac hatte die Kontrollen auf Automatik geschaltet und lehnte sich so weit zurück, dass er fast lag. Atlan schien zu schlafen.

Ein kleines Luk führte zum Mittelteil des Schiffes, zur Luftschleuse und damit zum Ausstieg. In einem winzigen Raum neben dem Gang befanden sich die Vorräte und eine provisorische Küche.

Ottac rief leise, um Atlan nicht zu wecken:

»Topmugg, bring mir was zu essen. Durst habe ich auch.«

Eine Weile erfolgte keine Reaktion, dann hörte Ottac so etwas Ähnliches wie »Krrhkaluptor Moditsch Wauwauwau« und ein Scharren. Jemand riss ein Paket mit Konzentratnahrung auf. Wenig später kam Topmugg in den Kontrollraum und reichte Ottac eine Schüssel mit dampfendem Brei.

»Danke, setz dich zu mir«, sagte dieser und begann zu essen.

Topmugg rutschte in den dritten Kontursessel und starrte durch die Sichtluke, als habe er noch nie die Sterne gesehen.

Topmugg war ein Kresalier, von denen es in der ganzen Galaxis nur noch ein paar hundert Exemplare geben sollte. Obwohl seine eigentliche Muttersprache mehr wie ein Bellen und Röcheln klang, verstand ihn jeder ausgezeichnet, wenn er sich mit ihm in Interkosmo unterhielt. Er hatte in den vergangenen Monaten viel dazugelernt.

Knapp einen Meter groß, erinnerte er an einen aufrecht gehenden Riesensalamander. Die tiefschwarze Haut war wie raues Leder, und er konnte seinen Kugelkopf, der beweglich auf einem Halssegment saß, voll nach allen Seiten drehen. Er stand auf zwei Beinen, aber er besaß keinen Schwanz, mit dem er sich hätte abstützen können.

Auf seinem Rücken trug er eine Art Hautrucksack, mit dem es eine besondere Bewandtnis hatte. Wenn Topmugg in Regen oder Kälte geriet, öffnete sich der Rucksack, und zum Vorschein kam ein hauchdünnes Chitinzelt, das dem Kresalier Schutz vor den Unbilden des Wetters bot.

Wie alle Kresalier besaß auch Topmugg die ungewöhnliche Fähigkeit, seinem jeweiligen Herrn negative Gefühle wie Depressionen oder Ärger abzunehmen, ein Grund für die Tatsache, dass sie früher bei den Arkoniden als Begleiter sehr beliebt waren. Aber er hatte noch andere Vorzüge, von denen hier nur einige erwähnt werden sollen.

Topmugg konnte nicht lügen, verstand es aber immer wieder sehr geschickt, der Wahrheit aus dem Weg zu gehen, wenn er sie nicht preisgeben wollte. Er sagte also zwar bei gewissen Gelegenheiten nicht die Wahrheit, aber er log auch nicht. Er konnte ausgezeichnet schwimmen und tauchen und dabei stundenlang die Luft anhalten, und wenn er Lust dazu verspürte, fiel er einfach in eine Art Winterschlaf, der auch Jahre dauern konnte. Seine Lebenserwartung war unbekannt, aber man schätzte allgemein, dass Kresalier bis zu tausend Jahre alt werden konnten.

Ottac war sein Herr, und sie waren fast unzertrennlich. Zu Ottacs Kummer besaß Topmugg jedoch noch eine Eigenschaft, die oft zu Komplikationen führte: Er war ungemein verfressen und schlang alles in sich hinein, dessen er habhaft werden konnte, soweit es sich um verdauliche Dinge handelte. Auf der anderen Seite konnte er auch tagelang hungern, wenn es sein musste.

»Hm, das war gut«, lobte Ottac und schob den Plastikteller auf den schmalen Kontrolltisch. »Du bist ein ausgezeichneter Koch.«

»Mumph!«, bellte Topmugg, was soviel bedeutete wie »danke« oder »gut«. »Muss ich sein bei dir, sonst wäre ich längst verhungert.«

Atlan war durch das ungewohnte Geräusch erwacht. Als er Topmugg erblickte, schloss er schnell wieder die Augen und meinte:

»Das hätte ich mir denken können.« Er deutete auf die leere Schüssel. »Wieder mal gefuttert, Topmugg?«

»Das war er!«, verteidigte sich der Kresalier empört. »Immer ich!«

Atlan öffnete nun wieder die Augen und richtete sich auf.

»Ottac, du wirst müde sein. Ich löse dich ab. Hast du die nächste Etappe programmiert?«

»Du brauchst nur auf den Knopf zu drücken – in einer Stunde.«

»Gut, dann leg dich schlafen. Was ist mit dir, Topmugg?«

»Mein Freund, ich leiste dir Gesellschaft.«

Atlan stand auf und nahm Ottacs Platz vor den Kontrollen ein. Die Sichtluke erlaubte einen ungehinderten Blick in Flugrichtung. Darunter war ein Bildschirm mit Spezialvergrößerung, der mit der Fernortung gekoppelt war. Selbst entfernteste Objekte konnten so auf geringe Distanz herangeholt und beobachtet werden.

Ottac nahm die leere Schüssel und verschwand. Wahrscheinlich würde er sich im kleinen Nebenraum zur Ruhe legen.

Sie sprachen nicht viel. Selbst Topmugg schien keine große Lust zu verspüren, seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Er saß einfach da und döste. Atlan war darüber nicht traurig, denn es gab zu viele Dinge, die ihm jetzt durch den Kopf gingen.

Die Stunde verstrich, und dann leitete er die vorprogrammierte Linearetappe ein.

Danach war der Planet Karshmel nur noch tausend Lichtjahre entfernt.

 

*

 

Und dann hatten sie ihn erreicht.

Eine blaue Riesensonne beherrschte das Bild, umkreist von sechzehn Planeten. Der vierte war Karshmel. Mit keinem Wort hatte Ottac angedeutet, ob er schon einmal hier gewesen war oder nicht. Er las noch einmal die wenigen Daten ab, die zur Verfügung standen:

»Atmosphäre Sauerstoff, normal. Eigenrotation 12,5 Stunden. Schwerkraft: 0,85 Gravos. Die mittlere Temperatur beträgt 28 Grad Celsius, also erträglich. Das wäre alles.«

»Es ist nicht viel, Ottac. Nach deinen Andeutungen zu schließen, dürfte der Rest aus lauter Überraschungen bestehen. Auf die bin ich ehrlich gespannt.«

»Das kannst du auch, nur weiß ich nicht, ob sie auch immer erfreulich sein werden.«

»Das sind Überraschungen leider nur selten.«

Mit halber Lichtgeschwindigkeit drangen sie weiter in das System ein. Atlan überwachte den Funkempfänger auf allen Frequenzen, aber außer einigen Hyperfunkimpulsen aus weit entfernten Quellen vernahm er keinen Laut. Nur die ausgeprägte Statik der Sonne kam überall durch. Der blaue Riese strahlte ungeheure Mengen von Energieimpulsen aus.

Die äußeren Planeten zogen viele Milliarden Kilometer von ihrem Muttergestirn entfernt durch das All. Aber trotz dieser gewaltigen Strecken, die das Licht der Sonne zurücklegen musste, verlor es nur wenig an Intensität. Lediglich entstand ein beachtlicher Wärmeverlust, der jedoch schon deshalb keine Rolle spielte, weil diese Welten niemals Leben tragen würden.

Stunden krochen dahin, bis der vierte Planet auch mit bloßem Auge erkennbar wurde. Er war kleiner als die Erde und bewegte sich genau innerhalb der lebenserhaltenden Ökosphäre des Systems. Man konnte bereits Meere und Kontinente unterscheiden. Wie ein Hauch lag die Atmosphäre über der blaugrün schimmernden Kugel. Große Wolkenfelder behinderten teilweise die Sicht auf die Oberfläche.

»Sieht eigentlich sehr reizvoll aus«, meinte Atlan zuversichtlich. »Keine Funkzeichen, also scheinen die Tefroder recht isoliert zu leben. Was ist mit den Eingeborenen?«

»Die kannst du vergessen, Atlan«, sagte Ottac. »Die Ghmors, so nennen sie sich selbst, gelten als halbintelligent, nach unseren Maßstäben gemessen – aber die gelten ja nicht immer. Es ist nur wenig über sie bekannt, aber da wir ja landen, werden wir mehr erfahren. Ich bin gespannt, wie sie sich entwickelt haben.«

»Funk haben sie nicht?«

Ottac lachte.

»Sie sind froh, wenn sie Feuer haben.«

»Und wovon leben sie?«

Ottac wurde wieder ernst.

»Nicht wovon darfst du fragen, sondern womit! Und die Antwort ist einfach: Sie leben mit