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Inhaltsverzeichnis

für Lisa (Elisabeth Moana)

1 Das Fernrohr zur Vergangenheit

«Kjak, kjak, kjaar!» – Margarethe ist fasziniert von den Dohlen, die wie Pfeile an den mächtigen Mauern von Schloss Neu-Bechburg vorbei fliegen. Um die Dreizehnjährige herum johlen aber nicht nur schwarze Vögel, denn sie ist umringt von ihrer ganzen Schulklasse – an ihrer Seite ihre besten Freunde: der kleine Rudy und die schwarzhaarige Seraina.

Als Margarethes Klasse am unteren Schlosstor angelangt ist, dreht sich die Geschichtslehrerin auf dem Absatz um und klatscht in die Hände. Frau Hofer erhebt die Stimme, um besser gehört zu werden: «So, bevor wir in die Bechburg …» – Ein Rothaariger ruft aus der hintersten Reihe: «Brechburg, mir wird übel!» Die ganze Klasse krümmt sich vor Lachen. Die Lehrerin schickt ihm einen bösen Blick: «Bechburg, nicht Brechburg, Tim!» Von rechts kontert ein dicker Junge: «Das passt doch, Schulreisli sind eh zum Ko …» – «Leo, sprich doch nicht so gruusig …» – «Schriftdeutsch, Frau Hofer!», mischt sich der rothaarige Tim ein. – «… nicht so eklig, Leo», verbessert sich die Lehrerin und fügt hinzu: «Leo und Tim, ihr beiden seid vorgemerkt für’s Aquarium-Putzen bei Herrn Zihlmann!» Die beiden Jungs schicken sich «Ach-die-dumme-Kuh»-Blicke.

Einen Augenblick lang überlegt die Lehrerin, was sie denn ursprünglich sagen wollte, dann verkündet sie: «Wie ihr ja wisst, ist dieser Frühjahrs-Ausflug ein Geschenk der Kantonsschule zur bestandenen Probezeit. Das ist aber keine Einladung, Dummheiten zu machen. Ihr sollt auch etwas lernen über unsere Vergangenheit. Der Schlosswart, Herr Keller, wird euch jetzt empfangen und euch einiges über Neu-Bechburg erzählen. Ihr werdet auf nächste Woche eine Zusammenfassung schreiben.» Ein Murren und Stöhnen geht durch die Klasse. Margarethe aber freut sich riesig, liebt sie doch Burgen und Schlösser über alles.

Frau Hofers Ermahnung zur Ruhe geht unter im jugendlichen Stimmengewirr. Da wird geschubst, gelacht, gebrüllt und gerannt– ein Sack voller Flöhe ist wohl einfacher zu bändigen. Durch das untere Schlosstor gelangen sie in einen Gang ohne Dach. «Durch diese hohle Gasse muss er kommen!», brüllt Tim und tut so, als würde er Gerry, der neben ihm steht, mit einer unsichtbaren Armbrust einen Pfeil ins Herz schiessen. Gerry fasst sich an die Brust und torkelt theatralisch zu Boden. Ein paar Mädchen kreischen und springen zur Seite. Frau Hofer seufzt. Der Schlosswart steht bereits oben am Eingangstor und grinst.

Als die Klasse nun endlich beim Schlosswart angelangt ist, hat sich der Lärmpegel nur unmerklich verringert. «Jemand soll die Glocke läuten, damit Schlossgeist Kueni weiss, dass ihr da seid.» Plötzlich verstummen alle. «Ein Geist, so cool», tuscheln ein paar Jungs. – «Nicht zu stark läuten, das hat Kueni nicht gern, aber er will wissen, was sich tut im Schloss», ergänzt der stämmige Schlosswart, der selber gut in eine Ritterrüstung gepasst hätte. Keiner in der Klasse bewegt sich.

«Ihr Angsthasen!», stichelt Margarethe und tritt vor. Sie packt einen eisernen Griff und zieht daran. Nichts geschieht. Sie zieht erneut daran. Ein leiser Glockenschlag ertönt. Dann blickt sie zu den Zinnen des hohen Turms hinauf und spricht feierlich: «Kueni, wir schauen uns dein schönes Schloss an.»

«Wozu ist denn ein Schloss überhaupt gut?», fragt der Schlosswart, zu Margarethe gewandt. Bevor sie etwas antworten kann, meldet sich Gerry, und seine grünen Augen funkeln: «Damit Ritter Burgfräuleins anbaggern können!» Alle kichern. Tim macht eine abschätzige Handbewegung und meint: «Wer den grössten Turm hat, ist der Boss!» Alle prusten los vor Lachen. Leo grunzt: «Damit man die Steuern sicher aufbewahren kann und genug zu fress… äh… essen hat!» – «Fresssack!», fordert ihn Gerry heraus. Leo kontert: «Nüsse oder Feigen? – Kopfnüsse oder Ohrfeigen?» Gerry will auf ihn los, doch Rudy und Seraina halten ihn zurück. «Mach keinen Mist, Gerry», flüstert Seraina, da beruhigt sich Gerry.

Belustigt über die vorlauten Teenager, erklärt der Schlosswart: «Nun, ein solches Schloss diente vor allem als Rückzugsort, der militärisch kaum einzunehmen war. Ich möchte euch zeigen, wie die Leute hier oben gelebt haben, welche Kleider sie trugen, welche Werkzeuge sie anfertigten, was sie assen und wo sie schliefen.» Plötzlich ist die Klasse ganz ruhig und hängt an den Lippen des Schlosswarts. Die Lehrerin ist fast schon ein bisschen neidisch auf seine pädagogischen Fähigkeiten.

In der Eingangshalle hängen Reh- und Hirschgeweihe an den Wänden. Der Schlosswart erzählt von der Jagd. Das Wild sei auf seinen Wanderungen stets durch die Klus gegangen. In dieser engen Passage sollen die Kelten viel Wild erlegt haben. Dann zeigt er den Jugendlichen die mittelalterliche Küche. Margarethe denkt: «Meine Mutter würde durchdrehen, müsste sie über einem offenen Feuer kochen – sie, die doch meist nur die Mikrowelle bedient.»

Dann geht’s über eine enge Wendeltreppe ins Studierzimmer des damaligen Schlossherrn. Am Fenster steht ein Fernrohr. Einige Jugendliche rangeln, meinen Blick durch’s Okular zu erhaschen. «He, da sieht man ja nichts, da ist nur Nebel. Das altersschwache Ding ist kaputt!», ruft Tim enttäuscht aus. «Hau ab, jetzt will ich!», rempelt ihn Leo an. Auch er verliert schnell das Interesse.

«Kjak!», ruft eine Dohle, die am Fenster vorbei fliegt. Als das Fernrohr nun nicht mehr bedrängt wird, geht Margarethe hin, um einen Blick zu riskieren. Rudy fragt sie interessiert: «Mäggy, kannst du Oensingen sehen? Und die Autobahn? He, da fährt ein Zug vorbei!» Margarethe gibt sich alle Mühe, doch auch sie sieht vorderhand nur Nebelschleier. Doch plötzlich gewahrt sie etwas: eine Wagenkolonne, bewacht von Reitern … mit Schwertern! Sie zuckt zurück. Seraina erschrickt, denn Margarethe ist ganz blass geworden. «Geht’s dir gut?», fragt sie ihre Freundin.

Margarethe nimmt das Fernrohr noch einmal zur Hand – und da sind sie wieder, die Gestalten, die aus dem Mittelalter entsprungen scheinen. «Es kommt mir vor, als würde ich in die Vergangenheit sehen», flüstert sie. Rudy, der schon einige seltsame Dinge mit Margarethe erlebt hat, glaubt ihr auf Anhieb. Doch Seraina nimmt sich das Fernrohr nun selber vor. «Da müsste doch die Autobahn sein!», reagiert sie verärgert auf die Nebelschleier im Fernrohr. Doch dann sieht auch sie die Wagen und Waffenbrüder aus dem Mittelalter. «Das ist bestimmt eine Probe für ein Mittelalter-Festspiel», schlussfolgert Seraina sachlich. Nun ist Rudy an der Reihe. Auch er sieht die seltsamen Gestalten. Fiebrig sucht er Häuser. Eine ganze Stadt kann doch unmöglich verschwinden! «Kjaar!», hört man eine Dohle rufen.

Jetzt kommt die blonde Irène näher und macht eine abschätzige Miene: «Was schwafelt ihr da! Lasst sehen!» Rudy überlässt ihr das Fernrohr. Die Blondine lacht: «Da ist doch die Autobahn, und der Zug obendrein! Was habt ihr bloss?» Gelangweilt entfernt sie sich und überlässt das Fernrohr den drei Freunden.

«Kjak!», erklingt ein Dohlenschrei. Und Margarethe schaut noch einmal durch’s Fernrohr. Nun sieht sie mittelalterliche Gebäude, weite Wälder und ein grosses Hirschrudel. Verwirrt teilt sie dies ihren Freunden mit.

Frau Hofer ruft: «He, ihr drei Verträumten, kommt, wir müssen weiter!» Margarethe hört noch Gerry rufen und Leo mit Tim streiten, dann ruft ein ganzer Dohlen-Schwarm: «Kjak, kjak, kjaar!» Die Vögel pfeilen an den Fenstern vorbei.

Margarethe, Rudy und Seraina schauen wie gebannt nach draussen, dann herrscht unheimliche Stille. Die drei Jugendlichen drehen sich gleichzeitig herum, … doch ihre Klassenkameraden samt Lehrerin, Begleitperson und Schlosswart sind verschwunden.

Statt Glühbirnen erhellen Kerzen den Raum. Ein unbekannter Mann sitzt am Studiertisch und beugt sich über ein unheimlich dickes Buch. Er ist angezogen wie … wie im Mittelalter.

Verstohlen betrachten die drei den Herrn, unschlüssig, was sie von seiner Gegenwart halten sollten. «War der vorher schon hier?», flüstert Rudy Margarethe ins Ohr. – «Glaube nicht», wispert diese. Seraina meint: «Vielleicht ist er eine Wachspuppe, die wir vorhin nicht wahrgenommen haben.»

«Sieht aber verflixt lebendig aus!», brummt Rudy. – «Pscht, nicht so laut, der ist mir irgendwie unheimlich», bemerkt Seraina mit ängstlichem Gesichtsausdruck, aber Rudy spricht unbeirrt mit normaler Stimme weiter: «Wo sind eigentlich die anderen? Seltsam, dass die so lautlos verschwunden sind, bei dem Lärm, den Tim und Leo immer veranstalten!» – «Ganz zu schweigen von Gerry», fügt Margarethe mit gemischten Gefühlen hinzu, die sie ihrem früheren Erzfeind gegenüber empfindet.

Seltsam, dass sich die Schulklasse nicht mehr im Studierzimmer befindet! Margarethe vermutet, dass sie vor lauter Faszination über das Fernrohr den Anschluss an die Führung verpasst haben. Sicher ist die Klasse bereits im nächsten Raum und wird vom Schlosswart über die Ausstellung informiert.

«Wir haben doch verpennt, dass die anderen bereits in den nächsten Saal gewatschelt sind!», ruft Margarethe, «kommt, wir suchen sie!» Zustimmend nicken Seraina und Rudy und folgten Margarethe, die sich zielstrebig auf die Türe zubewegt und dabei fast den Mittelalter-Mann auf dem Stuhl angerempelt hätte. Sie stösst sich das Knie am Stuhl. «He, du hättest fast die arme Wachspuppe umgehauen!», tadelt sie Rudy scherzhaft. – «Die spürt aber wenigstens nichts!», jammert sie mit schmerzerstickter Stimme und reibt sich das schmerzende Knie.

Die drei suchen in den angrenzenden Räumen, aber nirgends ist ein Lebenszeichen zu erkennen. «Seltsam; wir müssten doch lediglich dem Lärm folgen, den eine wilde Schulklasse veranstaltet!», wundert sich Rudy. – «Vielleicht erzählt ihnen der Schlosswart eine unheimliche Geschichte, und sie sind mucksmäuschenstill», mutmasst Margarethe. – «Oder er ist ein Zauberer und hat sie alle entführt!», bemerkt Seraina trocken.

Margarethe prustet los und betrachtet ihre Klassenkameradin amüsiert. Wie schön, dass sie innert kurzer Zeit eine so zuverlässige, kluge und unterhaltsame Freundin gefunden hat. Ihre erste Begegnung hat ja während der Aufnahmeprüfung für’s Gymnasium stattgefunden, und damals schon war ihr Seraina aufgefallen. «Sie hat so etwas Geheimnisvolles an sich, manchmal…», fährt es Margarethe durch den Kopf. «Eigentlich weiss ich gar nicht viel über sie», denkt sie, «nur, dass sie bei einer Tante wohnt, weil ihre Eltern schon lange tot sind.»

Zusammen mit Rudy, den sie schon länger kennt, hat sich ein Trio gebildet, das allen Angriffen trotzt. Margarethe, die früher in der Schule als Aussenseiterin geplagt wurde, schätzt sich glücklich, jetzt in einer kleinen Gruppe integriert zu sein. «Nie mehr Einzelkämpferin!»

Insofern stört sie die Abwesenheit der übrigen Klassenkameraden wenig. Zu dritt können sie sich gut in der Burg amüsieren; es gibt sicher vieles zu entdecken! Und falls die Lehrerin sie beim Herumstreunen ertappt, können sie sich immer noch wahrheitsgetreu herausreden, sie hätten wegen des interessanten Fernrohrs den Anschluss verpasst und die Klasse nicht mehr gefunden. So ein Pech!

«Wenn wir Pech haben, verpassen wir den interessantesten Teil der Führung!», bemerkt Rudy, und sein Wissensdurst spiegelt sich in seinen Augen. Er ist ein interessierter Schüler, der sich deshalb schon mehrfach den Kosenamen «Streber» eingehandelt hat. Es gehört zu seinem Wesen, alles erfahren zu wollen. Margarethe glaubt ihm sofort, dass er gerne an den Lippen des Schlosswarts hängen würde, wenn dieser mehr über die Burg berichtet.

Ratlos sind die drei wieder vor dem Studierzimmer angelangt. «Was tun wir nun?», fragt Margarethe. – «Ich denke, am besten gehen wir dorthin zurück, wo wir die anderen zuletzt gesehen haben», schlägt Seraina vor. – «Oder wir machen uns selbst auf Erkundungstour», liefert Rudy einen Gegenvorschlag. «Ich mag nicht rumsitzen, wenn es so vieles zu sehen gibt!»

«Einverstanden, aber ich werfe zur Sicherheit noch einen Blick durch’s Fernrohr», erklärt Seraina nachdenklich, «ich habe da so ein Gefühl…» – «Ich dachte, das Kostümfest interessiert dich gar nicht», wundert sich Rudy. Auch Margarethe macht sich über Serainas Worte Gedanken. Was meint sie wohl damit?

Die Türe quietscht, und instinktiv zucken die drei zusammen. Der Mann am Tisch sitzt über sein Buch gebeugt und hält eine Lupe in der Hand. Hat er die vorhin schon gehabt? Das ist Margarethe nicht aufgefallen. Die Wachspuppe ist ihr unheimlich. Während Seraina dem Fernrohr zustrebt, begleitet von Rudy, blickt Margarethe dem Mann zaghaft über die Schulter und sieht, dass er ein Buch mit Zeichnungen und Beschriftungen betrachtet: Schmetterlinge! Sie lässt ihren Blick durch’s Zimmer schweifen und sieht an den Wänden Kästen mit Dutzenden von Schmetterlingen verschiedenster Grösse, Form und Farbe. «Seht euch das an!», ruft sie ihren Freunden zu.

«Was denn?», reagiert Rudy unwirsch. «Wir sind hier mit ganz interessanten Aussichten beschäftigt.» – «Ja, hier ziehen Dutzende von Hirschen durch das Tal; das ist fast schon unheimlich!», bestätigt Seraina. – «Aber lustigerweise sieht man die Hirsche jetzt nicht mehr nur im Fernrohr, sondern auch durch’s Fenster!» – «Seltsam», quittiert Margarethe geistesabwesend. Die Schmetterlinge erscheinen ihr im Augenblick faszinierender. Sie sehen so lebendig aus! Nicht wie verstaubte Präparate, die sie aus dem Biologieunterricht kennt. Sie wirken eher so, als hätte man sie erst vor kurzer Zeit gefangen, einige zumindest. Und der Mann wirkt auch so lebendig… und plötzlich hebt er den Kopf, blickt über seine Schulter nach hinten und Margarethe direkt ins Gesicht!

«Waah!», schreit sie auf und vollführt einen Luftsprung. Dann fasst sie sich und murmelt eine Entschuldigung. Der Mann jedoch würdigt sie keines Blickes, sondern scheint vielmehr durch sie hindurch zu blicken. Margarethe ist es ganz unheimlich zumute. Sie beschliesst, ihn anzusprechen: «Entschuldigen Sie, haben Sie zufällig eine Schulklasse gesehen, die die Burg besucht? Wir haben unsere Gruppe verloren.» Keine Reaktion.

Mittlerweile starren auch Seraina und Rudy den Herrn im dunkelroten Samtrock an. «Du, der ist echt!», flüstert Rudy beunruhigt, und Seraina nickt wortlos. – «Aber er reagiert nicht. Seltsam!», stellt Margarethe fest – «Unhöflicher Kerl!»

Ein schriller Schrei schreckt die drei Freunde auf, und sie richten ihre Aufmerksamkeit auf das Fenster. «Die Dohlen!», ruft Margarethe. Nacheinander blicken die drei durch’s Fernrohr, während ein ganzer Schwarm Dohlen am Fenster vorbeifliegt und spitze Schreie dazu ausstösst: «Kjak, kjak, kjaar!»

«Sind das nicht bezaubernde Vögel?», spricht Seraina schwärmerisch. – «Und äusserst intelligente dazu!», ergänzt eine dröhnende Männerstimme. Die drei drehen sich nach dem Mann am Tisch um, doch der ist verschwunden. Stattdessen gewahren sie den Schlosswart, welcher mitten im Zimmer steht.

2 Die Prophezeiung der Kelten

«Wir haben seit vielen Jahren eine Dohlenkolonie hier auf Neu-Bechburg. Die schlauen Vögel haben sich mit den Turmfalken verbündet und vertreiben die Raben, welche sich auch gerne hier niederlassen würden», erklärt der Schlosswart – «Dann wäre Plonk also nicht willkommen», fährt es Margarethe durch den Kopf. Gut, hat sie ihren zahmen Raben nicht auf den Schul-ausflug mitgenommen!

Ihr zweiter Gedanke gilt jedoch nicht mehr ihrem Raben, sondern der Tatsache, dass der Schlosswart wieder aufgetaucht ist: Also hat man sie entdeckt! «Schluss mit Herumstreunen», denkt sie. «Ist vielleicht besser so; hätte ohnehin nur Ärger gegeben mit der Lehrerin, und mit der will ich es nicht verscherzen!»

«Na, kommt jetzt, ihr Herumtreiber!», fordert der Schlosswart die drei auf. «Ich verstehe, dass euch die Dohlen brennend interessieren, aber ich kann euch noch viel Wissenwertes über die Burg erzählen. Eure Kameraden warten schon im Schlafzimmer der Burgherrin!»

Unterwegs dorthin löchert Rudy den Führer mit Fragen über die Burg, voller Angst, etwas Wichtiges verpasst zu haben. Bereitwillig gibt der Schlosswart Auskunft: «Neu-Bechburg ist die einzige Burg im ganzen Kanton Solothurn, die äusserlich ihr mittelalterliches Gepräge erhalten hat. Und ihre Lage ist gut gewählt, was schon Funde aus der Altsteinzeit beweisen: Bereits vor elftausend Jahren war der Durchgang durch die Klus bekannt, und man hat ihn auch überwacht. In der Römerzeit war Oensingen die bedeutendste Siedlung zwischen Solothurn und Olten; hier teilte sich die Strasse von Aventicum nach Augusta Raurica und Vindonissa.»