ELMAR GRUBER

SONNTAGSGEDANKEN

Betrachtungen und Gebete
für alle Sonn- und Festtage

Lesejahr C

Don Bosco

Inhalt

Einführung

Der Advent

Erster Adventssonntag

Zweiter Adventssonntag

Dritter Adventssonntag

Vierter Adventssonntag

Die Weihnachtszeit

Weihnachten – Heiliger Abend

Weihnachten – Heilige Nacht

Weihnachten – am Tag


Weihnachten – Fest des heiligen Stephanus

Sonntag in der Weihnachtsoktav –
Fest der heiligen Familie

Oktav von Weihnachten – Hochfest
der Gottesmutter Maria

Zweiter Sonntag nach Weihnachten

Hochfest der Erscheinung des Herrn

Sonntag nach dem 6. Januar –
Taufe des Herrn

Die Fastenzeit

Aschermittwoch

Erster Fastensonntag

Zweiter Fastensonntag

Dritter Fastensonnrag

Vierter Fastensonntag

Fünfter Fastensonntag

Palmsonntag

Gründonnerstag

Karfreitag

Die Osterzeit

Osternacht

Ostersonntag

Ostermontag

Weißer Sonntag

Dritter Sonntag der Osterzeit

Vierter Sonntag der Osterzeit

Fünfter Sonntag der Osterzeit

Sechster Sonntag der Osterzeit

Christi Himmelfahrt

Siebter Sonntag der Osterzeit

Pfingsten

Pfingstmontag

Die Herrenfeste im Jahreskreis

Dreifaltigkeitssonntag

Hochfest des Leibes und des Blutes Christi –
Fronleichnam

Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu

Die Sonntage im Jahreskreis

2. Sonntag im Jahreskreis

3. Sonntag im Jahreskreis

4. Sonntag im Jahreskreis

5. Sonntag im Jahreskreis

6. Sonntag im Jahreskreis

7. Sonntag im Jahreskreis

8. Sonntag im Jahreskreis

9. Sonntag im Jahreskreis

10. Sonntag im Jahreskreis

11. Sonntag im Jahreskreis

12. Sonntag im Jahreskreis

13. Sonntag im Jahreskreis

14. Sonntag im Jahreskreis

15. Sonntag im Jahreskreis

16. Sonntag im Jahreskreis

17. Sonntag im Jahreskreis

19. Sonntag im Jahreskreis

20. Sonntag im Jahreskreis

21. Sonntag im Jahreskreis

22. Sonntag im Jahreskreis

23. Sonntag im Jahreskreis

24. Sonntag im Jahreskreis

25. Sonntag im Jahreskreis

26. Sonntag im Jahreskreis

27. Sonntag im Jahreskreis

28. Sonntag im Jahreskreis

29. Sonntag im Jahreskreis

30. Sonntag im Jahreskreis

31. Sonntag im Jahreskreis

32. Sonntag im Jahreskreis

33. Sonntag im Jahreskreis

Christkönigssonntag

Einführung

Dieses Buch ist der dritte Band in der Reihe „Sonntagsgedanken“. Die Einführungen in die Sonntagsgedanken für die Lesejahre A und B haben für diesen Band dieselbe Geltung. Die Sonntagsgedanken der drei Lesejahre wollen spiralenartig wie bei einer Schnecke immer dichter an die Mitte heranführen. Die Mitte könnte man bezeichnen mit dem Wort aus dem 1. Johannesbrief: „Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm“ (1 Joh 4,16).

Die Gedankenführung der Sonntagsgedanken ist – wie die der Sonntagsevangelien selbst – nicht linear, sondern „spinnennetzförmig“. Wichtige Gedanken und Motive werden mehrfach wiederholt und neu, nach anderen Gesichtspunkten verknüpft und vernetzt. Durch die Längs- und Querverbindungen wird versucht, von vielen Seiten her immer wieder die Mitte zu finden.

Die Denkart ist meditativ-reflexiv. Die Gedanken sind im „Schauen“ entstanden, und sie wollen der Leserin, dem Leser zum Schauen verhelfen. Hier wird man keine „Predigtvorlagen“ finden können, aber vielleicht Impulse, die zum eigenen Nachdenken anregen und zu eigenen Einsichten und Einfallen führen. Alle drei Bände sind auch gedacht als Schulungskurs zum kreativen Verstehen der Heiligen Schrift.

Für mich gehören die Zeiten, die ich für die Sonntagsgedanken verbrachte, zu den glücklichsten meines Lebens. Ich durfte erleben, daß man, allerdings erst in der Tiefe des Evangeliums, Gott begegnen kann, der sich in der Jesusgestalt verkörpert. So möchte ich jedem Menschen, der an Gott und der Welt Interesse hat, raten, er solle sich in das Evangelium vertiefen. Dazu kann es hilfreich sein, eine ganze Woche lang mit dem Sonntagsevangelium zu leben. So könnten die Sonntagsgedanken vielleicht für manche interessierte Menschen eine Hilfe zu „Exerzitien im Alltag“ sein.

Elmar Gruber

Der Advent

Erster Adventssonntag
(Lk 21,25-28.34-36)

„Eure Erlösung ist nahe …“

Erlöst werden

Das Weihnachtsfest
offenbart uns immer wieder unsere Erlösung,
und indem wir Weihnachten feiern,
wirkt die erlösende Kraft der Liebe Gottes
immer wieder auf uns ein.

Mit dem Wort „lösen“
sind viele Bereiche unseres Lebens angesprochen:
auflösen, ablösen, einlösen, auslösen …
er-lösen.
Alle unsere Lebensprobleme
bedürfen der Lösung.
Jedes Problem enthält in sich
schon seine Lösung;
sie ist jedoch noch nicht entdeckt
und noch nicht verwirklicht.

Das eigentliche Problem aller Probleme
ist der noch nicht erkannte Gott.
Dieser Gott ist aber auch die Lösung
aller Probleme.

Gott ist Mensch geworden,
damit wir das wahre Gottesbild entdecken.
Die selbstgemachten Gottesbilder
machen Angst und erlösen nicht.
Das wahre Gottesbild erscheint
in den vielen Gleichnissen und Symbolen
besonders im Lukasevangelium
(der gute Hirt, der barmherzige Vater,
der Zachäus-Heiland …)
.

Obwohl wir uns danach sehnen,
fällt es uns immer schwer,
an den erlösenden und befreienden Gott,
der in der Jesusgestalt in Erscheinung tritt,
zu glauben:
Gott straft nicht;
er verlangt kein Sühnopfer.
das haben wir Menschen
in das Gottesbild hineingetragen.
Jesus wollte uns von dem düsteren Bild
des zornigen, beleidigten und strafenden Gottes erlösen.
„Darum lernt doch, was es heißt:
Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“ (Mt 9,13)
Gott will nur,
daß wir seine Allbarmherzigkeit annehmen
und dadurch beginnen,
selbst allbarmherzig zu werden.

Der allbarmherzige Gott
löst uns durch seinen menschgewordenen Sohn
aus allen Ängsten und Zwängen.
Aus der Sklaverei,
die durch die Vergötzung der Gebote kommt;
aus der Sklaverei,
die durch die Vergötzung der Triebe kommt;
aus der Sklaverei,
mit der sich Menschen gegenseitig quälen;
aus der Sklaverei von Schuld und Sünde,
mit der wir uns selbst quälen und vernichten.

Jesus ist gekommen,
um „sein Leben hinzugeben
als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45).
Jesus kauft uns frei,
aber doch nicht vom „Zorn Gottes“,
sondern vom „Teufel“,
das heißt von der Gewalt des Bösen:
Vor der Liebe, die stärker ist als der Haß,
muß der Haß kapitulieren.

Herr,
führe uns durch die Vorbereitung des Weihnachtsfestes
zu einem neuen, tiefen
Erlebnis unserer Erlösung.

Zweiter Adventssonntag (Lk 3,1-6)

,,Alle Menschen werden das Heil sehen,
das von Gott kommt. „

Heil für alle

„Allen Menschen wird zuteil
Gottes Heil.“
Es fällt uns oft sehr schwer,
die Toleranz Gottes
und seine Liebe zu allen Menschen,
zu den guten und zu den bösen,
zu akzeptieren.

Wir versuchen, Gott immer wieder
auf unsere Seite zu ziehen
und gegen unsere Feinde
auszuspielen.
Wir erklären unsere Feinde
zu den Feinden Gottes
und dann erlauben wir uns
„im Namen Gottes“
die Feinde mit aller Grausamkeit
zu bekämpfen.

Nun hat aber Gott
von sich aus keine Feinde:
Er liebt die Guten,
damit sie gut bleiben
und die Bösen, damit sie gut werden,
und uns – liebt er auch.

Gerade „die Guten“
bedürfen oft besonders der Heilung –
Heilung von Intoleranz,
vom Vergeltungs- und Rachedenken,
vom Lohn-Strafe-Denken.

Gott verteilt seine Liebe
auf alle Menschen.
Darin besteht die einende
und entfeindende Kraft seiner Liebe.
Gott will, daß alle Menschen selig werden (1 Tim 2,4).
Im Zeitalter der Globalisierungen
ist die „Globahsierung des Heils“
eine Überlebensfrage für die Menschheit.

„Heil“ und „Seligkeit“
sind andere Worte für „Glück“.
Die Heil-igen sind die Menschen,
die das wahre Glück in sich haben
und weiter verbreiten.
Ebenso sind die „Seligen“
(„die im Saale Lebenden“) Menschen,
die das wahre Glück
der ewigen Gemeinschaft
mit und in Gott gefunden haben.

Weil Gott „der Heilige“
und der „Ursprung aller Heiligkeit“ ist,
und weil sich im Grunde alle Menschen
nach Heil und Heiligkeit sehnen,
haben wir die Hoffnungsgewißheit,
daß am Ende alle Menschen
freiwillig ihre Knie
vor der Heiligkeit Gottes beugen werden
und das Heil finden.

Dem Herrn den Weg bereiten heißt,
ihm den Weg zu allen Menschen bereiten,
indem ich seine grenzenlose Liebe
und „Heil-igkeit“ verkünde,
aus der Solidarität und Toleranz entspringen.

Herr,
du Ursprung des Heils
und aller Heiligkeit,
mache mich heilig
für mich
und zum Heil der Welt.

Dritter Adventssonntag (Lk 3,10-18)

„Was sollen wir also tun?“

Beitragen

Das Kommen Gottes,
sein Ankommen bei uns,
in uns und durch uns
können wir nicht bestimmen.
Gott kommt, wann, wo und wie Er will,
meist dort, wo wir es nicht vermuten.
Warten, erwarten, immer bereit sein
– Gott nicht bestimmen wollen –,
das ist der Sinn des Advents.

Advent ist aber nicht untätiges Warten;
Advent verlangt unseren aktiven Beitrag.
Als wichtigsten Beitrag
nennt der Täufer das Teilen.
Gott kommt zur Menschheit;
er hat immer alle Menschen im Auge,
auch wenn die Gotteserfahrung
ein ganz persönliches individuelles
Geschehen ist.
Durch Teilen solidarisieren wir uns
mit allen Menschen
und werden zur Solidargemeinschaft,
die Gott rettet.
Die Kraft zum Teilen
kommt aus dem Glauben
und aus der Erwartung
des „solidarisierenden“ Gottes.

Als nächstes nennt Johannes
die Rechtschaffenheit, die Moral.
Moral ist nicht der Ursprung des Glücks,
aber die unerläßliche Voraussetzung,
damit menschliches Leben
überhaupt möglich ist.
Hans Küng hat mit seinem Projekt Weltethik
klar gemacht,
daß es einen allgemeinen Wertekonsens gibt,
der in den zehn Geboten Ausdruck gefunden hat.

Auch Jesus fordert die Moral als Lebensbasis:
„Halte die Gebote!“ (Mt 19,17)
Er warnt aber ebenso nachdrücklich
vor ihrer Verabsolutierung und Vergötzung.
Jesus verlangt barmherzige Liebe.
Der Sinn der Gebote liegt darin,
daß sie der Liebe und dem Leben dienen.
Die Liebe führt zu den Geboten,
aber die Gebote führen als solche
noch nicht zur Liebe.
Nur der Liebende vermag
„richtig“ und verantwortungsvoll
mit den Geboten umzugehen.

Jesus bekehrt die Sünder
durch Liebe,
nicht durch moralisierende Strafandrohung.
So entsteht durch Jesus der Gegensatz
zwischen dem bekehrten, liebenden Sünder
und dem nur buchstabengerechten Legalisten,
(„Und ist ein Mensch gefallen,
führt Liebe ihn zur Pflicht!“, Zauberftöte)

So verlangt der Täufer schließlich,
daß wir uns mit dem „Stärkeren“ befassen,
der mit „Geist und Feuer“,
das heißt mit der Kraft der Liebe tauft.
Johannes pocht auf Moral
und öffnet sie zugleich für die Macht
der allerbarmenden Liebe.

Herr,
bewahre mich vor Selbstbetrug, damit die Liebe,
die „alle Sünden zudeckt“,
nicht zum „Deckmantel der Bosheit“ wird.

Vierter Adventssonntag (Lk 1,39-45)

„Wer bin ich, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“

Selbst-Bestätigung

„Wer bin ich denn?“
„Bin ich wer?“
„Ich kenne mich nicht mehr.“
„Ich kenne mich nicht mehr aus.“
Alle Bemühungen
um Selbstfindung, Selbstverwirklichung
und Selbstbestätigung
verraten die Not des Menschen,
der zu sich selbst
und damit zu den anderen Menschen
noch nicht das rechte Verhältnis
gefunden hat;
das zwanghafte, triebgesteuerte, egoistische Ich
ist noch nicht zum liebenden,
verantwortlichen Selbst geworden.

An der Frage der Selbstverwirklichung
scheiden sich die Geister.
Die einen haben
ein materialisteisches, mechanisches Menschenbild
sie wollen mit Hilfe der Psychologie
ihre Selbstverwirklichung
und Selbstbestätigung
selbst machen.
Die anderen sehen den Menschen
als Geschöpf und Geschenk Gottes;
sie empfangen ihre Selbstverwirklichung
als Geschenk der Liebe Gottes.
Für die ersteren ist alles Leistung,
für die letzteren ist alles
Geschenk und Gnade,
die jedoch auch den eigenen Beitrag verlangen.

Dieser Gegensatz zeigt sich auch
in der Frage:
Was ist das Glück des Menschen?
Für die einen ist Glück
das Haben von Glücksgefühlen;
für die anderen ist Glück
das Bewußtsein,
bedingungslos und unverlierbar geliebt zu sein.
Ähnlich sehen die einen
den Sinn des Lebens
in der Befriedigung
vergänglicher Bedürfnisse
und die anderen
in der Bestätigung durch die Liebe Gottes,
die mir unzerstörbare Daseinfreude schenkt.
Das Geliebtsein ist für mich
auch die Kraft
in Leid, Not und Tod.

Maria und Elisabeth
erfahren ihre gegenseitige Selbstbestätigung
in der Begegnung.
Die Freude –
die Freude im Herrn und am Herrn –
ist die Weise,
durch die diese Bestätigung geschenkt wird,
verbunden mit der Erfahrung:
Gott tut immer Großes.

Herr,
ich will dich suchen,
damit ich mich durch dich
selbst finde.