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Christian Mähr

CARBON

ROMAN

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1. Auflage 2020

Lektorat: Johann Auer

Inhalt

Prolog

Zimt, Scheiße

Die Drohung

Pflanze und Gespenst

Flora und Fauna

Der Verrat

Es wird demonstriert und gefilmt

Die Honigmann’sche Natronlok

Vorbereitungen

Begegnung mit Zwergen, einem Toten und einem Gott

Gegenfeuer und Feuer

Jagd

Die Vollendung des Äons

Prolog

„Ich bin die Weisheit der Griechen und die Gnosis der Barbaren … ich bin die, die überall gehasst wurde, und die, die überall geliebt wurde. Ich bin die, die man ‚das Leben‘ nennt, und doch habt ihr mich den ‚Tod‘ genannt. Ich bin die, die man ‚das Gesetz‘ nennt, und doch habt ihr mich ‚die Ungesetzlichkeit‘ genannt … ich bin der Verstand der Verständigen und die Ruhe des Schlafenden. Ich bin die Erkenntnis, zu der das Fragen nach mir führt, das Finden für die, die nach mir suchen, und der Befehl für die, die mich bitten.“

Die Geschichte fängt hier an. Genau hier.

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Als Oskar Klein seine Honorarforderung genannt hatte, war am anderen Ende der Leitung zunächst Schweigen ausgebrochen. So war das häufig. Viele Möchtegern-Auftraggeber versicherten dann nach einer Schreckenspause, es sich „noch einmal überlegen“ zu wollen, und das war’s dann. Sie hatten sich von der Aussicht auf Vergeltung blenden lassen. Alle wissen, dass Rache süß ist, aber was sie kostet, davon redet keiner; nicht einmal, wenn die Beweise erbracht sind, die Scheidung über die Bühne ist und die Gemüter sich abgekühlt haben. Weil es einfach peinlich ist, so viel Geld auszugeben.

Hier war es nicht so. Peter Hartmann wollte es sich nicht noch einmal überlegen. Er sagte nur „einverstanden“.

Oskar Klein war verblüfft.

„Dann sollten wir uns treffen“, erklärte er schnell am Telefon, bevor es sich sein Gegenüber anders überlegte. Sie vereinbarten einen Termin.

Peter Hartmann erschien pünktlich mit den verlangten Unterlagen. Er sah aus wie alle Männer mit diesem Problem. Oskar Klein hatte gelernt, „die Zeichen zu deuten“, wie er das selber nannte, hätte solche Zeichen aber nicht auf Verlangen benennen können. Es lag nicht an Statur, Haarfarbe oder Gesichtsform, auch nicht an Titel, Stellung oder Einkommen. All das streute über ein breites Spektrum. Dennoch hatten diese Männer alle etwas gemeinsam, davon war Oskar Klein überzeugt, eine Art Aura von Verfall umgab sie. Nein, nicht Verfall, das wäre zu stark. Verstaubtheit, so etwa. Sie hatten alle etwas von Gegenständen, die jemand verloren, eine Zeit lang vermisst und endlich vergessen hatte – bis sie durch einen Zufall wieder auftauchten, wenn längst ein neueres Modell ihre Aufgaben übernommen hatte. Wem sie wieder in die Hände fallen, der schmeißt sie weg, ist ein wenig verlegen und weiß nicht, warum.

Peter Hartmann war mittelgroß und unauffällig. Das Gesicht leidlich angenehm wie ein Gesicht aus dem Autobus; eines der Gesichter, die einander auf dem Lande grüßen, ohne sich zu kennen. Das blonde Haar wich über der Stirn zurück.

„Das ist sie“, sagte er und deutete auf die Fotografie einer jüngeren Frau, jünger als er selber. Deutlich jünger. „Von ihm hab ich keins.“

„Das macht nichts, ist schon gut so.“ Das Foto maß zwanzig mal dreißig, ein professionelles Porträt. Es sollte gerahmt an der Wand hängen.

„Fällt es ihr nicht auf, wenn das Bild fehlt?“

„Sie ist doch nicht da, hab ich das nicht erwähnt?“

„Nein, haben Sie nicht.“

Sie klärten das. Die Dame war seit ein paar Tagen weg. Nicht nach Südamerika oder so, sondern einfach nur nach Lech. Mit ihm.

„Hat sie das gesagt?“

„Lech, hat sie gesagt. Dass er dabei ist, vermute ich.“

„Aber die Saison ist doch vorbei …“

„Er hat eine Wohnung dort. Und ich glaube nicht, dass die Ski fahren wollen …“

Oskar Kleins Miene blieb unbewegt. Er musste sich dazu nicht anstrengen. Er fand die selbstironischen Witze seiner Klienten nicht lustig, und sie schätzten ihn dafür, denn sie machten diese Witze nicht freiwillig. Es war nur der Hang zur Selbstvernichtung, der in solchen Situationen zum Vorschein kam – eben der Hang, der sie überhaupt vor seinen Schreibtisch gebracht hatte.

„Es wird wahrscheinlich nicht sehr teuer“, sagte Oskar Klein, als er die Unterlagen überflogen hatte.

Oskar Klein nahm den Auftrag an.

Erledigt hatte er ihn eine Woche später. Ein Kinderspiel. Scharfe Fotos. Schmusereien im Auto und so weiter, ein vollzogener GV in freier Natur. Romantisch.

Peter Hartmann wohnte vor der Stadt, recht abgelegen. Das Siedlungshaus eines Einzelgängers. Das Zusammenleben mit diesem Hartmann war wahrscheinlich nicht ganz leicht gewesen. Aber das ging Oskar Klein nichts an, er sorgte nur für das Technische, für die Beweise.

Auf sein Läuten kam niemand. Er ging nach hinten in den Garten. Solche Häuser hatten immer einen Riesengarten, den ihre Besitzer voll und ganz beanspruchten. Keiner von beiden sollte eigentlich Zeit haben, fremdzugehen oder Detektive zu beauftragen. Oskar Klein fühlte Mitleid. Das ging ihm oft so, in letzter Zeit wurde es stärker und drohte, seine Professionalität zu beeinträchtigen; er hätte nicht sagen können, wie genau. Aber er fürchtete sich vor diesem zunehmenden Mitleid.

Peter Hartmann stand weit hinten im Garten. Er trug Arbeitssachen. Cordhose, ein Jackett, das schon bessere Tage gesehen hatte, und grobe Handschuhe. Er schwitzte, obwohl es noch kühl war. Der erste Sonnentag nach langem Regen.

„Schauen Sie sich das an!“, rief er und winkte Oskar Klein zu sich.

„Ich hab alles!“, rief Oskar Klein zurück und schwenkte die Aktentasche. „Vollständige Beweise, Fotos … Ihr Verdacht hat sich bestätigt …“

Sein Klient war merkwürdig uninteressiert. Er machte eine vage Handbewegung, die alles Mögliche bedeuten mochte. Oskar Klein öffnete die Aktentasche und streckte ihm das Bündel Fotos entgegen. Peter Hartmann sah sie flüchtig durch.

„Ich hab’s mir ja gedacht“, sagte er, „ich hab’s mir ja gedacht.“ Das wiederholte er noch mehrere Male, dann gab er die Fotos zurück wie pornografische Aufnahmen, die nicht seinen speziellen Geschmack getroffen hatten.

„Das wird ja dann reichen vor Gericht, oder?“, fragte er und wendete sich noch während der Frage von Oskar Klein ab und wieder seiner Arbeit zu. Oskar Klein gab keine Antwort. Ihn fesselte eine Pflanze, die Peter Hartmann bis jetzt verdeckt hatte. Ein brusthohes, tropisches Gewächs, das man in so einem Garten nicht erwartet hätte. Und schon gar nicht in so einem Klima.

„Wo haben Sie das her?“, fragte er.

„Nirgends. Ist von selber gekommen, vor drei, vier Wochen …“

„In vier Wochen so groß geworden?“

Peter Hartmann überlegte. Er sah jetzt richtig traurig aus. Die Fotos zeigten wohl doch Wirkung.

„Seit wann geht das mit diesem … was ist er?“, fragte er dann.

„Polizist. Amann heißt er.“

„Wird ihm auch nichts nützen vor Gericht … da ist sie immer länger weggeblieben … abends … und dann über Nacht … seit das da ist.“ Hartmann deutete auf die Tropenpflanze. Oskar Klein zeigte keine Regung. Das konnte er sehr gut. Wenn die Klienten mit der Wahrheit konfrontiert wurden, benahmen sie sich oft seltsam. Aber er konnte es nicht ändern. Sie hatten die Fotos bestellt, unumstößliche Beweise – wie sollte man Fotos „schonend beibringen“? Ein Bild ist ein Bild, eine Totalität auf jeden Fall. Ein Blick genügt, alles zu erfassen. Kopulierende Paare sehen eben aus wie kopulierende Paare; dass man sie kennt, ändert nichts.

Peter Hartmann bückte sich nach der Motorsäge.

„Wollen Sie das Ding umschneiden?“

Der Mann schaltete die Säge ein. Antwort gab es keine.

„Hören Sie, kann das nicht bis nachher warten … ich sollte weg, ich hab noch einen Termin“, log Oskar Klein schreiend, um den Motor zu übertönen. Er hatte es nicht gern, dass sein Klient in diesem Zustand mit einer laufenden Säge hantierte. Er trat ein paar Schritte zurück. Peter Hartmann hob die Säge.

„Was riecht denn so komisch?“, fragte der Detektiv, mehr sich selbst als seinen Klienten, den er mit normaler Lautstärke nicht erreichte. Es roch nach etwas Gutem, er kam nicht drauf, was es war. Dieser Hartmann hatte kein Geschick mit der Säge. Er hampelte damit vor der Pflanze herum, schien sich nicht entscheiden zu können, wo der Schnitt am besten anzusetzen war. Jedes Mal, wenn er die Sägekette dem Stamm näherte, zog er sie im letzten Moment fluchend und ruckartig zurück, viel zu fest, schien es Oskar Klein. Etwas stimmte ganz und gar nicht mit der Säge, vielleicht war sie kaputt. Oskar Klein dachte an einen Feuerwehrschlauch, der sich dem Griff entwindet, gewaltige Energien; dann stieg eine rote Fontäne hoch. Peter Hartmann hatte sich mit der Motorsäge höchstselbst den eigenen Hals halb durchgeschnitten. Der Blutbogen endete zwanzig Zentimeter vor Oskar Kleins Schuhspitzen; es war schlau gewesen, ein paar Meter zurückzugehen. Peter Hartmann stürzte nach hinten, die Motorsäge kam neben ihm zum Liegen und ratterte vor sich hin. Oskar Klein bemühte sich, nicht in die riesige Blutlache zu treten, und machte die Maschine aus. Peter Hartmann starrte in den Himmel. Er sah irgendwie überrascht aus, man hätte nicht einmal sagen können unangenehm, eher neutral überrascht. Der Detektiv verstaute die Fotos in seiner Aktentasche und die im Auto. Erst dann rief er an. Zuerst seinen Schulfreund Floriani, der beim örtlichen Sender arbeitete. Dann die Polizei. Dann ging er wieder hinter das Haus. Beide hatten zugesagt, gleich zu kommen. So schnell als möglich. Das Fernsehen und die Polizei. Es war überaus lästig, aber in seinem Metier konnte er sich nicht einfach aus dem Staub machen, strengste Beachtung staatsbürgerlicher Pflichten war absolut notwendig. Hätte Peter Hartmann auch nur die geringsten Anzeichen von Restleben gezeigt oder solche wenigstens vermuten lassen, hätte Oskar die Rettung verständigt und mit unverzüglichen Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. Aber bei dieser Wunde konnte er sich das sparen und seine weitere Rolle auf die eines Zeugen beschränken. Die Wunde sah gezackt und zerrissen aus, wie man dies bei jemandem erwarten durfte, der augenscheinlich versucht hatte, sich den eigenen Hals mit einer Motorsäge durchzuschneiden.

Zimt, Scheiße

Es roch nach Zimt. Damit hatte es angefangen – dass es nach Zimt roch.

„Riecht ihr das nicht?“, fragte Floriani auf der Programmsitzung. „Hier riecht es doch nach Zimt!“

Die anderen schnüffelten, schüttelten die Köpfe. Sie rochen scheinbar nichts. Alles Raucher natürlich. Floriani hatte es aufgegeben, vor zwei Jahren schon. Das Geschmacksempfinden werde sich verbessern, hatte Sophia behauptet, und das Geruchsvermögen; aber wie fast alles, was Sophia von sich gab, war das gelogen, alles schmeckte wie vorher, alles roch, wie es immer gerochen hatte. Natürlich stritten sie deswegen, er warf ihr hysterische Übertreibung vor, sie ihm mangelnde Sensibilität usw. Es war egal, sie stritten wegen allem und jedem. Buchstäblich bis zu der Minute, als Sophia mit den letzten Umzugskartons zum Wagen gegangen war.

Es roch immer noch nach Zimt. Nach zwei Jahren konnte das nicht mehr vom eingestellten Rauchen kommen. Eine Geruchshalluzination. Davon hatte er noch nie gehört, aber warum sollte es so etwas nicht geben? Und woher kam eine Halluzination? – Von einem Hirntumor natürlich. Bingo. Was die anderen sagten, rauschte an ihm vorbei, er hörte nicht zu. Seine Gedanken kreisten um das Wort „Hirntumor“. Ihm wurde schlecht. Normalere Symptome wären Gleichgewichtsund Sehstörungen, aber Geruch ging sicher auch, war eben ein anderes Segment betroffen, der hintere Mandelkern oder wie das alles hieß, spielte keine Rolle, das Ende war sowieso bei allen gleich. Ein sabberndes Wrack, entsetzlich …

„Doch, es stinkt“, sagte Renate, die Sekretärin von Baumann endlich, „wie kommst du bloß auf Zimt? Zimt riecht doch angenehm, das hier stinkt …“

„Was stinkt?“, fragte Baumann, der die Sitzung leitete. „Ich rieche nichts.“

„Doch“, sagte Vohringer, „Floriani hat recht, es riecht hier nach Glühwein …“

„Nach Zimt, sag ich doch!“, rief Floriani lauter als beabsichtigt.

„Nach Zimt ganz sicher nicht“, sagte Baumann, „Renate hat recht, jetzt merk ich’s auch. Es riecht unangenehm, wie … wie soll ich sagen, das riecht doch exakt wie …“

„Wie Scheiße“, sagte Frau Mag. Wildgruber. „Exakt wie Scheiße.“

„Du hast recht“, sagte Baumann. Er seufzte. Baumann leitete die aktuelle Berichterstattung, die größte Abteilung des Senders. Baumann hasste es, zu „leiten“. Er wollte, dass alles wie am Schnürchen lief, weiter nichts. Er war beliebt deswegen.

„Man sollte herausfinden, wo es herkommt“, meinte Renate beiläufig, „egal, wie es riecht.“ Die Wildgruber sprang mit einer raschen Bewegung auf und begann, im Sitzungszimmer herumzulaufen. Das war charakteristisch für sie, abrupte Bewegungen. Manche Kollegen hatten deswegen ein bisschen Angst vor ihr, auch deshalb, weil sie die Gewohnheit hatte, einem dabei viel zu nahe zu kommen.

Jetzt lief sie von einer Ecke zur anderen, öffnete die Aktenschränke und schnüffelte herum. Floriani bewunderte ihre Tatkraft. Sie war eben eine Vollblutjournalistin, er dagegen … Seit Sophia weg war, hatte er Anfälle von Grübelei, stand immer am Rande der Depression …

„Hier ist nichts“, sagte die Wildgruber. Sie klang gereizt. „Es muss über die Lüftung kommen.“

Baumann meldete die Sache der Haustechnik, erhielt die Zusage, man werde sich gleich darum kümmern, und die Empfehlung, doch mittlerweile die Fenster zu öffnen.

„Das ist eigentlich eine Frechheit“, sagte Baumann, nachdem er aufgelegt hatte, mit eigentümlich trauriger Stimme. Aufsässigkeiten widerten ihn an, weil sie Sand ins Getriebe streuten.

„Floriani, geh doch bitte und stell fest, wo es noch so stinkt. Diesen …“, er deutete vage in Richtung Korridor, „also, ich trau ihnen nicht, die nehmen das alles recht locker.“ Am Tisch wurde gelacht, Floriani stand auf.

„Ich mach das Fenster auf“, sagte Baumann und tat genau dies. Es ging ihm nicht darum, Leute herumzuschicken, er griff auch immer selber zu, da konnte man nichts sagen.

Floriani stellte fest, dass es im ganzen Gebäude nach Zimt roch. Die Leute bestätigten ihm, dass auch sie etwas röchen, nur behaupteten manche, es sei Scheiße, was so rieche, nicht Zimt. Das war ihm gleich, nur ein Detail. Kein Hirntumor. Floriani war erleichtert.

Als er in den Sitzungsraum zurückkehrte, waren die Fenster wieder zu.

„Draußen ist es noch ärger“, erklärte ihm die Wildgruber, „es muss ein Chemieunfall auf der Autobahn sein.“

„Ja, wahrscheinlich, mit einem Laster Zimtpulver!“, höhnte er. Er konnte die Wildgruber nicht leiden; sie machte die Society-News und produzierte immer das Gleiche; ein einziger, endloser Fernsehbeitrag, jedes Mal mit den gleichen zwei Dutzend angetrunkenen Prominenten auf dem immer gleichen Event, die immer dieselben Wortspenden absonderten und darüber lachten, obwohl das, was sie von sich gaben, niemals witzig war, dafür grammatikalisch fast immer falsch. Aber das war eben die Gesellschaftsberichterstattung, mehr oder schlauere Prominente gab es halt nicht. In aller Regel waren es die nämlichen, von den Wogen des Wirtschaftslebens hochgespülten Proleten, die auch sonst überall die Spritzer ihres Wortdurchfalls hinterließen, ein Gegrunze eher als menschliche Rede; wie konnte es sein, dass solche Leute allüberall das Sagen hatten, fragte sich Floriani jeden Tag etwa zehn Mal. Das Einzige, was er davon hatte, war heißer, ätzender Hass, jetzt zum Beispiel fiel ihm das alles ein, bloß, weil die Wildgruber etwas Harmloses geäußert hatte – sie konnte doch gar nichts dafür, dass die Prominenten so imbezill waren. Sie liebte ihren Job nicht, dennoch sagte er nun zu ihr: „Denk doch bitte ein einziges Mal nach, bevor du den Mund aufmachst! Versuch doch bitte, diese Worthülsen wenigstens außerhalb deiner Beiträge zu unterdrücken! Chemieunfall! Mach dich doch nicht lächerlich, du kannst Chemie doch nicht von einem Loch im Boden unterscheiden …“

„Wenn es so stinkt, kann man doch annehmen …“

„Wenn es nach Scheiße stinkt, kann man annehmen, dass ein Jauchefass umgefallen ist, jawohl! Es stinkt aber nicht nach Scheiße, sondern nach Zimt, also ist vielleicht ein Behälter mit Zimtaroma undicht geworden; und wenn ich Journalist sein will, überleg ich halt, wo in der Nähe so etwas verwendet werden könnte, und dann fällt mir die Großbäckerei Schild ein, keine vierhundert Meter von hier – das natürlich nur, wenn ich die vierzehn oder fünfzehn Gehirnzellen, über die ich als Journalist verfüge, auch alle gleichzeitig einschalte, ohne das geht es nicht …“

„Wo er recht hat, hat er recht!“, bestimmte Baumann, der es nicht mochte, wenn seine Untergebenen stritten. „Müller, gehen Sie doch der Sache gleich einmal nach, wir sind hier ohnehin fertig …“

Müller, der bisher keinen Ton gesagt hatte, erhob sich träge und verließ wortlos das Sitzungszimmer. Baumann sagte: „Wenn etwas dahinter ist, möchte ich das in der Mittagssendung haben und nicht erst morgen in der Zeitung lesen, okay?“

Alle murmelten Zustimmung. Die Zeitung war der Feind. Als die Wildgruber an Floriani vorbeikam, der noch seine Papiere auf dem Tisch zusammenschob, beugte sie sich zu ihm hinunter, als wolle sie ihm etwas ins Ohr flüstern, sagte dann aber so laut, dass es alle hören konnten: „Du bist ein aufgeblasenes Arschloch, weißt du das?“

„Wie schlimm, ließ ich von dir daran mich mahnen!“, sang er mit vollem Bariton. Sie blickten ihn alle an, unsicher und fragend, verstanden nichts. Nur Vohringer grinste und sagte: „Lohengrin, erster Akt, König Heinrich.“ Floriani nickte. „Da siehst du es selbst“, sagte er zu Vohringer, „sie wissen nichts – sie wissen einfach nichts. Du kannst in diesem Haus zitieren, wen und was immer du willst – niemand erkennt es; du könntest genauso gut mitten in Afrika sein, im tiefsten Dschungel, die Reaktion wär dieselbe …“

„Geh scheißen“, sagte die Wildgruber kalt und verließ den Raum.

„Später, Teuerste“, rief ihr Floriani nach, „später! Und seid versichert, ich werde dabei an Euch denken!“

Die meisten Kollegen hielten Floriani für einen bösen Menschen, mit dem nicht gut auszukommen war; dass seine Frau ihn verlassen hatte, gönnten ihm fast alle, und manche sagten es ihm auch ins Gesicht.

Das konnte man bei ihm riskieren, weil ihm die Fähigkeit zur Intrige fehlte. Er blökte, was er dachte, immer offen heraus. Er schlich nicht hinter den Kulissen herum, um dort kleine, wohlbedachte Sätze abzusondern. Er kämpfte nicht mit offenem, sondern mit gar keinem Visier.

Im Laufe des Vormittags verflüchtigte sich der Duft/Gestank, ohne dass die Recherchen irgendetwas Brauchbares über die Herkunft ergeben hätten. Weder war in der Großbäckerei eine Leitung noch auf einem der Höfe der Umgebung ein Jauchefass undicht geworden. Das Einzige, was Müller medientechnisch an Land zog, waren Unmutsäußerungen zahlreicher Passanten, die er der Bequemlichkeit halber an der nächsten Bushaltestelle befragt hatte. Auch hier gab es zwei widersprüchliche Meinungen: die einen hielten den Geruch für Zimt, die anderen für Scheiße; beide Gruppen hielten sich in etwa die Waage. Das gab Müller, der viel heller war, als er andere merken ließ, doch zu denken. Er konsultierte die Umweltschutzabteilung der Landesregierung. Dort konnte man sich das Ganze nicht erklären. Es gebe zwar Duftstoffe, die von verschiedenen Personen verschieden wahrgenommen würden, aber nicht mit einer Bandbreite von Zimt bis Fäkalien. Weil der Geruch am Nachmittag ohnehin verschwunden war, bastelte Müller nur einen Beitrag für die Abendsendung im Radio. Für das Fernsehen war es nichts. Wenn kein umgestürztes Fass zu filmen war, wären als Bildmaterial nur naserümpfende Passanten geblieben, idiotisch, wie Floriani bemerkte, dem die anderen zustimmen mussten. Etwas Ähnliches war noch nie passiert, niemand hatte eine Idee, wie ein Geruchsvorfall zu filmen wäre. Sonst hatte man immer einen Kesselwagen der Eisenbahn oder einen Tankwagen, aus dem, wie es jedes Mal im Text hieß, „eine chemische Flüssigkeit ausgelaufen ist“. Diese sah man nie, sie war, wenn das Fernsehen eintraf, längst in den Massen weißen Pulvers verschwunden, das die eifrig hantierenden Feuerwehrmänner um das havarierte Fahrzeug verteilt hatten. Der Zuseher erfuhr auch nie, was für eine Flüssigkeit es gewesen war. Angeblich, weil die chemische Bezeichnung ihn, den Zuseher, sowieso überfordert hätte; in Wahrheit aber, weil ihre Nennung einen Rattenschwanz von weiteren Fragen nach sich gezogen hätte, die in einem vierzig Sekunden langen Meldungsfilm nicht behandelt werden konnten.

Am Nachmittag traten dann Ereignisse ein, die über das rein Geruchliche weit hinausgingen. Nun hatte man etwas zu filmen. Einen Unfall.

Oskar Klein hatte seinen Schulfreund Floriani angerufen und einen entsetzlichen Unfall am Stadtrand gemeldet, etwas mit einer Motorsäge und „eimerweise Blut“, wie er sich ausdrückte. „Senden könnt ihr das sowieso nicht“, sagte er, „ich sag’s dir auch nur, dass es nicht wieder heißt, ich lass dich hängen!“ Floriani konnte sich nicht erinnern, Oskar Klein je in dieser Form getadelt zu haben, also sagte er nur „Brav, wirklich brav!“, und ließ sich die Adresse geben.

Die Art der Benachrichtigung entsprach nicht dem Schema.

Unfälle oder Brände fernsehmäßig „wahrzunehmen“ – so sagte man intern – war die Spezialität sogenannter „freier“ Teams, die über die Vorgänge immer unmittelbar nach dem betreffenden Ereignis „informiert wurden“, wie es hieß. Von wem, sagten sie nicht, und es fragte sie keiner, auch nicht die Polizei; es herrschte stillschweigendes Übereinkommen, dass Unfall- und Brandberichterstattung einfach sein musste. Und wie konnte man schnell am Ort des Geschehens sein, wenn man nicht den Polizeifunk abhörte? Die freien Teams waren dann auch immer sehr rasch am Ort des Geschehens, so dass es die Fernsehkonsumenten um sieben Uhr abends brennen sehen konnten – fast live, wenn auch der reale Brand schon seit Stunden gelöscht war. Schon wegen dieser Brände lohnte sich die Abendsendung. „Der Mensch sieht es gern brennen“, sagte Baumann immer, wenn er von den Grünen wegen Voyeurismus kritisiert wurde, „es haut uns die Quote zusammen, wenn wir so etwas nicht bringen.“ Autounfälle waren nicht ganz so gut, weil sich nichts mehr bewegte, aber immer noch annehmbar wegen der schrecklich zertrümmerten Wracks; je schrecklicher zertrümmert, desto besser natürlich; Verletzte oder Leichen zeigte man aus Pietätsgründen nicht. Am besten war natürlich ein schrecklich zertrümmertes, brennendes Autowrack, einsamer Höhepunkt aktueller Berichterstattung, das war wirklich live.

Floriani, der Dienst hatte, nahm sich ein Team und fuhr selber. Es war sonst wenig los. Moser war der Kameramann, Strasser der Assistent. Er drehte gern mit den beiden, er brauchte ihnen nichts zu erklären, sie kannten sich seit vielen Jahren. So ein Unfall wäre an sich unter seiner Würde gewesen, befände der Ort des Geschehens sich nicht knapp außerhalb der Fasoltsiedlung. In der wohnte er selber.

Moser saß am Steuer. „Mit einer Motorsäge … den Hals? Wie soll das gehen?“, rätselte er. „Kommt mir undurchsichtig vor.“

„Deshalb fahren wir ja hin, um es durchsichtig zu machen.“ Moser sagte nichts darauf, Strasser sowieso nicht, es war nur hochtönendes Geschwätz. Floriani meinte es nicht herablassend, er redete meistens so geschwollen, wenn er nervös war.

Die Fasoltsiedlung bestand aus einer riesigen Ansammlung von Einfamilienhäusern am Stadtrand. So viele waren es gar nicht, dachte Floriani, als sie durchfuhren, sie nahmen nur so viel Platz weg; es waren meistenteils Häuschen, die lagen aber nicht in Gärtchen, die dazu gepasst, sondern in ordentlichen Gärten, in die weit imposantere Gebäude gehört hätten. Die Diskrepanz kam von der Siedlungsgeschichte, die keine dreißig Jahre umfasste. Davor war das Gelände Riedboden gewesen, mindestens zehntausend Jahre lang seit dem Abschmelzen der Gletscher; dann hatten die bäuerlichen Grundbesitzer die „Streueböden“ an ihre Nachkommen vererbt, die keine Kühe mehr hatten, denen sie die Streu hätten aufschütten können, sondern in Büros und Betriebe gingen, ihr Erbe in großzügige Parzellen teilten und verkauften. Darauf wurden dann Häuser gebaut, klein und mit viel Nachbarschaftshilfe. Entwässert wurde natürlich auch. Und pilotiert. Oft nicht ausreichend, weshalb Teile der Fasoltsiedlung einen merkwürdigen Eindruck machten. Die Häuser standen in alle Richtungen schief, weil der Boden nachgegeben hatte. Floriani wohnte im Abschnitt weiter draußen, wo der Untergrund besser und die Grundstückspreise höher waren. Sein eigenes Haus stand bolzengrade. Durch die Siedlung liefen kreuz und quer verkehrsberuhigte Sträßchen; es gab viele Sackgassen. Und Thujen. Die gediehen zwar nicht besonders auf dem nassen Boden, wurden aber zäh auf Übermannshöhe hinaufgepäppelt. Sie waren unerlässlich als Sichtschutz gegen die Nachbarn.

„Warum heißt es eigentlich Fasoltsiedlung?“, fragte Moser, der sich peinlich genau an die 30er-Beschränkung hielt. Er stellte diese Frage jedes Mal, wenn sie hier durchfuhren.

„Nach einem Bürgermeister aus dem letzten Jahrhundert“, antwortete Floriani dann. Bis zum nächsten Mal würde Moser die Antwort vergessen haben, Floriani die Frage.

„Es muss die lange Straße sein, die hinten hinausführt“, sagte Moser.

„Ja“, sagte Floriani leicht genervt. Moser fuhr wie ein vorsichtiger Tourist. „Erst schauen, dann fahren“, sagte er oft, studierte Hinweisschilder und kommentierte die Bauwerke am Straßenrand, als sei dies Cordoba oder San Francisco und er nicht schon dutzendfach daran vorbeigefahren. Es war natürlich die lange Straße, die hinten hinausführte; eine andere gab es nicht. Ein stadtbekannter Schleichweg.

Wo die Häuser aufhörten, begannen die Felder, von Baumgruppen und Entwässerungsgräben durchzogen. Am Rand dieser Zone standen Bauernhöfe und ein paar einsiedlerische Anwesen ohne erkennbaren landwirtschaftlichen Konnex. Da hatten Leute hingebaut, die ihre Ruhe wollten.

Am Straßenrand vor einer dichten Ligusterhecke stand ein amerikanischer Briefkasten mit einer knallroten 17. Auf der Straße vor der Hecke stand der Vierradjapaner von Oskar Klein. Sie hielten an und stiegen aus.

Neben dem Postkasten gab es eine Lücke in der Hecke, die durch ein Flügeltor von seltsamer Bauart ausgefüllt wurde. Es bestand aus senkrecht stehenden Eisenbahnschwellen. Ein Torflügel stand halb offen. In der Hecke selbst konnte man Stacheldraht erkennen, fünf oder sechs Linien von unten nach oben.

„Man kann auf jeden Fall sagen, wer hier wohnt, bevorzugt eine zurückgezogene Lebensweise“, sagte Strasser, der gehörig beeindruckt schien, weil er stets nur dann etwas äußerte, wenn er beeindruckt war. Floriani stieß den Torflügel ganz auf.

„Sehen wir uns erst einmal um“, sagte er. Moser hantierte am anderen Flügel. Er wollte immer so nahe wie möglich an den Drehort fahren, er liebte Außendrehs.

Das Haus stand recht weit von der Hecke entfernt. Ein breites Gebäude mit dem Eingang an der Traufseite, gelb gestrichen, die Fensterläden grün. Da und dort blätterte die Farbe ab. Zwischen Hecke und Haus eine Wiese mit drei Apfelbäumen und zwei überwucherten Beeten mit blühenden Stauden. Denen hatte man offenbar die Freiheit gelassen, sich ein wenig auszubreiten. Niemand war zu sehen, die Haustür verschlossen. Der Fahrweg führte vom Tor auf die Tür zu, machte kurz davor einen eleganten Linksschwung und verschwand hinter dem Haus.

„Es ist so still“, sagte Strasser. Floriani, der versucht hatte, durch ein Erdgeschoßfenster zu spähen, drehte sich um.

„Wie meinst du das?“

„Keine Vögel. Die ganze Au ist voll Gezwitscher. Hier hört man nichts.“

„Vielleicht haben die hier eine gefährliche Katze“, sagte Moser.

„Sehen wir uns hinten um“, meinte Floriani. „Und dann schauen wir, dass wir wegkommen.“

Sie folgten dem Weg zur Rückseite des Hauses. Das Anwesen war viel größer, als man von der Straßenseite aus vermuten durfte. Dicht beim Haus gab es eine getrennt stehende Garage, einen großen Gemüsegarten und dahinter ein Wäldchen aus niederstämmigen Obstbäumen. Die rückseitige Begrenzung war nicht zu sehen. Der Garten war verwildert, Floriani erkannte halbmeter hohen, ausgewachsenen Kohl. Die Ernte war längst überfällig. Der Anblick erinnerte ihn an seinen eigenen Garten, der seit Sophias Weggang haltloser Verwilderung anheimfiel. Geschah ihm ganz recht. Er hasste das Grünzeug, das sie in Riesenmengen angebaut und eingekocht hatte, und weigerte sich, auch nur ein einziges Glas aufzumachen. Der Besitzer dieses Gartens war ihm sympathisch, es musste ein Mann sein, nur ein Mann würde einen Gemüsegarten dieser Größe so verkommen lassen.

Oskar Klein winkte ihnen aus dem hinteren Teil des Gartens zu.

„Ich versteh euch nicht“, sagte er, als sie bei ihm waren, „ihr wollt schon heute noch aufnehmen, oder? Die Polizei kommt nämlich auch bald, die räumen dann die Leiche weg – also erstmal Drehortbesichtigung und morgen filmen wird nichts, glaube ich.“

„Halt die Pappen“, sagte Floriani gut gelaunt. „Und danke für den Anruf.“

Moser schnüffelte.

„Da wird in der Nähe gebacken“, sagte er.

„Sicher nicht in diesem Haus.“ Strasser hatte die Rückseite kurz inspiziert. „Es kommt von da hinten.“

„Was?“, fragte Floriani.

„Dieser Duft. Riechst du das nicht?“

Moser hatte recht. Auch hier roch es nach Zimt.

„Es riecht schon die ganze Zeit so“, sagte Oskar Klein. „Ich glaube, es kommt von dieser Pflanze.“

„Welcher Pflanze?“

„Der da.“ Oskar Klein deutete auf das tropische Gewächs, das aber die Aufmerksamkeit der drei Fernsehschaffenden nicht fesseln konnte. Daran war Peter Hartmann schuld, der vor der Pflanze lag.

Verkrümmt. Und rot angemalt, jedenfalls die obere Hälfte seines Körpers leuchtete von widerlich roter, völlig unnatürlicher Lackfarbe. Er trug eine schwarze Schnürlsamthose, ausgetretene Halbschuhe, ein Jackett mit Lederflicken an den Ellbogen, dessen Musterung an den Stellen erkennbar blieb, wo die rote Farbe nicht hingelangt war. Darunter eine Strickjacke und noch ein Flanellhemd. Lauter alte Kleidungsstücke, wie man sie an einem kühlen Tag bei der Gartenarbeit trug.

„Ich möchte bloß wissen, wieso jemand seine Obstbäume rot anstreichen muss“, sagte Floriani, der bei Kollegen als begriffsstutzig galt, „oder ist das so ein Mittel gegen Ameisen?“ Er drehte sich zu Strasser um, der gegen einen Halbstamm kotzte.

„Den hat’s ganz schön erwischt“, sagte Moser und schritt vorsichtig um die Leiche herum. Der rot verkleisterte Gegenstand daneben war eine Motorsäge, klein, aber groß genug, ein Bäumchen ganz oder einen menschlichen Hals halb durchzusägen.

„Er wär natürlich problemlos ganz durchgekommen“, sagte Oskar Klein, „er hat nur vorher das Bewusstsein verloren. Leicht ist so was nicht.“

„Ich hab gar nicht gewusst, dass in einem Menschen so viel Blut drin ist“, sagte Moser.

„Hör auf!“, stöhnte Strasser, „hör um Himmels willen auf!“ Strasser war eine Mimose, manchmal machte das Probleme.

„Also, komm schon“, sagte Moser begütigend, „fangen wir an. Du brauchst ja nicht hinzuschauen.“

„Die Umgebung, das Haus und so, die Obstbäume“, rief ihnen Floriani nach. „Und die Polizei, wenn sie kommt!“ Moser hob bestätigend die Hand, mit der anderen führte er den viel größeren Strasser, der einen wackligen Eindruck machte. Bis zum Eintreffen der Polizei würde Moser mit der Kamera bereitstehen und Strasser mit dem Mikro, Floriani selbst für einen spontan formulierten Aufsager.

Natürlich konnten sie nicht mal den kleinsten Ausschnitt von der Schweinerei selbst ins Bild bringen, nicht den allerkleinsten Tropfen Blut. Das gehörte sich für einen öffentlichrechtlichen Sender nicht. Moser musste zum Bebildern einige nichtssagende Zwischenschnitte drehen, mit denen sie sich zwischen Aufsagern und Interviews entlanghangelten.

„Dich brauch ich natürlich auch“, sagte Floriani zu Oskar Klein. „Als Augenzeugen.“

Oskar Klein seufzte. Ein bisschen theatralisch.

„Stell dich bloß nicht so an! Ihr wollt alle ins Fernsehen, gib’s doch zu!“

„Aber nicht in so einem Zusammenhang.“ Das war gelogen, der Zusammenhang völlig egal.

Moser hatte inzwischen entdeckt, dass auf die Pflanze kein einziges Blutströpfchen gelangt war – man konnte sie also filmen und dem ansonsten langweilig bebilderten Beitrag einen exotischen Touch geben. Er nahm die Pflanze auf, eine etwas gepresste Totale, wegen der Leiche, die gleich davor lag und nicht aufs Bild durfte. Die Pflanze erinnerte eher an einen Gegenstand, einen Scherzartikel, an ein Requisit vielleicht, Floriani assoziierte Theater, Show, Pappe, nein – Styropor. Ganz klar. Das Ding war aus Kunststoff. Es war völlig grün, etwa einen Meter fünfzig hoch, schenkeldick, oben trug es einen dichten Schopf merkwürdig schmaler, dichtstehender Blätter. Oder Nadeln. Irgendwas zwischen schmalen Blättern und sehr breiten Nadeln. Der Stamm darunter glatt bis auf regelmäßige narbenartige Vertiefungen; dort hatten offenbar auch solche Nadelblätter oder Blätternadeln dringesteckt. Floriani wunderte sich, wie primitiv das gemacht war, Blätter zum Einstecken, das sah man doch.

„Sieht so aus, als hätte er das umschneiden wollen“, sagte Strasser und zündete sich eine kurze Zigarre an. Auf die Idee war Floriani noch nicht gekommen. Der Stamm der Plastikpflanze wies nicht den kleinsten Kratzer auf. Er trat näher heran. Hier kam der Zimtgeruch her, kein Zweifel. In der Nähe des Stammes eine metallische Note, an der Grenze zum Widerlichen.

„Das ist kein Plastik“, sagte Moser, der eben mit der Hand über den Stamm fuhr. „Fühlt sich an wie … wie … Rinde. Oder so.“ Von der Vorderseite des Hauses kamen Autogeräusche. „Besser, wir halten jetzt ein bisschen Abstand“, sagte Strasser. Alle vier zogen sich ein paar Meter zurück. Noch vor der Polizei erschien der Notarzt. Der stellte den Tod fest und betrachtete die Leiche mit offenem Widerwillen. „Trottel“, murmelte er, bevor er abzog. Es war schon schlimm genug, dass die Waldarbeiter tödlich verunglückten; die Hobbygärtner mussten es ihnen nachtun. Entweder fielen sie von ihren Obstbäumen oder sie rutschten mit der Motorsäge ab.

Nach dem Notarzt erschien die Polizei in Gestalt der Beamten Mitterer und Amann und machte einen ganzen Haufen weiterer Feststellungen: dass es sich beim Toten um einen gewissen Peter Hartmann handelte, und dass es sich bei Moser, Strasser, Floriani und Oskar Klein um Moser, Strasser, Floriani und Oskar Klein handelte. Alle vier waren persönlich bekannt, weil drei von ihnen oft als Team bei Polizeisachen auftauchten und Oskar Klein oft beruflich mit der Polizei zu tun hatte; er kam auch von dort.

„Was machst du hier?“, fragte ihn Mitterer.

„Er war mein Klient.“

Mitterer wurde von Oskar Klein angestarrt und vom Kollegen Amann am Ärmel gezupft. „Lass mich das machen“, sagte er. Oskar Klein und Amann traten etwas abseits, während Mitterer ins Notizbuch kritzelte.

„Warum hat er dich engagiert?“, fragte Amann leise.

„Du weißt genau, dass ich dir das a) nicht sagen darf und b) nicht sagen muss, weil du die Antwort ohnehin kennst.“

Amann sagte nichts mehr, schaute nur fragend.

„Der Auftrag ist erledigt, bin nur zur Schlussbesprechung hergekommen.“

Bei Inspektor Amann wechselte die Durchblutung der Gesichtshaut. Von gut nach ausreichend.

„Ich hab ihn so gefunden, wie er jetzt daliegt. Und euch verständigt …“

„Und den Fernsehheini …“

„Mit dem Fernsehheini bin ich in die Schule gegangen. Aber wenn dir das nicht passt, mach ich das in Zukunft streng nach Vorschrift. Als Erstes schick ich eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft …“

„Halt’s Maul!“

„Der Einzige, der hier das Maul hält, bist du, lieber Amann. Ich habe eine ganze Menge Fotos, auf denen du mit der Frau des Verblichenen das Tier mit zwei Rücken machst. Der Auftraggeber ist tot, also vergess ich das. Vorausgesetzt, ihr fangt keine großartige Untersuchung an von wegen Fremdverschulden. Da bliebe an mir was hängen.“

Amann nickte. Ganz langsam.

„Okay“, sagte er dann und gesellte sich zu seinem Kollegen, dem er sofort versicherte, er werde ihm danach alles genau erzählen.

Die Polizisten stellten fest, dass es nach Fäkalien stank. Die Kriminalpolizei, die gleich darauf in Zivil erschien, war derselben Ansicht. Dass es stank. Die Fernsehleute protestierten, es rieche nach Zimt, behaupteten sie, sehr stark, aber eindeutig nach Zimt. Die seltsame Pflanze rückte in den Fokus des allgemeinen Interesses. Sie wies keine Verletzungen auf, nicht den kleinsten Kratzer. Auch an den jungen Obstbäumen, die rundherum standen, gab es keine Schnittwunden einer Säge.

„Als ob er“, sagte der zivile Kriminaler, „in den Garten gegangen wäre, die Säge angeworfen und sich schnurstracks den Hals durchtrennt hätte. Für einen Selbstmord schon eine merkwürdige Methode …“

Floriani mischte sich ein.

„Das war sicher kein Selbstmord.“ (Einmischen von Journalisten war hierzulande üblich und geduldet; es passierte so selten etwas, dass sich kein Sensationsjournalismus und keine berufsbedingte Antipathie zwischen Polizei und Medien entwickelt hatte.)

„Also Mord?“, fragte der Kriminaler. „Habt ihr ihn umgebracht, damit die Sendung voll wird?“ Der Kriminaler galt unter Kollegen als Spaßvogel, in dem Beruf eine seltene Eigenschaft. „Oder der Herr Detektiv hat ihn umgebracht“, wandte er sich an Oskar Klein.

„Nein“, sagte der, „wir standen erst am Anfang unserer geschäftlichen Beziehung, da gibt es noch keine emotionalen oder finanziellen Probleme.“

„Was wollte er denn?“

Oskar Klein ging mit dem Kriminaler ein Stück zur Seite, damit die Fernsehleute nichts mithören konnten, und erklärte, Peter Hartmann habe wohl an der Treue seiner Frau gezweifelt und ihn deshalb mit ihrer Überwachung beauftragt. Dazu sei es halt nicht mehr gekommen.

„Es war ein Unfall“, sagte Floriani laut, „er wollte diese Pflanze umsägen.“

Der Kriminaler schüttelte den Kopf.

„Dann müssten doch Spuren dran sein, oder? Eine Ansatzstelle für den Schnitt – wo er nach Ihrer Theorie dann abgerutscht wäre. Aber da ist gar nichts. Außerdem ist das ein teures exotisches Gewächs, das er offensichtlich selber gepflanzt hat. Und gut in Schuss. Warum sollte er das umschneiden?“

„Weil es stinkt“, sagte Floriani.

„Nach Scheiße“, sagte der Beamte Amann.

„Nein, nach Zimt“, sagte der Kameramann Moser. Noch während angeregt darüber diskutiert wurde, ließ diese Wahrnehmung allmählich nach; für die Fernsehleute verflüchtigte sich der Zimtgeruch zu einem feinen Duft, der Moser an die Weihnachtsbäckerei seiner Mutter erinnerte. Für die Polizisten wurde der Gestank zu einem Kloakenlüftchen, das ihnen der Wind aus der Ferne herwehte. Man war sich einig, dass dies auf einen Gewöhnungseffekt zurückzuführen sei.

Der Kriminaler erwähnte in diesem Zusammenhang den starken Bittermandelgeruch der Blausäure, der gar nicht von allen Menschen wahrgenommen werden könne; bei anderen werde die Nase im Laufe weniger Stunden unempfindlich. Bei Chlor gelte dasselbe … hier wurde er von Strasser unterbrochen: „Das sind doch alles Giftgase, oder?“

Der Kriminaler bestätigte das.

„Das heißt, dieser Geruch – für uns nach Zimt, für euch nach Scheiße – könnte uns alle umbringen?“

„Also, ich glaube nicht, dass man aus dem unterschiedlichen …“

Den Rest hörten Floriani, Strasser und Moser nicht mehr, weil sie schon ums Hauseck waren. Oskar Klein schloss sich ihnen an. Die Polizisten, zivile wie uniformierte, schlossen die Aufnahme des Unfallortes ab. Danach wies der zivile Kriminaler die inzwischen eingetroffenen Bestatter an, Herrn Hartmann mitzunehmen und sich dabei ein bisschen zu beeilen. Vor dem Haus war der Geruch nicht mehr wahrzunehmen, was aber nach den Ausführungen des Kriminalers nichts heißen musste.

„Ich werde das Umweltinstitut verständigen“, sagte der Polizist. „Sollen die das untersuchen. Schönen Tag noch.“

Die Staatsmacht fuhr davon. Die Medienvertreter und Oskar Klein blieben zurück und beobachteten das Einladen der bekannten Blechschachtel in den dezenten Lieferwagen. Natürlich filmten sie.

„Die Pflanze habt ihr ja drauf?“, fragte Floriani.

„Von allen Seiten. Groß, halbtotal, Details, was du willst!“

„Also, was soll ich sagen?“, fragte Oskar Klein.

„Was … ach so, ja, gut … stell dich da hin.“

Oskar Klein stellte sich vor das Haus, Floriani daneben. Dann drehten sie das Interview.

Oskar Klein war sehr gut. Er sprach flüssig, mit innerer Anteilnahme; was genau er sagte, war nicht so wichtig. Es hörte sich gut an. Bizarrer Unfall, aber wohl in Zusammenhang mit einer exotischen Pflanze, die seltsame Düfte verströmte. Floriani fühlte sich plötzlich sehr müde. Er ließ den Schulfreund reden. Als der geendet hatte, fing er sich wieder. Fragen waren nicht mehr nötig.

Moser blickte betreten, Strasser machte sich am Mikrofon zu schaffen, Oskar Klein verabschiedete sich und fuhr weg.

„Willst du das so senden?“, fragte Moser.

„Warum nicht?“

„Weil er praktisch die ganze Story erzählt. Was bleibt dir dann noch?“

„Aber er spricht gut …“

Moser sagte nichts mehr, sie stiegen ins Auto. Floriani versank in Brüten. Er würde den Beitrag umorganisieren. Bis jetzt hatte er die kanonische Form der Berichterstattung über schlimme Ereignisse im Sinn gehabt. Diese bestand aus einer Aneinanderreihung von Detailaufnahmen des Tatortes. Fenster, Veranden, Türen, Totalen unauffälliger Häuser. Um 19 Uhr durfte man das Schreckliche selbst nicht zeigen, deshalb zeigte man das Drumherum. Wenn in der Abendsendung eine Tür oder ein stinknormales Fenster auftauchte oder ein buchsbaumheckengeschütztes Hauseck – Bilder, die für sich genommen die reine Langeweile ausstrahlten – dann wusste der erfahrene Zuseher, dass hinter diesen Türen, Fenstern und Glanzputzmauern wahrhaft unerhörte Verbrechen begangen worden waren, die er sich nun in aller Deutlichkeit ausmalen konnte, während der Sprecher mit leicht tremolierender Stimme die Details ausbreitete. Die technischen, sagbaren, nicht die wirklichen, unsagbaren. Floriani, der die Menschen nicht liebte, es aber auch ablehnte, ihnen unnötige Qualen zu bereiten, vermied „häusliche Tragödien“, wo er nur konnte. Ehrliche Unfälle und Katastrophen gefielen ihm besser. Naturkatastrophen ohne menschliche Beteiligung waren am allerbesten. Bei solchen Beiträgen lief er zu großer Form auf. Schlammströme, die Verheerungen gewaltiger Staublawinen, Überschwemmungen.

Heute bot sich die Gelegenheit, eine häusliche Tragödie als etwas anderes darzustellen. Als Naturkatastrophe. Verbunden mit einem Rätsel. Er hatte ein wirkliches Rätsel, ganz außerordentlich. Rätsel kamen selten vor. Die Fernsehmenschen liebten keine Rätsel und die Zuschauer auch nicht. Besonders die Zuschauer nicht. Die wollten jeden Abend sehen, was sie schon kannten.

„Ich bau das Ganze als Rätsel auf“, sagte er, den Kopf nach links hinten gewandt, um Moser, der fuhr, und Strasser auf der Rückbank einzubeziehen.

„Das Rätsel ist diese exotische Pflanze, versteht ihr? Kein Gejammer von wegen: seid doch bitte vorsichtiger mit euren Motorsägen; keine Unfallstatistik, keine langweiligen Hausecken – das Rätsel ist die Pflanze, basta! Und nicht zu vergessen: wir haben einen Augenzeugen!“

„Fast – Augenzeugen“, sagte Strasser.

„Er redet wie ein Buch, das müsst ihr zugeben!“

„Prima!“, sagte Strasser ohne Begeisterung. Moser sagte nichts. Erst nach einer Weile: „Mich wundert, dass der so einfach mitmacht … als Detektiv.“

Darauf fiel Floriani nichts ein.

„Ich meine, da sollte er doch schauen, dass er unerkannt bleibt, oder?“

„Ja, ja“, sagte Floriani abweisend, „ich hab schon verstanden.“

Sie schwiegen für den Rest der Fahrt. Das Thema kam auch später nicht mehr zur Sprache. Floriani überlegte – er äußerte das nicht – dass Oskar Klein scheinbar genau an diesem Vormittag beschlossen hatte, den Beruf zu wechseln; innerhalb einer halben Minute, bildete Floriani sich ein, oder noch kürzerer Zeit; ein Blitz, eine Eingebung, dass er auserwählt war oder so. Floriani kannte ihn so eigentlich nicht.

Floriani baute die gewohnten Fenster-, Türen- und Hauseckbilder, drei Totalen des Hauses aus verschiedenen Richtungen, Aufnahmen der Pflanze mit den Blattnadeln und Oskar Klein zu einem verdammten Rätsel zusammen; über dem Beitrag leuchtete ein dickes, hysterisch flackerndes Fragezeichen. Was war das für eine Pflanze? Warum roch sie für die einen nach Zimt, für die anderen nach Fäkalien? Hatte Peter Hartmann versucht, sie umzuschneiden? Der Beitrag endete mit dem Hinweis auf unbekannte Gase, die der Pflanze entströmen mochten, und einer dringenden Warnung, sich solchen Pflanzen nicht zu nähern. Dass es mehrere geben musste, war sowieso klar, woher sonst hätte der Geruch bei der Vormittagssitzung stammen sollen?

Florianis Beitrag ging auf Sendung. Die Reaktion setzte zehn Sekunden danach ein und übertraf ihre Erwartungen.

Rund zwanzig Anrufer. Keiner von ihnen hatte Kontakt mit solchen Pflanzen gehabt, aber alle hatten solche Pflanzen gesehen. In ihren Gärten. Es gab nicht nur Pflanzen mit „einem Schopf“ oben, wie sich eine Anruferin ausdrückte, sondern auch „Schachtelhalme“ ungewöhnlicher Größe (zwei Meter) und anderes mehr; aus den Beschreibungen wurde niemand so recht schlau. Und alle hatten etwas gerochen. Die schon bekannte Aufteilung zwischen „Weihnachtsgebäck“ und „Kanal“.

Floriani saß mit ein paar anderen beim Bier in der Kantine. Die Sache hatte die Mann- und Frauschaft aufgewühlt. Um irgendwo zu filmen, sei es draußen schon zu dunkel, versicherten sie einander. Morgen würden sie ordentlich loslegen. Morgen.

„Jetzt ist es also passiert“, sagte die Wildgruber. Es klang ergriffen.

„Was ist passiert?“, wollte Floriani wissen.

„Die Gen-Katastrophe“, sagte sie tonlos. Sie klang, als sei sie von ihrer eigenen Stimme erschrocken.

„Ach was“, sagte Floriani. Es klang nicht so abschätzig wie sonst. Er merkte es selber. Zum ersten Mal sah er sich mit der Tatsache konfrontiert, dass die Wildgruber recht haben könnte. Sonst kritisierte er sie gnadenlos; sie war ihm mit ihrem Ökogetue schon am ersten Tag auf die Nerven gegangen. Aber jetzt hatte sie vielleicht recht. Es war kein Trost, dass die Katastrophe für ihn nach Zimt roch und für sie nach Scheiße …

Direkt beängstigend war, dass die Wildgruber nicht weiterredete und ihre Theorie erläuterte, wie sie es sonst mit großer Hartnäckigkeit zu tun pflegte. Sie sagte gar nichts. Jeder konnte sich alles Nötige selber denken. Pflanzen solcher Art gab es nicht in der realen Welt – um das zu sehen, brauchte man kein Botaniker zu sein. Wenn es sie doch gab, diese Pflanzen, war etwas passiert. Gentechnik, eh klar.

Dass die Wildgruber tief getroffen sein könnte, wollte sich niemand am Tisch so recht vorstellen. Niemand im Sender nahm ihr das Ökogetue ab, das war einfach ihre Masche, ihr Logo. Das bedachte Floriani, während er die Wildgruber beobachtete. Depressiv sah sie aus. Das hatte er an ihr noch nie gesehen. Die Vorstellung, eine Journalistin oder ein Journalist könne wirklich an etwas glauben, war weniger lächerlich als einfach peinlich. Sogar hier, in der äußersten Provinz, hatten die Mitglieder der Zunft, wenn schon nicht zynisch, dann mindestens völlig illusionslos zu sein. Niemand musste in diesem Beruf besonders gut schreiben oder reden oder filmen können. Tatsächlich gab es einige fest Etablierte, die buchstäblich gar nichts konnten. Aber sie durften nicht mit einer idealistischen oder sonst wie positiv gefärbten Weltanschauung stigmatisiert sein, das war untragbar. Floriani kannte aus diesen Kreisen außer der Wildgruber auch niemanden mit einem solchen Makel. Jetzt sah es danach aus, dass die Wildgruber von dieser Pflanzengeschichte aus der Bahn geworfen wurde. Unangenehm. Alle am Tisch spürten es, wenn es auch niemand wie Floriani hätte formulieren können.