Sophienlust – 274 – Sandras Weg ins Leben

Sophienlust
– 274–

Sandras Weg ins Leben

Warum ihre heile Welt ins Wanken geriet

Elisabeth Swoboda

Impressum:

Epub-Version © 2018 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: http://www.keltermedia.de

E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74093-704-1

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Frau Rennert nahm aus ihrer geräumigen Badetasche ein Paar Stricknadeln, ein rotes Wollknäuel sowie eine Strickanleitung für ein Kinderjäckchen und begann letztere aufmerksam zu studieren. Dabei wurde sie jedoch von einem unbezwinglichen Gähnreiz befallen. Sie ließ das Handarbeitsheft sinken, blinzelte kurz in die Sonne, lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Es half alles nichts. Das üppige Mittagessen zog unweigerlich ein kurzes, bisweilen auch längeres Nickerchen nach sich. Und dabei hatte sie bis tief in den Morgen hinein geschlafen, was sonst nicht ihre Gewohnheit war.

Ich bin faul. Statt viel zu schwimmen, spazieren zu gehen und für die Zwillinge Jacken zu stricken, schlafe ich, dachte Frau Rennert und rutschte tiefer in ihren Liegestuhl. Im nächsten Moment war sie auch schon eingeschlafen. Nicht einmal das Tuckern des Motorbootes, das in die kleine felsige Bucht einlief und dort anlegte, weckte sie. Das gelang erst einer hellen Kinderstimme, die unmittelbar neben ihrem rechten Ohr erklang.

»Mutti! Tante Verena! Darf ich hier schwimmen? Hier gibt es keine Quallen. Ich sehe keine einzige!«

»Pst, Sandra. Siehst du nicht, daß die Dame im Liegestuhl schläft?«, rügte eine weiche Frauenstimme in gedämpftem Tonfall. »Entschuldigen Sie«, fügte sie gleich darauf lauter hinzu, denn Frau Rennert hatte mittlerweile die Augen geöffnet und sich aufgerichtet. »Es tut mir leid, dass das Kind Sie geweckt hat.«

»Aber das macht doch nichts. Ich habe lange genug geschlafen«, entgegnete Frau Rennert freundlich. Ihr Blick wanderte von der jungen blonden Frau, die sich für das Kind entschuldigt hatte, zu dem kleinen Störenfried hinüber. Es handelte sich um ein ungefähr sechsjähriges Mädchen mit blauen Augen und dichten glänzenden Haaren im gleichen warmen Goldton wie die der jungen Frau, die Frau Rennert für die Mutter des Kindes hielt, denn nicht nur die Haare, auch die Gesichtszüge der beiden glichen einander. Beide besaßen eine zarte, von der Sonne nur leicht gebräunte Haut, ein rundes Kinn, eine kleine, leicht aufwärts gebogene Nase und schöngeschwungene Lippen.

Frau Rennert, die sich – wenngleich uneingestanden – in den letzten Tagen bereits ein wenig gelangweilt hatte, war durchaus bereit, mit den beiden ein Gespräch zu beginnen. »Ich habe dich im Hotel noch nie gesehen. Bist du vielleicht erst heute angekommen?«, wandte sie sich an das Kind.

»Nein, wir sind schon über eine Woche hier«, erwiderte das Mädchen bereitwillig. »Nicht hier direkt – in Italien, meine ich. Mutti und ich wohnen bei Tante Verena und Onkel Leonardo. Wohnen Sie in dem Hotel dort oben?« Das Kind deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf eine Anhöhe, wo sich über einem steilen, teilweise mit Weinstöcken und Olivenbäumen bepflanzten Abhang ein terrassenförmig angelegtes weißes Gebäude befand, das sich hell vom strahlendblauen Himmel abhob.

»Ja, ich wohne in diesem Hotel«, bestätigte Frau Rennert.

»Gibt es dort wirklich ein so gutes Eis? Tante Verena hat mir nämlich versprochen, dass wir später hinaufgehen und viel Eis essen werden. Ich esse furchtbar gern Eis, Sie auch?«

»O ja!«

»Ich würde am liebsten immer nur Eis essen, aber leider erlaubt Mutti das nicht. Sie sagt, von zu viel Eis würde ich Halsweh bekommen. Haben Sie Kinder? Dürfen Ihre Kinder Eis essen, so viel sie wollen?«

»Aber Sandra, sei nicht so neugierig«, mahnte die junge Frau, stimmte dann jedoch in Frau Rennerts Lachen ein. Auch sie schien einer Plauderei nicht abgeneigt zu sein, wie ihre Frage an Frau Rennert, ob es hier in der ruhigen, etwas abseits gelegenen Bucht zwischen Positano und Amalfi gefalle, bewies.

»Es gefällt mir ausgezeichnet. Das Wasser ist klar und – so nehme ich an – halbwegs sauber. Die Landschaft ist wunderbar, und im Hotel ist nicht nur das Eis, sondern auch das übrige Essen gut«, erwiderte Frau Rennert mit einem Seitenblick auf Sandra lächelnd.

»Ja, Sie haben recht, das Wasser dürfte hier noch in Ordnung sein. Mein Schwager lebt in Sorrent. Er kennt die Küste von Kind auf. Wir sind heute extra mit seinem Motorboot hierhergefahren. Leider wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, Plätze zu finden, an denen man unbesorgt schwimmen kann. Die Verschmutzung nimmt immer ärgere Formen an. Es wird …«

Die junge Frau wurde von Sandra unterbrochen, die aufgeregt rief: »Schau, Mutti, Tante Verena winkt uns. Wir sollen hinkommen. Sie haben die Luftmatratzen aufgepumpt und den Sonnenschirm aus dem Boot geholt und Claudios Laufställchen aufgestellt. Komm, Mutti! Auf Wiedersehen, Frau …, Frau …«

»Rennert.«

»Ich heiße Sandra Höfinger. Meine Mutti heißt Gudrun Höfinger«, stellte das Kind sich und seine Mutter fröhlich vor.

Else Rennert nickte und schickte sich an, dem Mädchen viel Vergnügen beim Eisessen zu wünschen, als sie mit Befremden wahrnahm, dass ein Schatten über Gudrun Höfingers Gesicht huschte. Die Stimme der jungen Frau klang zwar unvermittelt höflich, als sie sich verabschiedete, trotzdem wirkte sie plötzlich irgendwie distanziert. Warum nur? War es ihr nicht recht gewesen, dass das Kind ihre Namen genannt hatte?

Frau Rennert wunderte sich und rückte, ohne dass sie sich ihres Tuns recht bewusst wurde, ihren Liegestuhl ein Stückchen weiter zum Wasser hin, um sich so freie Sicht auf ihre beiden neuen Bekannten zu verschaffen. Diese befanden sich nun so weit weg, dass sie wohl ihre Stimmen unterscheiden, die einzelnen Worte aber nicht mehr verstehen konnte. Sie beobachtete, dass eine zweite junge Frau, bei der es sich um »Tante Verena« handeln muss­te, Sandra bei den Händen nahm und sich übermütig mit ihr im Kreis drehte, so dass das Mädchen durch die Luft flog. Sandra jauchzte und drängte ihre Tante, das Spiel zu wiederholen, nachdem sie wieder auf den Boden gesetzt worden war. Die Tante schien auch geneigt zu sein, dem Verlangen des Kindes nachzugeben, aber sie wurde von dem kleinen Buben im Laufställchen, dessen fröhliches Krähen in lautes Brüllen übergegangen war, daran gehindert. Frau Rennert sah, wie die junge Frau sich über das Gitter neigte und den Buben heraushob. Sofort verstummte das Gebrüll.

Ein dunkelhaariger braungebrannter Mann – das muss Frau Höfingers Schwager sein, dachte Frau Rennert – rief etwas auf italienisch, lachte und tippte Sandra auf die Schulter. Die Beobachterin schloss daraus, dass diese Geste eine Aufforderung zum Schwimmen war, denn gleich darauf kletterten der Mann und das kleine Mädchen über die schmale Eisentür, die der einzige Zugang zum Meer war.

Eine Weile planschten die beiden herum, spritzten und schrien Sandras Mutter zu, doch ebenfalls ins Wasser zu kommen. Sie hatten mit dieser Aufforderung aber kein Glück. Gudrun Höfinger zog es augenscheinlich vor, in der Sonne zu liegen. Auch Tante Verena schien keine Lust zu einem Bad zu haben. Sie winkte ihrem Mann und ihrer Nichte nur zu und beschäftigte sich dann wieder mit ihrem Sohn.

Sandra und ihr Onkel durchschwammen die Bucht, wobei Frau Rennert staunte, wie gut das kleine Mädchen bereits schwimmen konnte. Der Onkel erteilte seiner Nichte eine Lektion im Rückenkraulen, und Sandra war eifrig bei der Sache. Sie zeigte sich geschickt, furchtlos und kein biss­chen wasserscheu.

Frau Rennert machte es Spaß zuzuschauen. Ihre Strickerei hatte sie vergessen. »Ja, ja, so sollte man schwimmen können«, erklang da eine Stimme neben ihr.

»Ah, Frau Fiedler«, begrüßte Frau Rennert die mollige Frau mittleren Alters, die eben ihre Badetasche abstellte, einen der Liegestühle, die zusammengeklappt in einer Felsnische aufbewahrt wurden, holte, und ihn neben dem Liegestuhl von Frau Rennert aufstellte. »Ich dachte, Sie hätten einen Ausflug nach Positano geplant.«

»Daraus ist nichts geworden«, entgegnete Frau Fiedler. »Mein Mann hat Halsschmerzen bekommen. Er ist in die Apotheke gegangen, um Lutschtabletten zu besorgen. Ich bin nur neugierig, wie er dem Apotheker seinen Wunsch klarmachen will. Dummerweise haben wir das Wörterbuch zu Hause vergessen. Unseren Ausflug haben wir auf morgen verschoben. Möchten Sie mitkommen? Sie haben doch sicher ebenfalls Einkäufe zu erledigen. Vielleicht fahren wir sogar nach Sorrent, falls es in Positano zu wenig Auswahl gibt. Ich habe beschlossen, meinem Patenkind eine besonders schöne Puppe mitzubringen. Puppen sind hier wesentlich billiger als bei uns. Es soll in Sorrent auch hübsche handgearbeitete Stickereien geben, Blusen, Kinderkleider, Tischtücher. Haben Sie vor, etwas einzukaufen? Es wäre nett, wenn wir einen gemeinsamen Einkaufsbummel machen könnten. Mein Mann ist in dieser Hinsicht etwas eigen. Er wird ungeduldig, wenn ich mir beim Auswählen zu lange Zeit lasse. Ich habe gedacht, er könnte sich in ein Lokal setzen, während wir uns in den Läden umsehen.«

»Ja«, sagte Frau Rennert, als sie endlich zu Wort kam, »ich würde gern mit Ihnen nach Sorrent oder Positano fahren. Mit dem Wagen ist es sicher viel weniger umständlich als mit dem Bus.«

Frau Fiedler nickte erfreut, weil Frau Rennert ihre Einladung angenommen hatte, und stürzte sich dann in eine detaillierte Aufzählung der Dinge, die sie als Mitbringsel für ihre Angehörigen zu erstehen gedachte. Frau Rennert hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, was Frau Fiedler jedoch nicht störte, da sie es gar nicht bemerkte. Im übrigen hatte Frau Rennert Muße, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Diese waren zwiespältig. Natürlich genoss sie ihren Urlaub. Wie sie vorhin festgestellt hatte, war die Landschaft wunderschön, das Hotel erstklassig und das Klima mild und angenehm, was teilweise an der Jahreszeit zu liegen schien. Jetzt, im Frühling, waren die steilen Hänge mit einem frischen, saftigen Grün bedeckt, und die unzähligen Orangenbäume, die zum Teil blühten, zum Teil bereits reife Früchte trugen, verbreiteten eine angenehmen Duft.

Nein, es gab nichts, worüber Frau Rennert sich hätte beklagen können – abgesehen von dem Gefühl der inneren Leere, mit dem sie zu kämpfen hatte. Aber daran war sie selbst schuld, wie sie sich ehrlich eingestand. Wolfgang und Carola, ihr Sohn und ihre Schwiegertochter, hatten sie gebeten, den Urlaub mit ihnen und den Zwillingen zu verbringen. »Nein, Mutti, du gehst uns nicht auf die Nerven. In keiner Weise!«, hatte Carola erklärt. »Oder hast du Angst, wir würden dich ausnützen, indem wir von dir verlangen würden, auf die Kinder aufzupassen, während wir ausgehen?«, hatte sie hitzig hinzugefügt.

»Nein, diese Angst habe ich nicht«, hatte Frau Rennert erwidert. »Außerdem spiele ich gern den Babysitter für meine Enkelkinder. Das wäre eigentlich das einzige Argument, dem ich nachgeben würde – ich käme mit, wenn ich mich nützlich machen könnte.«

»Aber nein, du sollst dich nicht nützlich machen. Das erlauben wir nicht«, hatte Carola protestiert. »Du sollst deinen Urlaub genießen und einmal richtig ausspannen.«

»Ja, genau das habe ich vor – ausspannen«, hatte Else Rennert das Stichwort aufgegriffen. »Vierzehn Tage lang faulenzen, an einem ruhigen Ort, wo niemand mich mit Problemen konfrontiert.«

»Nun, du musst selbst am besten wissen, wie du deinen Urlaub verbringen willst«, hatte Carola ein wenig beleidigt bemerkt.

Frau Rennert hatte es dabei belassen. Eigentlich wäre sie ganz gern mit ihrem Sohn und dessen Familie in den Urlaub gefahren, aber sie fand, dass Carola und Wolfgang wenigstens ein paar unbeschwerte Wochen im Jahr ausschließlich für sich und ihren Nachwuchs haben sollten. Deshalb hatte sie bei einem Reisebüro eine Flugreise in den sonnigen Süden gebucht. Von Neapel aus hatte ein Bus die Fluggäste in ihre Hotels gebracht. Für die meisten war Positano das Reiseziel gewesen, für einige Sorrent. Etwas erschrocken hatte Frau Rennert festgestellt, dass sie als letzter Passagier des Busses vor einem ziemlich einsam gelegenen Hotel abgesetzt wurde.

Zum Glück hatte sie in diesem Hotel sehr bald Landsleute kennengelernt, mit denen sie plaudern konnte. Aber es handelte sich dabei durchwegs um Leute ihres eigenen Alters. Es gab im ganzen Hotel kein einziges Kind.

»… für Monika muss ich unbedingt eine Puppe kaufen. Es gibt so entzückende Puppen in Italien«, schwärmte Frau Fiedler gerade, als Frau Rennert blitzartig von einer Erkenntnis durchzuckt wurde. Natürlich, das war der Grund ihres Unbehagens. Das Fehlen von Kindern. Als Heimleiterin eines Kinderheimes war sie an die ständige Gegenwart von Kindern gewöhnt. Sie hatte sich für den Urlaub zwar ungestörte Ruhe gewünscht, aber nun hatte sie Schwierigkeiten, diese Ruhe auch zu verkraften.

Deshalb also habe ich Sandra so sehnsüchtig beobachtet, dachte Frau Rennert, während sie zu Frau Fiedler sagte: »Ich werde leider nicht soviel einkaufen können wie Sie. Ich muss darauf achten, daß mein Gepäck beim Rückflug nicht zu schwer ist.«

Auf diese Bemerkung reagierte Frau Fiedler mit wortreichem Bedauern und einer Lobrede auf Urlaubsreisen mit dem eigenen Wagen. Sie erzählte, wo sie und ihr Mann schon überall gewesen waren.

Frau Rennert lauschte und sah dabei zu Sandra hinüber, die sich nun ein hellblaues Badekleid überzog und dann gefolgt von ihrer Tante und ihrem Onkel, die schmale Treppe emporhüpfte, die in vielen Windungen zum Hotel führte. Offenbar sollte Sandra jetzt das heißersehnte Eis bekommen, während der kleine Junge von Gudrun Höfinger mit einer Banane gefüttert wurde.

*

In den folgenden Tagen hatte Frau Rennert noch öfters Gelegenheit, Sandra, deren Mutter und das Ehepaar mit dem kleinen Jungen zu beobachten, denn sie kamen jeden Nachmittag mit dem Motorboot und legten in der Bucht an. Von Sandra wurde sie jedes Mal fröhlich begrüßt, und Gudrun Höfinger wechselte ab und zu ein paar Worte mit ihr, die aber nie über beiläufige Bemerkungen über das Wetter oder über die Schönheit der Gegend hinausgingen. Eines Tages jedoch – Frau Rennerts Urlaub neigte sich bereits seinem Ende zu – legte das rote Motorboot, das inzwischen allen Hotelgästen bestens bekannt war, zwar in der Bucht an, fuhr jedoch sogleich, nachdem Sandra und deren Mutter an Land geklettert waren, wieder ab. Frau Rennert hatte diesen Vorgang nicht beobachtet. Sie kam erst etwas später in die Bucht, die an diesem Tag ziemlich verlassen dalag. Der Tag war heißer als die vorangegangenen. Die meisten Hotelgäste zogen es vor, einen ausgedehnten Mittagsschlaf in ihren Zimmern zu halten.

Else Rennert rückte ihren Liegestuhl unter einen Sonnenschirm.

»Guten Tag, Frau Rennert!«

»Guten Tag, Sandra. Guten Tag, Frau Höfinger. Ist es Ihnen in der Sonne nicht zu heiß?«

»O ja! Leider liegt unser Sonnenschirm noch im Boot. Leonardo hat ihn irrtümlicherweise wieder mitgenommen«, erwiderte die junge Frau.

»Dann setzen Sie sich doch zu mir«, schlug Frau Rennert vor.

»Gern. Nur – die Liegestühle und Sonnenschirme gehören zum Hotel ...«

»Ich glaube nicht, dass jemand etwas dagegen hat, wenn Sie sich einen Liegestuhl borgen«, meinte Frau Rennert.

»Nein, wahrscheinlich nicht«, sagte Gudrun Höfinger und setzte sich neben Else Rennert. »Komm, Sandra, du solltest heute ebenfalls im Schatten bleiben. Du bekommst sonst einen Hitzekollaps!«, rief sie dem Mädchen zu.

Sandra schleppte folgsam ihre Luftmatratze herbei und legte sie den beiden Frauen vor die Füße. Doch kaum hatte sie darauf Platz genommen, bat sie: »Gehst du mit mir ins Wasser, Mutti?«

»Nicht jetzt – später«, entgegnete Gudrun.

»Später. Immer sagst du, später«, maulte Sandra. »Zu dumm, daß Onkel Leonardo und Tante Verena nicht da sind. Die sind viel lustiger als du. Mit ihnen kann man viel mehr anfangen.«

Frau Rennert hatte den Eindruck, dass Frau Höfinger ihrer Tochter diese Bemerkung übelnehme, denn sie runzelte die Stirn.

»Ihre Schwester ist heute nicht mitgekommen?«, fragte Frau Rennert, weniger aus Neugier, sondern um das Kind vor einer eventuellen Schelte zu bewahren.

»Claudio, mein Neffe, ist erkrankt«, erwiderte Gudrun.

»Oh, das tut mir leid. Doch hoffentlich nichts Ernstes?«, fragte Frau Rennert.