image

image

Der Autor:

Dr. med. Burkhard Voß (* 1963) studierte von 1985 bis 1991 Medizin in Münster. Anschließend folgte die Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Von 2001 bis 2004 leitete Burkhard Voß den Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Krefeld. Nach Erhalt der Zusatzbezeichnung Psychotherapeut arbeitet er seit 2005 in eigener Praxis als Arzt für Neurologie und Psychiatrie in Krefeld.

Das Leitthema seiner bisherigen Veröffentlichungen ist die Kritik der inflationären Ausweitung des Begriffs der psychischen Krankheit. Ein weiteres zentrales Anliegen ist sein Plädoyer für ein Modell lebenslanger Arbeit angesichts der demographischen Entwicklung.

Bibliografie (Auswahl)

imageNeurologie und Psychiatrie für Heilpraktiker (2004)

imageAnatomie des Psychozirkus (2007)

imageTotal Banane oder wie irre ist der Psychoboom wirklich? (2009)

imageKleines Lexikon psychologischer Irrtümer (2012)

imageDer Ruhestand – das süße Gift (2013)

imageDeutschland auf dem Weg in die Anstalt (2015)

imageAlbtraum Grenzenlosigkeit (2017)

imageWenn der Kapitän als Erster von Bord geht (2019)

Burkhard
Voß

WENN DER KAPITÄN ALS ERSTER VON BORD GEHT

Wie Postheroismus
unsere Gesellschaft
schwächt

mit einem Vorwort
von Josef Kraus

image

KLARimage SCHIFF

1.Guido Eckert: Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben Solibro 2009; ISBN 978-3-932927-43-0; eBook: 978-3-932927-59-1

2.Peter Wiesmeier: Ich war Günther Jauchs Punching-Ball! Ein Quizshow-Tourist packt aus. Solibro 2010 (vgl. Nr. 7)

3.Guido Eckert: Der Verstand ist ein durchtriebener Schuft. Wie Sie garantiert weise werden. Solibro 2010; ISBN 978-3-932927-47-8; eBook 978-3-932927-60-7

4.Maternus Millett: Das Schlechte am Guten. Weshalb die politische Korrektheit scheitern muss. Solibro 2011; ISBN 978-3-932927-46-1; eBook: 978-3-932927-61-4

5.Frank Jöricke: Jäger des verlorenen Zeitgeists. Frank Jöricke erklärt die Welt. Solibro 2013; ISBN 978-3-932927-55-3; eBook: 978-3-932927-62-1

6.Burkhard Voß: Deutschland auf dem Weg in die Anstalt. Wie wir uns kaputtpsychologisieren. Solibro 2015. ISBN 978-3-932927-90-4; eBook: 978-3-932927-91-1

7.Peter Wiesmeier: Steh bei Jauch nicht auf dem Schlauch! Survival-Tipps eines Quizshow-Touristen. Solibro 2016 (überarb. Aufl. des Reihentitels Nr. 2) ISBN 978-3-932927-09-6; eBook: 978-3-932927-99-7

8.Ralf Lisch: Inkompetenzkompensationskompetenz. Wie Manager wirklich ticken. Solibro 2016; ISBN 978-3-96079-013-6; eBook: 978-3-96079-014-3

9.Yvonne de Bark: Mamas wissen mehr. Das geheime Wissen cooler Mütter. Solibro 2017; ISBN 978-3-932927-00-3; eBook: 978-3-96079-000-6

10.Rob Kenius: Neustart mit Direkter Digitaler Demokratie. Wie wir die Demokratie doch noch retten können. Solibro 2017. ISBN 978-3-96079-011-2; eBook: 978-3-96079-012-9

11.Burkhard Voß: Albtraum Grenzenlosigkeit. Vom Urknall bis zur Flüchtlingskrise. Solibro 2017; ISBN 978-3-96079-031-0; eBook: 978-3-96079-032-7

12.Florian Willet: Mir nach, ich folge Euch! Wie uns die Parteien über den Tisch ziehen. Solibro 2018; ISBN 978-3-96079-045-7; eBook: 978-3-96079-046-4

13.Reiner Laux: Seele auf Eis. Ein Bankräuber rechnet ab Solibro 2018; ISBN 978-3-96079-053-2; eBook: 978-3-96079-054-9

14.Ralf Lisch: Incompetence Compensation Competence Solibro 2017; ISBN 978-3-96079-043-3; eBook: 978-3-96079-044-0

15.Frank Jöricke: War´s das schon? 55 Versuche, das Leben und die Liebe zu verstehen. Solibro 2019; ISBN 978-3-96079-063-1; eBook: 978-3-96079-064-8

16.Burkhard Voß: Wenn der Kapitän als Erster von Bord geht. Wie Postheroismus unsere Gesellschaft schwächt. Solibro 2019; ISBN 978-3-96079-069-3; eBook: 978-3-96079-070-9

eISBN 978-3-96079-070-9 / 1. Aufl. 2019 / Originalausgabe

© SOLIBRO® Verlag, Münster 2019

Alle Rechte vorbehalten.

Covergestaltung: Cornelia Niere

Coverbild vorne: © Giulio Ercolani / Alamy Stock Foto

Autorenfoto S. 2: priv.

verlegt. gefunden. gelesen.www.solibro.de

Ziel nach dem Mond.
Selbst wenn Du ihn verfehlst,
wirst Du zwischen den Sternen landen
.

Friedrich Nietzsche

Für Anna

De Falco: „(…) Es ist Ihr Job, mir zu sagen, wie viele es sind, in Gottes Namen.“

Schettino: „Aber Sie wissen, dass es Nacht ist und man hier nichts sieht?“

De Falco: „Was wollen Sie machen Schettino, nach Hause gehen?“ (…) „Sie und Ihr Adjutant gehen jetzt an Bord, ist das klar?“

Schettino: „… Ich würde gerne an Bord, aber das andere Rettungsboot hier … andere Rettungskräfte sind hier. (…)“

De Falco: „Das sagen Sie mir schon seit einer Stunde. Jetzt gehen Sie an Bord, gehen Sie an Bord! Und Sie sagen mir jetzt gleich, wie viele Menschen da sind.“

Auszug aus dem Funkprotokoll zwischen Kommandant Gregorio De Falco von der Hafenkommandantur in Livorno und dem Kapitän der gekenterten Costa Concordia, Francesco Schettino in der Nacht vom 13. Auf den 14.1.2012. Laut Hafenkommandantur hat der um kurz nach Mitternacht auf einen Felsen geflüchtete Kapitän sein Schiff auch nach diesem Telefonat nicht wieder betreten. Die Rettungsaktionen gingen bis 6.00 Uhr morgens weiter.

Inhalt

Vorwort von Josef Kraus

Einleitung

1. Antihelden – eine Auswahl

2. Helden – eine Auswahl

3. Und eine Pseudoheldin – Greta Thunberg

4. Was ist Heroismus?

5. Was ist Postheroismus?

6. Heroismus und Masochismus – ein Widerspruch?

7. Der Nanny-Staat

8. Die PTBS, oder: Wie Kultur krank machen kann

9. Kuschelpädagogik

10. Kuscheljustiz

11. Psychotherapie – manchmal tut’s auch ’ne Flasche Bier

12. Feminisierung der Gesellschaft oder Mimose Mann

13. Exkurs: #MeToo – die wahre Geschichte

14. Antiheroismus – das Programm steht

Epilog

Literaturverzeichnis

Vorwort

von Josef Kraus

Die Erde sähe anders aus, gäbe es unter den Menschen keinen Wettbewerb. Wettkampf, Wissensdurst, Explorations- und Expansionstriebe, die Eroberung von Welt und Weltall durch Wissenschaft und Technik, Rationalität anstelle von Mythos – all das gäbe es nicht ohne den agonalen Charakter, den Wettkampf als Teil des Strebens. Es war kein geringerer als der große Baseler Kulturhistoriker Jacob Burckhardt, der die Bedeutung des über zwei Jahrtausende hinweg gepflegten agonalen Prinzips insbesondere europäischer Menschen hervorhob und der Friedrich Nietzsche, seinen Baseler Schützling, damit zu Gedanken über den „Willen zur Macht“ inspirierte. Das Agonale freilich, das ja auch das Männliche/Väterliche ist, tritt kaum noch in Aktion. Vor allem in Deutschland, mehr und mehr auch in ganz Europa entwickelt sich ein androgyner Antiheroismus, ist eine wohlfühlige, aber im Kern autoaggressive Bußfertigkeit angesagt. In Deutschland kommt eine postpatriotische, bisweilen sogar illusionäre militant-pazifistische Grundstimmung hinzu. Mit einer solchen Grundhaltung aber ist keine Zukunft zu machen. Wenn Deutschland und Europa nicht weiter zurückfallen wollen, muss die Bereitschaft zum Agonalen, zum Wettkampf wiederbelebt werden. Für dieses Ziel ist das vorliegende Plädoyer von Dr. Voß für eine Überwindung des Postheroismus’ ein guter Augenöffner.

Josef Kraus

Josef Kraus, Bildungskritiker, Kolumnist und Bestsellerautor, Dipl.-Psychologe, leitete von 1995 bis 2015 als Oberstudiendirektor ein Gymnasium; er war von 1987 bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und von 1991 bis 2013 Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung des Bundesministers der Verteidigung. 2009 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

Einleitung

Francesco Schettino, Täter aus Verantwortungslosigkeit, geht zuerst von Bord. Später stilisiert er sich als Opfer, eine beliebte Methode der Antihelden, um Verantwortung von sich zu weisen. Sie sind stets Opfer von Verschwörungen, Verleumdungen, Intrigen, finsteren Machenschaften oder des Systems.

So wie Claudia Simone Dinkel, die Ex-Lebensgefährtin von Jörg Kachelmann, die sich als Vergewaltigungsopfer darstellte und zum Schluss als eigentliche Täterin dastand.

Oder Karl-Theodor zu Guttenberg, der einen kometenhaften Aufstieg in der Politik erlebte und die berechtigten Plagiatsvorwürfe als konstruiert und fingiert zurückwies. Natürlich aus tiefster Überzeugung.

Was haben all diese Spezialisten der Drückebergerei, Asozialität und Egozentrik gemein? Nun, sie haben die Chance, in einem gesellschaftlichen Biotop zu leben, das eher das Antiheldische, Blenderische fördert, statt das Heroische zu würdigen. Dass das langfristig nicht gesund ist, ja die Gesellschaft längst schwächt, zeigt dieses Buch.

Klar, unterschiedliche Verläufe von Erkrankungen und Unfällen können in den Tod führen. Glaube, Ideen und Überzeugungen sind hierfür ebenso prädestiniert. Vorausgesetzt, sie werden für so bedeutungsvoll gehalten, dass Menschen bereit sind, dafür ihr Leben einzusetzen. Religiöse Überzeugung und der Glaube an ein Leben nach dem Tode sind hierfür nicht unbedingt erforderlich, begünstigend jedoch allemal. Niemandem ist der Gedanke unsympathisch, dass es auf der anderen Seite weitergeht. Doch auch ohne Transzendenz und Glaube an eine unsterbliche Seele können bestimmte Menschen bereit sein, ihr Leben ohne Rückversicherung und Garantie auf Weiterleben einzusetzen. Beispielsweise für die eigenen Kinder. Das schafft auch noch der moderne Mensch. Geht es um andere Menschen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Ideen oder Gerechtigkeit, dann klappt das nur noch ganz begrenzt. Die Hingabe an das, was sozusagen außerhalb unserer selbst liegt, hat es heutzutage schwer. Idealismus bis hin zum Heroismus stehen nicht mehr allzu hoch im Kurs. Der Ersatz von Transzendenz durch Atheismus in unserer Gegenwart hat einen hohen Preis. Wie lange der Westen diesen zahlen kann, ohne selbst ausgelöscht zu werden? Nicht mehr allzu lang. Durch die Naturwissenschaften katalysiert versprechen sich die Menschen der westlichen Welt alles im Griff zu haben. In gewisser Weise stimmt das sogar. So sind dank Antibiotika und Impfungen die meisten Infektionserkrankungen kein Problem mehr. Für den Westen. Für die Dritte Welt, die sich diese Mittel oft finanziell nicht leisten kann, gilt dies nicht. Auch sonst befindet sie sich im Abseits: wenig Bildung, geringe Lebenserwartung, hohe Arbeitslosenquote. Eigentlich Grund genug, um depressiv zu werden. Und genau das ist nicht der Fall, wenn man von Kriegsgebieten und Regionen mit dem Unterschreiten existenzieller Mindestanforderungen einmal absieht. So ist die Rate an Depressionen in Afrika deutlich geringer als in den USA, was u. a. daran liegt, dass religiöse Überzeugungen in der afrikanischen Bevölkerung tief verwurzelt sind. Gläubige Menschen werden weniger psychisch krank, das ist bekannt. Während dessen sind Depressionen in der westlichen Welt auf dem Vormarsch.

Könnte es sein, dass die Suche nach Heil in Form von Absicherung, Geld, Gesundheit, Rente und privatem Glück letztlich nur heillos verlorene Menschen zurücklässt?

Wenn es keine Transzendenz mehr gibt, dann sollte im irdischen Dasein alles perfekt sein. Doch die Geschichte zeigt, dass das nicht der Fall ist. Dass es eine perfekte Welt in der Zukunft geben wird, ist ebenfalls nicht zu erwarten. Die Menschen bleiben zurück in ihrem unperfekten Dasein ohne Hoffnung auf überirdischen Trost. Das ist die aktuelle Lage der postheroischen westlichen Welt. Zudem hochangreifbar, empfindlich, mimosenhaft – so gibt sich mittlerweile die gefühlte Mehrheit. In diesem Klima gedeihen keine Helden mehr.

Gibt es denn keine Hoffnung mehr? Doch, denn Klimawandel existiert nicht nur in der Meteorologie. Auch gesellschaftlichen Klimawandel hat es schon immer gegeben. Chance für neue Helden? Durchaus.

1.Antihelden – eine Auswahl

Francesco Schettino (geb. 1960)

De Falco: „(…) Es ist Ihr Job, mir zu sagen, wie viele es sind, in Gottes Namen.“

Schettino: „Aber Sie wissen, dass es Nacht ist und man hier nichts sieht?“

De Falco: „Was wollen Sie machen Schettino, nach Hause gehen?“ (…) „Sie und Ihr Adjutant gehen jetzt an Bord, ist das klar?“

Schettino: „… Ich würde gerne an Bord, aber das andere Rettungsboot hier … andere Rettungskräfte sind hier. Es hat angehalten und ist blockiert, ich habe andere Rettungskräfte gerufen …“

De Falco: „Das sagen Sie mir schon seit einer Stunde. Jetzt gehen Sie an Bord, gehen Sie an Bord! Und Sie sagen mir jetzt gleich, wie viele Menschen da sind.“

Schettino, der Kapitän des am 13.01.2012 havarierten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia geht nicht an Bord. Warum auch, schließlich war er einer der Ersten, der von Bord ging. Nach seinem Selbstverständnis gab es offensichtlich keinen Grund, sich erneuten Gefahren auszusetzen. Schließlich gab es noch andere Möglichkeiten zu helfen, bspw. über eine Stunde mit dem Hafenkommandanten De Falco zu telefonieren, um in zig Worten und Umschreibungen zu betonen, was genau warum nicht geht.

So schlüpft der Antiheld, sollte er einmal zur Verantwortung gezogen werden, ganz schnell in die Opferrolle.

Zur Havarie kam es dadurch, dass das 300 Meter lange Kreuzfahrtschiff viel zu nah an der italienischen Westküste gefahren war und ein Granitfelsen ein Leck in das Schiff geschlagen hatte. Selbst deutlich kleinere Schiffe fahren in dieser Region in einer deutlich größeren Distanz zur Küste. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus Renommiersucht, Ignoranz und Risikobereitschaft, die Schettino zu dieser respektlosen Nähe angestiftet hat. Und genau diese Risikobereitschaft hatte sich in seiner Psyche nach dem Desaster gänzlich verflüchtigt, als es darum ging, seine Passagiere zu retten, die originäre Aufgabe eines Kapitäns.

Als das Schiff mit einem großen Knall auf den Granitfelsen gestoßen war und eine Passagierin ihn gefragt habe, was denn los sei, soll er geantwortet haben: „Ein Blackout, wir sind dabei es zu reparieren.“ Aus Reparatur wurde ganz schnell Flucht. Nach der Methode Schettino lässt es sich vom sicheren Rettungsboot aus am effektivsten helfen. Per Smartphone und Funk ruft man professionelle Helfer herbei, die das dann schon irgendwie regeln. Woher die plötzlich alle kommen sollen? Nicht Schettinos Problem. Er könnte selbst mitanpacken, aber seine Dienstauffassung sieht das nicht vor.

„Ich koordiniere die Evakuierung vom Rettungsboot aus“, teilte er der Küstenwache mit, die eine sofortige Rückkehr in das Schiff befahl. Aber was sollte er dort? Frieren? Nass werden? Sich verletzten? Auffallen durch zwei linke Hände? Also drehte er sein Rettungsboot und fuhr in Richtung Land. 4229 Personen an Bord, da waren sicherlich genügend Tatkräftige dabei und Gottes Hilfe gab es schließlich auch noch, was sollte da noch schief gehen? Gut möglich, dass der Kapitän Schettino so dachte. Doch auch hier richtet sich die Realität nicht nach dem Denken. Am Ende verloren 32 Menschen ihr Leben und die italienische Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Schettino sah es anders, was nur konsequent war, denn gemäß seiner Privatwirklichkeit kam er als Kapitän auf dem Schiff gleich nach Gott. Gottähnliche Fähigkeiten im Finden einer plausiblen Argumentation, warum er das Schiff so früh verlassen hatte, hatte er nicht. Er erklärte, er sei ausgerutscht und in ein Rettungsboot gefallen. Zeugenaussagen und Videoaufnahmen konnten dies klar widerlegen. Für Schettino hatte die Mannschaft versagt, nicht er. Das Gericht jedoch sah seine Schuld als erwiesen an und verurteilte ihn zu 16 Jahren und einem Monat Haft. Zwei übergeordnete Gerichte bestätigten dieses Urteil und am 12.01.2018 zog der Ex-Kapitän vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ob er dort Erfolg haben wird?

Es sind keinerlei Vorkenntnisse in komplexer Psychologie nötig, um in Francesco Schettino den Antihelden schlechthin zu erkennen. In seiner Psyche haben sich Größenphantasien, Feigheit sowie Egoismus bis hin zu Narzissmus zu einem engen Netz der Verantwortungslosigkeit verbunden. Wer so gestrickt ist, für den ist auch die Akzeptanz der eigenen Schuld ein Ding der Unmöglichkeit. So schlüpft der Antiheld, sollte er einmal zur Verantwortung gezogen werden, ganz schnell in die Opferrolle. Manchmal glaubt das Publikum diesen Rollenwechsel, doch nicht im Fall Schettino, er hat jede Glaubwürdigkeit verspielt.

Claudia Simone Dinkel (geb. 1973)