Sophienlust – 268 – Mirjana darf nicht weinen

Sophienlust
– 268–

Mirjana darf nicht weinen

Sie glaubte fest an die Rückkehr der Mama

Elisabeth Swoboda

Impressum:

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Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74093-400-2

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»Selbstverständlich, Herr Lenhard. Ich erwarte Sie und das Kind«, sagte Denise von Schoenecker. Dann legte sie den Telephonhörer auf und sah eine Weile stumm und bekümmert vor sich hin. Wie unerwartet und sinnlos schlug doch der Tod manchmal zu! Zurück blieb ein hilfloses Kind, das nun ganz allein auf der Welt stand. Ein Kind, das vermutlich einen schweren Schock erlitten hatte und der Umwelt in der nächsten Zeit feindselig und argwöhnisch gegenüberstehen würde. Außer, es hatte den Vorfall in seiner ganzen Tragweite nicht mitbekommen. Die Worte von Herrn Lenhard, des Bürgermeisters von Wildmoss, schienen in gewisser Weise darauf hinzudeuten. Das Kind schien nicht begriffen zu haben, daß seine Eltern unwiderruflich tot waren.

Denise runzelte ihre glatte, von der Sonne leicht gebräunte Stirn, und erhob sich. Sie mußte mit der Heimleiterin und der Kinderschwester über die baldige Ankunft des neuen Schützlings sprechen. Also verließ sie ihr mit Biedermeiermöbeln gemütlich eingerichtetes Empfangszimmer und eilte durch die große Halle in das Büro, wo Frau Rennert, die Heimleiterin, hinter ihrem Schreibtisch saß und mit versonnenem Lächeln einen langen Brief las.

»Von Christoph Schmid«, erklärte die Heimleiterin und reichte Denise von Schoenecker den Brief. »Es geht ihm gut. Allem Anschein nach hat ihm der Aufenthalt bei uns Glück gebracht. Die Versöhnung seiner Eltern dürfte von Dauer sein. Vorige Woche hat Christoph ein Schwesterchen bekommen. Aber lesen Sie selbst!«

»Dazu habe ich im Moment keine Zeit«, lehnte Denise diese Aufforderung ab. »Natürlich freue ich mich über die glückliche Wendung, die Christophs Schicksal genommen hat, aber leider gibt es noch immer Kinder, denen es weniger gut geht, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.«

»Denken Sie an einen bestimmten Fall?« erkundigte sich die Heimleiterin.

»Ja. Wo finde ich Schwester Regine?«

»Sie ist mit Heidi zum Moserbauern gepilgert. Es gibt dort zwei neugeborene Kälbchen und junge Enten«, beantwortete Frau Rennert die Frage nach der Kinderschwester.

»Zum Moserbauern«, wiederholte Denise mehr für sich. »Da sind die beiden beim Lerchenhof vorbeigekommen. Vielleicht wissen sie schon von dem Unglück.«

»Ein Unglück ist passiert?« fragte Frau Rennert bestürzt. »Ist Herrn Lechner etwas zugestoßen? Oder seiner Frau?«

»Seiner Frau. Aber das ist nicht das Schlimmste. Die Bäuerin wird gerettet werden, aber das Landarbeiterehepaar, das seit einem Jahr bei Herrn Lechner beschäftigt war, ist durch die giftigen Gärgase umgekommen.«

»Schrecklich.«

»Und so sinnlos«, seufzte Denise. »Die genauen Vorgänge sind noch nicht geklärt. Es bestand gar kein Grund für die beiden, den Silo zu betreten. Zumindest bestreitet der Bauer, den beiden diesen Auftrag gegeben zu haben. Sie sollten nur Futter herausholen, und dazu brauchten sie bloß die untere Tür zu öffnen, wie sie es schon oft getan hatten. Möglicherweise wollten sie nachschauen, wie weit der Silo noch gefüllt war. Frau Lechner ist das lange Ausbleiben der beiden dann aufgefallen. Sie suchte nach ihnen und verlor dabei ebenfalls das Bewußtsein. Zum Glück wurde sie beobachtet, als sie in den Silo kletterte. Für sie war rasch genug Hilfe zur Stelle. Für das Landarbeiterehepaar war es jedoch zu spät. Beide konnten nur noch tot geborgen werden.«

»Wie traurig!«

»Besonders traurig für das Kind, das die beiden zurückgelassen haben. Herr Lenhard hat mich vorhin angerufen und mich gebeten, das Kind in Sophienlust aufzunehmen. Ich habe selbstverständlich zugestimmt, obwohl wir im Augenblick eigentlich gar keinen Platz frei haben.«

Zu den Dingen, die Denise oft bedauerte, zählte der Umstand, daß das Kinderheim Sophienlust, für das sie die Verantwortung trug, nur einer begrenzten Anzahl von Kindern Geborgenheit bieten konnte. Viel mehr als zwanzig Kinder konnten nicht aufgenommen werden. Die Räumlichkeiten und vor allem die Erwachsenen, die die Kinder betreuten, waren mit dieser Anzahl voll ausgelastet. Schließlich sollte jedem einzelnen Kind das Gefühl vermittelt werden, daß es in Sophienlust eine echte Heimat gefunden habe.

Der eigentliche Eigentümer von Sophienlust war Denises halbwüchsiger Sohn aus ihrer ersten Ehe, Dominik von Wellentin-Schoenecker. Bis zu seiner Großjährigkeit verwaltete Denise sein Erbe, und sie tat es mit vollem Einsatz.

»Ich konnte einfach nicht ablehnen«, fuhr Denise nach einer kurzen Pause fort. »Das arme Kind braucht Liebe und Verständnis. Laut Herrn Lenhards Schilderung ist es völlig verstört. Ausgerechnet heute kam es früher aus der Schule heim und war dabei, als man seine Eltern leblos aus dem Silo holte. Nachdem der Notarzt den Tod des Ehepaars festgestellt hatte, rief mich der Bürgermeister an. Er wird Mirjana herbringen.«

»Mirjana? Es handelt sich also um ein Mädchen?«

»Ja. Habe ich das nicht erwähnt? Mirjana Frühwirth ist sieben Jahre alt und besucht die Grundschule in Wildmoos. Sie…« Denise unterbrach sich und lauschte. Von der Halle her drangen lebhafte Stimmen ins Büro.

»Die Gymnasiasten sind aus Maibach zurück«, bemerkte Denise. »Ich werde sie auf Mirjanas Eintreffen vorbereiten, damit sie Rücksicht nehmen. Nach lustigen Streichen und dergleichen wird dem verwaisten Kind nicht zumute sein.«

Denise trat in die Halle und wurde sogleich von der Kinderschar umringt. »Stell dir vor, Tante Isi. Ich mußte heute in Mathe an die Tafel kommen und habe alles gewußt. Ich habe mich nicht ein einziges Mal verrechnet«, verkündete Vicky, die die erste Klasse des in der nahegelegenen Kreisstadt befindlichen Gymnasiums besuchte.

»Spiele dich nur nicht so auf«, mischte sich Pünktchen, ein etwas älteres Mädchen, auf dessen Nase lustige Sommersprossen tanzten, ein. »In der ersten Klasse habe ich auch meistens alles gewußt. Aber warte, bis du eine höhere Klasse besuchst.«

»Was, ihr seid schon da?« rief im gleichen Moment eine helle Kinderstimme. Die fünfjährige Heidi kam von draußen in die Halle hereingehüpft, gefolgt von Regine Nielsen, der Kinderschwester. »Da muß Hermann heute besonders schnell gefahren sein«, fügte sie noch hinzu.

Hermann war der Chauffeur, der die Kinder jeden Tag mit dem Schulbus von Wildmoos, dem Ort, zu dem Sophienlust gehörte, nach Maibach brachte und wieder abholte.

»Nicht schneller als sonst«, sagte Nick. Denises älterer Sohn und Besitzer des Kinderheims. »Ich habe einen Riesenhunger. Bleiben wir zum Essen hier oder fahren wir nach Hause, Mutti?«

»Wir bleiben hier«, erwiderte Denise, die nun endlich zu Wort kam. »Ich habe nämlich Herrn Lenhard versprochen, hier auf ihn zu warten. Er bringt uns einen neuen Schützling. Ein kleines Mädchen. Es heißt Mirjana Frühwirth.« Denise wandte sich an die Kinderschwester und erkundigte sich: »Haben Sie schon von dem Unfall, der sich heute ereignet hat, gehört? Sie sind doch vorhin am Lerchenhof vorbeigekommen.«

»Nein, wir sind durch den Wald gegangen. Heidi und ich haben einen Umweg über Bachenau gemacht«, erwiderte die junge Frau und sah Denise von Schoenecker dabei fragend an.

Die Kinder waren verstummt. Sie warteten ebenfalls auf eine Erklärung von Denise, die auch sogleich kam.

»Wir werden es in der ersten Zeit nicht leicht mit Mirjana haben«, schloß Denise ihren Bericht. »Ihr müßt besonders nett zu ihr sein und sie möglichst viel beschäftigen und ablenken. Vielleicht denkt ihr euch auch Spiele aus, die ein siebenjähriges Mädchen interessieren.«

»Wird gemacht«, versprachen Nick, Pünktchen, Irmela und die übrigen Kinder wie aus einem Munde.

Die Kinder begaben sich nun zu Tisch, aber während sie auf die Suppe warteten, erörterten sie Mirjanas Schicksal.

»Sie tut mir so leid«, sagte Pünktchen leise. »Ob sie noch Angehörige hat? Großeltern, Onkeln und Tanten?«

»Davon hat Mutti nichts gesagt«, meinte Nick, der sich den Platz neben Pünktchen gesichert hatte. »Wahrscheinlich weiß sie es selbst nicht.«

»Ich bin neugierig, wie Mirjana aussieht«, piepste Heidi. »Der Name gefällt mir, Mirjana. Das klingt hübsch. Schade, daß sie schon sieben Jahre alt ist und nicht erst fünf, wie ich. Glaubt ihr, daß sie blond ist? Dann könnte ich ihr meine hellblauen Schleifen borgen. Schwester Regine hat gesagt, daß sie gut zu blonden Haaren passen.«

»Du willst dich von deinen blauen Haarschleifen trennen?« fragte Pünktchen verblüfft, denn sie wußte, daß diese Neuerwerbung, die Heidis blonde Schwänzchen zierte, im Moment der größte Stolz des kleinen Mädchens waren.

Heidi nickte. »Vielleicht freut sich Mirjana darüber«, meinte sie. »Tante Isi hat doch gesagt, wir sollen sie ablenken.«

Pünktchen lachte, war aber gleichzeitig gerührt über Heidis Selbstlosigkeit. Nur bezweifelte sie, daß himmelblaue Haarschleifen Mirjana Trost bieten könnten. Aber das verschwieg sie. Sie füllte den Suppenteller von Heidi und forderte sie auf, zum Löffel zu greifen.

Auch die anderen Kinder wandten ihre Aufmerksamkeit nun dem Essen zu. Für eine Weile verstummten die Gespräche. Bis sich die Tür öffnete und Schwester Regine mit Mirjana erschien.

Mirjana hielt den Kopf gesenkt und ließ sich willenlos von der Kinderschwester zu einem leeren Stuhl schieben. Erst als die junge Frau neben ihr Platz genommen und das Hausmädchen Lena ein neues Gedeck aufgetragen hatte, schüttelte sie ablehnend den Kopf. »Ich bin nicht hungrig«, flüsterte sie kaum hörbar.

Die Kinderschwester nahm davon Abstand, das Kind zum Essen zu zwingen, sondern sagte nur: »Vielleicht stellt sich der Hunger ein, wenn du siehst, wie es den anderen schmeckt. Nach dem Essen werde ich dich mit allen bekannt machen.«

Mirjana sah hoch und warf einen scheuen Blick in die Runde. Sie bemerkte die vielen Augenpaare, die teilnahmsvoll, aber auch ein bißchen neugierig auf ihr ruhten, und kroch förmlich in sich zusammen.

*

Auch im Biedermeierzimmer, in das Denise den Bürgermeister von Wildmoos geführt hatte, wurde über Mirjana gesprochen. Hier ging es allerdings nicht um das Aussehen des Kindes, sondern um dessen künftiges Geschick.

»Sind Sie sicher, daß Mirjana Frühwirth keine Angehörigen hat?« fragte Denise.

»Sie hat keine Angehörigen, die sie aufnehmen würden«, entgegnete der Bürgermeister. »Ich habe kurz mit Herrn Lechner diskutiert. Der Bauer ist naturgemäß sehr aufgeregt und wegen seiner Frau besorgt, aber ich habe doch seine einigermaßen klare Darstellung von Mirjanas Familienverhältnissen von ihm erhalten. Väterlicherseits existieren keinerlei Verwandte. Harald Frühwirth wuchs in einem Waisenhaus auf.«

»Und mütterlicherseits?«

»Mirjanas Mutter stammte aus einer türkischen Familie. Ihre Eltern waren strikt gegen ihre Heirat mit einem Deutschen und haben sich schließlich von ihrer ungehorsamen Tochter losgesagt. Herr Lechner erzählte auch, daß Eltern und Geschwister von Frau Frühwirth vor einigen Jahren in die Türkei zurückgekehrt sind. Es dürfte schwierig sein, sie zu finden. Versuchen könnte man es natürlich.«

»Nein. Wenn diese Leute das Kind nicht wollen, wäre es unverantwortlich, Mirjana einem so ungewissen Schicksal auszuliefern. Sie soll in Sophienlust bleiben.«

Herr Lenhardt nickte erleichtert, fühlte sich jedoch verpflichtet, Denise von Schoenecker darauf aufmerksam zu machen, daß sie mit Mirjana Frühwirth voraussichtlich einen Dauergast aufnehme.

»Das macht nichts«, sagte Denise. »Schließlich haben wir ja unseren Fonds für mittellose Kinder. Ich helfe nur, daß Mirjana sich schnell bei uns einlebt.«

Der Bürgermeister erwiderte, daß er diese Hoffnung teile, und verabschiedete sich danach.

Denise beschloß, sich zu den Kindern zu gesellen, die mittlerweile bei der Nachspeise angelangt waren. Außer Mirjana, die regungslos auf ihrem Stuhl saß, widmeten sich alle dem Orangengelee.

»Nun, Mirjana, hast du keinen Appetit?« erkundigte sich Denise freundlich.

»Ich mag nichts essen!« stieß das Kind hervor. »Warum hat Herr Lenhard mich zu Ihnen gebracht? Ich will nicht hierbleiben. Ich will nach Hause, zum Lechnerbauern. Ich will zu Hause warten, bis Papa und Mama wieder gesund sind.«

Im Speisesaal herrschte plötzlich lautlose Stille. Wiederum waren alle Blicke auf Mirjana gerichtet.

Denise überlegte fieberhaft, was sie sagen sollte. Die Ahnungslosigkeit des Kindes war bestürzend. Sollte sie es dabei belassen? Aber das hieße, eine falsche Hoffnung zu nähren.

Während Denise noch zögerte und auch die Kinderschwester keine Worte fand, fragte Heidi: »Wieso will Mirjana warten, bis ihr Papa und Ihre Mama wieder gesund sind? Tante Isi hat doch gesagt, daß sie im Himmel sind. Dort sind sie ja nicht mehr krank, aber zu warten, das nützt trotzdem nichts. Oder habe ich Tante Isi falsch verstanden?«

Heidis Fragen waren ausschließlich für Pünktchen gewesen. Heidi hatte sie auch im Flüsterton gestellt, aber die Stille hatte bewirkt, daß sie durch den ganzen Raum gegangen waren.

Mirjana schreckte hoch und rief: »Mein Papa und meine Mama kommen zurück! Es ist mir egal, was Herr Lechner, Herr Lenhardt und alle anderen sagen. Papa und Mama sind nicht gestorben. Sie sind nur krank. Ich weiß, daß sie bald wieder gesund werden. Papa war noch nie krank, Mama erst einmal. Aber da ist es ihr nach ein paar Tagen wieder gutgegangen.«

»Ach, Mirjana«, sagte Denise bekümmert. »Ich möchte nicht, daß du dich vergeblichen Hoffnungen hingibst. Heidi hat leider recht. Deine Eltern sind im Himmel und können nicht mehr für dich sorgen. Deshalb bist du jetzt bei uns. Wir werden uns alle Mühe geben, lieb zu dir zu sein, damit du dich rasch bei uns eingewöhnst. Von heute an gehörst du zu uns.«

»Ich will nicht zu euch gehören. Mama hat immer gesagt, daß ich zu ihr und Papa gehöre«, schluchzte Mirjana.

»Ja, sicher – aber jetzt ist alles anders.« Denise beugte sich über Mirjana und wollte ihren Arm um deren Schultern legen, aber das Mädchen rutschte vom Sessel und lief zur Tür.

»Mirjana, wohin willst du?« riefen die Kinder. Sie eilten dem Mädchen nach und umringten es.

»Laßt mich durch, ich muß nach Hause«, bettelte Mirjana. Tränen liefen dabei über ihre Wangen. »Ich mag euch nicht! Ihr seid ekelhaft zu mir. So laßt mich doch fort!«

»Niemand ist ekelhaft zu dir«, schaltete sich Denise mit sanfter Stimme ein. »Wir können dich nicht fortlassen, denn du bist jetzt bei uns zu Hause. Bei Herrn Lechner konntest du nicht bleiben, weil der Bauer viel zuwenig Zeit hat, sich um dich zu kümmern. Seine Frau wurde ins Krankenhaus gebracht…«

»Ja, das weiß ich«, fiel Mirjana Denise ins Wort. »Ich habe ja gesehen, wie sie in den Rettungswagen gelegt wurde. Papa und Mama sind ebenfalls im Krankenhaus, aber das macht nichts. Ich komme allein zurecht, bis sie wieder gesund sind. Herr Lechner braucht sich nicht um mich zu kümmern. Ich kann unser Zimmer allein aufräumen. Ich kann Kartoffeln und Eier kochen, und allein anziehen kann ich mich schon lange.«

»Mirjana, bitte, begreife doch, deine Eltern sind nicht im Krankenhaus. Du darfst nicht auf sie warten. Von dort, wo sie jetzt sind, können sie nicht mehr zu dir zurückkommen«, sagte Denise mit mühsam beherrschter Stimme. Mirjana tat ihr unendlich leid. Die Hartnäckigkeit, mit der sich die Kleine gegen das Ereignis zur Wehr zu setzen versuchte, ging ihr nahe. Außerdem verspürte sie Hilflosigkeit. Sie wußte nicht, wie sie Mirjana helfen sollte. Offensichtlich benötigte das Kind den Schutzmantel des Nicht-wahr-haben-Wollens. Trotzdem mußte es dazu gebracht werden, den Aufenthalt in Sophienlust hinzunehmen.

Denises Gedankengang wurde von Mirjana unterbrochen. »Vielleicht kann Papa nicht zurückkommen«, stammelte sie, »aber Mama… Mama wird mich niemals verlassen.«