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ROMAIN ROLLAND

 

LUDWIG VAN BEETHOVEN

 

BIOGRAPHIE

 

LUDWIG VAN BEETHOVEN wurde zuerst veröffentlicht von Rascher & Cie., Zürich 1918. Das französische Original »Vie de Beethoven«
erschien zum ersten Mal im Januar 1903 in den »Cahiers de la quinzaine«.

 

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von: apebook

© apebook Verlag, Essen (Germany)

 

www.apebook.de

 

1. Auflage 2020

 

 

 

 

 

Anmerkungen zur Transkription: Der Text der vorliegenden Ausgabe folgt der Übersetzung von Lisbeth Langnese-Hug (Rascher & Cie Verlag). Zeichensetzung und Rechtschreibung der Erstübertragung wurden weitestgehend heutiger Schreibweise angepasst.

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

ISBN 978-3-96130-208-6

 

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

 

Alle verwendeten Bilder und Illustrationen sind – sofern nicht anders ausgewiesen – nach bestem Wissen und Gewissen frei von Rechten Dritter, bearbeitet von SKRIPTART.

 

Alle Rechte vorbehalten.

© apebook 2020

 

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

LUDWIG VAN BEETHOVEN

Impressum

Geleitwort

Vorwort

Das Leben Beethovens

Das Heiligenstädter Testament

Briefe

Aus Beethovens Gedanken

Über Musik

Über die Kritik

Bibliographisches

I. Beethovens Briefe

II. Beethovens Leben

III. Beethovens Werke

IV. Beethovens Bildnisse

Anmerkungen

Eine kleine Bitte

A p e B o o k C l a s s i c s

N e w s l e t t e r

F l a t r a t e

F o l l o w

A p e C l u b

L i n k s

Zu guter Letzt

Geleitwort

Wir bringen den vollständigen Text der Vorrede zur ersten Auflage von »Beethoven«, mit allen Anspielungen auf die zeitlichen Ereignisse jener Epoche. Es schien uns notwendig, den historischen Charakter des Werkes zu wahren, das aus einer gequälten Zeit heraus geboren wurde, in der sich die erste Morgenröte des heroischen Idealismus, in dessen Flammen heute die Welt brennt, über dem niederdrückendsten Materialismus erhob.

 

Im November 1917.

 


Vorwort

Ich will beweisen, dass, welcher gut und edel handelt, auch dafür Misshandlungen ertragen kann.

Beethoven an den Magistrat von Wien,
1. Febr. 1819.

Dumpf ist die Luft um uns. Unter einer schweren Glocke verdorbener Dünste liegt erschlafft das alte Europa. Ein Materialismus ohne Größe lastet auf dem Denken, hemmt die Tatkraft der Regierungen und der einzelnen Individuen. Die ganze Welt geht an einem weisen und niederträchtigen Egoismus zugrunde; er wird sie ersticken. – Öffnet die Fenster, frische Luft ströme herein, uns umwehe der Atem von Helden, wie der Wind von den Bergen!

Das Leben ist hart. Es ist ein täglicher Kampf für sie, die sich nicht seelischer Mittelmäßigkeit hingeben wollen. Ein trauriger Kampf ist es meist, der ohne Größe, ohne Glück, in Einsamkeit und Schweigen ausgefochten wird. Armut drückt sie, bittere häusliche Sorgen, aufreibendes törichtes Tagewerk, das unnütz Kräfte verschlingt: ohne Hoffnung, ohne einen Schimmer von Freude sind die einen getrennt von den andern, ohne den einzigen Trost, den Brüdern im Unglück die Hand reichen zu können, den Brüdern, die sich nicht kennen untereinander. Ganz allein auf sich sind sie gestellt. Da kommen die Stunden, in denen die Stärksten zusammenbrechen unter dem Schmerz. Sie schreien um Hilfe, sie rufen nach einem Freund!

Jenen zu helfen, schließe ich den Kreis der Helden, der Freunde um sie, der großen Seelen, die für das Gute gelitten haben. Nicht an den Hochmut der Ehrgeizigen wendet sich meine Schrift; sie ist ihnen gewidmet, die unglücklich sind. Und wer ist denn nicht unglücklich? So lasst uns den Leidenden den Balsam der geheiligten Leiden darbringen.

Wir stehen nicht allein im Kampf: die Nacht, die über der Welt liegt, erhellt göttliches Licht. Jetzt, heute, mitten unter uns sahen wir reinstes Licht aufgehen, es leuchtete die Flamme der Gerechtigkeit, der Freiheit: Oberst Picquart, das Volk der Buren. Ist es ihnen auch nicht gelungen, die dichte Finsternis zu verdrängen, so haben sie uns doch in einem Blitz unseren künftigen Weg gezeigt. Folgen wir ihnen, folgen wir all denen, die kämpfen wie sie, einsam, zerstreut über alle Länder, durch alle Jahrhunderte. Es fallen alle Schranken der Zeit, das Volk der Helden erstehe!

Nicht sie nenne ich Helden, die durch den Gedanken oder die Kraft gesiegt haben; sie, ganz allein sie sind es, die kraft ihres Herzens groß waren. Wie einer der Größten unter ihnen gesagt hat, er, dessen Leben ich hier erzähle: »Ich kenne keine andern Vorzüge des Menschen als diejenigen, welche ihn zu den besseren Menschen zählen machen.« Wo der Charakter nicht groß ist, kann es der Mensch, kann es der Künstler nicht sein, auch nicht der Mann der Tat. Da erstehen wohl hohle Götzenbilder für die niedrige Menge, aber sie alle zusammen zerstört die Zeit. Was liegt am Erfolg. Groß müssen wir sein, nicht es scheinen.

Das Leben derer, deren Geschichte wir zu schreiben versuchen, war fast immer ein langes Martyrium. Sei es, dass ein tragisches Geschick ihre Seele schmiedete auf dem Amboss von leiblichem, seelischem Schmerz, von Unglück und Krankheit; sei es, dass ihr Leben verwüstet wurde, ihr Herz zerrissen vom Anblick der Leiden, der namenlosen Schmach, die ihre Brüder folterten. Gewiss ist, sie haben das tägliche Brot der Prüfung gegessen, und wenn sie groß geworden sind durch Willenskraft, so sind sie es nicht minder durch Unglück. O, dass sie nicht allzu sehr klagen, sie, die unglücklich sind: der Menschheit Auserwählte sind unter ihnen. Ihre Tapferkeit ströme auf uns über, in unsere Herzen; wenn wir schwach werden, soll unser Kopf einen Augenblick auf ihren Knien ruhen. Sie werden uns trösten. Ein Strom reiner Kraft und allmächtiger Güte fließt aus den Seelen dieser Geweihten. Nicht ihre Werke brauchen wir zu befragen, nicht ihre Stimme zu hören, wir lesen es in ihren Augen, in der Geschichte ihres Lebens, dass das Leben nie größer, nie fruchtbarer – und niemals glücklicher ist – als im Schmerz.

Der Anführer dieser Legion der Helden sei Beethoven, der Starke, Reine. Er selbst wünschte mitten in seinen Leiden, sein Beispiel möchte den übrigen Leidenden ein Halt werden; der Unglückliche möge sich trösten, da er in Beethoven den Starken findet, der, trotz aller Hindernisse der Natur, alles getan hat, was in seiner Macht stand, »um in die Reihe würdiger Künstler und Menschen aufgenommen zu werden.«

Nach Jahren des Kampfes und der übermenschlichen Anspannung aller Kräfte dahin gelangt, sein Schicksal zu überwinden und seine Aufgabe zu vollenden, die, wie er sagte, darin bestand, der armen Menschheit ein wenig Mut einzuflößen, rief dieser siegreiche Prometheus einem Freunde zu, der zu Gott flehte: »O Mensch, hilf dir selbst!«

Möge unsere Seele sich begeistern an seinem stolzen Wort! Sein Beispiel belebe in uns aufs Neue den Glauben des Menschen an das Leben, an den Menschen!

Januar 1903.
Romain Rolland.

Das Leben Beethovens

Wohltun, wo man kann, Freiheit über alles lieben, Wahrheit nie, auch sogar am Throne nicht verleugnen.

Beethoven. (Albumblatt 1792.)

Beethoven war klein und untersetzt. Stärke sprach aus dem ganzen Bau seines Körpers. Das Gesicht war breit, ziegelrot, erst gegen sein Lebensende wurde die Gesichtsfarbe kränklich gelb, besonders im Winter, wenn er ans Zimmer gebannt war, nicht mehr im Freien sich erging. Die Stirn war mächtig und zeigte seltsame Höcker. Tiefschwarzes, außerordentlich dichtes Haar, durch das scheinbar kein Kamm je einen Weg sich gebahnt hatte, sträubte sich nach allen Seiten, wie »Schlangen um das Gorgonenhaupt«.1 Das Leuchten der Augen war so außergewöhnlich, dass alle, die ihn sahen, davon ergriffen waren. Die meisten täuschten sich in ihrer Farbe. Da diese Augen von düsterem Glanz in einem dunklen, tragischen Antlitz strahlten, sah man sie gewöhnlich schwarz, sie waren indessen graublau.2 Klein und sehr tiefliegend, öffneten sie sich plötzlich weit in der Leidenschaft, im Zorn, rollten wild und spiegelten alle Gedanken mit wunderbarer Wahrheit.3 Häufig suchten sie mit traurigem Blick den Himmel. Die Nase war kurz und eckig, breit, der eines Löwen nicht unähnlich, der Mund zart, aber die Unterlippe schob sich über die obere vor. Die mächtigen Kinnbacken hätten Nüsse zermalmen können. Ein tiefes Grübchen im Kinn, rechtsseitig, gab dem Antlitz eine seltsame Asymmetrie. Sein Lächeln sei gütig gewesen und Beethoven selbst im Gespräch häufig liebenswürdig und ermutigend, sagt Moscheles. Aber sein Lachen sei unangenehm, heftig und wie eine Grimasse, übrigens stets kurz, gewesen. Es war das Lachen eines Menschen, dem die Freude ungewohnt ist. Sein gewöhnlicher Ausdruck war Melancholie, »unheilbare Trauer«. Rellstab sagte im Jahr 1825, dass er seine ganze Kraft aufbieten müsse, um nicht zu weinen beim Anblick dieser sanften Augen und ihrem Ausdruck von Schmerz. Braun von Braunthal trifft ihn etwas später in einer Brauerei: er sitzt in einer Ecke, eine lange Pfeife rauchend, seine Augen sind geschlossen, wie es mehr und mehr seine Gewohnheit ist, je näher der Tod kommt. Ein Freund richtet das Wort an ihn. Er lächelt traurig, zieht aus seiner Tasche ein kleines Notizbuch, dessen er sich bei der Unterhaltung bedient, und mit der kreischenden Stimme, die den Tauben oft eigen ist, bittet er ihn aufzuschreiben, was man ihn fragen will. Sein Gesicht veränderte sich indessen in den Augenblicken der plötzlichen Inspiration, die ihn unvorhergesehen, sogar auf der Straße überfielen, mitten unter den Vorübergehenden, die ihn anstarrten. Wenn er phantasierend am Klavier saß, schwollen die Muskeln in seinem Gesicht an, die Adern traten hervor, die ohnehin wilden Augen rollten noch einmal so heftig, der Mund zuckte und Beethoven hatte das Aussehen eines Zauberers, der sich von Geistern überwältigt fühlt, die er selbst beschwor. Er glich einer Gestalt Shakespeares4, Julius Benedict sagte: »König Lear«.

Ludwig van Beethoven wurde am 16. Dezember 1770 in Bonn am Rhein in der elenden Mansarde eines armseligen Hauses geboren. Er war flämischen Stammes.5 Sein Vater war ein unintelligenter, ewig sich betrinkender Tenor. Seine Mutter gehörte dem Dienstbotenstande an: Tochter eines Kochs, war sie aus erster Ehe die Witwe eines Kammerdieners.

Beethovens schwerer Kindheit fehlte der sanfte Familiengeist, der Mozart, den Glücklichen, umgab. Von Anbeginn zeigte sich Beethoven das Leben als ein trauriger und brutaler Kampf. Sein Vater wollte des Kindes musikalische Anlagen ausbeuten, es als Wunderkind ausstellen. Mit vier Jahren hielt er den Kleinen für Stunden am Klavier fest, sperrte ihn mit der Violine ein und erdrückte ihn beinahe mit Musik. Wenig fehlte, so wäre ihm die Kunst für immer zum Ekel geworden. Der Vater musste Gewalt anwenden, damit das Kind sein musikalisches Pensum lernte. Seine Jugend war getrübt durch materielle Sorgen, durch Fragen des Brotverdienstes, durch Aufgaben, für die sein Geist noch nicht reif war. Mit elf Jahren war er Mitglied des Theaterorchesters, mit dreizehn Organist. Im Jahr 1778 verlor er seine Mutter, die er anbetete. »Sie war mir eine so gute, liebenswürdige Mutter, meine beste Freundin. Wer war glücklicher als ich, da ich noch den süßen Namen Mutter aussprechen konnte, und er wurde gehört«.6

Sie war an Schwindsucht gestorben, und Beethoven glaubte die Krankheit in sich selbst zu fühlen, litt er doch damals schon unaufhörlich an mancherlei Beschwerden. Zu körperlichen Übeln gesellte sich eine Melancholie, schlimmer als alle Schmerzen.7 Mit 17 Jahren war er das Familienoberhaupt, auf ihm lag die Verantwortung für die Erziehung seiner beiden Brüder. Ihn traf die Schande, auf den Rücktritt seines Vaters dringen zu müssen, der als unverbesserlicher Gewohnheitstrinker nicht imstande war, der Familie vorzustehen; dem Sohne wurde des Vaters Pension eingehändigt, damit dieser sie nicht verschwenden konnte. Die Trostlosigkeit dieser Verhältnisse drückte sich tief in seine Seele.

Er fand indessen liebevollen Beistand im Kreise der Familie von Breuning in Bonn, die ihm für immer teuer blieb. Das anmutige »Lorchen«, Eleonore von Breuning, war zwei Jahre jünger als er. Er war ihr Musiklehrer und sie führte ihn in die Poesie ein. Sie war die Gefährtin seiner Kindheit, möglich, dass selbst ein zarteres Gefühl zwischen ihnen bestand. Eleonore heiratete später den Doktor Wegeler, einen der besten Freunde Beethovens. Bis zu dessen Lebensende hat die ruhige Freundschaft zwischen den dreien nicht aufgehört, das bezeugen die würdigen und zärtlichen Briefe Wegelers und Eleonorens und die des »alten treuen Freundes« an den »guten lieben Wegeler«. Das Alter vermochte in keinem von ihnen die jung gebliebene Wärme des Herzens zu ersticken.8

So trostlos Beethovens Kindheit war, so hat er ihr und den Plätzen, wo sie sich abspielte, doch ein zärtliches Andenken bewahrt. Später, als er gezwungen war, Bonn zu verlassen und nahezu sein ganzes Leben in Wien zu verbringen, in der frivolen großen Stadt, in ihren traurigen Vorstädten, hat er nie die Rheinlande vergessen können, nie den mächtigen väterlichen Strom, »unsern Vater Rhein«, wie er ihn nennt. In der Tat ist dieser Strom so lebendig, so beinahe menschlich, dass er der Seele eines Titanen gleicht, in der Gedanken und unübersehbare Kräfte auf- und abwogen. Und nirgends ist er schöner, nirgends mächtiger und zugleich nirgends sanfter als bei Bonn, der Köstlichen, deren beschattete, blütenbedeckte Hänge er mit heftiger Zärtlichkeit liebkost. Hier hat Beethoven seine ersten zwanzig Jahre verlebt, hier stiegen im Herzen des Jünglings die Träume auf – hier, in den Wiesen, die so sehnsüchtig im Wasser zu schwimmen scheinen, auf denen Pappeln stehen, um die Nebel weben, bei den Sträuchern, den Weiden und den Fruchtbäumen, die ihre Wurzeln in den schweigenden, rasch fließenden Strom senken – hier, in den Dörfern, die sich mit ihren Kirchen und Kirchhöfen neugierig-lässig über das Ufer lehnen. Am Horizont zeichnet sich das düstere Profil des blauen Siebengebirges ab, gekrönt von den kahlen bizarren Silhouetten der zerfallenen Burgen. Diesem Land blieb Beethovens Herz für alle Ewigkeiten treu. Bis zum letzten Augenblick träumte er von einem Wiedersehen, ohne dass es je dazu gekommen wäre. »Mein Vaterland, die schöne Gegend, in der ich das Licht der Welt erblickte, ist mir noch immer so schön und so deutlich vor meinen Augen, als da ich euch verließ«.9

Im November 1792 ließ sich Beethoven in Wien nieder, der musikalischen Hauptstadt des damaligen Deutschland.10 Die Revolution war ausgebrochen, sie begann Europa zu überfluten. Beethoven verließ Bonn im Augenblick, wo der Krieg hereinbrach. Auf dem Wege nach Wien kreuzte er die hessischen Armeen, die gegen Frankreich marschierten. 1796 und 1797 setzte er zwei Kriegsgedichte Friedbergs in Musik: das eine »der Abschiedsgesang an Wiens Bürger«, das andere, der patriotische Chor »Ein großes deutsches Volk sind wir.« Aber vergebens versuchte er, die Feinde der Revolution zu besingen: die Revolution eroberte die Welt und Beethoven. Trotz der Spannung zwischen Österreich und Frankreich knüpft Beethoven ums Jahr 1798 enge Beziehungen mit den Franzosen, mit ihrer Gesandtschaft an, mit dem General Bernadotte, der eben in Wien angekommen war. Aus diesen Beziehungen, den durch sie gepflegten Unterhaltungen, gehen die sich bildenden republikanischen Gefühle Beethovens hervor, die im Laufe seines Lebens zu mächtiger Entwicklung gelangt sind.

Eine Zeichnung, die Stainhauser um jene Zeit von ihm machte, umreißt ziemlich scharf das, was er damals war. Im Vergleich zu den späteren Beethoven-Bildern ist es ungefähr das, was Guérins Bild von Bonaparte mit den scharfen, vom Fieber des Ehrgeizes gezeichneten Zügen, im Vergleich zu den späteren Napoleon-Bildern bedeutet. Auf jener Zeichnung scheint Beethoven jünger als er damals war, mager, aufrecht, steif in seiner hohen Krawatte steckend, mit misstrauischem, gespanntem Blick.

Er weiß, was er wert ist, er glaubt an die ihm innewohnenden Kräfte. 1796 schreibt er in sein Notizbuch: »Mut, auch bei allen Schwächen des Körpers soll doch mein Geist herrschen. Fünfundzwanzig Jahre, sie sind da, dieses Jahr muss den völligen Mann entscheiden«.11 – Und weiter: »Dann soll meine Kunst sich nur zum Besten der Armen zeigen«.