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Cover

Vorwort

Planet der Mock

Rückentext

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Epilog

Er war Guckys Vater

Sturz in die Ewigkeit

Rückentext

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

Epilog

Walter Ernsting alias Clark Darlton: Sein UTOPIA, seine »Meteoriten«

Die Zeitmauer

Rückentext

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Der Redakteur erinnert sich: Walter Ernsting war ein besonderer Mensch

SOS aus dem Weltall

Rückentext

Wie einzigartig ist das Universum?

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kurzgeschichte: Der Flug nach Eden

Nachwort

Bildergalerie

Impressum

 

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Kompakt 5

 

Zum zehnten Todestag von Clark Darlton

 

Ein Einblick in das Werk des PERRY RHODAN-Schöpfers

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Liebe Leserinnen und Leser,

 

es waren zwei Autoren, die aus PERRY RHODAN einen Erfolg machten, der bis heute seinesgleichen sucht: Karl-Herbert Scheer legte die technischen und wissenschaftlichen Grundlagen der Science-Fiction-Serie, während Walter Ernsting alias Clark Darlton die phantastischen Grundlagen lieferte.

Im Januar 2005 starb Walter Ernsting – und mit diesem PERRY RHODAN-Kompakt wollen wir an einen großen Humanisten erinnern und an einen der Männer, die Science Fiction überhaupt erst in Deutschland salonfähig machten.

Dieses PERRY RHODAN-Kompakt enthält vier PERRY RHODAN-Planetenromane aus unterschiedlichen Schaffensperioden des Schriftstellers – wir finden, dass sie in gewisser Weise für den Autor und sein Werk sehr typisch sind.

»Planet der Mock« erschien als Band 1 der Planetenromane und wurde zuletzt anfangs der 90er-Jahre veröffentlicht. Wir veröffentlichen den Original-Text von 1964, nur auf die aktuelle Rechtschreibung umgestellt. Der Roman zeigt Clark Darlton als humanistischen Autor, und er schildert, wie eine harmlose Expedition von Menschen für andere Wesen zu einer ungeheuerlichen Bedrohung werden kann.

Die zwei Planetenromane »Sturz in die Ewigkeit« (Band 4) und »Die Zeitmauer« (Band 94) bilden eine inhaltliche Einheit – es handelt sich dabei um Abenteuer mit Ernst Ellert, dem Teletemporarier. Der Mann, der durch Zeit und Raum reisen kann, erlebt unglaubliche Abenteuer; Geschichten, die zum Träumen verführen sollen und für Clark Darlton typisch sind.

»Sturz in die Ewigkeit« veröffentlichen wir im Original-Text von 1964, ebenfalls auf die neue Rechtschreibung umgestellt. »Die Zeitmauer« wurde zuletzt in einer Edition des Weltbild-Verlags veröffentlicht; für diese Edition wurde der Roman noch einmal leicht bearbeitet und auf die neue Rechtschreibung umgestellt.

Der Planetenroman »SOS aus dem Weltall« kam zuletzt im Sommer 2014 in den Handel – es handelt sich um einen verschollenen Roman. Clark Darlton schrieb ihn als »Buch zum Film«. Diese Veröffentlichung entspricht der aktuellen Version, die im Sommer 2014 verlegt wurde: leicht bearbeitet und der aktuellen Rechtschreibung angepasst. Ergänzt wird der Roman durch die Kurzgeschichte »Die Reise nach Eden« von Clark Darlton sowie ein sachkundiges Nachwort von Dr. Rainer Nagel.

Darüber hinaus enthält dieses PERRY RHODAN-Kompakt einige Artikel, die sich mit dem Leben und dem Werk des Schriftstellers beschäftigen, sowie Fotos aus verschiedenen Phasen seines ereignisreichen Lebens. Darlton war stets ein Träumer, ein Mensch, der sich in positiver Weise mit der Zukunft und der Unsterblichkeit beschäftigte.

Auch lange nach seinem Tod wird er seine Leser mit seiner unnachahmlichen und eigenständigen Ideenvielfalt beschäftigen. Und wir werden uns noch lange an ihn und seine sympathischen Romanfiguren erinnern.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit der Lektüre!

 

Klaus N. Frick

PERRY RHODAN-Redaktion

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Planet der Mock

 

Weil sie anders sind, werden sie vernichtet – ein tragisches Missverständnis zwischen zwei Sternenvölkern.

 

Clark Darlton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Ein Gedanke hat viele Jahrtausende hindurch die Wege der Menschheit bestimmt: Wir Menschen sind die einzigen Intelligenzen des Universums – wir sind allein im All.

Wenn nur eine Sonne unter einer Million Sonnen Planeten besäße und wiederum jeder millionste Planet die günstige Position der Erde zu ihrem Stern inne hätte, so gäbe es allein in unserer Milchstraße eine Million Erden, auf denen sich Leben in unserem Sinne hätte entwickeln können. Und das Universum hat viele Millionen Milchstraßen.

Der Gedanke, der Mensch könne im Universum allein sein, ist also einer der lächerlichsten, egoistischsten und engstirnigsten, die das menschliche Gehirn hervorbrachte.

Die terranischen Raumfahrer, die das Sternbild Beta Arietis anflogen, wussten längst, dass es neben den Menschen auch andere, sogar höherentwickelte Intelligenzen im Kosmos gab – und doch fielen sie einem tragischen Missverständnis zum Opfer, als sie den kleinen Mocks begegneten ...

Ein Gedanke hat viele Jahrtausende hindurch die Wege der Menschheit bestimmt. Ihm verdankt sie ihre Götter und Teufel, ihre Schicksale – und ihre Grenzen, mit denen sich die Nationen voneinander trennten.

Dieser eine Gedanke besagt: Wir Menschen sind die einzigen Intelligenzen des Universums. Wir sind allein im All.

Allein im All ...?

Wenn nur eine Sonne unter einer Million Sonnen Planeten besäße und wiederum jeder millionste Planet die günstige Position der Erde zu ihrem Stern inne hätte, so gäbe es allein in unserer Milchstraße eine Million Erden, auf denen sich Leben in unserem Sinne hätte entwickeln können.

Das Universum aber hat viele Millionen Milchstraßen – vielleicht sogar Milliarden.

Der Gedanke, der Mensch könne im Universum allein sein, ist also der lächerlichste, egoistischste und engstirnigste Gedanke, den das menschliche Gehirn jemals hervorbrachte.

Wie viele von uns denken ihn noch heute ...?

 

1.

 

Er streckte seine sechs Glieder und schlug die Augen auf.

Als draußen die Sonne über den Horizont stieg und ihre heißen Strahlen auf den vertrockneten Kontinent sandte, flammten automatisch die künstlichen Beleuchtungskörper auf und ließen es auch in der unterirdischen Stadt Tag werden. Bral blinzelte in das plötzliche Licht und überlegte, wie das Wetter wohl draußen war.

Er streckte sich noch einmal und ließ die Beine aus dem Bett gleiten. Es war warm in dem kleinen Raum, der ihm allein gehörte und der sein Reich war – solange er seine Kräfte und sein Können dem Staat zur Verfügung stellte. Später gab es dann immer noch die Stadt der Alten, wo er das Zimmer mit einem anderen zu teilen hatte.

In der winzigen Badenische wusch er sich und unterzog seinen schimmernden Brustpanzer einer gründlichen Reinigung. Auch die feingliedrigen Antennen hatten es wieder einmal nötig, einer Säuberung unterzogen zu werden, aber dazu war am Wochenende Zeit. Vorerst klappte die Verständigung noch einwandfrei.

Er ging zur Wand und drückte auf einen eingelassenen Knopf. Sofort öffnete sich eine Klappe, und auf einer blankgescheuerten Platte schob sich ihm das Frühstück entgegen – eine flache Schüssel mit einem süßlichen Nährbrei. Er setzte sich und genoss die Speise mit sichtlichem Behagen.

Er sah auf die Uhr. Es wurde Zeit. Die leere Schüssel wurde in das Fach zurückgeschoben, die Klappe schloss sich, und ein leichtes Vibrieren kündigte an, dass die Rollbandanlage in Tätigkeit trat.

Bral atmete auf. Er packte einige Bücher und Schriften in eine Tasche, klemmte sie unter einen Arm und trat auf den Korridor hinaus. Hinter ihm fiel die Tür automatisch in das vom Senat eingestellte Zeitschloss. Vor zwölf Uhr mittags würde er seinen Raum nicht mehr betreten können.

Schon nach wenigen Schritten traf er auf den wartenden Gora, der wie üblich fürchtete, zu spät zur Universität zu gelangen. Aufgeregt zitterten seine Antennen.

»Haben Sie schon gehört?«, vernahm Bral die Gedankenimpulse des anderen in seinem Gehirn. »Die Expedition soll bereits morgen starten. Halten Sie den Termin nicht für verfrüht?«

»Die Vorbereitungen haben Zeit genug in Anspruch genommen«, gab Bral zurück und schloss sich dem eiligen Schritt des Freundes an. »Warum sollte es schiefgehen?«

Gora grüßte einen aus einem Seitengang kommenden Kollegen und gab ihm den Vortritt. Er schien Brals Frage nicht vernommen zu haben.

»Wir haben in diesen Dingen zu wenig Erfahrung – außerdem kann ich nicht verstehen, warum wir unsere Welt verlassen sollen. Haben wir nicht genügend Platz auf ihr?«

Bral lächelte. Er kannte die Argumente jener, die sich dem Problem der Raumfahrt entgegenstellten.

»Sicher haben wir Platz, lieber Gora, aber können Sie auch genau voraussagen, wie lange wir noch Platz haben werden? Wenn wir die Drags nicht ausrotten wollen, werden sie uns eines Tages verdrängen. Und gegen die Ausrottung spricht unsere Weltanschauung. Also müssen wir versuchen, mit ihnen zu leben und eine Ausweichmöglichkeit zu finden, falls wir derer einmal bedürfen – was ich natürlich nicht hoffe und glaube.«

»Aha!«, triumphierte Gora mit aufgeregt vibrierenden Antennen. »Sie glauben selbst nicht daran, dass die Drags uns vertreiben könnten. Sind wir nicht die Intelligenteren?«

»Aber sie sind größer!«, gab Bral zurück und nickte einem Schüler zu, der an ihm vorbeieilte und ihn devot grüßte. »Sie sind Ungeheuer. Was ihnen an Verstand fehlt, ersetzen sie durch Körpermasse.«

»Trotzdem«, argumentierte Gora, »sind wir ihnen überlegen. Wir können sie mit unserer Technik und mit den Gedankenbildern in Schach halten.«

»Dabei vergessen Sie aber«, wandte Bral sehr ernst ein, »dass gerade die Gedankenbilder unsere größte Gefahr bedeuten. Wir werden die Geister, die wir riefen, nicht mehr los. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Erzeugung solcher Bilder nur in größter Lebensgefahr gestattet ist.«

»Sind die Drags vielleicht keine solche Gefahr?«

Bral wollte antworten, aber sie waren nun am Ziel. Nach rechts zweigte ein Gang ab, der sich zu einem Portal verbreiterte. Die Universität!

Auch sie lag unter der Erde, wie alle Wohnstätten und Einrichtungen der Mock unter der Erde gelegen waren. Die riesigen Füße der furchtbaren Drags hätten jedes Gebäude, und sei es noch so stark gebaut, zerstört. Sie nahmen keine Rücksicht, weil ihnen der Verstand dazu fehlte. Oft überlegte sich Bral, was sie wohl alles anstellen mochten, wenn sie über einen solchen Verstand verfügten – und dann war er wieder froh darüber, dass sie keinen hatten.

Gora verabschiedete sich mit einem Nicken des Kopfes und verschwand hinter einer Tür. Bral ging weiter und betrat seine eigene Klasse. Er gab seinen Schülern die Erlaubnis, sich zu setzen, und begann sofort mit dem Unterricht. Zeit war kostbar. Keine Minute durfte versäumt werden.

Er überzeugte sich davon, dass die Empfangsantennen der Schüler in seiner Richtung standen und niemand versuchte, seinen Schlaf hier in der Schule fortzusetzen. Dann dachte er intensiv, seine Antennen wiederum den Schülern entgegengerichtet:

»In der letzten Stunde unterhielten wir uns über die astronomische Lage unseres Heimatplaneten und schrieben eine Arbeit darüber. Ich muss gestehen, dass mich die schlechten Noten arg enttäuschten, aber es ist ja allgemein bekannt, dass Mathematik nicht zu den beliebtesten Fächern unserer Anstalt zählt. Gerade deshalb halte ich eine gedankliche Wiederholung der schriftlichen Aufgabe für notwendig. Pägor, definieren Sie mir den Begriff des Meters.«

Ein junger Mock erhob sich von seinem Platz. Hilfesuchend sah er sich um und versuchte, seine beiden Antennen ein wenig seitwärts zu verschieben. Aber Bral achtete sorgfältig darauf, dass die anderen Schüler nicht in telepathische Verbindung mit dem Gefragten traten. Das ließ sich leicht an den Antennen kontrollieren, die alle auf ihn zeigten. So konnte Pägor keine Vorsage empfangen.

»Man nahm den zweihundertmillionsten Teil eines Mockar-Quadranten und erhielt ein Längenmaß, das wir als Meter bezeichnen.«

»Richtig, Pägor. Wie viel Kilometer zählt ein Quadrant, und was ist ein Mockar-Quadrant?«

Pägor war zu unrecht nervös. Er wusste die Antwort.

»Der Quadrant ist der vierte Teil eines Meridians und hat etwa eine Länge von zweihunderttausend Kilometer.«

»Genau, junger Freund. Und wie groß errechnet sich somit der Umfang unseres Planeten?«

»Nicht ganz achthunderttausend Kilometer.«

Bral nickte zufrieden. Pägor setzte sich.

»Und der Durchmesser von Mockar? Halbros?«

Ein anderer Mock stand auf.

»Ungefähr zweihundertdreiundzwanzigtausend Kilometer.«

»Gut«, signalisierte Bral zurück. Er winkte einem Schüler zu, der in der letzten Reihe saß und seinen einen Fühler in die Höhe gerichtet hielt. »Arsa, warum passen Sie nicht auf? Was gibt es dort oben so Interessantes zu lauschen.« Er drohte mit der Hand. »Sie wissen doch, dass Sie sich auf den Unterricht konzentrieren sollen.«

Arsa erhob sich schuldbewusst und stellte seine beiden Antennen wieder auf Empfang.

»Verzeihen Sie, Bral. Mein Vater ...«

»Sie kennen Ihren Vater?« Bral war so verblüfft, dass er auf die Füße sprang und den Schüler mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. »Sie wissen, wer Ihr Vater ist? Sind Sie nicht in der staatlichen Brutanstalt aufgewachsen?«

Arsa schien schrecklich verlegen.

»Nein, natürlich kenne ich meinen Vater nicht persönlich. Aber ich weiß, dass er zu den Leuten gehört, die morgen nach Raana starten.«

Raana! Der vierte Planet! Das war es! Aber Bral hatte nicht die Absicht, sich vom Thema ablenken zu lassen, so sehr es ihn auch fesselte, die Ansichten seiner Schüler zu dem geplanten Raumflug zu hören.

»Wir leben auf dem dritten Planeten«, strahlte er mit leichtem Vorwurf aus. »Über die Raum-Expedition werden wir dann unterrichten, wenn sie erfolgreich abgeschlossen wurde.« Kurze Pause, dann: »Natürlich steht es uns schon heute frei, einige Daten im Rahmen unseres Lehrprogramms zu betrachten.« Er konnte der Versuchung nicht widerstehen. »Wie weit ist es bis Raana, Arsa?«

»Bei der jetzt günstigen Konstellation nur eine Milliarde und zweihundert Millionen Kilometer«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Und ohne eine weitere Frage abzuwarten, fuhr der Schüler fort: »Raanas Durchmesser beträgt hundertzwanzigtausend Kilometer und sein Umfang dreihundertsiebenundsiebzigtausend Kilometer. Die Entfernung bis Regus wird mit 4,7 Milliarden geschätzt.«

Bral nickte erfreut.

»Gut, Arsa. Sie sind ausgezeichnet unterrichtet. Wir wissen also, dass Raana etwa halb so groß ist wie Mockar, unsere Heimatwelt. Die Lebensbedingungen sind nicht ganz so gut wie bei uns, aber unsere Wissenschaftler glauben, ohne besondere Hilfsgeräte dort existieren zu können. Noch eine Frage, Arsa: Wie lange wird unsere Expedition unterwegs sein?«

»Das Raumschiff erreicht eine Geschwindigkeit von zwanzig Millionen Kilometer in der Stunde, es ist also damit zu rechnen, dass die Dauer des Fluges in einer Richtung nicht mehr als sechzig Stunden in Anspruch nimmt.«

Bral nickte befriedigt. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er schon zuviel Zeit für das nicht zum Unterricht gehörende Thema verschwendet hatte. Sachlich kam daher seine nächste Frage an die Klasse:

»Rexos, es gibt noch eine zweite Methode, das Metermaß zu bestimmen. Welche?«

Rexos erhob sich mit wedelnden Antennen. Er versäumte es nicht, schnell noch einige Informationen von seinen Klassengefährten einzuholen, was ihm auch gelang. Zuversichtlich kam seine Antwort:

»Ein Gramm Wasser geht in einen Hohlwürfel von einem Zentimeter Kantenlänge. Die tausendfache Menge in einen mit einer Kantenlänge von zehn Zentimeter, folglich tausend Liter in einen Würfel mit einer Kantenlänge von einem Meter. Das ist die Methode von Jordel ...«

Nur langsam vergingen die Stunden.

 

Das Startgerüst ragte zweihundert Meter hoch in den klaren Himmel von Mockar. Genauso groß war auch die Rakete aus silbern schimmerndem Metall, deren Spitze in das unendliche Blau zeigte und um deren Heck sich eine Anzahl von Mock versammelt hatten.

Der Rand des Raumfeldes war hermetisch abgesperrt. Schwere Geschütze waren in Stellung gegangen, um eventuelle Angriffe der riesigen Drags abzuwehren. Die größte Gefahr jedoch bedeuteten die von den Mock selbst geschaffenen Gedankenbilder, deren Materialisation nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte und die weiterhin auf der Oberfläche von Mockar existierten. Es gab keine Waffe, mit der man ihnen zu Leibe gehen konnte. Nur besonders stark ausgebildete Telepathen verstanden es, sie zurückzutreiben – vernichten konnte man sie jedoch nicht.

Der wissenschaftliche Leiter der Expedition – er war auch auf der ersten Reise zum sieben Millionen Kilometer entfernten Mond dabei gewesen – sah zum Rand des Feldes hinüber.

»Wir müssen uns beeilen. Drüben in den Wäldern sind Drags beobachtet worden, die sich für unsere Vorbereitungen interessieren. Man hat zwei von ihnen getötet. Nun rotten sie sich zusammen. Ich befürchte einen Angriff.«

Einige der Senatsbeamten sahen zu dem nahen Eingang, der in die unterirdische Stadt führte. Dorthin waren ihnen die Drags noch nie gefolgt. Anfängliche Ausgrabungsversuche hatten sie bald aufgegeben. Artos fuhr fort:

»Wir sind erst dann in Sicherheit, wenn wir starten. Wir dürfen das kostbare Schiff nicht gefährden.«

Der Astronom Gesto nickte beifällig.

»Je eher, desto besser«, dachte er mit gespreizten Antennen, damit ihn jeder verstehen konnte. Der Arzt und Navigator Xo war bereits in der Rakete. Jetzt machte sich Artos bereit, den Aufzug zu benutzen, der nur einen Mann trug. Er winkte den Beamten des Stadtstaates noch einmal zu und glitt in die Höhe, der Spitze des metallenen Monstrums entgegen.

In diesem Augenblick bellten drüben am Rand des Raumfeldes die Geschütze auf.

Gesto zuckte zusammen und fuhr herum.

Aufrecht gehende Gestalten verdeckten den Horizont und liefen mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Geschützstellungen zu. Mit jedem Schritt legten sie zwischen zwanzig und dreißig Meter zurück, und ihre fast fünf Meter großen Füße zertrampelten alles, was sich ihnen in den Weg stellte.

Kleinere Bäume bis zu zehn Meter Höhe wurden umgebrochen und zersplittert. Die furchtbaren Riesen stürmten trotz des rasenden Feuers der Geschützbatterien die Stellungen und rasten weiter auf das startbereite Raumschiff zu. Nur einige wenige brachen in dem Geschosshagel zusammen und polterten mit derartiger Wucht zu Boden, dass die Erde bebte und das Startgerüst in seinen Fugen erzitterte.

Schon längst hatten sich die Senatoren und Presseberichterstatter in Sicherheit gebracht, denn mit den vierzig Meter großen Riesen wollten sie es nicht aufnehmen. Die Aufzüge brachten sie schnell in die Tiefe zurück, wo ihnen die Ungeheuer nichts anhaben konnten.

Gesto stand wertvolle Sekunden lang unentschlossen da. Der Lift, der Artos in die Raketenspitze brachte, war noch nicht zurück. So lange konnte er nicht warten. Das Raumschiff war sicher, denn die Riesen konnten dem Stahlgebilde nichts anhaben. Aber er, Gesto, befand sich in äußerster Gefahr. Nun wagten es die Kanoniere auch nicht mehr, die Drags unter Beschuss zu nehmen, weil sie befürchten mussten, das Schiff zu treffen.

Der noch junge Astronom zögerte. Sollte er versuchen, den Eingang zur Stadt zu erreichen? Oder sollte er ...?

Es blieb ihm nur eine einzige Möglichkeit, und vielleicht konnte er damit die Drags auch von dem Schiff abhalten.

Ein Gedankenbild ...!

Gesto wandte sich den heraneilenden Riesen entgegen. Mit seinen anderthalb Metern wirkte er ihnen gegenüber wie ein Zwerg. Aber er besaß eine Macht, die sie nicht besaßen.

Sie waren noch fünfhundert Meter entfernt. Noch zehn Sekunden, dann war es zu spät.

Er konzentrierte sich und drang mit seinen Gedanken in das Gehirn des ersten Drag ein, dessen furchterregende Fratze wie ein Albtraum schien. Ein wild wuchernder Bart umrahmte das schreckliche Gesicht, und in den Fäusten schwang das Ungeheuer eine Holzkeule. Dabei stieß es ein markerschütterndes Geheul aus.

Gesto konnte dieses Geheul nicht hören, aber er wusste von den Berichten wissenschaftlicher Expeditionen, dass die Drags mit dem Mund Geräusche ausstoßen konnten, weil sie die Telepathie nicht beherrschten. Man hatte diese Laute mit Spezialinstrumenten gemessen und optisch wiedergeben können.

Der Drag hatte schreckliche Gedanken und Erinnerungen. Es fiel Gesto nicht sehr schwer, aus ihnen ein mentales Bild zu formen – ein vierbeiniges Monster mit scharfen Krallen und spitzen Zähnen.

Eine erneute Anstrengung, ungleich größer als die erste – und die Luft zwischen Gesto und dem Drag begann zu flimmern. Langsam entstand etwas aus dem Nichts – ein Tier, ein schrecklich anzusehendes Tier mit braunem Fell und einer dichten Mähne in Schulterhöhe. Es zeigte fletschend die Zähne, schien eine Sekunde zu überlegen, peitschte wütend mit dem buschigen Schwanz – und stürzte sich dann auf den verblüfften Drag, der nicht begriff, wieso auf einmal etwas da sein konnte, das vorher nicht dagewesen war.

Die Bestie war nichts als eine durch Gestos Begabung zu Materie gewordene Erinnerung des Drag. Der Mock hatte diese Erinnerung in dem Gehirn des Riesen aufgestöbert, ein mentales Bild entworfen, es materialisiert und zwischen sich und dem Gegner entstehen lassen.

Dieses Phantasiebild, nun Wirklichkeit geworden, hatte alle Eigenschaften der Erinnerung des Drag – und diese mussten in der Tat alles andere als schön gewesen sein, denn noch ehe der völlig Verdutzte begriff, was überhaupt geschah, stürzte er unter dem Gewicht des fast zwanzig Meter hohen Tieres zu Boden und wurde zerfleischt.

Zwei andere Drags, die das Geschehen beobachten konnten, änderten sofort ihre Laufrichtung und rannten weit an der Rakete vorbei auf die wartenden Geschütze zu. Dort wurden sie entsprechend in Empfang genommen. Ein vierter jedoch kümmerte sich nicht um die Ereignisse. Mit schwingender Keule lief er weiter, der kostbaren Rakete entgegen, die er wohl für die Ursache der Zauberei halten mochte.

Gesto vergaß seine eigene Sicherheit. Er dachte nur an die Rakete, die ihn und seine Freunde am Mond vorbei nach Raana bringen sollte. Der Drag würde sie natürlich nicht zerstören können, aber schon eine Beschädigung wäre fatal und bedeutete eine Verzögerung von Wochen oder gar Monaten.

Ohne zu überlegen, lief er dem Koloss entgegen und fand nicht einmal mehr Zeit, sich zu konzentrieren, um ein neues Gedankenbild zu schaffen. Der von oben herabsausende Fuß des Giganten beendete sein Leben in einer Zehntelsekunde und drückte ihn tief in den weichen Boden. Er sah nicht mehr, dass sein Opfer überflüssig war, denn inzwischen hatte die von ihm erschaffene Bestie ihr Werk vollendet und sah sich nach neuer Beute um. Ehe der Drag wusste, wie ihm geschah, wurde er zu Boden gerissen und starb unter den Prankenhieben des Untiers.

Das Weltraumschiff war gerettet, aber Gesto war tot.

Artos hatte die Vorgänge voller Entsetzen auf den Bildschirmen beobachtet. Als Gesto unter den Tritten des Drags so jäh endete, erfasste ihn eine grenzenlose Wut, und er wollte schon die eingebauten Waffen des Schiffes durch Xo in Betrieb nehmen lassen. Aber dann ereilte auch den Drag sein Schicksal. Die Gefahr war vorerst gebannt.

Gestos Gedankenbild setzte den entflohenen Drags in mächtigen Sprüngen nach. Die Geschütze richteten sich auch gegen die Bestie, aber die blitzenden Projektile fuhren durch sie hindurch, als sei sie nicht vorhanden.

Dann verschwanden Bestie und Drags in dem nahen Riesenwald, dessen Bäume bis zu einer Höhe von vierhundert Metern in den blauen Himmel ragten.

Artos schaltete mit zitternden Fingern das Funkgerät ein, das ihn mit dem Forschungszentrum der Stadt verband. Als sich der Bildschirm erhellte, erschien darauf das besorgte Gesicht des wissenschaftlichen Leiters der Raum-Akademie. Rund um seine Antennen lag ein silberner Metallreif; das genaue Gegenstück trug auch Artos, denn ohne dieses Wunderwerk der Technik konnten Schallwellen nicht gehört werden. Und leider arbeiteten die Funkwellen noch nicht anders, wenn auch schon erste Versuche geglückt waren, die natürlichen Telepathiewellen so zu verstärken, dass man sie über Funk senden und empfangen konnte. Natürlich war das mit den Schallwellen reine Theorie, denn niemand hörte sie wirklich. Man »dachte in das Mikrophon hinein«, das Gerät verarbeitete die Gehirnwellen zu Ton, der wiederum von den Funkwellen über die gewünschte Strecke hinweggetragen wurde und im Empfänger wieder in Gedanken zurückverwandelt wurde. Der silberne Reif vollbrachte das Wunder.

»Gesto ist tot!«, gab Artos bekannt. »Die Rakete ist unbeschädigt und startbereit. Mir fehlt der Astronom. Haben Sie Ersatz? Ohne ihn kann ich die Reise nicht unternehmen.«

Der Leiter der Akademie sah erleichtert aus.

»Es ist also gutgegangen?«

»Ja, dank Gesto, der in letzter Sekunde ein Gedankenbild schuf und die Drags vertrieb. Leider wurde er zertrampelt.«

»Wieder ein Albtraum mehr«, bedauerte der Leiter entsetzt.

»Aber es war wohl nicht zu ändern. Gut, ich werde mich um Ersatz kümmern. Auf der Universität sind gute Astronomen tätig. Sie erhalten Bescheid.«

»Danke«, gab Artos zurück. »Schicken Sie mir einen besonders fähigen Mock!«

Der Leiter der Akademie nickte und schaltete ab.

Für einen Augenblick starrte Artos auf das dunkle Viereck des erloschenen Bildschirmes, dann richtete er die Antennen in die Ecke der Zentrale, wo der Navigator und Arzt Xo verstört auf einem Liegebett hockte.

»Es ist alles in Ordnung«, signalisierte Artos beruhigend. »Wir erhalten Ersatz und starten noch heute.«

»Gesto ist tot?«

»Ja, ein Drag zertrat ihn.«

»Schrecklich. Ich kannte Gesto gut. Er war mein Freund.«

»Seit wann haben wir Zeit für derartige Gefühle? Der Staat ist unser Wohl, und ihm opferte er sein Leben. Er tat nichts als seine bloße Pflicht. Ich betonte schon, dass wir Ersatz erhalten.«

Xo nickte verwirrt. Seine zarten Antennen vibrierten leicht.

»Wen wird man uns schicken?«

»Welche Rolle spielt das? Hauptsache ist, es handelt sich um einen fähigen Astronomen, mehr ist nicht notwendig.«

Xo gab keine Antwort. Er rollte die Antennen ein und zeigte damit an, dass er in Ruhe gelassen zu werden wünschte. Artos respektierte den Wunsch und kümmerte sich um die Kontrollen des Schiffes. Er überprüfte sie eingehend und war schließlich davon überzeugt, dass alles in Ordnung war.

Fehlte nur noch der angekündigte Ersatz für Gesto, dessen deformierter Körper dicht neben der Rakete in den Boden gestampft worden war. Sein Grab war ein Fußabdruck, mehr als einen halben Meter tief, sechs Meter lang und fast zwei Meter breit.

 

Bral vernahm das bohrende Rufen in seinem Gehirn, als der Nachmittagsunterricht begann.

Er gab seinen Schülern den Befehl, sich ruhig zu verhalten und richtete seine Empfangsantennen in Richtung des Befehlssenders. Ja, der Direktor der Universität wollte ihm etwas mitteilen.

»Bral, verlassen Sie Ihre Klasse und melden Sie sich in der Raum-Akademie. Der Senat hat Sie dazu bestimmt, die Stelle des Astronomen Gesto einzunehmen, der einem Unfall zum Opfer fiel. Sie nehmen an der Expedition nach Raana teil.«

Bral war es, als stürze die hundert Meter dicke Erdschicht über der Stadt auf ihn. Für lange Sekunden stand er reglos, ehe er zurückgeben konnte:

»Ich werde dem Befehl folgen, Ragüf. Danke.«

Die Schüler hatten die Veränderung wohl bemerkt. Da die Antennen Brals fast in der entgegengesetzten Richtung standen, war es ihnen unmöglich, zu lauschen. Aber ihre Neugier wurde befriedigt. Er wandte sich ihnen wieder zu.

»Arsa, es wird Sie freuen zu erfahren, dass ich mit Ihrem Vater nach Raana fliegen werde. Verraten Sie mir nun, wer Ihr Vater ist?«

Der junge Schüler stand zögernd auf. Ein Schatten huschte über sein Gesicht.

»Ich weiß es nicht. Einer der drei Teilnehmer ist es.«

»Hoffentlich nicht der Astronom Gesto?«

»Ich weiß es nicht. Warum?«

»Weil Gesto nicht mehr lebt und ich für ihn mitfliege. Jetzt sofort. Man wird Ihnen einen neuen Lehrer schicken. Leben Sie wohl, meine jungen Freunde. Wenn ich zurückkehre, werde ich Ihnen von Raana berichten. Unser Unterricht wird dann nicht mehr aus bloßer Theorie bestehen.«

Er betrat sein Zimmer nicht mehr. Vom Direktor der Universität wurde er zur Raum-Akademie in Marsch gesetzt und von dort, mit den nötigsten Instruktionen versehen, zum Lift begleitet, der ihn zur Oberfläche emporbrachte. Persönliches Eigentum besaß er nicht, und wenn, dann hätte er es kaum mitnehmen dürfen.

Zwei Soldaten des Staates begleiteten ihn. Man sah ihnen an, wie unangenehm ihnen der Auftrag war. Sie sorgten lieber für die Sicherheit in der unterirdischen Stadt, als Bral vor den Unbilden der gefährlichen Oberfläche zu schützen.

Der Lift hielt an. Es war alles ruhig. Nur die Riesenberge der getöteten Drags versperrten die Aussicht zum Wald, von wo aus Gefahr drohen mochte. Die Giganten boten einen schauerlichen Anblick. Jetzt, da sie tot waren und lang ausgestreckt am Boden lagen, waren sie nur noch acht Meter hoch, aber immer noch vierzig Meter lang. Blut floss in regelrechten Bächen durch die Fahrtrinnen der behelfsmäßigen Straße – eine schmutzigrote und gurgelnde Flut.

Die beiden Soldaten blieben neben dem Eingang zum Lift stehen. Ihre Strahlwaffen schussbereit, beobachteten sie den Astronomen, der mit einem letzten Seitenblick auf die Ungeheuer mit schnellen Schritten auf das Heck der in den Himmel ragenden Rakete zuging. Der Aufzug stand bereit. Hastig betrat er ihn und drückte auf den gut gekennzeichneten Knopf.

Rasch stieg der Lift. Die Landschaft und die toten Drags versanken in der Tiefe. Von den beiden Soldaten war schon nichts mehr zu sehen – vielleicht waren sie bereits in die Stadt zurückgekehrt.

Bral spürte die frische Luft. Selten nur kamen die Mock ins Freie. Die längste Zeit ihres Lebens verbrachten sie in den unterirdischen Städten, die durch lange Tunnels mit den anderen Städten verbunden waren. Ein ganzes Netz solcher unterirdischen Straßen durchzog Mockar in einer Tiefe von hundert bis zweihundert Meter. Das ständige Leben ohne Luft und Sonne hatte den Wunsch geboren, diese Welt zu verlassen, um eine andere zu finden, auf der es keine Drags gab. Eine Welt ohne Drags bedeutete Leben an der Oberfläche.

Und so kam es, dass die Mock Meister des unterirdischen Verkehrs wurden, die Oberfläche ihrer Welt aber so gut wie gar nicht kannten. Und doch erfanden sie die Triebwerke, mit denen die Schwerkraft überwunden werden konnte.

Bral merkte an einem plötzlichen Ruck, dass er sein Ziel erreicht hatte. Nur zwanzig Meter der zweihundert Meter hohen Rakete dienten der Besatzung als Aufenthaltsraum. Alles andere nahmen die Triebwerke, die Treibstoffvorräte und die Maschinengeneratoren ein. Bral verstand nicht viel von technischen Dingen, aber er hatte mit Experten Unterhaltungen geführt, die ihn theoretisch alles begreifen ließen. Es war sein sehnlichster Wunsch gewesen, an einer der Expeditionen teilzunehmen. Der Tod Gestos hatte seinen Wunsch erfüllt.

Die Luke öffnete sich. In ihr erschien Artos' Gesicht.

»Sie – Bral? Ich hätte es mir denken können!«

Der Gedanke barg ein wenig Enttäuschung, das spürte Bral sofort. Er nahm Artos das Misstrauen nicht übel. Der hatte sicher einen Spezialisten erwartet.

»Der Senat bestimmte mich«, gab er zurück. »Ich denke, ich werde Gesto schon ersetzen.«

Artos neigte die Antennen und richtete sie wieder auf Bral.

»Ich bin über die Wahl des Senates froh«, behauptete er. »Auch Xo wird sich freuen, einen Bekannten zu treffen. Kommen Sie, Bral. Wir wollen starten, ehe die Drags zurückkehren.«

Als sich die schwere Luke dumpf hinter dem Astronomen schloss, ahnte er, dass er von seiner Welt Abschied genommen hatte.

Einen sehr kurzen und schmerzlosen Abschied, wenn er ehrlich sein sollte. Vor ihm lag das große Unbekannte, die weite Leere des Raums – eine fremde Welt.

Für ihn gab es beim Start nichts zu tun. Artos empfahl ihm, sich auf eine der Andruckmatratzen zu legen. In kurzen Worten klärte er den Astronomen auf:

»Wir müssen eine Geschwindigkeit von zweihundertzweiundzwanzig Kilometer in der Sekunde erreichen, um die Gravitation von Mockar zu überwinden. Das sind ungefähr siebenhunderttausend Kilometer in der Stunde. Wir erreichen bei bleibender Beschleunigung eine Reisegeschwindigkeit von zwanzig Millionen Kilometer pro Stunde.«

»Und das halten wir aus?«, wunderte sich Bral.

»Leicht. Es ist nicht so schlimm, wie wir einst dachten.«

Bral gab sich zufrieden. Er lag so, dass er die Bildschirme vorn in Bugrichtung erkennen konnte. Er wartete.

Artos nickte Xo zu. Der Navigator nahm seinen Platz in dem zweiten Andrucksessel ein und legte seine vier Hände auf die ihn angehenden Kontrollen. Er war ebenfalls bereit.

Artos zögerte nicht mehr länger. Ein Druck auf den Feuerknopf setzte die automatisch gesteuerte Maschinerie in Gang. Treibstoff pumpte sich in die Wärmekammern, lief entsprechend temperiert in die Brennkammern – und zündete.

Ein Vibrieren ging durch den Leib des Schiffes. Dann war es Bral, als lege sich eine schwere und unsichtbare Faust auf ihn – wie die Faust eines Drag – und drohe ihn zu erdrücken. Er rang nach Luft, aber es half nichts. Vor seinen Augen wurde es schwarz, und er verlor das Bewusstsein.

 

Es war sehr viel später.

Bral erwachte und blinzelte gegen das grelle Licht der Lampen. Artos stand über ihn gebeugt, in der Hand eine Injektionsspritze. Sein besorgter Blick verschwand, als er das Erwachen seines Schützlings erkannte.

»Na, wären wir wieder da?«, fragte er sachte, um Brals Kopfschmerzen nicht zu verstärken. »Sie haben den ganzen Start verschlafen. Haben Sie den Wunsch, sich Mockar noch einmal anzusehen?«

Der Astronom nickte und richtete sich auf. Er benötigte keinen weiteren Hinweis mehr. Vor ihm auf dem Frontalschirm stand der Planet.

So hatte er ihn sich vorgestellt – ein graugrüner Globus inmitten eines schwarzen Himmels, der über und über mit Sternen bedeckt war. Deutlich waren die Kontinente zu erkennen, die weiten Flächen der Meere, von denen er nur wusste, dass es sie gab. Nun endlich sah er sie mit eigenen Augen. Vielleicht ließen sich nun Karten anfertigen, denn kein Mock wusste, wie Mockar wirklich auf der Oberfläche aussah.

Auf einem anderen Bildschirm, durch entsprechende Schutzscheiben abgedunkelt, stand die Sonne Regus. Das Raumschiff wandte ihr fast das Heck zu.

»Wie lange sind wir unterwegs?«, wollte Bral wissen.

»Viele Stunden. Wir werden gleich den Mond passieren. Immerhin ist er sieben Millionen Kilometer von Mockar entfernt.«

»Ich weiß«, nickte Bral und lächelte. Die Astronomie war schließlich sein Spezialgebiet. »Ist Raana schon sichtbar? Ich würde den Nachbarplaneten gern einmal ohne die störende Lufthülle sehen.«

Artos nickte lächelnd und zeigte auf einen kompakten Apparat, der ziemlich am Ende der großen Zentrale stand. An ihm waren viele Rädchen und Hebel zu sehen. Das Auffälligste jedoch war zweifellos das Rohr des Teleskops, das nach oben durch die Decke führte.

»Dort liegt Ihre Aufgabe, Bral. Das neue Teleskop. Sie können es von hier aus bedienen und befinden sich trotzdem praktisch im freien Raum. Sie werden Raana finden. Ich habe es auch getan. Es ist ein wunderbarer Anblick.«

Bral erhob sich und schritt mit unsicherem Gang zu dem Teleskop. Erleichtert ließ er sich dann auf den Sitz sinken. Voller Erwartung presste er seine schwarzen Augen gegen das Okular.

Raana war ein großer, heller Stern genau in der Mitte des schwarzen Feldes. Er schimmerte rötlich und schien Kontinente zu besitzen. Deutlich waren die beiden Pole zu erkennen. Ja, davon hatte die erste Mond-Expedition auch berichtet.

Bral dachte zu Artos und Xo:

»Ich bin glücklich, dass ich mitkommen durfte. Allein dieser Blick durch das Teleskop ist alle Anstrengungen wert.«

»Auch Gestos Tod?«, kam die bittere Frage von Xo.

Für eine Sekunde war Bral verblüfft. Er schüttelte den Kopf, dass die Antennen zitterten.

»Sein Tod war nicht meine Schuld«, verteidigte er sich. »Zwar verdanke ich ihm mein Hiersein, aber ich trage keine Schuld.«

»Beruhigen Sie sich«, warf Artos ein und blickte Xo voller Vorwurf an. »Unser Arzt hat eine empfindliche Seele, und Gesto war sein Freund. Er leidet zu sehr unter Gefühlen.«

»Gefühle?«, wunderte sich Bral.

»Ja, emotionelle Empfindungen, die nichts mit dem Verstand zu tun haben. Xo glaubt an die seelischen Bindungen zwischen den Mock. Welcher Unsinn im Kopf eines Wissenschaftlers!«

Bral gab keine Antwort. Er sah wieder in die Unendlichkeit hinaus und sehnte sich auf einmal danach, so denken und fühlen zu können wie Xo. Dabei wusste er, wie unwürdig es für einen Mock war, Gefühle zu haben oder sie gar zu zeigen. Das Leben unter der ständigen Bedrohung durch die Drags war hart und grausam – und oft nur kurz. Man kam in den Brutanstalten zur Welt, wurde in den staatlichen Schulen erzogen und je nach Veranlagung in die Lehre oder auf die Universität geschickt. Niemand kannte seine Eltern, wie auch diese ihre Kinder niemals wiedersahen. Für Sentimentalitäten war auf dieser Welt keine Zeit und kein Platz.

Bral seufzte. Er nahm die Augen von dem Okular und warf Xo einen schnellen Blick zu.

Dann begegnete er den kühlen und forschenden Augen Artos'.

»Nun?«, fragte der Expeditionsleiter. »Woran denken Sie?« Bral richtete seine Antennen so, dass der andere ihn empfangen konnte.

»Denken? Ich dachte daran, ob es ein Zeichen von Gefühl ist, wenn ich über den Anblick Mockars als Planet glücklich bin? Oder ist es auch Sentimentalität, wenn mich Raanas Bild im Teleskop erfreut? Wenn das etwas mit Gefühlen zu tun hat – nun, dann habe ich wohl in Ihren Augen versagt, Artos.«

Wie die Höflichkeit es erforderte, hatte Xo seine Antennen eingerollt, um nicht der Unterhaltung lauschen zu können. Artos schien es nicht zu bemerken.

»Nein«, gab er zurück. »Das sind keine Gefühle, die ich verurteilen möchte. Es ist Ihre Pflicht, sich über astronomische Gegebenheiten zu freuen, Bral. Ich bin sehr glücklich, dass man Sie als Ersatz für Gesto geschickt hat. Wir werden es schaffen. Zusammen mit Xo.«

Bral wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Artos war ihm plötzlich sehr sympathisch.

2.

 

Das kosmische Zeitalter hatte auf der Erde gegen Ende des 20. Jahrhunderts längst begonnen. Es gab eine vereinigte Weltregierung, eine gemeinsam geführte Raumflotte und Kolonien auf den Planeten Mars und Venus sowie auf einigen Planeten benachbarter Sonnensysteme.

Der Mann, dem die Menschheit diese Entwicklung zu verdanken hatte, hieß Perry Rhodan.

Er war es gewesen, der mit Reginald Bull und Dr. Manoli den ersten Mondflug durchführte und dort auf die gestrandeten Arkoniden stieß. Diese menschenähnliche Rasse beherrschte in vierunddreißigtausend Lichtjahren Entfernung ein gewaltiges Sternenreich. Die von der Arkonidin Thora und dem Wissenschaftler Crest geführte Expedition hatte den Auftrag, einen sagenhaften Planeten aufzufinden, der das Geheimnis des ewigen Lebens barg. Die Spur durch Zeit und Raum brachte sie zum irdischen Sonnensystem – und auf dem Mond war die Reise zu Ende. Ein Schaden im Antrieb war nicht mehr zu reparieren.

Perry Rhodan konnte die beiden Leiter der Expedition zur Erde bringen und mit ihrer Hilfe eine Macht aufbauen, die ihn in die Lage versetzte, die Geschicke der Menschheit in seine Hand zu nehmen. Er einigte die Nationen und schuf die Weltregierung.

Perry Rhodan schaffte den Krieg ab. Alles Geld floss in eine einzige Kasse, deren Inhalt für den Bau der Raumflotte bestimmt war. Die wirtschaftliche Entwicklung des Planeten Erde nahm einen ungeahnten Aufschwung.

In Terrania, Hauptstadt der »Dritten Macht«, wie Rhodan seine neutrale Superorganisation nannte, herrschte in diesen Tagen eine fieberhafte Tätigkeit. Eine der Raumpatrouillen kehrte mit der sensationellen Botschaft zurück, dass auf einem Planeten in nur zweiundfünfzig Lichtjahren Entfernung eine humanoide Rasse existierte. Der Kommandant des Patrouillenschiffes, ein junger Leutnant, Julian Tifflor, hatte weisungsgemäß keine Landung vorgenommen, sondern war sofort zur Erde zurückgekehrt, um Perry Rhodan zu berichten.

Die Besprechung fand im Verwaltungsgebäude von Terrania statt.

Leutnant Tifflor war Mitte der dreißiger Jahre, sehr schlank und groß, hatte dunkles Haar und braune Augen. Die Uniform stand ihm recht gut, und es schien, dass er das auch wusste. Sein Gesicht drückte Selbstzufriedenheit und ein wenig Stolz aus – Stolz in der Hauptsache darüber, dass Perry Rhodan sich für seine Entdeckung interessierte.

Rhodan selbst stand dicht neben dem breiten Fenster, von dem aus man eine umfassende Übersicht auf Terrania genoss.

Die futuristischen Bauten dieser modernsten Metropole inmitten der Wüste Gobi hätten einen glauben lassen, man weile auf einer anderen Welt mit fremder Zivilisation – und doch war sie von Menschen errichtet worden. Allerdings mit Hilfe der arkonidischen Arbeitsroboter.

Perry Rhodan, etwa um die Vierzig, ähnelte rein äußerlich dem jungen Leutnant. Allerdings verrieten die grauen Augen Autorität und immenses Wissen, das ihm die Hypnoschulung durch Crest verliehen hatte. Die dunkelblonden – fast braunen – Haare lagen glatt zurückgekämmt. Das Gesicht konnte hager genannt werden und verriet nur wenig von der ungeheuren Energie, die in diesem Mann verborgen war. Die schlichte Uniform, die seinen hochgewachsenen Körper bedeckte, passte schlecht zu der Macht, die er repräsentierte. Ein Uneingeweihter hätte niemals vermutet, vor Perry Rhodan, dem mächtigsten Mann des Sonnensystems, zu stehen.

Ein krasser Gegensatz dazu war Reginald Bull, Rhodans bester Freund und Vertrauter. Mit seiner untersetzten Statur wirkte er unbeholfen und langsam, ein Eindruck, der so täuschend war wie nur irgendeiner. Das runde und breitflächige Gesicht strahlte Gutmütigkeit und Frieden aus – aber auch das war ein Trugschluss. Es gab außer Rhodan niemand, der so hart zupacken konnte wie Reginald Bull, den man allgemein nur Bully nannte.

Etwas im Hintergrund standen zwei hochgewachsene, schlanke Menschen, die sofort auffielen. Es waren ein Mann und eine Frau. Die weißen Haare und die rötlich schimmernden Augen wiesen sie als Albinos aus. Crest und Thora, die beiden einzigen Arkoniden, die auf der Erde lebten, hatten den Schiffbruch auf dem Mond gesund und heil überstanden. Nun weilten sie bei Rhodan und halfen ihm, Terras Macht aufzubauen, nachdem ihnen die Rückkehr zur eigenen Heimat verwehrt war. Arkon hatte einen Umschwung erlebt und war dabei, sein Imperium neu zu ordnen.

Rhodan gab das Zeichen. Man nahm Platz. Forschend glitt sein Blick über Tifflors Gestalt. Er sagte nur ein Wort:

»Nun?«

Der junge Leutnant erwiderte den Blick seines obersten Vorgesetzten offen. In seinen Augen blitzte es auf.

»Wir haben Menschen entdeckt, Sir. Auf dem dritten Planeten des Sternes Beta Arietis, Entfernung zweiundfünfzig Lichtjahre, sonnenähnlich. Der Planet schien unbewohnt, aber mit Hilfe der Bildschirmvergrößerungen erkannten wir aufrecht gehende Lebewesen, die einwandfrei als Menschen identifiziert wurden. Zivilisation: Steinzeit-Periode. Gemäß unserer Anweisung gingen wir nicht tiefer, sondern kehrten zur Erde zurück.«

Rhodan nickte langsam.

»Also Steinzeit ... Anfänge der Zivilisation. Eine primitive Rasse, darf angenommen werden. Sie wird sich eines Tages entwickeln – vielleicht sollten wir ihr dabei helfen.« Er sah Crest fragend an. »Was meinen Sie, Crest? Widerspricht das Ihren Erfahrungen?«

Der Arkonide legte die feingliedrigen Hände vor sich auf den Tisch. Seinem Gesicht war nicht anzusehen, was er dachte.

»Absolut nicht. Natürlich ist es nicht ratsam, die Primitiven vor vollendete Tatsachen zu stellen. Sie sind zumeist so in ihren naturverbundenen Aberglauben verstrickt, dass sie Technik für Zauberei und Fortschritt für ein Werk des Teufels halten. Ich empfehle eine sehr vorsichtige Annäherung.«

»Das dachte ich auch«, nickte Rhodan. »Aber es wäre auch ein Fehler, sich nicht um sie zu kümmern. Es gibt andere intelligente Rassen im Universum, die nicht so feinfühlig sind wie wir.«

Jeder wusste, worauf er anspielte. Menschen und Arkoniden waren nicht allein im All. Es gab andere – und sie dachten und fühlten auch entsprechend anders. In allen anderen Lebewesen sahen sie nur Ausbeutungsobjekte.

»Vielleicht sollten wir eine ständige Station auf Arietis III einrichten?«

Leutnant Tifflor machte den Vorschlag. Rhodan sah ihn an.

»Was ist eigentlich mit dem vierten Planeten? Wäre er dafür geeignet?«

»Beta Arietis IV?« Tifflor dachte einen Augenblick nach. »Hat Ähnlichkeit mit dem Mars, soweit ich mich entsinne. Atembare Atmosphäre. Ich müsste im Logbuch nachsehen ...«

»Das hat Zeit bis später. Sie sind also überzeugt, dass wir auf Arietis IV eine Dauerstation errichten könnten.«

»Durchaus, Sir.«

Rhodan fällte seine Entscheidung im Verlauf von einer Sekunde:

»Ich werde mir das System selber ansehen, Leutnant Tifflor. Bereiten Sie die GAZELLE I für einen Flug nach Beta Arietis vor. Wir starten morgen.«

Zum ersten Mal regte sich Bully. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, druckste eine Weile herum und platzte schließlich heraus:

»Hier ist jetzt ziemlich Ruhe, Perry. Nichts los! Ich komme doch mit ...?«

Rhodan hob die Augenbrauen.

»Eigentlich dachte ich, dich als Stellvertreter ...«

»Das kann Oberst Freyt viel besser als ich!«

Rhodan lächelte.

»So, meinst du? Na gut, du kannst also mitkommen. Mehr als ein Spazierflug ist es ohnehin nicht, wenn mit der GAZELLE I auch nur kleine Raumsprünge durchzuführen sind. Crest wird ebenfalls mit von der Partie sein. Tifflor ist Kommandant des Schiffes. Vom Mutantenkorps schlage ich John Marshall vor. Er ist Telepath und könnte eine Verständigung mit den Eingeborenen einleiten. Und sonst ...?«

»Gucky!«, sagte Bully.

Rhodan verbarg sein Erstaunen keineswegs.

»Gucky? Warum ausgerechnet den Mausbiber?«

»Weil auf der GAZELLE nur wenig Platz ist. Gucky ist klein und vereinigt gleich drei parapsychologische Eigenschaften in sich. Er ist Telepath, Teleporter und Telekinet.«

»Gute Argumentation«, erkannte Rhodan an. »Ich denke, wir werden Gucky fragen müssen, ob er einverstanden ist.«

Ehe Bully antworten konnte, geschah etwas sehr Merkwürdiges. Mitten in dem Raum begann die Luft zu flimmern. Es war, als sei plötzlich eine sehr große Wärmequelle eingeschaltet worden, und die erhitzte Luft stiege sichtbar nach oben zur Decke. Dann materialisierte eine Gestalt, die zuerst wie hinter dicken Glaswänden erschien, in Sekundenschnelle deutlicher wurde und schließlich real im Zimmer stand.

Oder hockte.

Gucky war kein Mensch, sondern ein Tier. Eine gelungene Mischung zwischen Riesenmaus und Biber, etwa ein Meter lang und mit einem rostbraunen Fell bedeckt. Große Ohren standen senkrecht nach oben und schienen ständig zu lauschen.

Die blanken, braunen Augen blickten treu und freundlich. Die spitze Schnauze zeichnete sich meist durch einen blitzenden Nagezahn aus, den Gucky stets dann zu zeigen pflegte, wenn er grinste. Ein breitflächiger Biberschwanz diente als Stütze, wenn er sich auf die Hinterpfoten setzte.

Rhodan hatte Gucky von dem Planeten der sterbenden Sonne mitgebracht, wo die Rasse der natürlichen Telekineten lebte. Als vollwertiges Mitglied des Mutantenkorps besaß Gucky außerdem die freundschaftliche Zuneigung des Herrn der Dritten Macht.

Er richtete seine treuen Augen auf Bully.

»Besten Dank für deinen Vorschlag, Bully. Natürlich bin ich einverstanden und komme mit. Endlich mal wieder ...«

»Du hast gelauscht?«, unterbrach ihn Rhodan streng. »Pfui! Du weißt, dass ich dir verboten habe, bei Konferenzen ...«

»Es war reiner Zufall«, entschuldigte sich Gucky und ließ den Nagezahn verschwinden, ein Zeichen, wie ernst er es meinte. »Meine Gedanken wanderten umher und landeten in diesem Raum. Ich hörte gerade, wie Bully meinen Namen erwähnte. Das ist alles.«

»Hm«, machte Rhodan und blickte vorwurfsvoll drein. Ein Zucken seiner Mundwinkel verriet allerdings, dass er es nicht ganz so ernst meinte. »Da Bully sich so für dich eingesetzt hat, möchte ich ihm die Bitte nicht abschlagen. Ich hoffe, du vergisst also künftig nicht, dass du es nur ihm zu verdanken hast, wenn du mitkommen darfst.«

»Ich werde es nicht vergessen«, versprach der Mausbiber feierlich. »Ich lasse ihn fünf Minuten weniger unter der Decke hängen, wenn er mich ärgern sollte.«

Das war eine Anspielung auf die vielen Auseinandersetzungen zwischen den beiden ungleichen Freunden, die stets mit einer Niederlage Bullys endeten, weil er den telekinetischen Kräften des Mausbibers so gut wie wehrlos ausgeliefert war.

Ehe Bully etwas sagen konnte, schnitt Rhodan ihm das Wort ab:

»Leutnant Tifflor, Sie erwarten uns morgen um zehn Uhr Ortszeit auf dem Raumhafen. Wir starten ohne weitere Besprechung. Ihre Besatzung ist ausgewechselt worden?«

»Alles startbereit, Sir.«

Rhodan nickte ihm zu.

»Gut, Tiff.« Er benutzte die außerdienstliche Abkürzung und deutete damit an, dass die eigentliche Besprechung zu Ende war. »Dann erzählen Sie uns jetzt einmal ausführlich, was Sie gesehen haben, als Sie Beta Arietis III überflogen ...«

 

Im Gegensatz zu den anderen Raumschiffen besaß die GAZELLE die Form eines Diskus. In der Mitte etwa achtzehn Meter hoch, maß ihr Durchmesser genau dreißig Meter. Ein verhältnismäßig kleines Schiff also, aber da für den Antrieb nicht mehr als der Raum eines kleinen Zimmers benötigt wurde, blieb Platz genug für die Besatzung und Passagiere. Der Arkonidenreaktor speiste jedoch nicht nur den Antrieb, sondern lieferte auch die Energie für die Klimaanlage, Lufterneuerung und die eingebauten Bordwaffen.