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Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Dezember 2014

Copyright © 2014 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

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Umschlaggestaltung any.way, Cathrin Günther

Abbildung Robert Jones, Malgorzata Maj, Mark Owen/Arcangel Images

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.

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ISBN Printausgabe 978-3-499-26849-6 (1. Auflage 2014)

ISBN E-Book 978-3-644-52251-0

www.rowohlt.de

ISBN 978-3-644-52251-0

Prolog

Die schmale Straße auf dem Damm folgte den Windungen des gemächlich dahinströmenden Flusses. Die letzten Strahlen der Abendsonne legten einen bronzenen Schimmer über das moorig trübe Wasser aus den Entwässerungsgräben des alten Siedlungsgebietes.

Die Frau musste scharf abbremsen, als sie zu schnell mit ihrem Auto in eine Kurve ging und dabei einem entgegenkommenden Radfahrer gefährlich nah kam. Einen Moment lang geriet der Wagen ins Schleudern. Erschrocken versuchte sie gegenzusteuern und trat auf die Bremse. Die Reifen fraßen sich in die Grasnarbe am Fahrbahnrand, ihr Kopf ruckte nach vorn, der Wagen kam zum Stehen. Schwer atmend schaute die Frau in den Rückspiegel. Der Radfahrer hob seine Faust. Er rief etwas, aber sie verstand nicht, was, und hatte ihn vergessen, sobald sie den Blick wieder auf die Straße senkte. Langsam setzte sie ihre Fahrt fort. Nach wenigen hundert Metern erblickte sie in der Ferne die Dorfkirche auf ihrem alten künstlich aufgeschütteten Hügel. In den Wintern früherer Jahrhunderte, wenn die beiden Flüsse, die sich nicht weit von hier vereinigten, regelmäßig über die Ufer traten, hatte das kleine Dorf mit seiner Backsteinkirche oft wie eine Insel aus der Wasserlandschaft geragt. Sie hatte den Weg vom ersten Moment an geliebt. Schiefe, reetgedeckte Bauernhäuser schienen sich auf ihren Wurten hinter dem Deich gegen die Böen zu stemmen. Der Wind gehörte zu dieser Landschaft wie die hohen Weiden am Fluss. Rechts von der schmalen Straße türmten sich weiße Wolkengebirge über den abgemähten Wiesen auf. Hier wussten die Menschen, wohin sie gehörten, waren seit Generationen mit ihren Höfen verwachsen. Das Leben versprach ihnen hier am Rande der Moore keine großen Überraschungen, auch keine Reichtümer, aber es war verlässlich. Auf die Frau strahlten das kleine Dorf und seine Bewohner eine selbstverständliche Gelassenheit aus.

Doch heute war es anders. War alles anders.

Statt die innere Ruhe wahrzunehmen, die sich immer einstellte, sobald sie nur die Straße nach Wasserhorst einschlug, bebte sie am ganzen Körper. Selbst als sie das Lenkrad fest umklammerte, zitterten ihre Hände noch. Sie starrte geradeaus, aber statt der Wiesen und des flachen Deiches sah sie nur immer dieselbe Szene. Keine fünf Minuten hatte es gebraucht, und alles, worauf sie ihr Leben gegründet hatte, war zerstört. Sie schluchzte laut auf und suchte vergeblich in ihrer Hosentasche nach einem Taschentuch. Mit dem Ärmel wischte sie sich schließlich durchs Gesicht und kämpfte dagegen an loszuheulen.

Vor der Kirche bog sie auf die mit Kopfstein gepflasterte Dorfstraße ein und stellte ihren Wagen neben einem Mercedes ab. In dem Wagen saß ein älteres Ehepaar. Die beiden waren ins Gespräch vertieft und schienen sie nicht zu bemerken. Sie stieg aus und nahm die wenigen Stufen bis zu der offen stehenden Friedhofspforte. Wie immer steuerte sie die Holzbank gegenüber der Kirche an. Selbst zu dieser Zeit lag noch Sonnenlicht über der Bank.

Die Frau setzte sich, nahm eine gerade, aufrechte Haltung ein und schloss die Augen. Sie legte ihre zitternden Hände auf den Bauch und versuchte, ihrer Atmung nachzuspüren. Vergeblich bemühte sie sich, genauso lange ein- wie auszuatmen und die Bilder in sich abzurufen, die ihr sonst immer so guttaten. Doch die Dunkelheit in ihr breitete sich unaufhaltsam aus. Tatsächlich fühlte sie sich seit ein paar Stunden wie eine Ertrinkende. Unwillkürlich stöhnte sie auf, erschrak über den heftigen Laut, der aus ihrer Brust drang, und öffnete die Augen. Ihr Blick fiel auf die Kirche, an deren Seitenschiff die Friedhofsbesucher ihre Handschaufeln, Gießkannen und Harken aufgehängt hatten. Eine Saatkrähe kam mit lautem Krächzen vom Turm geflogen, setzte sich auf einen der schief stehenden Grabsteine ihr gegenüber und beäugte die Frau misstrauisch. Als die Frau die Hand hob, um sich eine Träne von der Wange zu wischen, erhob sich die Krähe und flog in das Geäst einer mächtigen Eiche beim Denkmal. Es war die einzige Ecke des kleinen Friedhofes, die die Frau bei ihren regelmäßigen Besuchen bewusst mied. Laubwerk der mehrere hundert Jahre alten Eiche beschattete den Platz um den klotzigen Stein mit den Namen der gefallenen Söhne von Wasserhorst. Manche Nachnamen waren gleich mehrfach eingemeißelt. Beim ersten Mal hatte sie jeden einzelnen gelesen. Jung waren die meisten gewesen. Keine zwanzig Jahre alt. Die kleine Gemeinde hatte einen hohen Blutzoll im Ersten Weltkrieg gezahlt. Als sie das erste Mal vor dem Stein gestanden hatte, war ihr unwillkürlich der Gedanke gekommen, wie sehr ihn die Mütter von Wasserhorst gehasst und zugleich gefürchtet haben mussten. Die Namen bezeugten, dass es ihre Söhne und Männer nicht mehr gab. Stattdessen lagen ihre Leiber irgendwo verscharrt, ohne Kreuz und Andenken. Sie schüttelte den Gedanken an die Toten ab. Sie hatte ihr eigenes Leid. Nie hätte sie gedacht, dass ihre Existenz so brüchig sein könnte.

Wieder versuchte sie, sich auf ihren Atem zu konzentrieren. Doch diesmal riss das Quietschen der eisernen Friedhofspforte sie aus ihrer Übung. Das ältere Paar steuerte die Sammlung von Gartengeräten an der Kirchenmauer an, nahm sich Gießkanne und Schaufel und kam auf ihre Bank zu. Die Frau fühlte, wie neugierige Blicke auf ihr ruhten. Ungeduldig sprang sie auf und lief, ohne den Gruß der beiden Alten zu erwidern, über den geharkten Weg, riss die Pforte auf und eilte die Dorfstraße hinunter. Plötzlich überwältigte die Erinnerung an das Geschehene sie. Tränen schossen ihr in die Augen. Ich brauche Ruhe, Ruhe, Ruhe, dachte sie verzweifelt. Sie musste nachdenken, musste dringend Entscheidungen treffen. Es gab nur einen Ort in Bremen, an dem sie loslassen und wieder zu sich finden könnte. Ein Ort, den niemand kannte, der nur ihr gehörte.

Sie erreichte das kleine Café, das in einem früheren Bauernhaus an der Straße untergebracht war. Mittlerweile war die Sonne hinter dunklen Wolken verschwunden. Die Kellnerin sammelte hastig die Sitzkissen von den Stühlen ein. Im Vorbeieilen bemerkte die Frau, wie der hohe Stapel im Arm der Kellnerin plötzlich ins Rutschen kam und in eine Pfütze fiel. Der Wind trug den Fluch der Kellnerin zu ihr herüber. Ohne Zögern bog sie kurz darauf von der Dorfstraße in einen schmalen Feldweg ein.

Die Frau passierte eine hohe Weide, an der vor langer Zeit jemand ein Metallschild aufgehängt hatte. Es war verwittert, doch die Schrift war noch lesbar: «Betreten der Ländereien verboten! Lebensgefahr!» Bei jedem ihrer Besuche auf der Halbinsel hatte sie sich gefragt, von wann das Schild war und wovor die wenigen Spaziergänger, die es hierher verschlagen haben mochte, damals gewarnt wurden. Sie kannte keinen friedlicheren Ort in Norddeutschland als diese von der Zeit vergessene Landschaft am Rande Bremens. Wie zur Bestätigung meldete sich ein Kuckuck, der irgendwo in der dicht mit Schilf und alten Weiden bewachsenen Uferböschung hockte. Sie war gut eine Viertelstunde gegangen, als sie die Stelle der Halbinsel erreichte, wo sich die beiden Flüsse Wümme und Hamme zur Lesum vereinigten. Die wenigen reetgedeckten Häuser, die über den Deich ragten, lagen weit zurück. Erleichtert stellte sie fest, dass sie, wie immer, allein war. An einer Birke stieg sie den kleinen Damm hoch, der die Wiesen vor Hochwasser schützte, blickte sich noch ein letztes Mal um und trat auf einen kaum sichtbaren Pfad zwischen dem mannshohen Schilf.

Nach wenigen Metern erreichte sie einen abgestorbenen Baum, dessen weißer Stamm und tote Äste gespenstisch in den Himmel ragten. Sie umrundete ihn vorsichtig, um nicht im Morast zu versinken. Jeder Schritt des verborgenen Pfades war ihr bekannt, war sie ihn in der Vergangenheit doch oft gegangen. Sie stutzte. An einigen Stellen war das Gras heruntergedrückt. Sie überlegte, ob es ein Fuchs oder vielleicht sogar ein Wildschwein gewesen sein könnte, doch ein Vogel, der aus einem Gebüsch vor ihr aufflog, riss sie aus den Gedanken. Dann war sie endlich am Ziel. Unter den tiefhängenden Ästen einer Erle lag, knapp zwei Handbreit erhöht, ein trockenes, verborgenes Plätzchen. In einer Astgabel der Erle hatte sie die zusammengerollte Hälfte einer Isomatte verstaut. Als sie sie auf dem Boden ausrollte, passte das Stück Schaumstoff gerade auf die schmale Erhebung. Von hier aus konnte sie auf den Fluss zu ihren Füßen sehen. Kamen Kanuten oder Angler in ihren Motorbooten vorbei, konnte sie die Menschen beobachten, ohne selbst bemerkt zu werden. Beugte sie sich ein Stück tiefer, konnte sie das gegenüberliegende Ufer und die menschenleeren Niederungen dahinter sehen. Hier kam sie zur Ruhe, wie erschöpft oder niedergeschlagen sie sich auch fühlte. Bevor sie anfing, nahm sie ihre Uhr ab und die silberne Kette, die sie immer um den Hals trug, und hängte beides über ein Ästchen einer Moorbirke direkt neben einem Busch mit blühendem Blutweiderich. Den Ehering legte sie auf einen flachen Stein neben sich. Dann schloss sie die Augen. Ganz in der Nähe rief ein Fasan. Rechts von ihr raschelte sanft das Schilf im Wind. Sie spürte die Kraft, die von diesem Ort ausging. Mit jeder Minute, die sie eins wurde mit ihrer Umgebung, konnte sie ihren Atem besser fließen lassen. Sie probierte, das Wasser zu hören, zu fühlen, wie es dunkel an die Uferkante zu ihren Füßen schwappte und weiterfloss. Ihre Sinne nahmen die Kühle wahr, die aus dem dicht bewachsenen Ufersaum zu ihr heraufkroch, die Bewegungen der Tiere, die sich darin verborgen hielten. Als sie Teil des Windes, der feuchten, modrigen Luft, der Gräser und Büsche um sie herum wurde, verschwand endlich auch das Zittern, das sie am Nachmittag von einer Minute auf die andere angefallen hatte. Tiefe Ruhe füllte sie aus. Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte. Es gab nur einen einzigen Weg, den sie beschreiten konnte. Es würde schwer werden. Doch die neu gewonnene Klarheit tröstete sie und gab ihr Kraft. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Es war noch nicht ganz erloschen, als sie auf einmal den Drang verspürte, die Augen zu öffnen und sich umzuschauen.

«Hallo! Ist da jemand?»

Sie stand auf und lauschte ins Schilf hinein. Vergeblich suchte sie mit ihren Blicken das dichte Grün zu ihrer Rechten ab. Nichts. Ich habe mich getäuscht, versuchte sie sich zu beruhigen. Doch etwas in ihr wusste es besser: Sie war nicht allein.

01

Sein Blick hatte etwas Saugendes. Um den Mund herum hatte sich ein Grinsen in dem jungen, noch spurenlosen Gesicht eingenistet. Dabei waren weder seine Geschichten amüsant, noch hatte Navideh Petersen einen Witz gemacht. Mehr als ein paar dürre Worte hatte sie in den vergangenen zwei Stunden nicht fallenlassen. Er aber hatte jedes Stichwort gierig aufgegriffen, nur um sie mit nicht enden wollenden Anekdoten weiter am Tisch zu halten. Navideh Petersen sah demonstrativ auf ihre Uhr und gähnte. Gleichzeitig schämte sie sich für ihre Unhöflichkeit gegenüber dem Mann, den sie erst am Nachmittag kennengelernt und der ihr spontan geholfen hatte.

 

Sie war in Cuxhaven von Hof zu Hof gefahren und hatte vergeblich nach einem Platz auf einem der Wattwagen zur Insel Neuwerk gefragt. Die Bauern mit ihren rotwangigen Gesichtern, in denen sich Kälte, Nässe und Wind eingegraben hatten, sahen sie mal spöttisch, mal bedauernd an. Die Überfahrten, so versicherten sie ihr, seien schon seit Wochen ausgebucht. «Es ist Hauptsaison. Was glauben Sie denn?»

Als Navideh Petersen nach der vierten Absage den Zündschlüssel drehte, riss ein junger Mann, der abseits gestanden hatte, als sie den Bauern fragte, die Beifahrertür ihres Autos auf, beugte sich herein und begann ohne Gruß loszureden. Sie wolle nach Neuwerk? Kein Problem. Er könne ihr einen Platz besorgen. Er habe gute Beziehungen zu jedem hier und heiße übrigens Malte. Niemanden, den er nicht kenne in diesem Kaff. Dabei senkte er seine Stimme und warf einen kurzen verächtlichen Blick nach hinten. Aber es war keiner da, der ihn hätte hören können. Malte versprach, ihr ein Ticket zu besorgen. Es werde allerdings etwas dauern. Aber vielleicht habe sie ja Lust, nach Feierabend mit ihm auf ein kleines Bier in seine Stammkneipe zu kommen? Dann könne er ihr den Fahrschein mitbringen.

 

Malte kam aus Gütersloh, wie sie abends beim Bier erfuhr, auf das sie ihn als Dank für den Sitzplatz vorn beim Kutscher eingeladen hatte. Während der Saison jobbte er bei dem Bauern, kümmerte sich um die Pferde, striegelte sie und kratzte ihre Hufe aus, reparierte die Wagen, brachte die Ferienwohnungen in Ordnung, bevor die nächsten Gäste kamen. Und den Internetauftritt des Bauern hatte er auch entworfen. «Ohne mich wüssten die gar nicht, was sie machen sollten», sagte er, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Dabei rutschten die kurzen Ärmel seines Hemdes ein Stück nach oben und ließen muskulöse Oberarme erkennen. Damit Navideh seinen Bizeps bewundern konnte, spannte Malte ihn beim Reden immer wieder an.

«Im Grunde manage ich den ganzen Laden hier. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was man mit den Touris alles so erlebt. Echt heftig. Neulich …»

«’tschuldigung, ich hatte eine anstrengenden Arbeitswoche und werde gleich mal verschwinden», unterbrach sie ihn mit einem flüchtigen Lächeln.

«Ach was», überging er ihre Ankündigung und machte dem Kellner ein Zeichen, ihnen zwei neue Bier zu zapfen. «So jung kommen wir nicht mehr zusammen.»

Navideh schüttelte den Kopf. «Für mich nichts mehr, bitte.»

«Das ist so ’n typischer Spruch von meinem Onkel. Ansonsten aber ein echt cooler Typ. Ist hier bei der Rettung Schiffbrüchiger, weißt du? Das sind die, die gekenterte Segler aus dem Wasser ziehen oder im Sommer reihenweise die Leute aus dem Watt holen.»

Navideh Petersen griff hinter sich, um ihre Jacke von der Stuhllehne zu ziehen. «Ich muss jetzt gehen.» Sie machte Anstalten aufzustehen.

«Vorletzte Saison hat er eine Familie von ’ner überspülten Sandbank runtergeholt», setzte Malte nach. «Wattwanderer. Echt gruselige Geschichte. Eine Verwandte von denen hatte Alarm geschlagen, als sie abends nicht zurückkamen. Der Rettungshubschrauber war gerade woanders im Einsatz, also ist mein Onkel mit seinem Motorboot raus. Als er sie endlich entdeckte, standen die Eltern schon bis zur Brust im Wasser. Waren völlig verheult und total blau. Unterkühlt. Das kleine Mädchen hockte schreiend auf der Schulter der Mutter. Der Vater hatte seinen fünfjährigen Sohn auf dem Arm. Der neunjährige Junge aber …»

Er ließ den Satz ohne Ende auslaufen. Dann rückte er seinen Stuhl noch näher an Navideh heran. Die Geschichte hatte sie gegen ihren Willen eingefangen. «Was ist mit dem großen Jungen passiert?», erkundigte sie sich ungeduldig.

«Vielleicht hast du damals davon gelesen? Ging durch alle Zeitungen. Und ihr von der Polizei kriegt ja eh mehr mit als die anderen.»

Sie schüttelte den Kopf und ärgerte sich, ihm am Anfang des Abends eine ehrliche Antwort auf seine Frage nach ihrem Beruf gegeben zu haben. Immerhin hatte sie, als er Genaueres wissen wollte, so vage geantwortet, dass Malte schnell das Interesse verlor. Vermutlich dachte er nun, sie bearbeite Fahrraddiebstähle oder stehe Tag ein, Tag aus an der Schnellstraße und mache Geschwindigkeitskontrollen. Die Tatsache, dass sie seit mehreren Jahren bei der Bremer Mordkommission arbeitete, verschwieg sie gegenüber Menschen, die sie erst kennenlernte. Denn meist war anschließend kein vernünftiges Gespräch mehr möglich. Oft erntete sie Befremden, das von merkwürdigen Fragen begleitet wurde. Mehr als einmal schon sah Navideh sich plötzlich gezwungen, sich zu rechtfertigen, was eine Frau, vor allem «eine Frau wie sie», an Leichen und Mördern finde. Sie bezweifelte, dass ihr Kollege Frank Steenhoff sich schon in ähnlicher Weise hatte erklären müssen. Oder aber sie wurde mit neugierigen Fragen zu ihrem schrecklichsten Fall, zu sadistischen Serienmördern, zu Tätern mit zwei Gesichtern bombardiert – oder was den Leuten sonst noch aus ihren Fernsehkrimis bekannt war. Navideh Petersen hatte sich deswegen angewöhnt, auf die Frage nach ihrem Beruf «Verwaltungsbeamtin» zu antworten. In der Regel war das Thema damit erledigt.

Malte aber hatte ihr geholfen, ja sogar extra mehrere Bekannte angerufen, um ihr doch noch eine Überfahrt zur Insel zu ermöglichen. So war sie ehrlich gewesen, als sie der Einladung auf ein Bier gefolgt war und irgendwann die obligatorische Frage kam.

Sie musterte Malte verstohlen. Er schien jetzt richtig in Fahrt zu kommen. «Mein Onkel erzählte mir später, er hätte für ein Interview mit dem Stern, der BILD oder dem Focus mehrere tausend Euro haben können.» Navideh runzelte die Stirn. Solche Leute waren ihr zuwider. Malte bemerkte den Wandel in ihrem Gesicht sofort. «Hat er natürlich nicht gemacht. Wie gesagt, der ist echt in Ordnung. Seinetwegen bin ich damals auch an die Küste gekommen, um hier nach Arbeit zu suchen. Ich wollte zu den Seenotrettungskreuzern. Wusstest du, dass die bei jedem Sturm rausfahren?»

«Was war mit dem älteren Jungen», unterbrach ihn Navideh. Malte nahm einen großen Schluck und wischte sich den Schaum mit dem Ärmel ab. Er hob die Augenbrauen und nickte theatralisch, als würde ihn die Erinnerung an den Moment der Rettung noch immer stark beschäftigen. Alle wollten das Ende dieser Geschichte erfahren. Alle. Es war seine beste. Er hatte sie schon so oft erzählt, dass er das Entsetzen in den Augen der Mutter beschreiben konnte, das heftige Zittern ihrer Unterlippe, ihre Erstarrung, als die Männer erst das kleine Mädchen und dann sie selbst an Bord zogen.

«Echt schlimme Geschichte.» Der Kellner stellt ihnen zwei neue Gläser Bier hin. «Prost, Navideh!» Malte wartete darauf, dass sie nach dem Glas griff, um mit ihr anzustoßen.

Brüsk schob Navideh das Bier beiseite. Sie wollte das Ende der Geschichte nicht mehr hören. Wozu auch? Es war fremdes Leid. Es gab nichts mehr dran zu ändern. Sie war randvoll mit solchen Fällen, die manchmal nachts in ihre Träume eindrangen. Statt dem Mann zuzuprosten, beugte sie sich vor und taxierte ihn ruhig. «Ich bin mir sicher, dein Onkel ist ’n cooler Typ. Grüße ihn von mir, wenn du ihn das nächste Mal siehst.» Mit einem Ruck stand sie auf und warf ihre langen schwarzen Haare nach hinten. «Danke fürs Ticket, Malte. Man sieht sich.» Sie lächelte knapp und ging zur Theke, um für beide zu bezahlen. Malte sah ihr mit aufgerissenem Mund nach.

«He, warte doch. Ich war doch noch gar nicht zu Ende.»

Navideh legte einen Schein auf den Tresen, nickte dem Kellner zu und ging zur Tür. Als sie die Hand auf die Klinke legte, holte Malte sie ein. «Die Mutter hatte ihren Jungen an der Hand gehalten. Als das Wasser stieg und stieg, musste sie sich für eins der Kinder entscheiden. Sie konnte ja nicht beide hochstemmen und festhalten. Der Junge hat sich noch an ihrer Bluse festgekrallt, so lange, bis er davongetrieben ist. Die haben ihn nie gefunden.» Navideh stieß die Tür auf. Malte stellte sich ihr in den Weg. «Stell dir das doch mal vor. Ist doch der Horror, oder?»

Er sah sie erwartungsvoll an. «Ich will mir so etwas gar nicht vorstellen», sagte sie müde und drängte sich an ihm vorbei ins Freie. Ohne sich noch einmal umzudrehen, schlug sie den Weg zu ihrem Hotel ein. Sie hörte, wie Malte hinter ihr herrief: «Die Eltern haben sich wenig später getrennt. Stand in allen Zeitungen!» Sie beschleunigte ihren Schritt. Aber sie war allein auf dem unbeleuchteten Weg. Einem Impuls folgend, lief sie mit ein paar Schritten auf die Deichkrone. In der Ferne sah sie das Licht des Neuwerker Leuchtturms. Sechs Tage hatte sie Zeit auf der Insel. Danach würde sie sich entscheiden.

02

Jochen Müller goss sich eine Tasse Kaffee aus der halb vollen Kanne im Wachraum des Waller Reviers ein. Missmutig verzog der massige Mann sein Gesicht nach dem ersten Schluck. «Kann mal einer von euch neuen kochen?», rief er seinen beiden Kollegen zu, die im Nebenzimmer gerade über Werder Bremens aktuellen Neuzugang stritten. «Das Gesöff hier schmeckt, als würde es schon seit Ostern auf der Wärmeplatte stehen.»

Als keiner der beiden reagierte, lehnte sich Jochen Müller so weit aus seinem Drehstuhl, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und sein Stuhl zur Seite zu kippen drohte. Mit einer blitzschnellen Bewegung, die man dem behäbig wirkenden Beamten nicht zugetraut hätte, hielt er sich an der Tischplatte fest. Die beiden Mädchen, die vor seinem Schreibtisch saßen, wechselten einen vielsagenden Blick und fingen an zu kichern. Müller tat, als würde er es nicht bemerken, und rief ins Nebenzimmer: «He, Kollegen, tut mal was für die arbeitende Bevölkerung. Wir brauchen hier frischen Kaffee.»

Der Jüngere der beiden Beamten kam herein, schnappte sich die Kanne und verschwand damit im Flur, ohne die Diskussion über seinen Fußballverein zu unterbrechen. Er hatte eine ungewöhnlich tiefe Stimme, die selbst dann noch in den Wachraum drang, als er in der Küche Wasser holte. Jochen Müller rollte mit den Augen, verkniff sich aber eine weitere Bemerkung und suchte im Computer nach der richtigen Vorlage für die Anzeigenaufnahme.

«Also, was habt ihr gesagt, wo genau ist euer Smartphone gestohlen worden?», wandte sich Müller an die beiden Mädchen, er redete betont laut, um das plötzlich aufbrandende Gelächter im Nebenzimmer zu übertönen.

«Nicht gestohlen, die haben uns das geraubt, diese Ärsche», stieß die Dunkelhaarige hervor und vergaß vor Empörung, ihr Kaugummi weiter im Mund zu malträtieren. «Voll heftig, ey.» Sie legte den Kopf schräg und warf mit einer geübten Bewegung ihre Haare nach rechts, sodass sich ihre Frisur für Sekunden voluminös auftürmte. Sie war stark geschminkt und trug wie ihre Freundin lange silberne Ohrringe. Die Wortführerin trug hautenge Jeans, Stiefeletten und ein weit ausgeschnittenes T-Shirt, das sie, sobald es ihr von der nackten Schulter rutschte, wieder zurechtzog, nur damit es ihr kurz darauf von der anderen Schulter rutschte. Es war die Sorte Mädchen, die zu Dutzenden im Stadtteil herumlief.

Wieder wurde es im Nebenzimmer laut. «Du hast echt keine Ahnung! Der Mann ist ein Spitzenstürmer. Wirst sehen, mit dem kommen wir wieder ganz nach vorn in der Bundesliga …»

Müller stand auf und schloss die Tür, dann ließ er sich schwer in seinen Stuhl fallen. «Also, das Smartphone ist euch geraubt worden, sagt ihr?» Er musterte die Mädchen. Die Stillere der beiden, die nervös an ihren Fingernägeln knabberte, unterbrach ihre Tätigkeit und schaute Müller zum ersten Mal direkt an. «Die haben es mir einfach aus der Hand gerissen. Ich habe den einen noch festgehalten, aber er hat mich zu Boden geschubst. Voll brutal, ey!», sagte sie weinerlich.

«Wie viele waren es?», erkundigte sich Müller und gab die Daten der beiden ein.

«Drei» antworteten beide gleichzeitig.

«Wie alt?» Die Mädchen zuckten mit den Schultern. Müller wiederholte seine Frage.

«Vielleicht siebzehn, höchstens achtzehn», sagte die Wortführerin.

«Nee. Der Typ mit dem Käppi ist schon neunzehn», korrigierte ihre Freundin sie. Müller sah überrascht von seiner Tastatur hoch. «Ihr kennt die Täter?»

«Ich glaub, der eine geht mit meinem Bruder auf die gleiche Berufsschule», antwortete die Nägelkauerin. «Der heißt Ayub oder so.»

«Ayub und wie weiter?»

«Das kriegen wir noch raus, und, das schwör ich, der wird nie wieder so was mit uns machen!» Die schwarz umrandeten Augen des Mädchens mit dem rutschenden Shirt verengten sich zu einem schmalen Strich. «Was denken die Ärsche sich? Sehen wir wie Opfer aus, ey?»

Der Raub hatte sich am Freitagabend in der Waterfront, dem großen Einkaufszentrum im Bremer Westen, zugetragen. Zeugen hatte es nach Aussage der Mädchen gleich mehrere gegeben, aber niemand hatte es gewagt, sich einzumischen. Müller bedauerte, dass die Mädchen nicht geistesgegenwärtig genug gewesen waren, sich zumindest einen Namen von den Umstehenden zu notieren. Allerdings standen die Chancen, die drei jungen Räuber zu fassen, nicht schlecht. Nicht nur, weil eine der beiden Überfallenen einen der Täter wiederzuerkennen glaubte. Müller war sich nach zwanzig Jahren am Revier sicher, dass das Trio nicht das erste Mal einen Raub begangen hatte. Vermutlich waren alle drei längst in der Lichtbilddatei der Kripo verewigt. Außerdem waren sie sicher irgendwann an dem Abend von einer der Videokameras des Einkaufszentrums erfasst worden. Noch einfacher erschien ihm jedoch, Jürgen Rinke zu fragen. Der Kontaktbeamte kannte die meisten auffälligen Jugendlichen in seinem Quartier. Er würde ihm eine Kopie der Anzeige per Mail schicken. Gut möglich, dass am nächsten Tag der Jugendeinsatzdienst die Namen der mutmaßlichen Täter gar nicht ermitteln müsste.

Der Türsummer ließ Müller aufblicken. Ein Pizzabote hielt zwei große Pappschachteln hoch. Müller drückte auf den Öffner, brüllte so laut, dass die Mädchen vor ihm erschrocken zusammenfuhren, «Pizza ist da!», und notierte sich den letzten Satz der Zeuginnen. «Und das war wann genau?» Er schaute unwillkürlich auf die große Uhr über der Tür.

Die Antwort kam ohne Zögern. «Kurz vor acht.»

«Jetzt ist es gleich halb elf», stellte Müller fest.

«Na, wir haben die gesucht», antwortete das stillere Mädchen. «Zwei junge Frauen gegen drei Männer?»

Die Wortführerin sah ihn an, als zweifle sie an seinem Verstand. «Nee, nicht allein», erwiderte sie gedehnt, kaute auf ihrem Kaugummi herum und ließ lässig eine große Blase platzen. «Mit unseren Brüdern und Cousins natürlich.» Bei dem Gedanken an die Täter verzog sich ihr Gesicht zu einer Fratze. «Ich schwör, ey, wenn wir die gekriegt hätten, die hätten so eins auf die Schnauze bekommen!» Sie riss ihre rechte Faust hoch und machte eine Bewegung, als wollte sie zuschlagen.

Müller schüttelte ungeduldig den Kopf. «Nun mal ganz ruhig, Mädels. Das ist Sache der Polizei und nicht die eurer Cousins. Klar?» Die beiden Mädchen schienen durch ihn hindurchzusehen. «Hallo? Ich will wissen, ob das bei euch angekommen ist?», fuhr Müller sie an und suchte ihren Blick. Das Mädchen mit dem Kaugummi ließ demonstrativ eine zweite Blase platzen. Wut stieg in ihm hoch. Müller griff unter seinen Schreibtisch und hielt ihr den Papierkorb direkt unter die Nase. «Ausspucken!», befahl er ihr.

«Was soll das ’n jetzt?» Das Mädchen wühlte in ihren langen dunklen Haaren und schichtete sie von einer auf die anderen Seite, um Zeit zu gewinnen.

«Ausspucken, oder ihr könnt gehen.» Jochen Müller hatte plötzlich genug. Er stand von seinem Stuhl auf, als die Wortführerin seinen Arm festhielt, ihr Kaugummi herausnahm und es in den Papierkorb warf. Ihre Freundin sah sie überrascht von der Seite an.

«Na, geht doch», sagte Müller trocken und setzte sich wieder. Er verschränkte die Arme vor seinem mächtigen Brustkorb und musterte sie streng. Die Mädchen warteten darauf, dass er etwas sagen würde, doch Müller schwieg, ohne sie eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Unruhig suchten die Mädchen nach einer neuen Sitzposition. Als sie anfingen, intensiv ihre Fingernägel zu betrachten, setzte er nach: «Also, für euch noch mal zum Mitsprechen: Wenn jemand die Typen hochnimmt, dann sind wir das und sonst niemand. Kapiert?» Die Mädchen murmelten etwas, das Müller als Zustimmung interpretierte. Sie schienen plötzlich alle Selbstsicherheit verloren zu haben.

 

Eine halbe Stunde später war die Anzeige geschrieben. Kurz vor Mitternacht goss sich Jochen Müller gerade seinen vierten Kaffee seit dem Schichtbeginn kurz vor 22 Uhr ein, als ein Mann so heftig auf die Klingel an der Tür der Wache drückte, dass er verwundert hochblickte. Eine Pfütze bildete sich auf dem alten Holzregal, auf dem die Kaffeemaschine stand. Müller fluchte leise und suchte den Raum nach einem Taschentuch oder saugfähigem Papier ab. Der Mann machte ihm hektisch Zeichen, ihm zu öffnen, und drückte erneut auf die Klingel.

«Ja, ja, ist doch gut, Mann.»

Aus dem Sozialraum kam Müllers Kollegin. «Wenn du willst, kann ich den übernehmen», bot sie Müller an und drückte auf den Türöffner. Im selben Moment stand der Besucher vor dem Tresen. Hektisch flogen seine Blicke zwischen Müller und der Polizistin hin und her, als wollte er herausfinden, wer von den beiden ihm besser helfen könnte. Demonstrativ wandte sich Müller ab und widmete sich der Überschwemmung, die er auf dem Regal angerichtet hatte. Sollte seine neue Kollegin den Mann verarzten. Wurde sowieso Zeit, dass der Nachwuchs von der Hochschule lernte, mit den Verrückten und den normal Verrückten im Stadtteil umzugehen.

Der Mann verschwendete keine Zeit auf eine Begrüßung. «Meine Frau ist verschwunden», platzte er heraus. «Ich erwarte sie seit Stunden zu Hause. Aber Elke ist immer noch nicht da. Geht auch nicht ans Handy … Mein Gott, Sie müssen was tun, sie suchen, eine Fahndung auslösen.»

Die Polizistin richtete sich in ihrem Stuhl auf und sagte, jedes einzelne Wort betonend: «Jetzt bleiben Sie mal ganz ruhig. Sicherlich gibt es eine vernünftige Erklärung dafür, dass sie sich verspätet hat. Es ist ja gerade erst Mitternacht.»

«Aber sie ist sonst nie später als 22 Uhr zu Hause. Elke hat ja morgen Schule. Da muss sie fit sein, sagt sie immer. Und jetzt ist sie schon zwei Stunden drüber …»

Die Polizistin bat den Mann, Platz zu nehmen. «Zwei Stunden Verspätung ist nicht lange, vielleicht hat sich Ihre Frau bei einer Freundin festgequatscht?», sagte sie freundlich.

«Und warum geht sie nicht ans Handy?», fuhr der Mann sie aufgebracht an.

«Das kann ich Ihnen nicht sagen, aber wegen einer Ehefrau, die zwei Stunden überfällig ist, schicken wir in der Nacht garantiert keinen Suchtrupp los», sagte die Beamtin. Leiser Spott schwang in ihrer Stimme mit. «Wissen Sie, wie viele Bremer und Bremerinnen jedes Jahr als vermisst gemeldet werden? Über vierhundert! Über neunzig Prozent dieser Leute kommen innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen zurück. Und der Rest der als vermisst gemeldeten Frauen, Männer oder Jugendlichen will bis auf wenige Ausnahmen gar nicht gefunden werden. Aber bei Ihrer Frau ist das sicherlich anders. Sie werden sehen, Sie fahren nach Hause und Ihre Elke …».

«Ja, bei meiner Frau ist das anders», wiederholte der Mann mit zitternder Stimme. Er beugte sich vor und sah die Polizistin eindringlich an. «Ich weiß doch, wie sie ist. Sie würde mich anrufen, mir eine SMS schicken, wenn sie sich um eine Viertelstunde verspätet. Und jetzt …» Er zuckte mit den Schultern. «Nichts! Sie geht ja noch nicht mal ans Handy», wiederholte er verzweifelt.

«Vielleicht ist der Akku leer», schlug die Beamtin vor.

Der Mann stöhnte auf, als hätte er einen Faustschlag in den Magen bekommen. «Bitte!» Er sah flehentlich zu Müller rüber. «Erzählen Sie mir nicht, dass das alles völlig normal ist. Es ist etwas passiert, ich spüre das. Mein Gott … Ich bin doch nicht verrückt!» Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Müller hatte während seiner Dienstzeit am Revier zig Vermisstenanzeigen entgegengenommen. Meist völlig unnötig. Doch etwas an dem Mann beunruhigte ihn, selbst wenn die zweistündige Verspätung mehr als lächerlich war. Oder vielleicht gerade deswegen. Er zog sich einen Stuhl heran, vergewisserte sich mit einem Blick bei seiner Kollegin, ob sie ihm die Befragung überlassen wollte, und übernahm: «Also, dann fangen wir ganz von vorn an. Nennen Sie mir bitte Ihren Namen und den Ihrer Frau. Und dann erzählen Sie mir, wann Sie sie zuletzt gesehen haben.» Klaus Sander hatte mit seiner Frau Elke zuletzt am späten Nachmittag geredet. Seine Frau habe angespannt und müde gewirkt, dennoch habe sie noch einen Hausbesuch machen wollen, erzählte er. «Ist Ihre Frau Ärztin?», erkundigte sich Müller. Der Mann schüttelte den Kopf. Seine Frau sei Lehrerin, eine sehr engagierte zudem. Sie kenne keinen Feierabend. Selbst an den Wochenenden und im Urlaub sei sie für Kinder und Eltern ansprechbar. «Ich sag ihr immer, das macht dich kaputt. Wie oft haben wir darüber schon gesprochen …»

«Was war heute Nachmittag?», unterbrach ihn Müller.

«Da war sie auch so erschöpft, aber trotzdem wollte sie noch zu diesen Kindern.» Müller sah ihn fragend an. «Rumänen oder Bulgaren oder was weiß ich», sagte Sander fahrig. «Hausen da mitten in Gröpelingen in einem der runtergekommenen Mehrfamilienhäuser. Eigentlich sollte sie als Frau allein da gar nicht rein. Aber Elke ließ sich ja nie was ausreden. Blieb immer stur und glaubte an das Gute im Menschen.» Er schüttelte den Kopf. «Aber das sind Elendsquartiere, völlig überbelegt. Wer weiß, wer sich in diesen Häusern alles rumtreibt.»

«Kennen Sie den Namen der Familie, die Ihre Frau aufsuchen wollte?»

Der Mann schlug sich mit beiden Fäusten gegen die Schläfe, dass es Müller ganz anders wurde. «Sie hat mir den Namen gesagt, aber ich habe ihn mir nicht gemerkt. Sonst wäre ich schon längst vorbeigefahren und hätte da geklingelt.» Verzweifelt schüttelte er den Kopf. «Es waren … Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen.» Er dachte nach und starrte auf Müllers Kaffeetasse. Müller wartete geduldig. Plötzlich schlug Klaus Sander mit der flachen Hand auf seinen Oberschenkel: «Die eine hieß Mira oder Mia oder so ähnlich.»

«Wie alt?»

Er zuckte mit den Schultern. «Dreizehn oder vierzehn Jahre. Zwei Schüler aus der sechsten Klasse. Wozu wollen Sie das wissen? Was hat das mit meiner Frau zu tun?»

«Die Kollegen von der Kripo werden den Fall morgen früh übernehmen, vorausgesetzt, Ihre Frau taucht wider Erwarten heute Nacht nicht bei Ihnen zu Hause auf», erklärte Müller. Als der Mann protestieren wollte, fuhr Müller schnell fort: «Die Kollegen wären schon einen Schritt weiter, wenn Sie für uns die Identität der Zwillinge herausfinden. So lässt sich feststellen, ob Ihre Frau heute ihren Hausbesuch absolviert hat und wann sie das Wohnhaus der beiden Schüler wieder verlassen hat. Also, falls Ihnen noch etwas einfällt, lassen Sie es uns morgen früh wissen.»

Klaus Sander sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. «Das heißt, Sie werden erst morgen früh anfangen, nach meiner Frau zu suchen?»

Müller wurde langsam ungeduldig. «Wie gesagt, Herr Sander, die meisten Vermissten tauchen innerhalb weniger Stunden wieder auf, da können wir nicht gleich die Pferde scheu machen, bloß weil sich ein erwachsener Mensch mal nicht an Gewohnheiten hält und seine Verwandten in Unruhe versetzt.» Klaus Sander wischte sich mit der Hand über die Augen und murmelte etwas, das Müller nicht verstand. «Haben Sie mal nachgeschaut, ob Ihre Frau Ihnen irgendwo eine Nachricht hinterlassen hat?», mischte sich die Beamtin ein, die Müllers Befragung aufmerksam verfolgt hatte. «Sie schrieb mir nie irgendwelche Zettel», erwiderte Sander. «Vielleicht hat Sie Ihnen ja eine Mail oder SMS geschickt?»

Sander schüttelte unwillig den Kopf, griff aber in seine Jackentasche, um sein Smartphone herauszuholen. Er überflog seine Nachrichten. «Nein, da ist nichts von ihr. Sie war keine große Briefschreiberin, selbst Mails hat sie nur geschrieben, wenn es unbedingt nötig war. Sie sagte immer, bei dem ganzen Schreibkram für die Schule sei ihr schon ein Einkaufszettel manchmal zu viel.»

Müller suchte vergeblich nach den richtigen Worten. «Ist Ihre Frau eventuell depressiv … Ich meine, gibt es Grund zur Befürchtung, dass sie vielleicht eine Dummheit machen könnte?»

Der Mann vor seinem Schreibtisch sah ihn verständnislos an.

«Was mein Kollege wissen möchte, ist, ob Ihre Frau selbstmordgefährdet ist», mischte sich die Beamtin wieder ein. Klaus Sander zuckte zusammen und begann zu zittern. Müller warf der Beamtin einen mahnenden Blick zu, sich mit weiteren Fragen zurückzuhalten. «Das ist reine Routine, Herr Sander. Das müssen wir fragen. Ihrer Frau geht es vermutlich bestens …» Klaus Sander schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte laut auf. Müller setzte sich in seinem Stuhl auf und fixierte den Mann streng. «Jetzt reißen Sie sich mal zusammen.»

Aber Klaus Sander schien ihn gar nicht zu hören. Irritiert stellte Müller fest, dass der Mann offenbar kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Als Klaus Sander wieder hochschaute, waren seine Augen gerötet, und alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Seine Worte waren nicht mehr als ein Stammeln: «Ich hatte immer Angst davor, dass sie es irgendwann auch macht.»

«Was?», sagten Müller und seine Kollegin gleichzeitig.

«Dass sie ins Wasser geht. So wie ihr Vater und ihr Bruder.»

03

Mia zog sich die Kapuze tief ins Gesicht, bevor sie von der lärmenden Hauptstraße in das stille Wohnviertel abbog. Auf der anderen Straßenseite schob eine junge Türkin einen Kinderwagen, an dessen Gestänge sich zwei Kleinkinder festhielten, die kaum Schritt halten konnten.

Mia erkannte die Frau sofort. Sie lebte im ersten Haus ihrer Straße. Vergangenen Winter war ihr Mann abgeschoben worden. Mehrere Polizisten hatten ihn morgens abgeholt. Tagelang war es das Gesprächsthema unter den türkischen Frauen in der Straße gewesen. Selbst die Bulgarinnen redeten von nichts anderem. Angeblich sei der Mann ein Krimineller gewesen. Ein gesuchter Betrüger, so erzählten die einen. Andere meinten zu wissen, dass er einen Verwandten halb totgeschlagen habe. Von Mal zu Mal wurde die Liste der Straftaten länger, die er angeblich begangen hatte. Am Ende waren sich die bulgarischen Frauen einig, dass es ein Glück war, dass die Polizei ihn aus Deutschland hinausgeworfen hatte. Misstrauisch beäugten sie fortan seine Frau, die nur noch nach draußen ging, wenn es unbedingt nötig war.

Mias Mutter hatte die junge Frau leidgetan. Sie hatte sie sogar eines Morgens angesprochen, als sie, mit rot geränderten Augen, ihren kleinen Sohn in den Kindergarten gebracht hatte. Aber die Türkin ließ sie einfach stehen. Mias Mutter hatte der Frau wütend hinterhergeschrien: «He, du! Wer glaubst du, wer du bist?» Sie hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt und ihren Hals nach vorn gereckt. «Geschieht dir recht, dass sie deinen Mann abgeholt haben. Euch alle sollten sie abschieben.» Dann hatte Mias Mutter verächtlich ausgespuckt. Der kleine Junge hatte sich erschrocken aus seinem Buggy gelehnt und Mias Mutter mit aufgerissenen Augen angestarrt. Die Türkin hatte den Jungen wieder in seinen Sitz gedrückt, ihre Schritte beschleunigt und war, ohne sich umzudrehen, davongeeilt. Seitdem war kein Tag vergangen, an dem Mias Mutter nicht über die «türkische Schlampe» hergezogen war. Mia wagte nicht zu widersprechen. Auf sie wirkte die junge Mutter vor allem bedrückt und ängstlich.

Als die Türkin aufblickte, drehte Mia sich zum Schaufenster des arabischen Export-Import-Geschäftes um und tat, als studierte sie die Auslagen mit den vielen Sonderangeboten. Erst als die Frau und ihre Kinder vorbei waren, lief Mia mit großen Schritten in die Seitenstraße, die zu ihrem Quartier führte. Ab hier kannte Mia jeden Stein, jeden Hauseingang und jede der ständig überquellenden Mülltonnen.

Plötzlich blieb sie mit einem Ruck stehen und presste ihren Handballen in den Unterleib. Seit die Schmerzen am Morgen eingesetzt hatten, sehnte sie sich danach, sich hinzulegen und Ginka um sich herum zu haben. Ihre Mutter konnte hart sein, sehr hart, doch wenn Mias Unterleib sich während ihrer Regel manchmal so verkrampfte, dass sie sich auf ihrer Matratze von einer Seite auf die andere wälzte, dann machte Mama Ginka ihr einen Tee. Vor einigen Wochen war sie sogar rüber zu der dicken Asya gelaufen und hatte eine Wärmflasche für die Tochter ausgeliehen. Vielleicht würde die Mutter sich heute sogar neben sie setzen und ihr über die Stirn streichen? So lange, bis das entsetzliche Ziehen in ihrem Unterleib nachließ. Vielleicht würde dann alles wieder gut werden.

Mit jedem Schritt, den sich Mia dem Haus näherte, wurde ihre Unruhe größer. Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, wie Ginka reagieren würde. Vier Tage und Nächte war Mia von zu Hause fort gewesen, viele Stunden, in denen ihr Bruder, der Onkel und die anderen sie bestimmt überall gesucht hatten. Mia fand den Gedanken tröstlich, dass sich die Mutter quälte und um die verschwundene Tochter sorgte. Das geschah ihr recht. Wie konnte Ginka den Vater nur so verraten und mit Petko rummachen?

 

Mia hatte den Blick gesehen, mit dem der Untermieter ihre Mutter an dem Morgen vor vier Tagen taxiert hatte. Gierig. Seine schwieligen Hände hatten ungestraft die großen, schweren Brüste unter dem Pullover der Mutter gesucht. Und Ginka hatte seine Finger nicht nur geduldet, sondern auch noch gelacht. Ein schmutziges, fremdes Lachen. Dabei hatte Petko halb auf ihr gelegen und schnell geatmet.

Mia war an dem Morgen schon nach der ersten Stunde aus der Schule nach Hause gegangen. Ihr war übel gewesen, und ihre Klassenlehrerin hatte sie nach Hause geschickt. «Du bist ganz blass. Leg dich hin und lass dich von deiner Mama versorgen», hatte Elke Sander gesagt und sie dabei sogar angelächelt. Im Versorgen war Mias Mama nicht gut. Längst hätte Mia für ein neues Mathebuch drei Euro in die Schule mitbringen sollen. Bis auf Mia und zwei andere Schüler hatten alle bezahlt. Mia hatte gedrängt und schließlich sogar den abgewetzten Geldbeutel der Mutter geöffnet.

«Ich habe nichts. Kapiert?», schrie Ginka sie an. Und wie um ihre Worte zu unterstreichen, hatte sie die Dose in der Küche genommen, in die sie Anfang des Monats immer das Kindergeld steckte, das sie vom Amt bekamen, und sie demonstrativ umgekippt. Ein paar Cent rollten über den Tisch. «Drei Euro für ein Buch», hatte die Mutter gesagt und abfällig mit der Zunge geschnalzt. «Soll die Lehrerin bezahlen. Sie hat genug Geld.»

Mia war an dem Morgen die Treppe zur Wohnung hinaufgelaufen und hatte, nachdem sie den düsteren Flur betreten hatte, die Geräusche gehört. Sie kamen aus dem Zimmer, in dem sie nachts alle zusammen mit der Mutter schliefen. Vorsichtig hatte sie die Tür geöffnet.

Mia hatte schreien wollen, protestieren, aber sie blieb stumm. Blieb einfach stehen. Verstand, was sie sah, ohne wirklich zu verstehen. Ihre Mutter hatte die Augen geschlossen und schien willenlos alles mit sich machen zu lassen. Petko war über ihr. Er drückte die Mutter auf die durchgelegene Matratze, die sich Mia nachts mit ihrer kleinen Schwester teilte, und schob ihren Pullover hoch. Mit der anderen Hand fummelte er an seinem Gürtel. Ginkas Gesicht war angespannt. Sie hatte ihren Unterkiefer vorgeschoben und gab keinen Laut von sich.

Mia hatte in der Tür gestanden und auf ihre Mutter gestarrt, die unter dem Mann lag, und ein furchtbarer Verdacht war in ihr aufgekommen. Ihre Übelkeit wurde plötzlich übermächtig. Die Hand vor den Mund gepresst, stürzte sie aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und auf die Straße. Bloß weg von dem Haus, in dem sie seit zwei Jahren mit ihrer Mutter, den Geschwistern und den anderen lebte. Mia war ohne Ziel gerannt. Als sie eine halbe Stunde später erschöpft und ausgepumpt stehen blieb, merkte sie, dass sie sich in dem Parzellengebiet befand, in dem sie mit ihrer Freundin Janka im Herbst herumgestromert war. Einige der Parzellen waren verlassen. Unkraut wucherte zwischen den zersprungenen Steinplatten.

In einem dieser verlassenen Häuschen hatte sie ihr Versteck gefunden. Ein Zufluchtsort, wenn die Mutter in ihrer Wut wieder zuschlug, nur weil sie und ihre Geschwister laut miteinander stritten oder weil wieder kein Geld da war und der Vermieter drohte, sie rauszuwerfen. Dann war Mia zu ihrem Versteck gelaufen, hatte das Fenster aufgedrückt, das nicht richtig schloss, war in den dunklen Raum geschlüpft und hatte sich unter der alten, karierten Decke auf dem ausgeblichenen Sofa verkrochen. Der muffige Geruch gab Sicherheit. Hier war sie ganz für sich allein. Nie hatte die Mutter gefragt, wo sie gewesen war, wenn sie erst Stunden später wieder in die Wohnung zurückkehrte. Die meisten Kinder in der Straße kamen und gingen, ohne dass Erwachsene sie begleiteten oder sich dafür interessierten, was sie draußen trieben. Mia hatte sich geschworen, niemandem von ihrem geheimen Ort zu erzählen. Zu Hause hatte sie noch nicht einmal eine eigene Matratze für sich. Hier aber war sie die Herrin über ein kleines Häuschen. Dass es dunkel und muffig war, spielte keine Rolle.

 

Auch diesmal, so schwor sich Mia, würde sie der Mutter nicht die Wahrheit sagen. Sie würde erzählen, dass sie die vergangenen Tage bei einer Schulfreundin verbracht hatte. Die Mutter würde ihr glauben, wahrscheinlich würde sie nicht einmal nachfragen.

Zögernd stand sie vor dem Eingang. Die Haustür stand wie immer halb offen. Irgendjemand hatte vor Monaten das Türblatt eingetreten und dabei das Schloss beschädigt. Seitdem konnten sie die Tür nicht mehr richtig schließen. Nicht, dass es jemanden wirklich störte. Kein Dieb würde sich hierher verirren. In vielen Zimmern hausten gleich mehrere junge Männer, abgerissen und ärmlich, das war kein Ort, um Beute zu machen.

Mia schaute die Fassade hoch, an der die Farbe abblätterte – eine eingerissene schmutzig-gelbe Gardine hing vor ihrem Schlafzimmer im ersten Stock –, dann ging sie hinein.

Mitten auf der Treppe kam der nächste Krampf. Stöhnend sackte Mia auf die Stufen. Tränen liefen ihr die Wange hinunter. «Ginkaaaa!» Ihre Stimme überschlug sich vor Schmerz. «Ginka!»

Jemand riss die Tür im ersten Stock auf. Ein fremder Mann trat mit halb nacktem Oberkörper heraus und starrte auf Mia herunter. Mia hörte, dass ihre Mutter ihm aus der Wohnung etwas zurief. Der Fremde drehte sich um und antwortete etwas, das Mia nicht verstand. Die nächste Welle schien ihren Unterleib zerreißen zu wollen. Sie presste ihre Faust in den Bauch und schloss die Augen. Gleich würde ihre Mutter kommen, würde sie streicheln und die Wärmflasche holen. Gleich würde alles gut sein.

«Hau ab», hörte sie den Fremden sagen. «Komm nachher wieder. Deine Mama muss noch arbeiten.» Er lachte heiser. Dann hörte sie, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Ihr Atem ging stoßweise. Mit beiden Händen hielt sie sich den Bauch, in dem ein Monster tobte. Jammernd vor Schmerzen krümmte sie sich zusammen. Sie bemerkte nicht den Mann, der regungslos an der Treppe stand und zu ihr heraufschaute.

04

Die Wut schien alles in ihm auszufüllen. Frank Steenhoff haute so heftig auf den Tisch, dass seine Frau Ira, die ihm mit einem Glas Weißwein in der Hand gegenübersaß, zusammenzuckte. «Ich fasse es nicht, was denkt sie sich dabei?», brüllte er los. Ben, der Golden Retriever der Familie, der zu Beginn des Gesprächs zu ihren Füßen unterm Tisch gelegen hatte, stand mit eingezogenem Schwanz vor ihnen und schaute verunsichert von einem zum anderen. «Wirft ihr Studium mal eben so weg, um nach Indien in einen Ashram zu gehen!» Er sprang vom Stuhl auf und lief von einer Ecke des Wohnzimmers in die andere. «Weiß sie denn nicht, was für Leute sich da rumtreiben? All diese Durchgeknallten, die Spinner, die hier nichts mehr werden, die machen da den ganzen Tag Om und glauben auch noch, damit der Welt was Gutes zu tun.» Er pfiff abfällig durch die Zähne. «Ich hoffe, sie weiß, sie kriegt von uns keinen Cent dazu. Vielleicht zahlen ja die Eltern ihrer reichen Mitbewohner für so einen Quatsch, aber wir werden ihr unmissverständlich klarmachen, dass das eine Grenze überschreitet. Jetzt ist Schluss. Meine Geduld ist am Ende.»