Stefan Hammel

Lebensmöglichkeiten entdecken

Veränderung durch
Therapeutisches Modellieren

Zu diesem Buch

Psychische und psychosomatische Belastungen entstehen nie zufällig. Im hypnosystemischen Verständnis – und weit darüber hinaus – sind Störungen suboptimale Versuche von Problemlösungen. Doch wie gelingt es dann, unerwünschte Symptome wieder zum Verschwinden zu bringen? Stefan Hammel entfaltet mit dem »Therapeutischen Modellieren« hier seinen ideen- und variantenreichen Ansatz, der sich in der Praxis bereits bewährt hat. Dies geschieht in Form einer Arbeit mit Stühlen, die jeweils Repräsentanzen der Lebensmöglichkeiten darstellen. Belastendes oder Symptome werden herausgesetzt, Ressourcen und Befreiendes hereingeholt und durch hypnotherapeutische Interventionen verstärkt. Dieses kreative Vorgehen ist bei einer großen Bandbreite an Störungen und besonders auch bei chronifizierten, schwer durchschaubaren inneren Konflikten geeignet, gute Lösungen herbeizuführen.

Die Reihe »Leben Lernen« stellt auf wissenschaftlicher Grundlage Ansätze und Erfahrungen moderner Psychotherapien und Beratungsformen vor; sie wendet sich an die Fachleute aus den helfenden Berufen, an psychologisch Interessierte und an alle nach Lösung ihrer Probleme Suchenden.

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Impressum

Leben Lernen 308

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© 2019 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Jutta Herden, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von © Ricardo Gomez Angel on Unsplash

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Printausgabe: ISBN 978-3-608-89254-3

E-Book: ISBN 978-3-608-19154-7

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-29149-0

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Kapitel 1

Wer kann ich sein, wer will ich sein? Lebensmöglichkeiten entdecken

Dieses Buch illustriert eine psychotherapeutische Methode, die für die Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien oder Teams geeignet ist. Ich verwende sie in allen Bereichen der Therapie: bei Klienten mit traumatischen, depressiven oder auch psychotischen Symptomen, in der Arbeit mit Tinnitus oder Allergien, zur Schmerzreduktion sowie zur Rauchentwöhnung. Sie dient der Verbesserung der seelischen und körperlichen Gesundheit im weiten Sinne und erweist sich ebenso als hilfreich bei Fragen der Selbstentwicklung.

Das Therapeutische Modellieren hat eine einfache und klare Grundstruktur. Es lässt sich gut erlernen, vielfältig variieren und individuell und situativ anpassen. Es verknüpft einen hohen Grad an Standardisierung (also Lehr- und Lernbarkeit) mit einer hohen Individualisierung (also Anpassungsfähigkeit) der Therapie. Die Verbindung von »Handwerk« und »Kunst« und die große Flexibilität des Vorgehens führten mich zu dem Begriff »Therapeutisches Modellieren«. »Modelliert« wird das Erleben des Klienten, der nach Veränderung sucht. »Töpfer« ist nicht der Therapeut, sondern das Unbewusste des Klienten, das bessere Lebensmöglichkeiten entdeckt und dabei das, was sich bewährt hat, behält. Der Therapeut ist ein kundiger Anleiter, der dem »Töpfer« Impulse gibt, um das Leben des Klienten so weiterzuentwickeln, wie er es sich wünscht, und manchmal besser, als dieser zu wünschen wagte.

Unterschieden werden zwei Gruppen personifizierter Lebensmöglichkeiten, beschrieben als »Leute«, die der Klient in seiner Fantasie oder in seiner erlebten Realität sein kann. Aus dem Klienten herausprojiziert und auf andere Stühle gesetzt werden Leute, die mit der belastenden Ausgangssituation und mit dem Problemerleben des Klienten assoziiert sind.

Belastende, gefährdende oder die Entwicklung hemmende Leute werden aus dem Klienten herausprojiziert: Der, der Schmerzen hat, kommt auf einen Stuhl, der Traumatisierte auf einen anderen, woandershin der Skeptiker und so weiter. Die daraus folgende Entlastung wird beschrieben, verstärkt und gefestigt.

Auch der umgekehrte Weg wird eingeschlagen: Leute, die zu den Zielen des Klienten passen, werden in den Raum und dann auch ins real und physisch erlebte Sein des Klienten hereingeholt, Leute, die er sein könnte, denen es besser geht.

So wird derjenige, der den Wunschzustand erreicht hat, auf einen Stuhl gesetzt und beschrieben: Wie atmet er, wie sitzt er, wie schaut er . . .? Dann setzt sich der Klient auf den beschriebenen Ressourcenstuhl und erlebt, wie es ist, als der, dem es so geht, zu leben. Das Erleben wird wieder beschrieben und gefestigt. Dann werden auf neuen Stühlen weitere Ziele verfolgt und erreicht.

Neben dem Heraussetzen oder Hereinholen von Leuten, als die der Klient sich erleben kann, gibt es noch einen dritten Weg:

Belastende Gestalten, ohne deren Agieren der Klient besser lebt, werden in leidensfreie Leute verwandelt und reintegriert, oder der Klient schickt sie mit dem Hinweis, dass er sie ruft, falls sie gebraucht werden, in den Dauerurlaub.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen also das Ausblenden leidvoller und ungewünschter Aspekte des Erlebens, das Einblenden hilfreicher Möglichkeiten und die Identifikation mit ihnen sowie die imaginative Transformation von leidvollen Optionen des Erlebens in hilfreiche Möglichkeiten.

Ich habe dieses Verfahren bisher nur ansatzweise beschrieben1. Wissenschaftliche Studien zu seiner Wirksamkeit gibt es dementsprechend noch nicht. Immer wieder habe ich auf Kongressen und in Seminaren Sitzungen durchgeführt. Die Rückmeldungen waren überaus positiv, und die Beobachtungen der Probanden und der Zuschauer decken sich weitgehend mit den meinen. Einige dieser Sitzungen sind filmisch dokumentiert2. Daneben gibt es Videoaufnahmen von einer kompletten Therapie3 sowie einer neuntägigen und einer zwölftägigen Ausbildungsreihe, jeweils mit zahlreichen Demonstrationen des Vorgehens4.

1.1 Nutzung realer und imaginärer Räume

Für das Therapeutische Modellieren verwende ich unterschiedliche Stühle, auf die ich im Verlauf der Sitzung personifizierte Lebensmöglichkeiten platziere. Mit Stichworten und Symbolen notiere ich, welche der unsichtbaren Personen wo im Raum sitzt.

In meinem Praxisraum befinden sich ein Sofa und sechs Sessel. Wirklich benötigt werden so viele Plätze aber nicht: Oft nehme ich Stehplätze oder sage dem Klienten: »Stellen Sie sich vor, die Wände öffnen sich, wir haben beliebig viel Platz, und da versammeln sich Ihre Vorfahren der letzten zwölf Generationen.«

Ein Kollege in einer psychiatrischen Ambulanz verwendet seinen Zeigefinger, um Patienten mit Panikattacken zur Ruhe zu verhelfen: »Ich sehe, wie schlimm es Ihnen geht. Jetzt stellen Sie mal die Frau mit der Angst da rüber, die, die so schnell atmet, dahin und die Verkrampfte dorthin, Sie sind hier und atmen ruhig – so ist es gut, genau . . .« Wie er berichtet, kann er damit auch Patienten, die hysterisch um sich schlagen und sich nicht vom Fleck bewegen, schnell zur Ruhe und ins Gespräch bringen.

Ein anderer Kollege legt Teppichstücke auf den Boden. Seine Klienten fragt er etwa: »Auf welches Stück soll sich die Frau stellen, die Angst vor der Zukunft hat, auf das rote oder das blaue?«

Die Positionierung der Plätze zueinander ist für mich meist ohne besondere Bedeutung, außer in der Paar- und Familientherapie, wo Klienten oft von sich aus Nähe und Distanz durch die Position der Plätze ausdrücken.

Bei Paartherapien verwende ich oft Stuhlpaare, auf die sich beispielsweise das »Paar, das sich streitet«, oder »das Paar, dem es besser geht, als Sie es bisher für möglich hielten«, setzt. Für spezifische Themen jeweils eines Partners (etwa Traumata, die sich auf die Beziehung auswirken) werden weitere Plätze benötigt.

Gelegentlich bitte ich wenig hilfreiche Leute, den Therapieraum zu verlassen, etwa um spazieren zu gehen oder um Urlaub zu machen. Dabei lege ich Wert darauf, dass dies in Wertschätzung geschieht und keine Form der Diskriminierung darstellt.

Da die unsichtbaren Personen als Lebensoptionen und nicht als Anteile des Klienten betrachtet werden, können sie am Ende der Stunde auch als »Geister aus der Flasche« erlöst in das Reich der Möglichkeiten zurückkehren, dem sie entstammten, und die sich in Luft auflösen, unter der Vereinbarung, dass der Klient sie wieder rufen kann, sollte er sie benötigen.

In ähnlicher Weise können Menschen auf einer Zeitreise hundert Jahre später im Himmel sein, dort tausend Jahre etwas lernen, verändert zurückkehren, um dem Klienten nun in wohltuend neuer Weise zu begegnen.

Der Klient kann am Ende der Stunde einen identischen Zwilling oder Klon (eine personale Kopie) von sich, dem es so gut geht wie ihm, in Zukunftsräume schicken, damit dieser die Person, die der Klient dann sein wird, bei den ersten Vorzeichen davon, dass dies nötig wäre, mit seinem Wohlergehen von jetzt füllt.

Ebenso kann er einen solchen Klon in seine Vergangenheit schicken, um sein Wohlbefinden von jetzt in die bewussten und unbewussten Erinnerungsräume zu bringen, in denen es hilfreich und wohltuend sein kann, etwa in Zeiten von Einsamkeit, Konflikten oder akuter Traumatisierung.

Gelegentlich führe ich Sitzungen via Skype oder Telefon durch. Prinzipiell ist es zwar hilfreich, die räumlichen Gegebenheiten am Ort des Klienten zu kennen, aber im Grunde braucht der Therapeut nicht zu wissen, wo die Personen sitzen, solange der Klient das weiß. Der Therapeut kann dem Klienten etwa mitteilen: »Hier sitzt also die, die Angst hat. Ich nenne diesen Platz ›Platz vier‹«, und sich selbst eine entsprechende Notiz machen. An die Stelle der Beobachtung von Körperreaktionen tritt bei der Arbeit am Telefon eine umso genauere Wahrnehmung der Stimme, des Atems und der Sprechweise des Klienten.

1.2 Der therapeutische Hintergrund

»Wie heißt das, was Sie da machen? Wo haben Sie das gelernt?«, werde ich oft gefragt. »Ich nenne es ›Therapeutisches Modellieren‹«, sage ich dann, »und ich habe es von meinen Klienten gelernt.«

Eine therapeutische Methode entsteht natürlich nicht aus dem Nichts. In der Ausbildung zur Systemischen Therapie habe ich an Familienaufstellungen teilgenommen, in der Ausbildung zur Hypnotherapie und auf Kongressen ist mir die »Teilearbeit« in mehreren Varianten begegnet.

Zur Entwicklung dieses Verfahrens hat mich aber viel stärker der amerikanische Psychiater Milton H. Erickson angeregt. Lassen Sie mich erklären, wie das kam.

Erickson hatte eine Patientin, die nach einer Bruchlandung, die sie miterlebt hatte, Panikattacken bekam, wenn sie in einem Flugzeug saß. Er veranlasste sie, in Hypnose zu halluzinieren, sie befinde sich in einem Flugzeug in der Luft, und forderte sie auf, die Maschine landen zu lassen. »Wenn sie dann auf dem Boden aufsetzt, werden all Ihre Phobien und Befürchtungen, Ihre Angst und alle Quälgeister aus Ihrem Körper raus- und in den Sitz dicht neben Ihnen reinfahren.« Nach der »Landung« sprang sie erregt auf und war wach. Von da an hielt sie – selbst Jahre später – jeden, der sich in den Angst-Sessel setzen wollte, mit allen Mitteln und notfalls mit Gewalt davon ab5.

In einer anderen Situation sagte Erickson zu einer Patientin:

»Während Sie auf diesem Stuhl hier sitzen, haben Sie Widerstände. Aber hätten Sie auch Widerstände, wenn Sie auf dem anderen Stuhl sitzen würden? Oder wären Sie voller Widerstand, wenn Sie auf einem ganz anderen Stuhl gesessen wären? Oder wären Sie auf diesem anderen Stuhl widerstandslos und hätten so Ihren Widerstand auf dem Stuhl gelassen, auf dem Sie jetzt gerade sitzen? . . . Sie können sich überlegen, ob Sie innerlich hier auf diesem Stuhl sitzen und den Widerstand dort auf dem anderen Stuhl lassen wollen, oder ob Sie auf dem Stuhl dort sitzen wollen, während Ihr Widerstand hier auf diesem Stuhl bleibt. Sie können auch versuchen, auf dem anderen Stuhl dort ohne Widerstand zu sitzen und dann hierher zu diesem Stuhl zurückzukommen, um entweder Ihren Widerstand mitzunehmen oder auf diesem oder dem anderen Stuhl oder hier oder dort liegen zu lassen.«6

Dieses Vorgehen hat mich immer wieder beschäftigt. Kann man seine Symptome einfach auf einem Stuhl lassen, sich erheben und ohne sie weiterleben? Wie könnte ein Mensch sein Leiden oder seine Skepsis auf einem Stuhl lassen, während er aufsteht und sich auf einen neuen Platz begibt? Ich probierte es aus.

Ich hatte eine Frau in Therapie, die in einigen Lebensbereichen äußerst kreativ und erfolgreich war und die sich in anderen Bereichen mit ihren Problemen quälte und der Verzweiflung nahe war. Nennen wir sie Frau Goldschmitt7. Ich sagte zu ihr: »Da scheint es zwei Frau Goldschmitts zu geben: Eine, die hier sitzt, nicht viel von sich hält und die sich selber schlechtmacht, und eine andere, die stelle ich mir neben Ihnen auf dem Sofa vor. Diese Frau Goldschmitt hat viel erreicht und wird sehr geschätzt, und sie weiß das auch.« Wir sprachen eine Weile über die beiden Frau Goldschmitts. Ich wollte wissen, wie die andere Frau Goldschmitt da sitzt, was sie denkt und fühlt und wie sie mit sich und anderen umgeht. Schließlich fragte ich: »Dürfte ich Sie bitten, sich auf den Platz neben Ihnen zu setzen, auf den Platz der anderen Frau Goldschmitt?« Die Frau war etwas verdutzt, aber sie tat es. »Hier sind Sie ja die Frau Goldschmitt, die ihren Erfolg, ihre Freunde und den Wert ihres Lebens kennt«, sagte ich. »Erzählen Sie mir noch etwas über sich und über die andere Frau Goldschmitt nebenan, die so unsicher ist.« Ich war verblüfft. Es war, als ob ich es mit einer anderen Person zu tun hätte. Vor mir saß eine starke Frau. »Bemerken Sie, wie Sie jetzt ganz anders dasitzen als die unsichere Frau Goldschmitt?«, fragte ich sie. »Und dass Ihre Stimme ganz anders klingt? Haben Sie schon bemerkt, dass Sie jetzt ganz andere Worte verwenden?« Ich beendete die Stunde mit der starken Frau Goldschmitt. »Wenn Sie der unsicheren Frau Goldschmitt begegnen sollten, möchte ich Sie bitten, Plätze zu tauschen«, sagte ich zu ihr. »Dazu stellen Sie sich die Starke einen Schritt neben sich vor, treten einen Schritt zur Seite und lassen die Unsichere am vorigen Platz.«8

Ericksons Vorgehen, die Phobie auf einem Stuhl zurückzulassen, entspricht dem »Subtraktionsverfahren« des Therapeutischen Modellierens. Hier wird eine belastende oder für das Therapieziel hinderliche Lebensmöglichkeit auf einem Stuhl gelassen, von dem die Klientin sich erhebt, oder die belastete Person wird auf einen anderen Stuhl gesetzt.

In einer anderen Situation hat Milton Erickson einer Frau, die in ihrer Kindheit wenig Liebe erfahren hatte, in Trance suggeriert, er selbst sei ihr (als ein Freund ihres Vaters) seit ihrer frühen Kindheit schon viele Male begegnet und habe immer wieder Liebe in ihr Leben gebracht. Erickson veränderte so die Erinnerungen der Frau mit der Wirkung, dass sie ihre Identität neu erlebte als eine Frau, die schon immer Liebe erfahren hatte9. Erickson gestaltete die Suggestion so, dass die Frau am Ende wusste, dass es sich um eine Fantasiegestalt handelte, und doch so lebte, als habe eine reale frühere Bezugsperson ihr diese Liebe geschenkt. Das ähnelt dem »Additionsverfahren« des Therapeutischen Modellierens, bei dem oftmals nie dagewesene Lebensmöglichkeiten mit dem Ich-Erleben des Klienten identifiziert werden.

Gibt es diese Methode nicht schon irgendwo? Sie erscheint mir so klar und einfach, dass sie, wenn es sie nicht gäbe, jederzeit erfunden werden müsste. Bisher habe ich jedoch keinen Therapeuten gefunden, der ungefähr das Gleiche tut.

Natürlich arbeitet eine Vielfalt von Beratungsansätzen mit projizierten Personen. Ich beschränke mich hier auf wenige Hinweise10. Die meisten Ansätze arbeiten so, dass Aspekte des Klienten aus ihm heraus in den Raum projiziert neu wahrgenommen oder verändert werden. Eher wenige gehen davon aus, dass das unerwünschte Erleben draußen bleiben kann. Noch seltener ist die Sicht, dass nie Dagewesenes personifiziert in den Klienten hereingeholt werden kann (Additionsverfahren, so etwa beim unten erwähnten NLP-Ansatz).

Das Vorgehen, belastende Lebensmöglichkeiten personifiziert herauszunehmen, sie zu verändern (Transformation) oder draußen zu lassen (Subtraktion) und stärkende Lebensmöglichkeiten hereinzuholen (Addition), habe ich nirgends gefunden.

Gestalttherapie und Psychodrama sind bekannt für Dialoge zwischen dem Klienten und physisch abwesenden Personen, die etwa durch ein Kissen auf einem Stuhl repräsentiert werden. In der Systemischen und Hypnosystemischen Therapie werden zuweilen innere Konflikte durch unsichtbare Personen dargestellt, die im Dialog miteinander eine Lösung finden. Sie können als Stimmen oder Figuren konkretisiert werden. Ein ähnliches Vorgehen ist unter der Bezeichnung »Voice Dialogue«11 bekannt geworden. Die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg führt Mediationen zwischen inneren Figuren durch, die – auf verschiedene Stühle gesetzt – einen Ambivalenzkonflikt darstellen. Friedemann Schulz von Thun hat das Konzept des »inneren Teams« entwickelt12, Gunther Schmidt spricht vom »inneren Parlament«. Die Ego-State-Therapie stellt Aspekte des Erlebens als Ich-Zustände dar, die wie Personen miteinander, mit dem Klienten und dem Therapeuten interagieren13. Beim »New Behavior Generator« aus dem Neurolinguistischen Programmieren imaginiert der Klient eine reale oder fantasierte Person, die mit Blick auf ein gewünschtes Verhalten als Vorbild dienen kann, identifiziert den Klienten mit ihr und lässt ihn dieses Verhalten in sein alltägliches Leben mitnehmen14. Die frühesten Familienaufstellungen stammen wohl von Virginia Satir. Die Aufstellungen von Bert Hellinger oder Gunthard Weber nahmen zunächst Familienmitglieder oder andere reale Personen in den Blick. Später wurden von unterschiedlichen Aufstellern auch Größen wie »Gott«, homöopathische Mittel, Werte oder Bedürfnisse aufgestellt15 oder Handlungsoptionen wie bei Matthias Varga von Kibéds Tetralemma16. Ein Vorgehen aus dem tibetischen Buddhismus, in dem Belastungen im Umgang mit sich selbst und anderen personifiziert und in befreiende Erfahrungen transformiert werden, ist unter dem Titel »Den Dämonen Nahrung geben« bekannt geworden17. Religionsgeschichtlich gesehen bildet das Austreiben von Dämonen eine Parallele zum Subtraktionsverfahren des Therapeutischen Modellierens, die Identifikation mit Gottheiten oder Heiligen eine Parallele zum Additionsverfahren und die Verwandlung (Umkehr, Erlösung, Erleuchtung) durch die Begegnung mit ihnen eine Parallele zum Transformationsverfahren18.

1.3 Bekanntes und Neues

Aus meiner Sicht handelt es sich beim Therapeutischen Modellieren um eine wache Form von Hypnotherapie. Dabei leitet sich das Subtraktionsverfahren aus der hypnotherapeutischen Arbeit mit dissoziativen Phänomenen ab, das Additionsverfahren schließt sich dem Gebrauch von Assoziation in der Arbeit mit Hypnose an, und das Transformationsverfahren greift das Prinzip von Folgen und Führen (Pacing und Leading) sowie den Einsatz von Geschichten in der Hypnotherapie auf. Die Sprache ist suggestiv und implikationsreich. Mehrebenenkommunikation spielt eine wesentliche Rolle: verbal durch Anspielungen, Mehrdeutigkeit, Metaphorik sowie bewusst vage Formulierungen und nonverbal durch Mimik, Gestik, Modulation der Stimme, der Sprechweise und des Atems. Potenziell alles, was der Klient absichtlich oder unwillkürlich in die Therapie einbringt, wird für das Erreichen der Therapieziele utilisiert, ebenso die Einrichtung des Raumes und zufällige Ereignisse während der Therapiestunde.

Eine Gemeinsamkeit mit der Familienaufstellung oder der Ego-State-Therapie besteht darin, dass herausprojizierte Personen ein Eigenleben zu führen scheinen: Begibt sich der Klient auf eine Position, auf der sich eine dieser unsichtbaren Personen befindet, scheint er zu fühlen, was diese fühlt, er reagiert unwillkürlich. Sein ganzes Erleben scheint sich dem dieser Person anzugleichen. Daneben sehe ich zahlreiche Unterschiede:

Das wichtigste Mittel beim Therapeutischen Modellieren ist nicht der Dialog zwischen den unsichtbaren und sichtbaren Personen, sondern der Abbau und Neuaufbau eines Netzwerks von körperlichem und seelischem Erleben. Dabei wird nicht zwischen psychologischen (sozialen) und körperlichen (medizinischen) Anwendungen unterschieden.

Ziel der Arbeit ist nicht, das Erleben der belasteten Leute zu erkunden. Ziel ist es, das Gute, was sie eigentlich erreichen wollen, anderweitig umzusetzen und das Leiden, was sie dafür bisher in Kauf nahmen, unnötig zu machen.

Das Therapeutische Modellieren legt sich nicht auf eine Sicht der Wirklichkeit fest. Es arbeitet, je nach Bedarf, abwechselnd mit verschiedenen Wirklichkeitskonstrukten. Die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird über Bord geworfen, sobald sie der Therapie nicht mehr nützlich ist, und wieder etabliert, sobald dies der Therapie nützt. Gleiches gilt für die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenwelt, also auch zwischen inneren Bildern von Bezugspersonen (Introjekten) und »realen« (physisch-biologischen) Personen. Und auch, ob die unsichtbaren Personen höchst real oder höchst irreal sind, wandelt sich je nach den augenblicklichen Erfordernissen.

Die unsichtbaren Personen werden beim Therapeutischen Modellieren als Lebensmöglichkeiten gesehen, als »Leute, die ich sein kann«. Sie werden nicht als Teile einer Gesamtpersönlichkeit aufgefasst. Vielmehr werden sie als beliebig teilbar, kombinierbar, formbar, verwandelbar oder neu zu erfinden behandelt. »Leute, die ich sein kann« sind vorübergehende Wegbegleiter. Man kann sie bei voller Wertschätzung als aktiv gelebte Möglichkeit abwählen, indem man eine andere Lebensmöglichkeit realisiert.

Manche Methoden (etwa die Ego-State-Therapie) arbeiten mit Ich-Zuständen innerhalb von Personen, das Therapeutische Modellieren externalisiert solche Zustände und arbeitet außerhalb von Personen mit ihnen. Der Klient erlebt es so, dass ein großer Teil der Veränderung zunächst außerhalb von ihm selbst stattfindet. Für die Arbeit mit Traumata heißt das, dass sie in einem gesicherten Rahmen stattfindet, da der Klient sich nicht selbst mit dem traumatischen Erleben identifiziert. An den traumatischen Erfahrungen wird – wie er es empfindet – mit einer anderen Person gearbeitet, die sich auf einem anderen Stuhl befindet als dem, auf welchem er sitzt.

1.4 Möglichkeiten statt Anteile

Unsere Identität entwickelt sich suggestiv: kollektiv-suggestiv, familiär-suggestiv und autosuggestiv. Wir werden zu denen, für die wir uns halten, und wir halten uns oft für die, für die uns unsere Eltern, Angehörigen und Kulturgenossen gehalten haben. Wenn wir beginnen, uns für einen anderen Menschen zu halten, als wir das früher dachten, beginnen wir, zu diesem anderen Menschen zu werden. Der Weg einer solchen Veränderung ist voller Chancen, will aber mit Weisheit und Bedacht gegangen werden.

Der Geist hat keine Teile, es hat aber Auswirkungen, wenn man ihn unterteilt, zuweilen gute, zuweilen weniger gute. Für mich ist das Therapeutische Modellieren keine »Teilearbeit«19.

Spricht man von »Teilen«, »Anteilen« oder Ähnlichem, klingt das, als ob es sich um vorhandene, feststehende Strukturen handle, die sich voneinander abgrenzen ließen. Nach meiner Beobachtung sind jedoch beliebige Aufteilungen und Kombinationen von »Anteilen« des Geistes möglich und potenziell wertvoll.

Wer von »Persönlichkeitsanteilen« spricht, konstruiert und schafft eine Realität, die sofort zu wirken beginnt. Es entsteht der Eindruck, als könnten diese Aspekte des Erlebens nicht abgewählt werden, ohne dass dem Organismus etwas fehlte. Darum sind geistige Größen, die als »Anteile« eines Organismus verstanden werden, anders als »Optionen«, kaum aufzulösen. Spreche ich von »Lebensmöglichkeiten« oder »Optionen«, sind die Implikationen andere: Wenn jemand sich entscheidet, in Paris zu wohnen, wertet er damit London und Berlin nicht ab – mit seiner Wahl entscheidet er sich nur dafür, die Möglichkeit, dort zu wohnen, nicht umzusetzen. Und wenn sich jemand entscheidet, einen Partner zu heiraten, heißt das nicht, dass die anderen denkbaren Partner schlecht wären. Es heißt wahrscheinlich nur, dass er diesen Partner für sich als eine gute Wahl ansieht. Ebenso ist es mit »Optionen«.

Was ein Mensch nie erlebt hat, scheint kein »Teil von ihm« zu sein. Es scheint nicht in ihm angelegt und daher nicht möglich zu sein. Beim Therapeutischen Modellieren wird davon ausgegangen, dass sich der Mensch in eine Person verwandeln kann, die er nie war, und dies stabilisieren kann, wenn es für ihn wünschenswert ist.

In der Paartherapie arbeite ich mit »Paarsofas« und dem »Wir« des Paares. Ist das Subjekt der Therapie kein Individuum, scheint es mir besser, von Organisationsmöglichkeiten eines Systems als von »Teilen« zu sprechen.

»Lebensmöglichkeiten« bieten die Chance, mit Noch-nie-Dagewesenem, mit erfundenen und neu kombinierten Identitätsmöglichkeiten zu spielen, also etwa mit »demjenigen, der du wärest, wenn . . . und der du dann auch bist«.

So werden auch Teile, Empfindungen, Reaktionen und Funktionen des Körpers fokussiert und bei Bedarf externalisiert und visualisiert.

Das Therapeutische Modellieren beruht auf Phänomenen, die auch von der Teile- und Aufstellungsarbeit her bekannt sind, die aber anders genutzt werden.

Wie bereits beschrieben, wird in meinem Ansatz Belastendes aus dem Klienten herausgesetzt und dort belassen, wenn es dem Klienten so besser geht.

Befreiendes wird in ihn hereingeholt. Es wird mit seinem Hier-Erleben, Jetzt-Erleben, Ich-Erleben und Wirklichkeits-Erleben identifiziert und in ihm belassen, wenn es ihm damit besser geht.

Herausgesetzte, belastende Möglichkeiten werden suggestiv in entlastende umgewandelt und dann, wenn der Klient dies gutheißt, wieder in sein Ich-Erleben hineingenommen.

Das neu erreichte Identitäts- und Wirklichkeitserleben wird stabilisiert, indem dafür gesorgt wird, dass der Klient diesem Erleben mehr vertraut als dem bisherigen.

Dem Therapeutischen Modellieren liegt die Sicht zugrunde: Alles Handeln und Erleben von Menschen (des Körpers, der Psyche, einer Gruppe, eines Systems) zielt auf den Schutz und die Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Manchmal passen automatisierte Strategien der Bedürfnisbefriedigung aber nicht mehr zur aktuellen Situation.

Daher ist es nicht angemessen, aus dem Klienten herausgesetzte Leute (etwa denjenigen, der sich gewalttätig, suizidal, süchtig oder depressiv verhält) in irgendeiner Weise zu diskriminieren oder zu dulden, dass der Klient dies tut. Die Erfahrung zeigt: Je mehr Liebe, Respekt und Wertschätzung man ihnen entgegenbringt, desto besser verläuft die Therapie. Die therapeutische Arbeit beruht auf dem Verständnis, dass alle Figuren, die während einer Sitzung auftauchen, gute Absichten haben; lediglich verfolgen einige von ihnen dafür ungeeignete Umsetzungsstrategien.

1.5 Vorteile des Therapeutischen Modellierens

Es ist vielseitig. Es ist bei somatischen, psychischen und sozialen Problemstellungen mit einer oder mit mehreren Personen einsetzbar. Ich verwende es beispielsweise in der Arbeit mit Allergien, Depression, Magersucht, Migräne, Krebs, Partnerschaftsproblemen, Phobien, Psychosen, Schlafstörungen, Sucht, Suizidalität, Stottern, Tinnitus, Trauer, Trauma, Verspannungen und Zwangsproblemen. Dazu finden sich später zahlreiche Beispiele.

Es hilft bei unübersichtlichen und unerklärlichen Situationen. Es kann verwendet werden, wenn weder der Klient noch der Therapeut die Ursache der Belastungen erkennen.

Es ist in Notfallsituationen nützlich. In akuten Krisen erreicht man bei Anwendung mit knappen, imperativischen Sätzen sehr schnell eine nachhaltige Entlastung. (»Sie bleiben hier! Setzen Sie die Frau, die Angst hat und zittert, dahin! Gucken Sie da rüber! Die ist dort! Sie sind hier!«)

Neben der therapeutischen Anwendung kann es auch zur Ursachenforschung eingesetzt werden. Oft hilft die Methode, die Ursachen eines Problems zu erkennen, »das Problem hinter dem Problem« zu identifizieren oder Teilprobleme voneinander zu unterscheiden. Das genaue Kennenlernen solcher Zusammenhänge zwischen biografischen Belastungen und daraus resultierenden Symptomen bzw. eskalierenden systemischen Interaktionen führt zu einer kontinuierlichen Erweiterung der Kompetenz.

Es kann zur Selbsttherapie verwendet werden. Die Methode kann zur Arbeit mit sich selbst wie auch zur Unterstützung nahestehender Personen in einer kritischen Situation eingesetzt werden. Natürlich ist es oft effektiver, einen Therapeuten in Anspruch zu nehmen, und erst recht ersetzt das Vorgehen nicht den Arzt! Dennoch ist es überraschend, wie wirksam diese Methode die Selbstheilung und Selbstorganisation von Körper und Psyche aktiviert.

Es ist risikoarm. Dass diese Methode recht sicher und normalerweise nebenwirkungsfrei ist, beruht vor allem darauf, dass das Feedback des Unbewussten fortlaufend genutzt wird und man jederzeit einen oder mehrere Schritte zurückgehen kann. Es ist wichtig, sich und andere nicht zu drängen, sich auf negativ assoziierte Plätze zu setzen. Das Vorgehen umgeht mögliche Retraumatisierungen, weil traumatische Erinnerungen niemals so bearbeitet werden, dass der Klient sich mit ihnen identifiziert, sie also mit allen Gefühlen noch einmal erleben würde. Stattdessen wird das belastende Erleben personifiziert auf einen anderen Stuhl gesetzt. Dort kann es in Ruhe bearbeitet werden. Der Klient betrachtet die Arbeit mit der traumatisierten Person auf dem leeren Stuhl von außen. Er beobachtet und kommentiert, wie sich sein Alter Ego während der Therapie entwickelt, und berät den Therapeuten darin, wie jenem zu helfen ist.

Es ist leidensarm. Alle Aspekte der Persönlichkeit, die möglicherweise leiden könnten, werden ja als außerhalb der Person platziert erlebt. Arbeitet der Therapeut mit einer Seite der Person, die traumatisiert wurde oder körperliche Schmerzen hat, arbeitet er mit einer unsichtbaren Person, die auf einem anderen Stuhl sitzt. Für den Klienten geschieht die Arbeit außerhalb von ihm und ist daher weitgehend frei von Leid. Das Unbewusste des Klienten setzt die Vorschläge, die gemacht werden, dennoch um, sodass die Therapie vorangeht.

Es ist nachhaltig. Wie dauerhaft die erreichten Ergebnisse sind, hängt vor allem davon ab, ob alle belasteten Leute, die Einwände haben könnten, wahrgenommen, in ihren Bedürfnissen befriedigt und gegebenenfalls in hilfreiche Leute verwandelt wurden. Ein Ziel ist es deshalb, dass der Klient am Ende der Sitzung keine Skepsis mehr erlebt oder sich jedenfalls von skeptischen inneren Stimmen nicht mehr beeindrucken lässt. Leute, die Einwände haben, setzt man heraus und arbeitet wertschätzend mit ihnen weiter.

Es ist schnell. Ein Kriterium »guter« Therapie ist, dass sie zügig vorangeht. Dahinter steht das Ziel, die Arbeit für viele Menschen bezahlbar und verfügbar zu machen, um Wartezeiten und Leidenszeiten zu verkürzen. Macht die Therapie von der ersten Stunde an schnelle Fortschritte, führt das regelmäßig dazu, dass Klienten hohe Erwartungen bezüglich der Wirksamkeit des Vorgehens haben, was die Therapie weiter beschleunigt.

Es ist weise. Dem Klienten werden Lösungsrichtungen vorgeschlagen, die er zum Teil auch bewusst nachvollziehen kann, das »Wie«, also der Lösungsweg, wird aber dem Unbewussten überlassen. Ob sein Unbewusstes die vorgeschlagene Ausrichtung für ihn zufriedenstellend umsetzt, wird an seinen unwillkürlichen Reaktionen abgelesen, an seinen Körperreaktionen sowie an den Emotionen und den im Sinne seines Ziels veränderten inneren Reaktionen, von denen er berichtet.

Kapitel 2

Grundlagen

Das Therapeutische Modellieren beruht auf den Haltungen und Methoden der Erickson’schen Hypnotherapie, der Systemischen Therapie und des Therapeutischen Erzählens20. Ich möchte hier auf einige Grundlagen dieser Arbeit, so wie ich sie verstehe, hinweisen.

2.1 Probleme trennen, Lösungen verbinden

Mein Grundsatz »Probleme trennen, Lösungen verbinden«21 bildet eine Grundlage des Verfahrens.

»Probleme trennen«, das heißt für die therapeutische Arbeit,

  1. ein Problem, das als eines präsentiert wird, in sich zu trennen, es in separate Teilaspekte zu gliedern,

  2. Probleme, die als mehrere präsentiert werden, noch stärker voneinander zu unterscheiden,

  3. Probleme vom Ich-Erleben zu trennen, indem man sie als Probleme in der Vergangenheit, woanders als in mir oder irreal, als bloße Möglichkeit darstellt,

  4. Probleme, solange sie als überwältigend groß erlebt werden, deutlich von Ressourcen (hilfreichen Denk- und Handlungsoptionen) zu unterscheiden.

»Lösungen verbinden« heißt in der therapeutischen Arbeit,

  1. Lösungs- und Ressourcenerleben zu stärken, das heißt, es als plausibel und relevant darzustellen,

  2. mehrere Ressourcen assoziativ zu verknüpfen,

  3. Ressourcen mit dem Ich-Erleben zu identifizieren,

  4. so verstärkte Ressourcen mit dem Problemerleben zu verbinden, das zergliedert ist.

Beim Therapeutischen Modellieren geschieht all das meist in personifizierter Form. Das Problemerleben wird personifiziert und aus dem Klienten herausgesetzt. Das Ressourcen- oder Lösungserleben wird in personifizierter Form in den Therapieraum hineingesetzt und anschließend mit dem Ich-Erleben des Klienten identifiziert. Und zuweilen wird das Problemerleben, mit Ressourcen versehen, in ein Lösungserleben verwandelt.

2.2 Von belasteten und hilfreichen Leuten

Herausgesetzt werden also personifizierte Lebensmöglichkeiten, die der Klient als belastend empfindet oder von denen man vermuten kann, dass sie dem, was er sich wünscht, im Wege stehen (»Subtraktionsverfahren«). Nennen wir sie die »belasteten Leute«. Sicherlich wollen sie irgendetwas Gutes für den Klienten, aber ihre Umsetzungsstrategie ist nebenwirkungsreich, energieraubend, möglicherweise gar nicht funktional und sogar kontraproduktiv. Herausprojiziert wird etwa »die Frau Meier, die damals traumatisiert wurde«, »die, die Sie sind, wenn Sie depressiv sind«, »die, die eben ganz stockend gesprochen hat« oder »die, die Rückenschmerzen hat«. Herausgesetzt werden also diejenigen, die (ohne böse Absicht, aber aus einem Missverständnis oder besonderen Schutzbedürfnis heraus) zum Problemerleben beitragen.