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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Impressum

Bettina Lemke, „Kreative NLP-Formate für Lern- und Übungsgruppen“

© 2012 Bettina Lemke

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand

Illustrationen: Alina Lemke

Umschlagfoto: © mistermmx - fotolia.com

Richard Bandler in London Foto von Da Norse

ISBN:9783844899801

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Richard Bandler in London (2007)

Inhalt

Einleitung

1. Ankern

Collapsing Anchor von R. Bandler und J. Grinder

VAKO-Anker

(Übungs-)Gruppenanker

Geheimanker

2. Das Verändern emotionaler Zustände

Entwicklung ideosynkratischer Anker von Richard Bandler

Emotionen-Dusche

Gefühlskarussell

3. Arbeit mit Systemen/Teilemodell/Refraiming

Das Umdeuten (Refraiming) von R. Bandler und J. Grinder

Ordnung im Kopf

Teileschwund

Four For You-Modell

Liebe-Format

Energie-Format

4. Werte

Kriterienhierarchie von R. Dilts

Gegenentwurf

Der Zauberladen

5. Strategien

Walt-Disney-Strategie von R. Dilts

Big-Five-Strategie

James-Bond-Strategie

Stausee

6. Glaubenssätze/Glaubenssysteme

Glaubensveränderungsraum von R. Dilts

Gesundheitsveränderungsraum

Glaubenssatzversenken/Glaubenssatzablage/-recycling

7. Submodalitäten

Sich verlieben oder Aufhören zu Lieben

Bildstörung

Synästhesie

8. Timeline

Schematisches Beispiel für die Anwendung von Gestalten in der Time-Line-Therapie von T. James und W. Woodsmall

Blinkieline

Blühende Landschaften

Timeline To Go

9. Resonanzmodelle/Arbeit mit Mentoren

Meta-Mirrow von R. Dilts

Alptraumdeutung

Traumdeutung

Die Wunderlampe

Geo-Ressourcen

Lass es Raus

10. Logische Ebenen

Spirale

Das höhere Selbst

Schleusenmodell

Logische Ebenen Sprecher

Fishing for compliments

Literatur

Anhang

Biografie von Richard Bandler

Biografie von Dr. John Grinder

Die Grundannahmen des NLP

Einleitung

Das Neurolinguistische Programmieren wird überall auf der Welt gelernt, praktiziert und gelebt. NLP besteht aus einer Sammlung von Kommunikations- und Veränderungstechniken, die durch ein System theoretischer Annahmen einen Rahmen erhalten. Darüber hinaus pflegen viele Menschen, während sie NLP ausüben einen bestimmten Stil, der sich als verspielt, effektiv, selbstsicher, kreativ, elegant und leicht beschreiben lässt.

Diese Art des Arbeitens ist meist das Resultat eines jahrelangen Trainings und hat nur bedingt etwas mit therapeutischen Talent oder der Methode an sich zu tun. Bereits ein schlichtes Format durchzuführen ist ein kompliziertes Unterfangen, da stets auf mehreren Ebenen gearbeitet wird und vom Veränderungshelfer ein hohes Maß an Beobachtungsgabe und Flexibilität abverlangt. So soll die Haltung stets ziel- und ressourcenorientiert sein, der gute Draht (Rapport) zum Gegenüber muss immer überprüft werden und zwingend gut sein. Wahrnehmungssysteme, Meta-Programme, Strategien, Augenbewegungsmuster, Glaubenssätze, logische Ebenen, eigene und fremde Körper- und Geisteshaltungen sollen erkannt und integriert werden. Bestimmte Zustände sind zu vertiefen, zu ankern, zu initiieren, andere zu vermeiden. Sprachlich wird zwischen Meta- und Milton-Modell der Situation entsprechend gewechselt, es werden Fragen mit bestimmter Intention gestellt und unbewusste Anteile möchten beachtet und mit einbezogen werden.

NLP ist daher sowohl von seiner Theorie her, als auch auf der Anwendungsebene eine hochkomplexe Angelegenheit. Um die in NLP-Modellen liegenden Möglichkeiten bis auf den Grund auszuschöpfen, bedarf es großes Können.

Ohne permanente Übungs-, und damit Selbst- und Fremdreflexionsmöglichkeiten ist die Realisierung gelungener Veränderungsarbeit unmöglich. Deshalb sind Übungs- oder Peergruppen, obligatorischer Bestandteil einer jeden seriösen NLP-Ausbildung.

Überall finden sich so Menschen zusammen, die gemeinsam über NLP sprechen, Formate üben und reflektieren und dies meist in allerbester Stimmung tun. Manche Übungsgruppen bestehen seit Jahrzehnten in ganz ähnlicher Konstellation, andere sind ganz frisch mit wechselnder Zusammensetzung.

Übungsgruppen brauchen eine Form, um erfolgreich zu sein, und es braucht etwas, was man üben kann. In diesem Buch werden niveauvolle und kreative NLP-Übungsformate skizziert, die Grundlagenkenntnisse voraussetzen. Jede Übung beinhaltet eine Zieldefinition, das Mobilisieren von Ressourcen, einen Öko-Check und ein Future-pace. Der Prozessbegleiter arbeitet prozess-, ziel-, und ressourcenorientiert.

Fast immer werden zum Üben die gleichen Settings aufgebaut. Der Explorer, häufig auch als A bezeichnet, hat einen Veränderungswunsch, der Guide (B) unterstützt den Explorer dabei sich zu verändern, indem er diverse Techniken anwendet. Der Rest der Gruppe ist Beobachter (C) und verhält sich absolut ruhig, während der Guide mit dem Explorer arbeitet.

Eine Variante besteht darin, zuerst die Technik festzulegen, und dann eine passende Guide/Explorer Konstellation zu ermitteln.

Auch die Feedbackrunde hat in der Regel ein nützliches festgefügtes Ritual: Zuerst sagt der Explorer (A) wie es ihm ergangen ist, dann kommt der Guide (B) an die Reihe und schließlich äußern sich die Beobachter. Hierbei sollte das Feedback ein wenig nett, aber hauptsächlich nützlich und ehrlich sein. Dabei sollten die Beobachter von sich sprechen, spezifisch sein, sich auf ihre Wahrnehmung beziehen, keine Ratschläge geben und sich kurz fassen.

In diesem Buch werden zunächst die jeweiligen Basismodelle mit ihren Originalformaten beschrieben und kommentiert. Zusätzlich wird auf den historischen Kontext der klassischen Formate hingewiesen, um Übungen nachvollziehbar zu machen. Man kann durchaus ein passabler Koch sein, ohne zu wissen woher die Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Gute Qualität kann allerdings nur mit diesem Wissen entstehen. Dann folgen die von mir entwickelten kreativen Übungen. Bei manchen dieser Übungsformate wird die ganze Gruppe einbezogen.

Mit über 20 Jahren NLP-Übungsgruppenerfahrung ist NLP für mich noch immer wie eine Wundertüte, wo es nach wie vor etwas Neues zu entdecken, Spannendes auszuprobieren und viel zu lernen gibt.

Viel Spaß beim Üben.

Bettina Lemke im August 2012

1. Ankern

Viele Menschen beklagen sich über das Erleben von Gefühlen, die ihnen unangenehm sind und unangemessen erscheinen. Häufig geschehen derartige einander ähnelnde Situationen immer wieder. Richard Bandler und John Grinder behaupten in ihrem Buch „Neue Wege der Kurzzeittherapie“, etwa neunzig Prozent der therapeutischen Arbeit bestünde darin kinästhetische Reaktionen auf visuelle oder auditive Stimuli hin zu verändern (vgl. Bandler & Grinder 1981, S. 107).

In der Psychologie wird das Erlernen von Reiz-Reaktionsmustern Konditionierung genannt und zusätzlich in klassische und operante Konditionierung unterschieden. Beide Arten haben aber nur bedingt etwas mit dem Ankern im NLP zu tun.

Die Ankertechnik beschreibt das künstliche Verbinden zweier Reize. Dabei wird eine typische Funktionsweise des Gehirns genutzt. Das gleichzeitige Auftreten von zwei verschiedenen Reizen wird nicht nur gemeinsam gespeichert, sondern zusätzlich inhaltlich vermengt. Während Reiz-Reaktionsverbindungen relativ fix sind, ermöglicht das Ankern eine Vielzahl von Reaktionen auf einen Reiz.

Physiologisch liegt dem Ankern die 1949 von dem Psychologen Donald Olding Hebb formulierte Lernregel zu Grunde: „Wenn ein Axon der Zelle A Zelle B erregt und wiederholt und dauerhaft zur Erzeugung von Aktionspotentialen in Zelle B beiträgt, so resultiert dies in Wachstumsprozessen oder metabolischen Veränderungen in einer oder in beiden Zellen, die bewirken, dass die Effizienz von Zelle A in Bezug auf die Erzeugung eines Aktionspotentials in B größer wird.“ (Hebb, 1949, S. 62, Übersetzung nach Kandel et al., 1995, S. 700)

Diese Art des Lernens ist sinnvoll, um Bedeutungszusammenhänge in einer hochkomplexen Umwelt herstellen zu können. Manchmal funktioniert das gut, manchmal nur mühsam, manchmal gar nicht. Es kann bereits nach einmaligen Zusammentreffen zweier Reize eine lebenslange Verbindung auftreten, wie das bei Phobien oft geschieht. Emotionen scheinen für die Stabilität der Anker eine Rolle zu spielen. Deshalb ist es wichtig Anker immer wieder auf ihre Funktionalität hin zu testen und sie gegebenenfalls emotional aufzuladen.

Es war nie das Ziel von Bandler und Grinder, eine Reaktion durch eine andere zu ersetzen. Sie wollten vorhandene Reaktionen ergänzen, um mehr Wahlfreiheit zu ermöglichen. In „Neue Wege der Kurzzeittherapie“ geben sie das Beispiel von einem Mann, der sich jedes Mal klein und hilflos fühlt, wenn er zur Arbeit geht. Wenn er nun jedes Mal selbstsicher, glücklich und zuversichtlich wäre, so ist er den Autoren zu Folge nicht besser dran, da dies nicht immer die passende Reaktion ist. Aus Menschen Roboter zu machen lag ihnen fern (vgl. Bandler & Grinder 1981, S. 108).

Die entscheidende Aufgabe ist es also nicht, sich verschiedene Anker für unterschiedliche zukünftige Situationen zu setzen, sondern den Prozess des Verschmelzens der Anker (collapsing anchor) durchzuführen. Dann stehen alle Wahlmöglichkeiten zwischen der ursprünglicher Reaktion und einem ressourcereichem Zustand zur Verfügung.

Eine weitere typische Anwendung für die Ankertechnik ist die so genannte transderivationale Suche, bei der mit Hilfe eines Ankers eine Kette von emotional ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit gefunden werden kann. Ressourcen mental in eine frühe erinnerte vergangene Situation einzufügen, verändert die Bewertung aller künftiger Situationen dieser Art und damit die Gegenwart und die Zukunft.

Eine Übung zum Ankersetzen beschreiben Bandler und Grinder in „Neue Wege der Kurzzeittherapie“ (1981, S. 132):

A, du hast folgende Aufgabe: Setz’ dich B gegenüber und lege leicht deine rechte Hand auf das linke Knie von B. Dann stellt eine Zugang schaffende Frage: „Erinnerst du dich an das letzte Mal, an dem du ein richtig schönes sexuelles Erlebnis hattest?“ Dann wartet auf eine angemessene Reaktion. Ihr müsst in der Lage sein, die Reaktion wahrzunehmen, bevor ihr sie ankern könnt. Wenn ihr die ersten Veränderungen seht, fangt ihr an, mit eurer Hand Druck auszuüben. Ihr beobachte die Veränderungen der Parameter Muskeltonus, Hautfärbung, Atmung, Lippengröße, etc. Lasst diese Veränderungen selbst, während ihr sie wahrnehmt, den Druck eurer Hand steuern. Wenn sie sich nicht weiter verstärken, nehmt einfach eure Hand hoch. Dann habt ihr einen perfekt abgestimmten Anker. Ankert nicht zum ersten Mal, bevor ihr nicht einen Unterschied in der Reaktion eures Partners gesehen habt.

Eure Fähigkeit einen Unterschied zu sehen, hängt davon ab, wie wirkungsvoll ihr das verstärkt, was ihr bekommt. … Dann legt ihr eure Hand auf B’s rechtes Knie und fragt ihn: „Was in deinem Erleben ist das genaue Gegenteil davon?“ … Wenn die Veränderungen stattfinden, verstärkt wieder den Druck, bis sie ihr Plateau erreicht haben, und dann nehmt eure Hand wieder weg.

Jetzt habt ihr zwei Anker. Wir möchten, dass ihr zunächst den einen benutzt und auf die Veränderungen achtet. Dann legt eine Pause ein und danach benutzt den anderen und achtet wieder auf die Veränderungen. Es wird noch besser gehen, wenn ihr das Bewusstsein eures Partners mit irgendetwas Neutralem ablenkt. … Beobachtet, ob ihr tatsächlich die gleichen Reaktionen bekommt, wenn ihr eure Anker benutzt.

Wenn ihr zu eurer Befriedigung festgestellt habt, dass ihr zwei Anker habt, die funktionieren, und ihr in der Lage seid, den Unterschied zwischen ihnen zu erkennen, dann möchten wir, dass ihr beide Anker zur gleichen Zeit haltet, etwa 30 – 60 Sekunden lang, um ein erstaunliches Ergebnis zu beobachten, genannt „Integration“.

Die einzelnen Schritte sind demnach folgende:

1. Installation Ressourcen-Anker

2. Installation Problem-Anker

3. Test der Anker

4. Anker verschmelzen

VAKO-Anker

Immer wieder haben Bandler und Grinder auf die Möglichkeit hingewiesen, Anker in jedem Sinnessystem zu setzten. Sowohl in der Literatur, als auch in praktischen Übungen beschränkt sich das Ankersetzen jedoch oft auf oben beschriebene kinästhetische Knie-Anker.

Systematisch andere Sinneskanäle zum Ankern auszuprobieren ist eine schöne Erweiterung der Möglichkeiten des Explorers und erhöht die Flexibilität vom Guide.

1. Definition eines Zieles

Der Explorer wählt eine Situation aus, in der mehr Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen sollen: „In welcher zukünftigen Situation möchtest Du gerne anders reagieren als bisher? Welche unbefriedigenden Momente begegnen Dir immer wieder?“

2. Ankern der Problemsituation

Die Situation wird mit einem Klang oder einem Geruchs- oder Geschmacksanker wie Parfum, Kräuter, Blumen, Süßigkeiten, Getränke verbunden.

3. Transderivationale Suche

Mit Hilfe des Ankers wird nach einer frühen Erinnerung gleicher emotionaler Qualität gesucht: „Wenn Du an dieses Gefühl denkst (Anker auslösen) und Dich zurücktreiben lässt in die Vergangenheit, in der Du ein ganz ähnliches Gefühl hattest. Was kannst Du da wahrnehmen?“ Das wird wiederholt bis die früheste Situation gefunden ist.

4. Seperator

Der Problemzustand wird mit Hilfe eines neutralen Ankers oder durch Ablenkung unterbrochen.

5. Auswahl der passenden Ressource

Eine für diese Situation hilfreiche Fähigkeit wird gefunden: „Welche Fähigkeit hätte dir damals weitergeholfen?“

6. Ankern der Ressource

Die Fähigkeit wird mit einem Klang oder einem Geruchs- oder Geschmacksanker wie Parfum, Kräuter, Blumen, Süßigkeiten, Getränke verbunden.

7. Seperator

Der Ressourcezustand wird mit Hilfe eines neutralen Ankers oder durch Ablenkung unterbrochen.

8. Test der Anker

Während eines beiläufigen Gespräches werden beide Anker nacheinander präsentiert. Es wird darauf geachtet, ob sie funktionieren.

9. Verschmelzung der Anker in der frühen Problemsituation

Der Guide führt den Explorer in die frühe Problemsituation zurück und präsentiert den Problemanker und gleich darauf den Ressourceanker: „In dieser Situation hast Du diese Fähigkeiten nun zur Verfügung. Achte darauf was geschieht und wie sich die Situation verändert.“

10. Future-pace

Der Explorer fantasiert weitere zukünftige Situationen, die zuvor als problematisch erlebt wurden und nun automatisch mit der Fähigkeit erlebt werden sollten.

11. Öko-Check