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Einführung in das Kinder- und Jugendhilferecht

von

Professor Dr. iur. Dr. phil. Christian Bernzen
Katholische Hochschule für Sozialwesen, Berlin Rechtsanwalt BERNZEN RECHTSANWÄLTE Steuerberater

3., überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

3. Auflage 2022

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

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ISBN 978-3-17-041820-2

 

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pdf: ISBN 978-3-17-041821-9

epub: ISBN 978-3-17-041822-6

 

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kapitel 1:Einführung

A.Die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe2

I.Voraussetzungen2

II.Erste Regelungen3

B.Die Entwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts zum Sozialleistungsrecht4

I.Verfassungsrechtliche Grundlagen in der Bundesrepublik4

II.In der DDR4

III.Die Entstehung des SGB4

IV.Die Eingliederung des KJHG5

C.Gliederung des Gesetzes6

Kapitel 2:Die allgemeinen Bestimmungen

A.Die allgemeinen Vorschriften7

I.Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (§ 1 SGB VIII)7

1.Absatz 17

2.Absatz 27

3.Absatz 37

II.Aufgaben der Jugendhilfe (§ 2 SGB VIII)8

III.Freie und öffentliche Jugendhilfe, Zusammenarbeit der öffentlichen Jugendhilfe mit der freien Jugendhilfe (§§ 3 und 4 SGB VIII)8

IV.Selbstvertretung und Wunsch- und Wahlrecht (§§ 4a, 5 SGB VIII)9

V.Geltungsbereich (§ 6 SGB VIII)9

VI.Begriffsbestimmungen (§ 7 SGB VIII)10

VII.Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (§§ 8, 8a SGB VIII)11

VIII.Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§§ 8a, 8b SGB VIII)11

IX.Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen (§§ 9, 9a SGB VIII)11

X.Verhältnis zu anderen Leistungen und Verpflichtungen (§ 10 SGB VIII)12

XI.Beratung und Verfahrenslotsen (§§ 10a, 10b SGB VIII)12

Fall 1:Jugendhilfe für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge?12

Kapitel 3:Jugendhilfeleistungen

A.Leistungsarten14

I.Ausschließlichkeit14

II.Objektives und subjektives Leistungsrecht14

1.Grund14

2.Subjektives öffentliches Recht15

3.Bestehen eines subjektiven öffentlichen Rechts15

III.Ermessen15

1.„Muss-Vorschriften“15

2.„Soll-Vorschriften“15

3.„Kann-Vorschriften“15

4.Ermessensfehler15

B.Leistungsqualität16

Kapitel 4:Der erste Abschnitt des Leistungskapitels: Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz (§§ 11–15 SGB VIII)

A.Jugendarbeit (§ 11 SGB VIII) und Jugendverbandsarbeit (§ 12 SGB VIII)17

I.Was ist Jugendarbeit (§ 11 SGB VIII)17

1.Absatz 117

2.Absatz 217

3.Absatz 2 Satz 217

4.Absatz 318

5.Absatz 418

II.Erhebung von Teilnahmebeiträgen18

III.Jugendverbandsarbeit (§ 12 SGB VIII)18

1.Absatz 118

2.Absatz 218

3.Absatz 318

Fall 2:Anspruch auf Förderung?19

B.Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) und Schulsozialarbeit (§ 13a SGB VIII)22

I.Begrifflichkeit22

II.Abgrenzung22

1.Jugendsozialarbeit – Jugendarbeit22

2.Hilfen zur Erziehung22

III.Adressaten22

IV.Anspruchsvoraussetzungen, Absatz 123

V.Ziel und Inhalt23

VI.Maßnahmen23

VII.Abstimmungsgebot23

VIII.Finanzierungsbeitrag23

IX.Schulsozialarbeit24

Fall 3:Sozialarbeiterin für Zuwandererin?24

C.Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz (§ 14 SGB VIII)25

I.Repressiver Jugendschutz25

II.Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz26

III.Methoden26

Kapitel 5:Der zweite Abschnitt des Leistungskapitels: Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16–21 SGB VIII)

A.Hintergrund und Ausgestaltung27

B.Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (§ 16 SGB VIII)27

I.Förderungspflicht27

II.Zweck27

III.Angebote28

1.Familienbildungsangebote28

2.Familienberatung28

3.Familienfreizeiten und Familienerholung28

IV.Landesrecht28

V.Teilnahmebeiträge28

C.Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17 SGB VIII)29

I.Beratungsform29

II.Ziele29

III.Hilfe durch Beratung29

IV.Ausgestaltung in Absatz 329

D.Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge (§ 18 SGB VIII)30

I.Beratungs- und Unterstützungsanspruch30

II.Unterstützungsanspruch bei der Geltendmachung des Unterhalts und der Herstellung gemeinsamer elterlicher Sorge30

III.Beratungs- und Unterstützungsanspruch bzgl. des Umgangsrechts30

IV.Unterstützungsanspruch bei Unterhalts- und Unterhaltsersatzansprüchen30

E.Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19 SGB VIII)31

I.Regelungsgegenstand31

II.Anspruchsinhalt31

1.Soll-Verpflichtung31

2.Anspruch31

3. Betreuung von Geschwisterkindern31

4.Aufnahme von bereits schwangeren jungen Frauen31

III.Ende der Hilfe31

IV.Umfang31

V.Kosten32

F.Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen (§ 20 SGB VIII)32

I.Regelungsinhalt32

II.Voraussetzungen und zeitlicher Rahmen32

III.Kosten32

G.Unterstützung bei der notwendigen Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 SGB VIII)33

I.Adressaten33

1.Eltern, die berufsbedingt häufig ihren Aufenthalt wechseln müssen33

2.Weitergewährung von Hilfe33

II.Kosten33

Fall 4:Ersatz für die Mutter?33

Kapitel 6:Der dritte Abschnitt des Leistungskapitels: Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (§§ 22–26 SGB VIII)

A.Grundsätze der Förderung (§ 22 SGB VIII)35

I.Form und Zweck35

II.Umsetzung35

III.Der Betreuungsauftrag35

IV.Inhalt des Auftrages zur Erziehung und Bildung36

B.Förderung in Tageseinrichtungen (§ 22a SGB VIII)36

C.Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz (§ 24 SGB VIII)37

I.Die Inhaber des Anspruchs37

II.Anspruchsvoraussetzungen37

III.Anspruchsinhalt37

IV.Bedarfsentsprechende Einrichtung von Krippen-, Hort- und Ganztagesplätzen38

V.Kostenbeiträge38

D.Kindertagespflege (§ 23 SGB VIII)38

I.Begriff38

II.Regelungen38

III.Kostentragung38

1.Kostenart38

2.Kostenübernahme bei Vermittlung durch den öffentlichen Träger39

3.Kostenübernahme ohne Vermittlung durch den öffentlichen Träger39

IV.Beratungsanspruch39

V.Kosten39

VI.Beratungsanspruch von Zusammenschlüssen39

E.Selbstorganisierte Angebote (§ 25 SGB VIII)39

F.Landesrecht (§ 26 SGB VIII)40

Fall 5:Kindergarten am Wohnort?40

Kapitel 7:Der vierte Abschnitt des Leistungskapitels: Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige (§§ 27–41 SGB VIII)

A.Mitwirkung, Hilfeplan (§ 36)43

I.Sachverhaltsermittlung43

II.Hilfeplan als Ergebnis43

III.Hilfeziel44

IV.Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche44

V.Fehler44

B.Die Grundnorm der Hilfen zur Erziehung: § 27 SGB VIII45

I.Anspruchsinhaber45

II.Anspruchsvoraussetzung45

III.Anspruchsinhalt45

IV.Pädagogische und therapeutische Leistungen45

C.Ambulante Angebote46

I.Erziehungsberatung (§ 28 SGB VIII)46

1.Zweck46

2.Form der Beratung46

3.Mitfinanzierung47

II.Soziale Gruppenarbeit (§ 29 SGB VIII)47

1.Entwicklung der Angebote47

2.Abgrenzung47

3.Zweck47

4.Form47

III.Erziehungsbeistandschaft, Betreuungshelfer (§ 30 SGB VIII)48

IV.Sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31 SGB VIII)48

1.Zweck48

2.Anwendungsvoraussetzungen48

3.Zeitraum48

4.Geheimnisschutz48

V.Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII)49

1.Zweck49

2.Kosten49

Fall 6:Heimerziehung statt sozialpädagogischer Familienhilfe?49

VI.Stationäre Angebote53

1.Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII)54

2.Heimerziehung (§ 34 SGB VIII)55

3.Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII)57

4.Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII)57

5.Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII)58

Fall 7:Nachträgliches Pflegegeld?59

Kapitel 8:Andere Aufgaben

A.Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII)63

I.Voraussetzungen63

II.Folgen der Inobhutnahme63

III.Maßnahmecharakter64

IV.Inobhutnahme und Freiheitsentziehung64

V.Beteiligung64

VI.Kosten64

VII.Vorläufige Inobhutnahme64

B.Schutz von Kindern und Jugendlichen65

I.Erlaubnisse zur Kindertages- und Vollzeitpflege (§§ 43, 44 SGB VIII)65

1.Gegenstand der Pflegeerlaubnis65

2.Voraussetzung65

3.Unterrichtungspflicht66

4.Betreuung ohne Pflegeerlaubnis66

II.Betriebserlaubnis (§ 45 SGB VIII)66

1.Tatbestand und Rechtsfolge66

2.Zusätzliche Maßnahmen66

III.Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren67

1.Verfahren vor Vormundschafts- und Familiengerichten (§ 50 SGB VIII)67

2.Annahme als Kind (§ 51 SGB VIII)68

3.Strafverfahren gegen junge Menschen (§ 52 SGB VIII)68

IV.Beistandschaft, Pflegschaft, Vormundschaft, Auskunft über die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen69

1.Beratung und Unterstützung von Müttern, die mit dem Vater ihrer Kinder nicht verheiratet sind (§ 52a SGB VIII)69

2.Beratung und Unterstützung von Pflegern und Vormündern (§ 53 SGB VIII)70

3.Vereinsvormundschaft (§ 54 SGB VIII)70

4.Beistandschaft, Pflegschaft, Vormundschaft (§ 55 SGB VIII)71

5.Mitteilungspflicht des Standesbeamten, Gegenvormund, Sorgeerklärungen (§§ 57–59 SGB VIII)71

V.Beurkundungen, Beglaubigungen, vollstreckbare Urkunden (§§ 59–60 SGB VIII)71

1.Beurkundung und Beglaubigung72

2.Durch das Jugendamt72

3.Zwangsvollstreckungsgrundlage72

Fälle 8:Das verwahrloste Kind, 6-Wochen-Pflege, Beurkundung?72

Kapitel 9:Datenschutz und Statistik

A.Datenschutz74

I.Anwendungsbereich (§ 61 SGB VIII)74

1.Umfang und Form75

2.Einhaltung75

II.Datenerhebung (§ 62 SGB VIII)75

1.Definition und Zweck75

2.Regelungsumsetzung75

III.Datenspeicherung (§ 63 SGB VIII)75

1.Erforderlichkeit75

2.Sachzusammenhang76

IV.Datenübermittlung und -nutzung (§ 64 SGB VIII)76

V.Besonderer Schutz bei persönlichen und erzieherischen Hilfen (§ 65 SGB VIII)76

1.Zweck76

2.In der Zeugenvernehmung77

VI.Schutz bei Beistandschaft, Amtspflegschaft und -vormundschaft (§ 68 SGB VIII)77

VII.Tätigkeit des Jugendamtes jenseits des SGB VIII77

VIII.Datenschutz bei freien Trägern77

B.Statistik78

I.Umfang der Erhebung (§ 98 SGB VIII)78

II.Statistikrechtliche Regelungen (§§ 99–103 SGB VIII)79

1.Erhebungsmerkmale79

2.Hilfsmerkmale79

3.Zeitraum79

4.Regelung zur Datenübermittlung79

Fälle 9:Anzeige und Auskunft?79

Kapitel 10:Öffentliche Träger der Jugendhilfe

A.Öffentliche Träger (§ 69)81

I.Örtliche Träger81

II.Überörtliche Träger81

1.Bestimmung durch Landesrecht81

2.Sachliche Zuständigkeit81

3.Einzelne Ausgestaltungen in den Bundesländern82

B.Jugendamt (§ 70 SGB VIII)82

I.Wahrnehmung der Aufgaben82

II.Sonderstellung des Jugendamtes83

1.Hintergrund83

2.Gesetzliche Regelung83

3.Weitere Gesichtspunkte83

4.Organisation83

C.Jugendhilfeausschuss (§ 71 SGB VIII)84

I.Zusammensetzung84

II.Kompetenz84

III.Rahmen84

IV.Aufgaben84

D.Landesjugendamt (§ 70 SGB VIII)85

E.Voraussetzungen für eine sinnvolle Tätigkeit der Jugendhilfe- und Landesjugendhilfeausschüsse85

I.Voraussetzung85

II.Konkrete Umsetzung85

1.Planbarkeit85

2.Breite professionelle Basis86

3.Überprüfung der Notwendigkeit86

4.Begrenzung der Anzahl86

5.Unabhängigkeit86

Fall 10:Kürzung der Förderung?86

F.Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (§ 72 SGB VIII)88

I.Qualifikation der Mitarbeiter/innen88

1.Fachkräfte88

2.Erfahrene Mitarbeiter/innen und Zusatzausbildungen88

II.Leitung der Jugend- und Landesjugendämter88

III.Fortbildung und Praxisbegleitung88

G.Arbeitsgemeinschaften (§ 78 SGB VIII)89

I.Inhalt: Bildung von Arbeitsgemeinschaften89

II.Aufgaben89

H.Gesamtverantwortung (§ 79 SGB VIII)89

I.Sicherung des Sozialleistungsgesetzes89

II.Gewährleistungsverpflichtung90

III.Praktische Anwendung90

IV.Mittelhöhe90

1.Bundesrecht90

2.Landesrecht90

V.Angemessene Ausstattung90

I.Planung (§ 80 SGB VIII)91

1.Planung als Gesamtverantwortung91

2.Ziele91

3.Ermittlung91

4.Planungsmethoden91

5.Beteiligung91

J.Zusammenarbeit (§ 81 SGB VIII)92

Fall 11:Wann beginnt Jugendhilfeplanung?92

Kapitel 11:Zentrale Aufgaben

A.Aufgaben der Länder, des Bundes und anderer staatlicher Stellen95

I.Die Bundesländer und deren oberste Landesjugendbehörden (§ 82 SGB VIII)95

1.Aufgabe95

2.Durchführung95

II.Der Bund und die Bundesregierung (§ 83 SGB VIII)95

1.Aufgabe95

2.Bundesjugendkuratorium96

III.Deutsch-Französisches und Deutsch-Polnisches Jugendwerk96

1.Deutsch-Französisches Jugendwerk96

2.Deutsch-Polnisches Jugendwerk96

IV.Europäische Jugendpolitik97

1.Durch die Kommission97

2.Durch den Europarat97

B.Kinder- und Jugendberichte (§ 84 SGB VIII)97

1.Vorlage vor dem Bundestag97

2.Inhalt97

Kapitel 12:Freie Träger

A.Hintergrund99

B.Wesen99

I.Kennzeichen99

II.Funktion99

C.Gruppen freier Träger100

I.Die Wohlfahrtsverbände100

1.Wohlfahrtsverbände im Gesetz100

2.Zielsetzung100

3.Beteiligung100

II.Kirchen und Religionsgemeinschaften101

1.Durch Gesetz101

2.Zugehörigkeit101

III.Jugendverbände und -gruppen101

1.Jugendverbände im Gesetz101

2.Begriffsbestimmung101

3.Jugendgruppen im Gesetz101

4.Begriffsbestimmung101

IV.Initiativen der Jugend101

V.Sonstige Träger102

D.Finanzierung freier Träger (§§ 74, 77, 78a ff. SGB VIII)102

E.Förderung (§ 74 SGB VIII)103

I.Förderungsverpflichtung103

II.Förderungsvoraussetzungen103

1.Allgemein103

2.Förderung von Einrichtungen103

3.Gleichbehandlungsgrundsatz104

4.Förderungsentscheidung104

5.Rechtliche Ausgestaltung104

6.Förderung von Kindertageseinrichtungen105

F.Kostenvereinbarung (§ 77 SGB VIII)105

I.Tatbestand105

II.Rechtsfolge105

G.Leistungsentgelt (§§ 78a ff. SGB VIII)106

I.Abschließende Regelung106

II.Inhalt der Leistungsvereinbarungen106

III.Kriterien zu Entgeltvereinbarungen106

IV.Qualitätsentwicklungsvereinbarung107

V.Unterscheidung107

VI.Inhaltliche Ausgestaltung durch Rahmenverträge, Konflikt- und Streitfälle107

VII.Beschränkung des Wunsch- und Wahlrechts107

H.Anerkennung freier Träger (§ 75 SGB VIII)108

I.Anerkennungsvoraussetzungen108

II.Anerkennungsanspruch108

III.Durchsetzung108

I.Beziehungen freier Träger zu Bürgerinnen und Bürgern109

I.Rechtsnatur109

II.Vertragliche Pflichten109

Fall 12:Keine Förderung für den Montessori-Kindergarten?109

Kapitel 13:Zuständigkeit, Kostenerstattung

A.Sachliche Zuständigkeit (§ 85 SGB VIII)111

B.Örtliche Zuständigkeit111

I.Zuständigkeit für Leistungen112

1.Leistungen an Kinder, Jugendliche und Eltern (§ 86 SGB VIII)112

2.Leistungen an junge Volljährige (§ 86a SGB VIII)113

3.Mutter-Kind-Einrichtungen (§ 86b SGB VIII)113

4.Fortdauernde Leistungsverpflichtung (§ 86c SGB VIII)113

5.Vorläufiges Tätigwerden (§ 86d SGB VIII)113

II.Zuständigkeit für andere Aufgaben (§§ 87–87e SGB VIII)113

1.Erlaubnis für Pflegepersonen114

2.Betriebserlaubnisse114

3.Gerichtsverfahren114

4.Beistandschaft, Pflegschaft, Vormundschaft, Auskunft114

5.Vormundschaft114

6.Beurkundung und Beglaubigung114

7.Vereinbarungen114

III.Zuständigkeit bei Aufenthalt im Ausland (§ 88 SGB VIII)114

IV.Zuständigkeit für vorläufige Maßnahmen für unbegleitete minderjährige Ausländer114

C.Kostenerstattung (§§ 89–89h SGB VIII)115

I.Rechtliche Durchsetzung115

II.Tatsächlicher Aufenthalt115

III.Vollzeitpflege115

IV.Vorläufige Maßnahmen115

V.Fortdauernde Zuständigkeit115

VI.Einreise aus dem Ausland116

VII.Zweck116

VIII.Kostenbeschränkung116

Fall 13:Kostenerstattung für einen Ganztagsplatz?116

Kapitel 14:Kostenbeteiligungen

A.Pauschalierte Kostenbeiträge (§ 90 SGB VIII)118

I.Gleiche Höhe118

II.Staffelung der Beiträge118

B.Kostenbeiträge für stationäre und teilstationäre Leistungen (§§ 91–94 SGB VIII)119

I.Voraussetzung119

II.Ausgestaltung119

1.Kostenbeitrag120

2.Überleitung von Unterhaltsansprüchen120

3.Rechtsfolge120

4.Rechtsbehelfe120

5.Ausschluss120

III.Auskunftspflicht120

Fall 14:Teilnahmebeiträge im katholischen Kindergarten?121

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a. a. O. am angegebenen Ort
Abs. Absatz
a. F. alte Fassung
AFET Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe
AGJ Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe
AiB Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift)
ArbGG Arbeitsgerichtgesetz
Art. Artikel
AST. Antragsteller
AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz
AsylVfG Asylverfahrensgesetz
Aufl. Auflage
AVR Arbeitsvertragsrichtlinien
Az. Aktenzeichen
Bekl. Beklagte(r)
Bd. Band
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BSHG Bundessozialhilfegesetz
BT Bundestag
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
DAVorm Der Amtsvormund (Zeitschrift)
DDR Deutsche Demokratisch Republik
Ders. Derselbe
DFJW Deutsch-Französisches Jugendwerk
dj deutsche jugend (Zeitschrift)
DÖV Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)
Drucks. Drucksache
DVBl. Deutsche Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
DVJJ Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe
EUTB Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung
F. Fassung
f. folgende
FamRZ Zeitschrift für gesamte Familienrecht (Zeitschrift)
FEVS Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte (Zeitschrift)
ff. folgende
FGG Gesetz über Angelegenheiten der freiwilligen
FN. Fußnote
FuR Familie und Recht (Zeitschrift)
geb. geboren
GG Grundgesetz
ggf. gegebenenfalls
GK Gemeinschaftskommentar
Hrsg. Herausgeber
IGfH Internationale Gesellschaft für Heimerziehung
i. V. m. in Verbindung mit
JAmt Jugendamt (Zeitschrift)
JGG Jugendgerichtsgesetz
JHA Jugendhilfeausschuss
JHilfe Jugendhilfe (Zeitschrift)
JuArbSchG Jugendarbeitsschutzgesetz
JuSchG Jugendschutzgesetz
JuWo Jugendwohl (Zeitschrift)
JWG Jugendwohlfahrtsgesetz
Kind-Prax Kindschaftsrechtliche Praxis (Zeitschrift)
KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz
Kl. Kläger
KJSG Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
KRK Übereinkommen über die Rechte des Kindes
LPK Lehr- und Praxiskommentar
MSA Minderjährigenschutzabkommen
NDV Nachrichtendienst des Deutschen Vereins (Zeitschrift)
NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
np neue praxis (Zeitschrift)
Nr. Nummer
NS Nationalsozialismus
NSB Neue Soziale Bewegungen
NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)
NWVBl Nordrheinwestfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
OVG Oberverwaltungsgericht
Proz.-Bev. Prozessbevollmächtigter
RdJB Recht der Jugend und des Bildungswesens (Zeitschrift)
RJWG Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
RsDE Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen (Zeitschrift)
s. siehe
S. Seite
SGB Sozialgesetzbuch
SGG Sozialgerichtsgesetz
StGB Strafgesetzbuch
u. a. und andere
uj Unsere Jugend (Zeitschrift)
UN Vereinte Nationen
US United States
VerwArch Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)
VG Verwaltungsgericht
Vgl./vgl. Vergleiche/vergleiche
VwGO Verwaltungsgerichtsordnung
WRV Weimarer Reichsverfassung
ZAR Zeitschrift für Ausländerrecht (Zeitschrift)
z. B. zum Beispiel
ZfF Zeitschrift für das Fürsorgewesen (Zeitschrift)
ZfJ Zentralblatt für Jugendrecht (Zeitschrift)
ZfSH/SGB Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch (Zeitschrift)
ZKJ Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe (Zeitschrift)
ZPO Zivilprozessordnung
ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)
z. T. zum Teil

Kapitel 1:Einführung

Einleitung

1Das Achte Buch des Sozialgesetzbuchs ist das in Deutschland geltende Kinder- und Jugendhilferecht. Es ist mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) zum 1.1.1991 in das SGB eingefügt worden. Durch dieses Recht wurde das zuvor im Jugendwohlfahrtsgesetz, früher im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz, enthaltene Recht grundlegend reformiert. Die rechtlichen Regelungen beschreiben die öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen junger Menschen; sie benennen die Leistungen der Jugendhilfe und die Aufgaben der öffentlichen Stellen. Die Einführung eines achten Buches in das Sozialgesetzbuch (SGB) war das Kernstück dieser Reform.

Regelungsgegenstand dieses Buches des SGB ist ein Bereich der sozialen Wirklichkeit, der sich aus der Armenfürsorge entwickelt hat und mit den Worten „Jugendpflege“, „Jugendfürsorge“ bezeichnet wurde. Heute wird dieser Handlungsbereich als „Kinder- und Jugendhilfe“ bezeichnet.

Zum SGB VIII ist eine Reihe von Kommentaren sehr verschiedenen Umfanges erschienen. Sammelbände geben einen Überblick über die Auswirkungen der Regelungen auf die Jugendhilfepraxis. Einige monographische Darstellungen zu einzelnen Fragestellungen liegen vor. Dieses Einführungsbuch will – von praktischen Fällen ausgehend – in das Rechtsgebiet praxisorientiert einführen.

Großkommentare zum SGB VIII
(mehrbändige Arbeitsmittel für die wissenschaftliche und vertiefte Auseinandersetzung mit einzelnen Fragen des Kinder- und Jugendhilferechts)

K. Hauck/A. Stähr (Hrsg.), SGB VIII, Berlin, Loseblattsammlung: Stand 2021; K.-W. Jans/G. Happe/H. Saurbier/U. Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Loseblattsammlung, Stuttgart: Stand Januar 2020; R. Wabnitz/G. Fieseler/H. Schleicher, Kinder- und Jugendhilferecht, Neuwied Loseblattsammlung: Stand Oktober 2020

Handkommentare
(Werke zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Recht)

P.-C. Kunkel/J. Kepert/A. Pattar (Hrsg.), Sozialgesetzbuch VIII, 6. Aufl., Baden-Baden 2016; E.-W. Luthe/G. Nellissen (Hrsg.), JurisPraxiskommentar SGB VIII, 2. Aufl. Saarbrücken 2018; W. Möller (Hrsg.), Praxiskommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, 2. Aufl., Köln 2017; P. Mrozynski, Kinder- und Jugendhilfegesetz, 5. Aufl., München 2009; J. Münder u. a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl., Baden-Baden 2013; W. Schellhorn u. a. (Hrsg.), SGB VIII/Kinder- und Jugendhilferecht, 5. Aufl., Neuwied 2015; R. Wiesner (Hrsg.), SGB VIII, 5. Aufl., München 2015

Auf zwei Wörterbücher zum Kinder- und Jugendhilferecht soll an dieser Stelle ebenfalls hingewiesen werden:

AGJ (Hrsg.), Kinder- und Jugendhilferecht von A-Z, München 2008; R. Wabnitz (Hrsg.), Handwörterbuch Kinder- und Jugendhilferecht, Baden-Baden 2004; Einen Überblick über das gesamte Themenfeld liefert auch das zuständige Bundesministerium mit einer Veröffentlichung im Internet: BMFSFJ https://www.bmfsfj.de/resource/blob/94106/40b8c4734ba05dad4639ca34908ca367/kinder-und-jugendhilfegesetz-sgb-viii-data.pdf.

2In dem vorliegenden Buch werden historische Bezüge und sozialwissenschaftliche Sichtweisen in die Darstellung nur insoweit einbezogen, wie es zum Verständnis der juristischen Probleme erforderlich ist. Dies geschieht in vollem Respekt vor jenen Zugängen zu den Themen der Kinder- und Jugendhilfe und in dem Wissen, dass ein juristischer Zugriff besonders auf diese Themen notwendigerweise beschränkt ist. Mit ihren geisteswissenschaftlichen Methoden, Sollenssätze von Sollenssätzen abzuleiten, verzichtet die Rechtswissenschaft bewusst auf sozial- und naturwissenschaftliche Formen der Erkenntnis, nämlich Regeln empirisch aus der Wirklichkeit abzuleiten. Insbesondere sozialwissenschaftliche Erkenntnisse aber sind für die jugendhilferechtliche Praxis von eminenter Bedeutung, weite Teile des Jugendhilferechts wären ohne sie unanwendbar. Deshalb werden in diesem Text die Stellen, an denen es entscheidend auf Erkenntnisse ankommt, die außerjuristischer Maßstäbe bedürfen, besonders gekennzeichnet. Falllösungen können so bei einem juristisch eindeutig richtigen Vorgehen tatsächlich mehrere richtige Ergebnisse haben, je nachdem, wie die Wirklichkeit zum Beispiel pädagogisch zutreffend zu beschreiben ist. Die sorgfältige Trennung der unterschiedlichen Zugänge zu einem praktischen Problem eröffnet für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter genauso wie für Juristinnen und Juristen die Möglichkeit, in eigener Kompetenz ihren jeweils notwendigen Beitrag zur Lösung eines Falles und damit letztlich zugunsten junger Menschen zu leisten.

Die ausgewertete Literatur und die zitierten Gesetze befinden sich auf dem Stand vom September 2021.

Dieses Buch ist wesentlich durch meine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin inspiriert. Die Struktur ist von der Struktur der Lehrveranstaltungen zur Einführung in das Kinder- und Jugendhilferecht beeinflusst. Den Studentinnen und Studenten danke ich für vielfältige Hinweise und Nachfragen, die mich zu einer möglichst verständlichen Darstellung der Materie angespornt haben. Besonders danke ich Frau Sarah Becker für die kundige und genaue Unterstützung bei dieser dritten Auflage. Partnerinnen und Partnern in meiner Anwaltssozietät danke ich für einen fortdauernden und intensiven fachlichen Austausch und viele gute Ideen.

A.Die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe

I.Voraussetzungen

3Kinder sind seit jeher auf die Unterstützung von Erwachsenen angewiesen. Diese Hilfe erlangen sie in Familien, auch in Pflegefamilien, oder auch in Institutionen, die früher als „Waisenhäuser“ bekannt waren. Heute bilden Kindertageseinrichtungen neben den Schulen die wichtigste außerfamiliäre Erziehungsinstanz.

3aVoraussetzung dafür, dass es ein Jugendhilferecht geben kann, ist das Bestehen einer Jugend. Dieses ist uns heute selbstverständlich, in Deutschland aber gab es die Jugend als eigenständige Lebensphase vor etwa 1850 nicht. Kinder lernten das für ihr Leben Erforderliche im besten Falle in der Schule und der Lehre, dann begann die Zeit des Erwachsenenlebens. Lediglich eine geringe Zahl ausschließlich männlicher Studenten hatte die Möglichkeit, in einer Weise zu leben, die man heute als jugendtypisch bezeichnen würde: Weitgehende Freiheit von der Kontrolle der Lebensführung durch Erwachsene bei gleichzeitiger ökonomischer Abhängigkeit von diesen.

Mit der Industrialisierung änderten sich auch diese Verhältnisse: Die Anforderungen an die Mobilität und die Ausbildung der Arbeitskräfte nahmen zu, viele Menschen zogen an Orte, an denen sie Arbeit finden konnten, und die Ausbildungsphasen wurden länger. Die Jugend entstand als eigenständige Lebensphase der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland. Seit dem ist die Zeit zwischen dem 15. und dem 20.–30. Lebensjahr der Menschen in Deutschland in besonderem Maße von Freiheit und Schutzlosigkeit gekennzeichnet. Auf beides haben die Erwachsenen vielfältig reagiert: Die Schutzlosigkeit junger Menschen hat diese vielfach zum Opfer von Ausbeutung gemacht, anderseits Zuwendung bewirkt. Ihre Freiheit wurde misstrauisch betrachtet und immer wieder beschränkt. Zugleich war und ist sie so faszinierend, dass sich die Jugendphase gerade nach 1950 immer weiter verlängert hat.

II.Erste Regelungen

4Die ersten rechtlichen Regeln in Deutschland, die auf die neue gesellschaftliche Realität von Jugend reagierten, waren Jugendarbeitsschutzbestimmungen. Mit ihnen sollte verhindert werden, dass junge Menschen – in Sonderheit junge Männer – durch übermäßige Einbeziehung in die Erwerbsarbeit im Kindes- und Jugendalter gesundheitlich Schaden nahmen. Ausdrücklich wurde in der Begründung zu den preußischen Bestimmungen zum Jugendarbeitsschutz darauf verwiesen, dass zu intensive Einbeziehung von männlichen Jugendlichen deren Gesundheit so beeinträchtige, dass sie als Soldaten nur eingeschränkt zu verwenden seien.

Ein weiteres wichtiges Thema der Jugendgesetzgebung war der Schutz junger Menschen vor Einflüssen, die als gefährdend angesehen wurden: sowohl durch Medien wie auch den Aufenthalt an bestimmten Orten.

Mit der Abwehr der Gefährdungen junger Menschen waren vor allem im Bereich der Kirchen und der sozialistischen Arbeiterbewegung Bestrebungen entstanden, die einerseits die jungen Menschen in ihrer Entwicklung fördern und andererseits „verwahrloste“ Jugendliche außerhalb des Elternhauses erziehen wollten. Schließlich entwickelten sich etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts eigene Zusammenschlüsse junger Menschen, die heute als Formen der Selbstorganisation bezeichnet würden. Solche Formen hatte es zuvor praktisch nur in studentischen Zusammenhängen gegeben. Nun entstanden auch im kommunalen und staatlichen Bereich immer mehr Bestrebungen, das Handeln zur Förderung und Kontrolle junger Menschen zusammenzufassen. Es entwickelten sich erste Jugendämter. In ihnen wirkten Menschen mit unterschiedlichen praktischen Erfahrungen mit Jugendlichen zusammen; eine eigene Berufsausbildung für diese Arbeit fehlte noch völlig. Mit der Schaffung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (RJWG) wurde 1922 das erste Mal deutschlandweit ein einheitlicher organisatorischer Rahmen für diese Aktivitäten vorgegeben; öffentliche und nicht-staatliche gesellschaftliche Gruppen sollten in planvollem Zusammenwirken die Bedingungen des Aufwachsens junger Menschen verbessern („Jugendpflege“). Zugleich sollten die Eltern in ihrem Erziehungshandeln und die jungen Menschen in weiten Bereichen ihres Verhaltens überwachen und bei konkreten Gefährdungen einschreiten („Jugendfürsorge“). Über diese Aufgaben der neuen öffentlichen Stellen, der bei den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelten Jugendämtern, bestand gesellschaftlich weitgehend Einigkeit, entsprechend waren die Schwerpunkte in dem RJWG auf die organisatorischen Fragen gelegt. Wichtige Aufgaben, die die neuen Jugendämter erfüllen sollten, kosteten ungewohnt viel Geld. Im Rahmen der Krise der öffentlichen Haushalte wurden sie deshalb vielfach gar nicht oder nur notdürftig erledigt. Insbesondere die Aufgaben im Bereich der Förderung der Jugend („Jugendpflege“) wurden nicht selten vernachlässigt. Diese Vernachlässigung nahm zu, nachdem in der Verordnung über das Inkrafttreten des RJWG vom 14.2.1924 ein wesentlicher Teil dieser Tätigkeiten als „freiwillige Aufgaben“ gekennzeichnet und aus dem Bereich der zwingenden rechtlichen Verpflichtungen herausgenommen wurden. Diese Wertung, die seit langem jeden juristischen Bezug verloren hat, wirkt mit der häufig unterschiedlichen Behandlung der Jugendförderung und der Hilfen zur Erziehung in den kommunalen Haushalten bedauerlicherweise fort. Ansprüche junger Menschen oder ihrer Personensorgeberechtigten waren im RJWG praktisch nicht vorgesehen. Das Gesetz war aber Grundlage der öffentlichen oder in öffentlicher Verantwortung organisierten Erziehung junger Menschen unter Bedingungen des Freiheitsentzuges, die als eine Form der „Fürsorgeerziehung“ oder der „freiwilligen Erziehungshilfe“ bezeichnet wurde.

Weiterführende Literatur:

C. Hasenclever, Jugendhilfe und Jugendgesetzgebung seit 1900, Göttingen 1978; J. Münder, Das Jugendwohlfahrtsgesetz von 1922 – „In Kraft getreten“ – 1952, RdJB 1990, S. 43

B.Die Entwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts zum Sozialleistungsrecht

I.Verfassungsrechtliche Grundlagen in der Bundesrepublik

5In der NS-Zeit wurde der staatliche Einfluss auch auf die außerschulische Erziehung der Jugend wesentlich verstärkt und den verbrecherischen Zielen der Nationalsozialisten nutzbar gemacht. Diese Erfahrung hat die Bestimmungen des Grundgesetzes von 1949 für die westlichen Bundesländer im Bereich der Erziehung wesentlich geprägt: Sichergestellt werden sollte eine tendenziell staatsferne Erziehung in elterlicher Verantwortung; der Staat wurde auf ein „Wächteramt“ beschränkt (Art. 6 GG). Die Jugendhilfe bekam keine eigene Rolle in der westdeutschen Verfassung; als „Jugendfürsorge“ war sie Teil des staatlichen Wächteramtes, als „Jugendpflege“ war sie Teil des sozialstaatlichen Handelns nach Art. 20 GG. Kinder und Jugendliche waren als Subjekte, die zu eigenständigem Handeln befähigt und berufen sind, nicht im Blick.

Zugleich war jedoch mit dem Sozialstaatsgebot in Art. 20 GG in dessen Umsetzung in einfaches Recht eine Perspektive entstanden, in der das sozialstaatliche Handeln immer weniger den Charakter von ungeschuldeter Zuwendung hatte und immer mehr zu einer selbstverständlichen staatlichen Grundfunktion wurde. Dieses betraf und betrifft zunächst vor allem diejenigen Sozialleistungen, die beinahe jedermann in Anspruch nimmt (Krankenversicherungsleistungen) oder in Anspruch zu nehmen hofft (Altersrente).

Jugendhilferecht war verfassungsrechtlich gesehen allerdings zunächst eigentlich nur unter der Fragestellung der Eingriffsrechte interessant: Waren die Ermächtigungen des fortgeltenden RJWG bzw. des nur unwesentlich modernisierten Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) stark genug, um die staatlichen Eingriffe in die Elternrechte auch unter der Geltung der Freiheitsordnung des Grundgesetzes zu tragen? Bemerkenswerterweise wurde diese Frage bezogen auf die Freiheitsrechte der Kinder und Jugendlichen kaum gestellt. Wurden diese „geschlossen“ untergebracht, schien dies nur wenigen grundrechtsrelevant. Erste Anfänge einer gesellschaftlichen Bewusstseinsänderung entwickelten sich hierzu erst seit Beginn der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

II.In der DDR

6In der DDR wurden die Traditionen der „Jugendfürsorge“ im Wesentlichen bis 1989 fortgesetzt. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit deren pädagogisch problematischen Implikationen ist es dabei kaum gekommen. Die Tätigkeiten im Bereich der „Jugendpflege“ wurden in anderer Form und in Orientierung auf die Ziele der staatssozialistischen Gesellschaftsordnung im Wesentlichen von den staatlichen Jugendorganisationen übernommen. Mit den Jugendgesetzen der DDR, zuletzt mit dem Jugendgesetz von 1974, wurde die Erziehung zu dem Sozialismus treu ergebenen Staatsbürgern als Erziehungsziel formuliert, den jungen Menschen vor allem Pflichten zugewiesen und Strukturen zu ihrer Erziehung beschrieben.

III.Die Entstehung des SGB

7Der Gedanke, dass die sozialstaatliche Tätigkeit eine staatliche Grundfunktion der Bundesrepublik ist, verfestigte sich im öffentlichen Bewusstsein in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. So war es folgerichtig, dass der Versuch unternommen wurde, alle sozialrechtlichen Regelungen des Bundes in einer großen, einheitlichen Kodifizierung, dem Sozialgesetzbuch (SGB), zusammenzufassen. Mit dem SGB, gewissermaßen dem Gegenstück zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), sollten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten, ihre Rechte besser erkennen zu können. Deshalb gibt das erste Buch des SGB (SGB I) einen Überblick über die folgenden speziellen Bücher und formuliert allgemeine Regeln. Im zehnten Buch (SGB X) wurden die allgemeinen Verfahrensregeln für alle Bücher des SGB formuliert. Die Einfügung der einzelnen Regelungen in das große Projekt des SGB sollte beinahe dreißig Jahre in Anspruch nehmen. Zunächst galten z. B. das Arbeitsförderungsgesetz, die Reichsversicherungsordnung oder auch das Jugendwohlfahrtsgesetz als spezielle Bücher des SGB, ohne dass dies in deren Namen erkennbar wurde. In dem SGB werden also alle materiellen Vorschriften des Sozialrechts zusammengefasst. Zugleich besteht für alle diese Rechtsgebiete ein einheitliches Verfahrensrecht, das SGB X, welches die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder verdrängt. Das Prozessrecht hingegen ist nicht einheitlich geregelt. Ganz überwiegend entscheiden über Streitigkeiten aus dem SGB die Sozialgerichte nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG). Für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe hingegen sind die Verwaltungsgerichte zuständig, die nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verfahren.

Nach der Jahrtausendwende hat es in der Gesetzesentwicklung im SGB zum einen den Versuch gegeben die Perspektive „Hilfe wie aus einer Hand“ zu ermöglichen und zum anderen in Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen gleichberechtigte Leistungszugänge und Teilhabechancen für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen. Diese Regelungsimpulse sind mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom 3.6.2021 auch für das SGB VIII wirksam geworden.

Weiterführende Literatur:

B. Lütje-Klose, Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe, München 2013; A. Welke, Die Kinder- und Jugendhilfe wird inklusiv, Rechtsdienst der Lebenshilfe, 2021, S. 53

IV.Die Eingliederung des KJHG

8Etwa seit Beginn der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde zunehmend intensiv über eine Reform des JWG diskutiert. Ziel dieser Reform war es, ein Jugendhilfeorganisationsgesetz durch ein Sozialleistungsgesetz für das Gebiet der Jugendhilfe zu ersetzen. Diese Diskussion kam erst 1989 mit dem Beschluss eines Kinder- und Jugendhilfegesetzes zum Abschluss. Mit dem Artikel I dieses Gesetzes wurde in das SGB ein achtes Buch (SGB VIII) mit 132 Paragraphen eingefügt. Außerdem wurden in weiteren 23 kurzen Artikeln Übergangs- und Anpassungsregelungen getroffen. In der Fachöffentlichkeit war umstritten, ob die formale Einbeziehung der jugendhilferechtlichen Bestimmungen in das SGB sachgerecht sei. Diese Diskussion wirkte lange bei der Bezeichnung des Gesetzes fort: Vor allem Kritiker der Einbeziehung nannten den ersten Artikel des KJHG verkürzend „KJHG“ statt „SGB VIII“. Dieses hat sich bis heute – allerdings der kritischen Wertung weitgehend entkleidet – im Sprachgebrauch insbesondere der nichtjuristischen Fachöffentlichkeit vielfach gehalten. Im Folgenden wird – in juristisch korrekter Weise – von dem ersten Artikel des KJHG als SGB VIII gesprochen.

Weiterführende Literatur:

L. Böhnisch/J. Müller-Stackebrand/W. Schefold, Jugendpolitik im Sozialstaat, München 1980; C. Hasenclever, Jugendhilfe und Jugendgesetzgebung seit 1900, Göttingen 1978; J. Hoffmann, Jugendhilfe in der DDR, München 1981; K.-W. Jans/G. Happe/H. Saurbier, Jugendwohlfahrtsgesetz, Köln, Loseblattsammlung Stand: August 1988; J. Münder, Der Referentenentwurf 1988 für ein Jugendhilfegesetz, np 1988, S. 1; M. Rothe, Die Jugendhilferechtsreform und ihre pädagogischen Intentionen, Heidelberg 1975; R. Wiesner, Der mühsame Weg zu einem neuen Jugendhilfegesetz, RdJB 1990, S. 112; R. Wiesner/W. Zarbock (Hrsg.), Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Köln 1991; H. Zacher, Das Vorhaben Sozialgesetzbuch, Percha, 1973; J. Krah, Das Haager Kinderschutzübereinkommen, Frankfurt a. M. 2004

C.Gliederung des Gesetzes

9Das SGB VIII gliedert sich in folgende Kapitel:

 1.  Allgemeine Vorschriften (§§ 1–10a SGB VIII),

 2.  Leistungen der Jugendhilfe (§§ 11–41a SGB VIII),

 3.  Andere Aufgaben der Jugendhilfe (§§ 42–60 SGB VIII),

 4.  Schutz von Sozialdaten (§§ 61–68 SGB VIII),

 5.  Träger der Jugendhilfe, Zusammenarbeit, Gesamtverantwortung (§§ 69–81 SGB VIII),

 6.  Zentrale Aufgaben (§§ 82–84 SGB VIII),

 7.  Zuständigkeit, Kostenerstattung (§§ 85–89h SGB VIII),

 8.  Kostenbeteiligung (§§ 90–97c SGB VIII),

 9.  Kinder- und Jugendhilfestatistik (§§ 98–103 SGB VIII),

10.  Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 104–105 SGB VIII) und

11.  Übergangs- und Schlussvorschriften (§ 106 SGB VIII).

Die Kenntnis dieser Gliederung ist von wesentlicher praktischer Bedeutung:

Zum einen hilft sie bei dem Finden der richtigen Norm. Im praktischen Umgang mit dem Recht ist es nur für wenige Menschen möglich, sich zu allen für ihren Arbeitsbereich relevanten Normen den mit einer Zahl bezeichneten Fundort, den Paragraphen, zu merken. Die große Mehrheit der Rechtsanwender muss sich mit etwas summarischen Einblicken behelfen. Hier nützen Kenntnisse der Gliederung des Gesetzes: Eine Norm zum Datenschutz wird man nicht bei den Vorschriften zu den Hilfen zur Erziehung suchen, und zur Frage der Zuständigkeit wird man kaum etwas bei den Strafvorschriften finden.

Zum anderen gibt die Gliederung häufig entscheidende Anhaltspunkte für die Auslegung einer Norm. Juristische Regeln sind nicht selten in unterschiedlicher Weise zu verstehen. Darin wird deutlich, dass der Umgang mit dem Recht immer auch etwas mit Interessen zu tun hat. Um der Diskussion um die Bedeutung einer Norm oder auch nur eines Wortes eine Struktur zu geben, gibt es Auslegungsregeln und -methoden. Ein wichtiges Verfahren, die systematische Auslegungsmethode, geht von der Stellung einer Norm im Gesetz und dem Zusammenhang aus, in dem ein auszulegendes Wort verwendet wird. Hier hat die Gliederung eines Gesetzes über die Erleichterung des Auffindens hinaus eine erhebliche Bedeutung für dessen Verständnis.