Wissenschaftliche E-Book-Reihe, Band 2

Originalausgabe

Herausgeber:

Vertrieb: www.jugendkulturen.de

Lektorat: Gabriele Vogel

ISBN (epub): 978-3-943774-55-9

ISBN (pdf): 978-3-943774-54-2

Die Wissenschaftliche Reihe im Archiv der Jugendkulturen

In der Wissenschaftlichen Reihe publiziert das Archiv der Jugendkulturen seit 2007 zudem qualitativ herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu jugendkulturellen Zusammenhängen. Die Arbeiten werden von fachkundigen GutachterInnen gelesen und vor der Veröffentlichung professionell lektoriert. Da pro Jahr von 30 - 40 eingereichten Arbeiten nur zwei veröffentlicht werden, kann bereits die Aufnahme in den Verlagskatalog als Auszeichnung verstanden werden. Doch für die AutorInnen lohnt sich die Veröffentlichung auch materiell. Die Archiv der Jugendkulturen Verlag KG verlangt von ihren AutorInnen keinerlei Kostenbeteiligungen! Im Gegenteil: AutorInnen, deren Arbeiten wir in unserer Wissenschaftlichen Reihe veröffentlichen, erhalten bereits für die Erstauflage ein Garantiehonorar von 2.000 Euro!

Seit 2011 wird diese Reihe durch eine elektronische Schwester ergänzt. Denn immer wieder mussten wir hervorragende Manuskripte ablehnen, da ein kleiner Verlag wie der unsrige sich nicht mehr als zwei wissenschaftliche Titel mit den gesetzten Qualitätsstandards (großformatige Hardcover, alle Bände sind reichlich illustriert, oft in Farbe) und dem bewusst sehr niedrig angesetzten Ladenpreis (um möglichst viele Menschen zu erreichen) leisten kann. Die E-Book-Reihe soll dieses Manko nun ausgleichen. Was für die Printreihe gilt, gilt auch für unsere E-Books: Sie werden ebenfalls unter der Fülle eingereichter Arbeiten sorgfältig ausgewählt und lektoriert, die AutorInnen erhalten ein kleines Garantiehonorar und werden am Umsatz beteiligt.

Das Archiv der Jugendkulturen e. V.

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Weitere Infos unter www.jugendkulturen.de

Cosplayer.
Selbstinszenierungspraktiken
einer globalen Jugendszene

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Bachelor-Arbeit

vorgelegt im Rahmen der Bachelor-Prüfung

für den 2-Fächer-Bachelor-Studiengang

im Teilstudiengang Erziehungswissenschaft

von Denise Hahnheiser

Osnabrück, den 04.06.2009

Erstprüfende: Prof. i. V. Dr. Cornelie Dietrich

Zweitprüfende: Dipl. Päd. Sabine Bohne

Inhalt

1. Einleitung

2. Selbstinszenierung in Jugendkulturen und Jugendszenen

2.1. Der Begriff und die Lebensphase Jugend

2.2. Identitätsentwicklung und Selbstinszenierung Jugendlicher

2.3. Vier Dimensionen von Selbstinszenierung

2.3.1. Gemeinschaft

2.3.2. Körper

2.3.3. Raum

2.3.4. Identität

2.4. Jugendkultur

3. Methodik

3.1. Zugang zum Feld

3.2. Datenerhebung

3.3. Erfahrungen mit der Datenerhebung

3.4. Datenauswertung

4. Cosplay

4.1. Definition

4.2. Ursprung und Globalität

4.2.1. Der globale Ursprung und seine Entwicklung

4.2.2. Im Vergleich: Japanische und deutsche Cosplayer

4.3. Altersspanne und Geschlecht

4.4. Umgang, Rituale und Symbolik

4.5. Das Kostüm

4.6. Medien

4.7. Zusammentreffen und Wettbewerb

4.7.1. Kleinere Treffen

4.7.2. Conventions

4.8. Die Bedeutung für Cosplayer

4.8.1. Hobby

4.8.2. Alltag

5. Porträt eines „typischen Cosplayers“

5.1. Das Interview und Beobachtungen

5.2. Erläuterungen zum Interview

6. Cosplay als Jugendszene

6.1 Definition

6.2. Ursprung und Globalität

6.3 Altersspanne und Geschlecht

6.4 Umgang, Rituale und Symbolik

6.5 Das Kostüm

6.6 Medien

6.7 Zusammentreffen und Wettbewerb

6.8 Die Bedeutung für Cosplayer

7. Schlussbetrachtung

8. Quellenverzeichnis

8.1 Literatur

8.2. Internet

9. Anhang

9.1. Fragebogen

9.2 Fotos

9.3 Tabellen

9.4 Interview

1. Einleitung

Meine ersten Gedanken zum Thema der Bachelor-Arbeit kreisten um den Begriff der Jugendkulturen. Schon immer interessierten mich die Eigenschaften von jugendkulturellen Szenen. So kamen meine Erstprüferin Prof. i. V. Dr. Dietrich und ich in einem ersten Gespräch auf die Idee, über etwas zu schreiben, was noch nicht so sehr bekannt ist und worüber es demnach noch nicht viel zu lesen gibt. Über eine Beobachtung ihrerseits kamen wir letztlich auf die Cosplay-Szene. Diese war mir bis zu jenem Zeitpunkt völlig unbekannt, umso mehr aber erschien es mir interessant und spannend zu sein, darüber zu schreiben. Aus diesem Grund hielt ich es für plausibel, als Beobachter in diese Szene einzutauchen, die, wie später herausgearbeitet wird, nicht täglich aufzufinden ist und gerade daher so reizvoll wirkt.

Ziel meiner Arbeit soll eine Annäherung an die Szene der Cosplayer sein, um ihre Beweggründe und Leidenschaften kennen zu lernen und zu verstehen. Neben diesem Grundverständnis soll die Wichtigkeit der Selbstinszenierung innerhalb dieser Szene eine wesentliche Rolle spielen. Weiterhin gilt es aber auch, den Einfluss der Cosplay-Szene bei der Identitätsentwicklung Jugendlicher zu betrachten.

Innerhalb meiner Arbeit soll zunächst über den Begriff der Jugend ein Einstieg in die Begrifflichkeit und Bedeutung von Jugendkulturen und Jugendszenen gegeben werden, die durch die theoretischen Ansätze der Selbstinszenierung unterstützt werden sollen, um dann auf die Funktionen und Eigenarten der Cosplay-Szene einzugehen. Bei dieser Erarbeitung dienen mir hauptsächlich die Daten aus den selbst erstellten Fragebögen. Mit der Herausarbeitung über Cosplay und seine Eigenschaften und der daran anknüpfenden Vorstellung eines Cosplayers1 mittels eines Porträts, sollen anschließend die Abgrenzung zur „klassischen“ Jugendkultur oder Jugendszene mit besonderem Bezug zur Selbstinszenierung herausgestellt werden. Mittels dieser Feststellungen soll dann zur Schlussbetrachtung übergegangen werden, in der ich Cosplay als Jugendszene reflektiere.

1 In dieser Arbeit werden sowohl die weiblichen als auch die männlichen Darsteller der Cosplay-Szene als Cosplayer bezeichnet, da dieser Begriff gleichbedeutend für beide Geschlechter verwendet werden kann. Diese Anwendung gilt als praktikabler und auch bedeutender für den Ausdruck selbst.

2. Selbstinszenierung in Jugendkulturen und Jugendszenen

Um sich näher mit Jugendkulturen und Jugendszenen beschäftigen zu können, soll zunächst der Begriff „Jugend“ thematisiert werden, um dann auf die Eigenschaften von Jugendkulturen eingehen zu können. Weiterhin steht im Mittelpunkt, in welchem Zusammenhang diese mit der Selbstinszenierung stehen.

2.1. Der Begriff und die Lebensphase Jugend

Zunächst erscheint der Begriff „Jugend“ eindeutig. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich eingangs die Frage, in welchem Zeitrahmen sich die „Jugend“ definiert. So gibt es gesetzlich gesehen genaue Ansichten bezüglich der Altersgrenzen. Gemäß § 1 II JGG werden junge Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren als Jugendliche angesehen, im Alter von 18 bis 21 hingegen als Heranwachsende. Daraus folgt, dass jede Person ab dem 21. Lebensjahr vor dem Gesetz als Erwachsener bezeichnet werden kann.

Aber die Lebensphasen eines jungen Menschen sollten nicht anhand von Altersgrenzen dargestellt werden, denn jedes Jugendalter gestaltet sich anders und durchlebt verschiedene Entwicklungen. Allgemein, aber besonders auch aus entwicklungspsychologischer Sicht, tritt mit Beginn der Pubertät und somit mit der Geschlechtsreife das Jugendalter ein. Dies kann zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr beginnen und mit dem 17. oder 18. Lebensjahr beendet sein. So erleben Jugendliche eine Reihe von Veränderungen und sammeln neue Erfahrungen sowohl auf körperlicher und psychischer als auch auf sozialer Ebene. Bevor nun auf die Bedeutung des Begriffes der Jugendkultur und der Jugendszene eingegangen wird, soll kurz die Lebensphase Jugend Thema sein und weiterhin ein Blick auf die Identitätsentwicklung und die Selbstinszenierung dieser geworfen werden. Der Einstieg in diese ist für den weiteren Verlauf der Arbeit bedeutsam.

Innerhalb der Lebensphase Jugend kommt es zu verschiedensten Ereignissen, die das Leben und das Verhalten des Adoleszenten beeinflussen können. So durchlebt der junge Mensch Umgestaltungen und Veränderungen auf „wildeste“ Art und Weise. In der Frühadoleszenz, die „primär eine Distanzierungsphase [ist, werden] dauerhafte Bindungen noch nicht eingegangen, sondern neue Rollen und Deutungsmuster bloß tentativ durchgespielt [...] (‚playing at roles‘)“2. Zunächst aber gilt es, dass Jugendliche ihre Rolle innerhalb der Identitätssuche als Mann oder Frau akzeptieren, sich also auf die Geschlechtlichkeit konzentrieren und sich dementsprechend entwickeln. Der Jugendliche soll versuchen eine Rollenidentität auszubilden, um eine „Stabilisierung der Identität“3 zu erlangen. Besonders aber trägt die Gesellschaft zur Beeinflussung der Identitätsentwicklung des Jugendlichen bei. So ist die Umwelt der Jugendlichen oftmals Ausgangspunkt bei der Identitätsentwicklung, bei der beispielsweise eine Gleichaltrigengruppe relevant ist. „Die Suche nach Orientierung und Sinngebung ist für die Phase Jugend im Lebenslauf charakteristisch wie wohl für keine andere Lebensphase davor und danach.“4 So kann diese Suche nach einem „Lebenssinn“ sowohl Ausgangspunkt als auch Auslöser für Orientierungs- und Selbstwertkrisen sein.5 Die Jugendlichen müssen die körperlichen Veränderungen akzeptieren und ins eigene Körperbild aufnehmen oder, wie Helmut Fend es ausdrückt, „den eigenen „Körper bewohnen lernen“6. Weiterhin sollen sie versuchen sich mit der Umwelt und ihren Herausforderungen und Anforderungen auseinanderzusetzen.

Mit der Pubertät beginnt das Individuum sich allmählich vom Elternhaus loszulösen, entwickelt ein Bild vom eigenen Selbst und eine Art Ich-Gefühl, das die Abgrenzung von anderen Personen erst möglich macht. Genau hier sind meistens die Zusammenfindungen von „peer-groups“ anzusiedeln. Daher zeigen sich innerhalb der Adoleszenzphase einige Veränderungen, die Rainer Döbert und Gertrud Nunner-Winkler versucht haben wie folgt aufzulisten:

Intensivierung der „peer-group“-Interaktion;

Aufbau heterosexueller Beziehungen;

Vorbereitung auf die Berufsrolle;

Veränderung der Beziehung zur Herkunftsfamilie;

Tentativer Erwachsenenstatus.7

Hier werden vielfältige eigene Erfahrungen angezeigt, die in der Adoleszenzphase gemacht werden. Sie gelten meistens als Grundlage der Hauptaufgabe der menschlichen Entwicklung, nämlich der Entfaltung einer stabilen Identität. Der Übergang vom Jugendalter zum Erwachsenenalter wird abschließend dann gesehen, wenn die Loslösung vom Elternhaus weitgehend abgeschlossen ist und „der Jugendliche mit der Übernahme einer Berufsrolle und der Gründung einer eigenen Familie endgültig in die Gesellschaft integriert ist“8.