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Peter Egly

Die Kugel der Zeiten - Glaube

Glaube





BookRix GmbH & Co. KG
81371 München

Intro

 

DIE KUGEL DER ZEITEN - GLAUBE (Band 1)

 

In einer sternenklaren Nacht rast etwas Mysteriöses auf die Erde zu und schlägt schließlich in einen Baum ein ...

Woher kommt es?

Hat es vielleicht sogar jemand geschickt, wenn ja, wer und warum?

 

Zwei katholische Pfarrer sind im Besitz einer Schatulle, in der das Tagebuch von Jesus Christus verwahrt sein soll. Sie wissen, dass dieses Artefakt vor der verborgen agierenden Macht eines Kardinals, mit Ambitionen auf den Heiligen Stuhl, auch in ihren Pfarreien im Raum Frankfurt nicht sicher ist. Sie übergeben deshalb die Schatulle der jungen Wissenschaftsjournalistin Alina Karlovski, obwohl deren Arbeiten und Veröffentlichungen kirchenkritisch geprägt sind.

Kurz darauf werden die beiden Geistlichen grausam ermordet aufgefunden.

Schnell gerät Alina in den Fokus der Mordkommission.

Auf ihrer Flucht vor der Polizei lernt sie den völlig verwahrlosten Genetiker Thomas Becker kennen, der das mysteriöse Teil in dem Baum findet. Kann er ihr helfen, bekommen sie Unterstützung von ganz oben oder muss sie für eine Tat büßen, die sie vielleicht gar nicht begangen hat?

 

Verfolgt von der Polizei und weiteren auf den Plan gerufenen Mächten, beginnt auf Alina und Thomas eine Hetzjagd um die halbe Welt und sogar durch die Zeit.

 

Copyright © 2018 by Peter Egly – publiziert von telegonos-publishing

www.telegonos.de

(Haftungsausschluss und Verlagsadresse auf der website) 

 

Coverdesign: Yvonne Less – art4artists.com.au

 

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

Kontakt zum Autor:

www.peteregly.de

 

Danksagung

 

 

Für meinen Debütthriller, in dem mein ganzes Herzblut steckt, hatte ich Hilfe von zahlreichen Menschen. Denn ein Buch entsteht nicht nur durch den Autor alleine. Genau deshalb möchte ich mich an der Stelle ganz herzlich bei den zahlreichen Helfern bedanken. Diese Menschen will ich nicht vergessen, denn ohne sie wäre es mir gar nicht möglich gewesen, diesen Roman überhaupt zu schreiben.

Zunächst richtet sich mein Dank an den Telegonos Verlag, insbesondere an den Verleger Heinz Rochholl. Ein großes Dankeschön, weil er an mich glaubt, Geduld mit mir hat und mein Buch verlegt, obwohl ich noch ein Unbekannter bin.

Danke an die großartige Coverdesignerin Yvonne Less (art4artists.com.au), die viel Geduld mit mir hatte und dieses wunderschöne Cover entwarf.

Keinen geringen Anteil an der Fertigstellung hat Karin Ahlert, der ich nicht genug Danke sagen kann. Sie sprach oft mit mir über die Geschichte und hat, wie bereits erwähnt, keinen geringen Anteil an der Fertigstellung dieses Romans.

Ein weiteres großes Danke geht an Ursula Jany und Dr. Marcel Biegler (der mir auch in medizinischen Fragen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand). Sie halfen mir dabei, aus meinem Geschriebenen einen flüssigen Text zu machen.

Danke an Kriminalhauptkommissar D. L., der mir bei meinen Polizeiszenen immer wieder zur Seite stand.

Vielen Dank auch an das Sekretariat in der Vatikanstadt, ohne das ich in kirchlichen Fragen einfach nicht weitergekommen wäre.

Mein weiterer Dank geht an die Professoren der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt, die mir geduldig bei kniffligen Fragen zur Seite standen.

Des Weiteren geht mein Dank an die Journalistinnen und Journalisten, die mir trotz Zeitmangel bei journalistischen Fragen immer unter die Arme griffen. Danke auch an die Historiker, die mir geduldig Auskunft gaben.

Einen weiteren Dank möchte ich noch an meine Testleserinnen und Testleser zum Ausdruck bringen, die mich dazu ermutigt haben, weiterzuschreiben. Hier erlaube ich mir, Ursula Orlović und Tamara Holder ganz besonders hervorzuheben. Ohne all diese Menschen hätte ich es niemals geschafft, diesen Roman zu schreiben.

 

Vielen lieben Dank an alle – ich weiß diese Hilfe sehr zu schätzen.

 

Nicht zuletzt danke ich selbstverständlich auch meinen Lesern, denn was wäre dieses Buch ohne sie?

 

Kapitel 1

 

 

Teil 1

 

Kapitel 1

Es war schon später Abend, als es aufhörte zu regnen. Ein älteres Ehepaar nutzte die Gunst der Stunde, um mit seinem Hund einen Spaziergang zu machen. Ihr Weg führte die drei über eine wenig befahrene, dunkle Straße am Waldrand. Ab und an leuchtete ein vorbeifahrendes Fahrzeug ihren Weg kurz aus. In der Ferne konnten sie die Skyline von Frankfurt am Main bewundern.

»Mensch Benno«, schimpfte der Mann gereizt mit seinem Labrador. »Zieh doch nicht so. Warte nur ab, wenn du älter bist, dann wirst du auch langsamer werden.«

Die Frau musste lachen.

Plötzlich blieb der Hund abrupt stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Mit Mühe konnte das Ehepaar einen Sturz über den Hund verhindern. Der Labrador blickte nach oben und begann ohne erkennbaren Grund, den klaren Sternenhimmel wie verrückt anzubellen.

»Verdammt, was ist denn heute nur los mit dir?«

Verwirrt schaute das Ehepaar in die Richtung, nach der Benno so massiv anschlug, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken.

Der Mann streichelte dem Hund beruhigend über den Kopf. Auf einmal vernahm das Ehepaar ein immer lauter werdendes pfeifendes Geräusch, das extrem schnell auf sie zuzukommen schien. Ängstlich sahen sie sich an. Panik stieg in ihnen auf, als sie erneut dem Blick ihres Hundes gen Himmel folgten. In diesem Augenblick krachte nicht weit vor ihnen etwas mit einem gewaltigen und ohrenbetäubenden ‚RUUUUMMSS‘ nieder und brachte die Erde zum Beben. »Grundgütiger! Was war denn das?«, fragte die Frau vor Schreck mit zittriger Stimme.

Sekunden später war es wieder still, nur das gewohnte Rascheln der Blätter in den Bäumen war noch zu hören.

Erneut fuhr ein Auto ungebremst vorbei. Der Fahrer hatte offenbar nichts mitbekommen.

Der Mann übergab seiner Frau die Leine. »Bleib du mit Benno hier stehen, ich seh‘ mal nach.« Vorsichtig ging er in die Richtung, aus der sie den Krach vernommen hatten.

»Und?«, wollte sie ungeduldig wissen und sah zu dem Baum, vor dem ihr Mann inzwischen stand und sich die Stirn kratze.

»Ich habe keine Ahnung«, antwortete er achselzuckend. »Allerdings, dieser Baum hier sieht aus, als wäre er gerade von einem Riesen mit einer Axt von der Krone bis fast zum Boden in zwei Teile gespalten worden.«

Kapitel 2

Kapitel 2

»Schön, dass Sie wieder bei uns sind, Herr Altmaier«, sagte ein blonder Mann mit markanter Nickelbrille. Er lächelte den älteren Pfarrer, der ihm gegenüber am Schreibtisch saß und gerade aus der Betäubung erwachte, an. »Ich hatte schon die Befürchtung, dass Sie mir zu früh sterben«, stellte er fest und zog Lederhandschuhe an.

Der korpulente alte Pfarrer stöhnte vor Schmerzen.

»Was haben Sie vor?«, fragte er, vom Elektroschock noch immer etwas benommen. »Sind Sie verrückt geworden? Machen Sie mich sofort los!« Wütend zerrte er an den Fesseln.

»Alles zu seiner Zeit, alter Mann. Ganz ruhig! Nicht, dass Sie mir hier noch einen Herzinfarkt kriegen«, entgegnete der Anzugträger in ruhigem Ton. Er öffnete den schwarzen Metallkoffer, den er vor sich auf den Schreibtisch gelegt hatte. »Sie werden mir jetzt erst einmal ein paar Fragen beantworten. Zum Beispiel: Wo befindet sich der Schlüssel für die Schatulle, die Ihr Kollege hat.«

»Welcher Schlüssel? Wovon sprechen Sie? Ich weiß nichts, junger Mann!«, antwortete der grauhaarige Pfarrer wütend und versuchte, seine Hände zu befreien, die hinter dem Bürostuhl zusammengebunden waren.

Der Mann im Anzug schnalzte mit der Zunge, schüttelte dabei den Kopf und erhob mahnend den Zeigefinger.

»Oh, nein, nein, nein! Ich sehe schon, so kommen wir nicht weiter.«

Altmaier schwieg, sah den Mann angstvoll an und versuchte weiter, seine Hände freizubekommen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Seine Handgelenke schmerzten dadurch nur noch mehr. Panik ergriff ihn. Ruckartig bewegte er sich hin und her und riss den Stuhl beinahe um.

Diese Gegenwehr beunruhigte den Mann im Anzug nicht im Geringsten, er schien sich vielmehr darüber zu amüsieren.

»Oh, zappeln Sie nur!«, sagte er. »Dadurch ziehen sich die Leinen nur noch fester zu.«

»Sie sind ja total verrückt!«

»Oh, da mögen Sie recht haben«, bestätigte der Mann, nahm eine Pistole aus dem Koffer und schraubte in aller Seelenruhe einen Schalldämpfer darauf. »Aber glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, euer verlogener Haufen ist noch viel verrückter.«

Mit Entsetzen sah Altmaier auf die Waffe und ihm wurde sofort klar, dass es hier um sein Leben ging. Schweiß trat ihm auf die Stirn, lief die Schläfen hinunter und auch in seine Augen. Er riss den Mund auf und wollte um Hilfe rufen, doch der blonde Mann ihm gegenüber war schneller. Blitzschnell hatte dieser sich über den Schreibtisch gebeugt und dem Geistlichen die Mündung der Waffe in den Mund geschoben.

»Sie wollten doch nicht etwa gerade schreien, oder? Das wäre eine ganz dumme Idee«, knurrte er, entsicherte die Waffe und blickte den verängstigten Pfarrer fragend an.

Der alte Mann nickte in Todesangst vorsichtig mit dem Kopf.

»Dachte ich mir«, bestätigte der Mann, zog den Lauf der Waffe wieder aus dem Mund des Pfarrers, näherte sich langsam dessen Gesicht und strich ihm wie einem Kind, das man lobt, übers schüttere graue Haar. »Bis hierher sind wir uns also einig, nicht wahr?«

Altmaier war starr vor Angst und starrte nur in die kalten braunen Augen seines Peinigers.

Der Ton des Mannes mit der Nickelbrille wurde plötzlich aggressiv. Er presste dem alten Mann die Waffe jetzt so fest gegen die Stirn, dass sich ein roter Ring um den Lauf bildete.

»Ich fragte, ‚nicht wahr‘?«

»Ja, ja, ja, bitte, bitte, um Himmels willen! Erschießen Sie mich nicht«, winselte Altmaier. Seine grünen Augen schielten voller Angst auf die Pistole. Jetzt konnte er den Inhalt seiner Blase nicht mehr halten und ließ ihm freien Lauf.

»Oh, keine Sorge, ich habe nicht die Absicht, Sie zu erschießen«, sagte der blonde Mann, lachte und näherte sich dem Pfarrer so sehr, dass zwischen ihre Köpfe keine Hand mehr passte. Der alte Mann konnte sein eigenes Spiegelbild im Glas der Nickelbrille des Peinigers erkennen.

»Sie haben Angst, das ist gut. Das ist sogar sehr gut.« Der Mann im Anzug zog sich seelenruhig einen Stuhl heran und nahm Platz. Sein Opfer musternd zog er die Brille ab und putzte sie.

Der Pfarrer, dessen Hose nun von Urin völlig durchnässt war, bettelte seinen Peiniger an.

»Ja, ich habe Angst. Bitte, tun Sie mir nichts. Ich tue alles, was Sie verlangen.«

»Oh, da bin ich mir ganz sicher.« Der Peiniger zog langsam den Koffer näher zu sich heran, nahm einen weißen Einweganzug heraus und legte diesen auf dem Schreibtisch ab. Anschließend zog er sein Sakko aus und packte es sorgfältig zur Seite.

Altmaier sah dem Mann in die Augen und konnte darin nur kalte und todbringende Abgründe erblicken. Es schauderte ihn und mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er diesen Tag nicht überleben würde. Er begann stumm das Vaterunser zu beten. »Warum tun Sie das? Was, im Namen des Herrn, habe ich Ihnen denn nur getan?«, fragte er schließlich mit zittriger Stimme. Die vergehende Zeit, in der ihn sein Peiniger nur still anstarrte, trieb ihn fast in den Wahnsinn.

»Nehmen Sie das nicht persönlich, es ist nur ein Job«, antwortete der blonde Mann, nahm einen langen Nagel aus dem Koffer und hielt ihn so, dass der Pfarrer diesen gut sehen konnte. »So, dann fangen wir noch einmal mit einer ganz einfachen Frage an ...«

Nachdem der zwischenzeitlich in den weißen Anzug gehüllte schließlich alles erfahren hatte, was er wissen wollte, stellte er ein Radio an, wählte einen Sender mit klassischer Musik und machte sich ans Werk. Seine Arbeit war noch nicht ganz beendet, da klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Seelenruhig durchtrennte er im Takt der Musik mit seinem blutverschmierten Skalpell die Leitung und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Hin und wieder zerschnitt er mit dem Skalpell die Luft und ahmte die Bewegungen eines Dirigenten nach.

Als nach einer Weile seine Arbeit abgeschlossen war, betrachtete er in aller Ruhe sein Werk. Anschließend nahm er einen Ohrring und ließ ihn in den Blutsee fallen, bevor er sich sorgfältig umzog und seinen Auftraggeber telefonisch informierte.

Kurze Zeit später verließ er das Haus, packte den Metallkoffer in den Kofferraum, legte seine Nickelbrille ins Handschuhfach und stellte sich den Rückspiegel richtig ein. Sein nächstes Ziel hatte ihm der Pfarrer ja verraten. Dafür blieb ihm allerdings noch ein Tag Zeit.

Kapitel 3

Kapitel 3

Die Hände in weißen Stoffhandschuhen, nahm Alina Karlovski vorsichtig die Schatulle, wickelte ein Tuch darum und verstaute sie anschließend in der stabilen Fototasche.

»Ich bin sicher, dass Sie bei Ihnen in guten Händen ist«, sagte der alte Pfarrer Ferdinand Beigl und fuhr sich über seine Halbglatze mit grauem Haarkranz. Seine schmächtige Gestalt erbebte leicht.

Alina zog die Handschuhe aus und verstaute diese ebenfalls in der Fototasche, die sie eigens zu diesem Anlass mitgebracht hatte. Hoffentlich haben wir nun endlich die Beweise, dachte sie und gab Beigl die Hand. »Wann glauben Sie, können Sie mir den Schlüssel dazu geben?«

»Ich werde mich bei Ihnen melden, Frau Karlovski, sobald ich meinen Freund und geschätzten Kollegen erreicht habe. Nur er weiß Näheres über den Verbleib des Schlüssels, wissen Sie?« Beigl nickte mit dem Kinn in Richtung Alinas Tasche. »Er hat Anhaltspunkte dafür, wo sich der Schlüssel jetzt befinden könnte.« Beunruhigt sah der betagte Pfarrer auf seine Taschenuhr und strich sich dabei mit leicht zittrigen Händen über die Halbglatze. »Sehen Sie, er sollte eigentlich schon seit einer Stunde hier sein. Er war noch nie unpünktlich, wissen Sie? Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern. Und offen gestanden, mache ich mir inzwischen Sorgen«, seufzte er. »Seit gestern Vormittag kann ich ihn telefonisch nicht mehr erreichen, und wir telefonieren täglich. Sie können sich nicht vorstellen, Frau Karlovski, was alles passiert ist, seitdem wir diese Schatulle, in der dieses Tagebuch sein soll, gefunden haben.«

Obwohl seine Hände ruhig waren, strahlte er für Alina eine innere Unruhe aus.

»Woher haben Sie die Schatulle, Herr Beigl?«

Beigl zog ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase.

»Wir fanden sie bei einer Pilgerfahrt in Italien, in einer kleinen verfallenen Kapelle, wissen Sie?« Der Alte steckte das Taschentuch weg, faltete seine Hände und schüttelte sie. »Heilige Maria, hätten wir sie doch nie mitgenommen!« Er zögerte kurz. »Wir wurden mit dem Tod bedroht, wissen Sie?«

»Oh Gott, das ist ja furchtbar!«, erschrak Alina und zuckte leicht zurück. »Von wem?« Sie hatte plötzlich das beklemmende Gefühl, dass der Pfarrer ihr nicht die ganze Wahrheit über die Schatulle erzählt haben könnte.

»Mein liebes Kind, wir haben den Fehler gemacht, uns Dritten anzuvertrauen. Jetzt haben wir die Konsequenzen zu tragen.« Der Pfarrer überlegte einen Augenblick, winkte schließlich jedoch ab. Alina entging nicht, dass die kleinen blauen Augen des alten Mannes glasig wurden. Sie sagte nichts, wartete nur, bis der alte Mann wieder das Wort ergriff.

»Ach, lassen wir das. Ich will Sie damit weder verängstigen noch langweilen. Mein Leben ist gelebt, was soll mir noch groß passieren ... Es wäre allerdings besser gewesen, wir hätten die Schatulle nicht mitgenommen.«

»Ich bitte Sie, Herr Beigl, Sie ängstigen mich nicht. Und was die Schatulle mit dem Tagebuch anbelangt«, sie tätschelte ihre Fototasche. »Ich werde selbstverständlich warten, bis Ihr Freund mir den Schlüssel aushändigt.«

»Öffnen Sie sie nur mit dem Originalschlüssel und auf gar keinen Fall mit Gewalt«, ermahnte er sie eindringlich, mit erhobenem Zeigefinger. »Der Herr allein weiß, was dann passiert?«

Alina runzelte die Stirn.

»Ich werde sie selbstverständlich nicht öffnen, also mit Gewalt meine ich«, versicherte Alina, obwohl sie vor Neugierde regelrecht zu platzen drohte.

»Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, bitte überlegen Sie sehr genau, was Sie damit tun. Seien Sie sich der Gefahr stets bewusst, dass es Menschenleben kosten könnte ... unseres eingeschlossen. Sehen Sie, ich bin ein alter Mann, aber Sie ... Sie sind jung. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass Sie sich nicht einmal annähernd vorstellen können, wozu der theokratische Klerus fähig sein kann, nur um diese Schatulle in seinen Besitz zu bekommen. Machen Sie nicht den gleichen Fehler wie ich.« Er zögerte einen Augenblick. »Vertrauen Sie in diesem Fall niemandem, nicht einmal der heiligen Kirche«, sagte er plötzlich mit unerwartet lauter Stimme und hob dabei erneut mahnend den rechten Zeigefinger.

Alina stutzte und wich aufgrund der unerwarteten Lautstärke zurück. Der heiligen Kirche vertrauen? Sie war bemüht, ihre Verachtung nicht allzu deutlich zu zeigen.

»Wie meinen Sie das?«

Beigl schüttelte den Kopf. »Mein Kollege und ich ... wir waren so dumm, einem hohen kirchlichen Würdenträger zu vertrauen, von dem wir lange dachten, er sei ein Freund.« Er zögerte erneut, so als suchte er nach den richtigen Worten. »Nachdem wir uns weigerten, ihm die Schatulle auszuhändigen, hat er uns ganz unverhohlen gedroht. Er sagte, wir würden unsere Kirchenämter verlieren, aber das war nicht einmal das Schlimmste. Er hat natürlich auch an unsere Kirchentreue appelliert! In seinen Augen war es Blasphemie, dass wir die Schatulle nicht der Kirche überließen. Ich wollte die Schatulle nicht mitnehmen, aber er ...«, Beigl wies Alina mit leicht zittriger Hand den Weg zur Tür. »Kommen Sie, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«

Alina folgte ihm in den Flur. Der Pfarrer deutete auf ein eingerahmtes Schwarzweißfoto an der Wand, auf dem er in einer Gruppe Geistlicher zu sehen war und fuhr fort:

»Er bestand vehement darauf, dass die Menschheit von diesem Tagebuch erfahren sollte.«

»Wer?«

Der Pfarrer presste kurz die Lippen aufeinander, zeigte dann auf einen Mann, der auf dem Foto zu seiner Linken stand und antwortete schließlich: »Bitte, Frau Karlovski, haben Sie Verständnis dafür, dass ich Ihnen seinen Namen nicht nennen kann. Er bat mich ausdrücklich darum. Er hat genau wie ich große Furcht, darum wollten wir Sie erst persönlich kennenlernen, um uns ein Bild von Ihnen zu machen, verstehen Sie?« Der Pfarrer sah wieder auf die Taschenuhr. »Ich bete zu unserem Herrn, dass ihm nichts zugestoßen ist. Ich weiß nicht warum, aber ich habe so ein Unbehagen.« Seufzend deutete er noch einmal auf das Foto.

»Darf ich mir das Foto mal genauer ansehen?«, fragte Alina.

Der alte Mann nahm es von der Wand und reichte es ihr. Nachdem sie es eingehend betrachtet hatte, gab sie es ihm wieder und er hängte es zurück an seinen Platz. Dass er es schief anbrachte, störte ihn nicht und Alina war gedanklich bereits wieder bei der Schatulle, sodass sie nicht weiter darauf achtete.

»Die meisten meiner Brüder sind leider schon verstorben«, sagte er und bekreuzigte sich.

»Sagen Sie Herr Beigl, wie kamen Sie eigentlich auf mich? Wieso wollten Sie ausgerechnet mir dieses wertvolle Artefakt anvertrauen? Sie wissen doch, wie ich zu der katholischen Kirche stehe.«

Der Pfarrer zögerte einen Moment, dann sah er ihr in die Augen und antwortete: »Ja, das weiß ich. Sie sind eine bekannte Wissenschaftsjournalistin. Sie schreiben zwar kritisch über die katholische Kirche, aber dafür ehrlich, meiner Meinung nach, was ich sehr an Ihnen schätze. Wer weiß, vielleicht bringt Sie der Inhalt auf den rechten Weg. Außerdem kannte ich Ihren Vater, Gott hab ihn selig.«

»Ach tatsächlich?«, staunte Alina völlig überrascht. Sie erinnerte sich sofort daran, wie sie als Kind oft neben ihrem Vater gesessen hatte, während dieser alte Schriften entzifferte. Er war ein bekannter Historiker und Linguist gewesen, der nicht selten von namhaften Archäologen und Universitäten bei der Entschlüsselung alter Schriftstücke als Berater hinzugezogen worden war. Eine Koryphäe auf seinem Gebiet ...

»Hier sehen Sie, ich habe sehr aufmerksam Ihre Veröffentlichungen verfolgt«, sagte der alte Mann und hielt Alina ein aufgeklapptes Wissenschaftsmagazin hin, das er aus der obersten Schublade einer alten Eichenkommode genommen hatte, die direkt unter dem Bild stand.

»Ich fühle mich geschmeichelt«, lächelte Alina.

Der alte Mann legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Sie sind zwar eine Extremistin, wenn ich das so sagen darf, aber Sie werden schon das Richtige tun, davon bin ich überzeugt.«

Wenn Sie sich da mal nicht täuschen. »Ich danke Ihnen sehr für das entgegengebrachte Vertrauen«, sagte sie schließlich und verabschiedete sich. Auf dem Weg von dem kleinen Haus bis zum Wagen dachte sie fieberhaft nach. Ich muss zu Karl und ... und ... Sie riss die Tür des Wagens auf, legte die Tasche behutsam auf den Beifahrersitz, schwang sich auf den Fahrersitz und warf einen letzten Blick auf den Pfarrer, der jetzt innen am Fenster stand und ihr freundlich zunickte. Da ihre Hände vor Aufregung zitterten, hatte sie ein wenig Schwierigkeiten den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken. Ihr Smartphone, zwischen Ohr und Schulter geklemmt, startete sie den Motor.

Kaum war Alina angefahren, öffnete nur wenige Meter hinter ihr ein Anzugträger mit blonden kurzen Haaren und altmodischer Nickelbrille die Fahrertür seines schwarzen Audis.

Ein Nachbar von Gegenüber, der offenbar gerade aus der Garage kam, blieb eine Weile stehen und beobachtete, wie eine junge Frau hektisch davonfuhr und ein anderer fast zeitgleich aus seinen Wagen stieg. Dieser Mann hatte wohl nur darauf gewartet, dass sie endlich ging. Der Nachbar machte sich aber keine großen Gedanken, zuckte kurz mit den Schultern und ging schließlich ins Haus.

Der Mann aus dem Audi sah sich kurz um, holte einen kleinen schwarzen Metallkoffer aus dem Kofferraum und betrat das Grundstück des Pfarrers von der Seite.

Alina hatte nicht gesehen, dass der Audi zeitgleich mit ihr angekommen und das Haus seitdem beobachtet worden war.

Der Pfarrer, der noch immer gedankenversunken am Fenster ausharrte, riss nur wenige Momente später vor Schreck die Augen auf, da er plötzlich von hinten überrascht wurde.

Der blonde Mann, der leise ins Haus eingedrungen war, überwältigte den Geistlichen von hinten und betäubte ihn mit einem Elektroschocker. Anschließend, nachdem er seelenruhig die Vorhänge zugezogen hatte, fesselte er sein Opfer mit Schiffsleinen an dessen Bürostuhl. Nachdem er alles unter Kontrolle zu haben glaubte, nahm er sein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer mit italienischer Vorwahl. Er kannte die Nummer auswendig, aber speichern wollte er sie auf keinen Fall. Der Angerufene ließ offenbar keinen Zweifel daran, was er von ihm erwartete. Ohne Gefühlsregung nahm er die Anweisungen seines Auftraggebers entgegen.

Gleich nachdem er das Telefonat beendet, das Anrufprotokoll gelöscht und sein Aufnahmegerät weggesteckt hatte, nahm der blonde Mann wieder einen weißen Einweganzug aus dem Koffer und zog ihn sich über.

»Oooh«, jammerte der Pfarrer, der allmählich zu sich kam. Erschrocken blickte er sofort in die kalten Augen eines Mannes, der sich lächelnd über ihn gebeugt hatte.

»Großer Gott, wer sind Sie?«, fragte der Pfarrer entsetzt und fing ruckartig an, an seinen Fesseln zu zerren. »Was soll denn das? Machen Sie mich sofort los! Das tut doch weh«, schrie er zornig, weil es ihm nicht gelang, seine Arme zu bewegen.

 

Alina wartete ungeduldig, während ihr Handy wählte. Aber sie hatte kein Glück, es war immer nur das Besetztzeichen zu hören. Wahrscheinlich liegt der Hörer mal wieder daneben, mutmaßte sie und wählte eine andere Nummer. Aber auch unter dem Eintrag ‚Prof. Jung, Mobil‘ war niemand zu erreichen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen warf sie genervt ihr Smartphone neben die Fototasche auf den Beifahrersitz. »Wo zum Teufel sind Sie?«, schimpfte sie laut, während sie weiter in Richtung Frankfurt fuhr.

Plötzlich klingelte ihr Handy und auf dem Display erschien das Bild einer jungen Frau mit dem Hinweis, ‚Melanie Winter ruft an‘.

»Oh, Melanie«, stöhnte Alina, nahm das Gespräch an und schaltete auf Lautsprecher. Noch ehe sie etwas sagen konnte, legte ihre beste Freundin los.

»Hallo Alina, wie geht es dir?«, fragte sie, wartete allerdings keine Antwort ab, sondern redete einfach weiter. »Du, ich wollte nur fragen, ob du Lust hast, morgen zu meiner Party zu kommen? Es kommen nur wenig Leute. Es wird bestimmt schön und mit Sicherheit auch sehr interessant!«

»Oouh, das …«

Melanie ließ sich von Alinas zaghaftem Einwand keineswegs irritieren. »Ein Freund, der lange in Amerika war, will mich besuchen. Ein interessanter Mann, den du unbedingt kennenlernen musst«, flötete sie am anderen Ende während Alina seufzend die Augen verdrehte.

»Oh, du weißt doch genau, dass ich nicht so der ...«,

»Ach was!«, unterbrach Melanie. »Du musst öfter unter Leute! Du bist schon ganz eingestaubt von deinen vielen alten Büchern. Es dauert nicht mehr lang und du hast die Metamorphose zum Bücherwurm abgeschlossen.«

Alina musste lachen. »Tja, Melanie, du kennst mich, was soll ich machen. Ich bin, wie ich bin.« Sie hatte jetzt gar keinen Kopf dafür, mit Melanie über Partys, Männer und andere Dinge zu quatschen. »Du weißt doch, für mich sind Bücher und alte Schriften interessanter als Männer. Männer sind ...«

»Manchmal unverzichtbar!«, vollendete Melanie glucksend den Satz.

»Ja, ja, schon gut.« Alina wusste, dass sie bei Diskussionen mit ihrer Freundin nur verlieren konnte. Dafür hatte sie Melanie in all den Jahren gut genug kennengelernt.

»Ich weiß ja, dass du deine Arbeit liebst, aber deshalb musst du doch nicht wie eine Nonne leben.«

»Hey! Moment mal, du Luder, willst du mich etwa schon wieder verkuppeln!?«, protestierte Alina und spielte die Empörte.

»Nööö, was denkst du denn von mir? Das würde mir im Traum nicht einfallen«, säuselte Melanie in unschuldigem Tonfall.

»Melaniiieeee?«, Alina verdrehte erneut die Augen.

»Ja, ja, alles gut. Jedenfalls würde ich mich sehr freuen, wenn du morgen kommst.«

Alina stöhnte und runzelte die Stirn, während sie den Blinker setzte und gleich darauf abbog. »Na gut, mal sehen.«

»Schön, ich nehme das jetzt mal als Ja. Ich freue mich jedenfalls sehr auf dich.« Ihre beste Freundin kicherte.

»Gibt es einen besonderen Anlass, oder ...?«

»Oh, deine Frage tut schon ein bisschen weh.«

»Wieso?«, erkundigte sich Alina vorsichtig und wusste, dass sie in ein Fettnäpfchen getreten sein musste, dem Schnauben von Melanie nach zu urteilen.

»Alina, oh nein, du hast ihn tatsächlich vergessen?«

Alina verzog nachdenklich das Gesicht. »Wen denn?«

»Na, meinen Geburtstag! Ich werde achtundzwanzig, aber wen interessiert das schon ...«

Alina schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Sie war verärgert, weil sie tatsächlich den Geburtstag ihrer besten Freundin vergessen hatte. »Natürlich nicht«, log sie hastig. »Was denkst du denn von mir?«

»Ja, ja, schon klar. Also kommst du morgen Abend gegen 19 Uhr?«

»Natürlich komme ich! Das lasse ich mir doch nicht entgehen. Also bis morgen, ich muss jetzt aber Schluss machen. Ich fahre gerade.« Eine Party war eigentlich das Letzte, worauf Alina jetzt Lust hatte.

»Alles klar, ich freue mich. Also bis dann«, konnte Alina gerade noch hören, als sie das Gespräch beendete, um sich auf die eben auf Rot umspringende Ampel zu konzentrieren.

Melanie betrachtete noch eine Weile ihr Telefon und kräuselte schließlich die Stirn, bevor sie den Kontakt ihres Freundes aus Amerika, mit dem sie kurz vor Alina telefoniert hatte, erneut antippte, um ihm eine Kurznachricht zu senden. Gleich darauf ließ sie das Telefon in ihrer Schürzentasche verschwinden und gönnte sich noch einen Moment Ruhe, bevor sie wieder an ihre Arbeit ging. Ihre Gedanken kreisten um ihre Freundin, der sie sehr dankbar war. Denn als ihr Vater vor knapp einem Jahr wegen fortschreitender Demenz immer mehr Betreuung brauchte und in einem Pflegeheim untergebracht werden musste, hatte ihr Alina ohne zu zögern geholfen, die finanziellen Mittel dafür aufzubringen. Melanie war anfangs zwischen der Sorge um ihren Vater und den Schuldgefühlen gegenüber ihrer Freundin hin und her gerissen. Aber Alina hatte es verstanden, ihr die Schuldgefühle zu nehmen. Ihr Vater und Alina waren die einzigen nahestehenden Menschen, die sie noch hatte.

 

Für Alina war Melanie Winter herrlich naiv und eine Person, die in allem und jedem nur das Gute sah. Aus anfänglicher Sympathie hatte sich schnell Freundschaft entwickelt. Äußerlich waren sich Alina und Melanie sehr ähnlich, nur die Augenfarbe war unterschiedlich. Alina hatte grüne Augen und Melanie braune. Beide hatten langes, braunes und seidiges Haar, das weit über die Schultern reichte. Nicht selten wurden sie für Schwestern gehalten. Jeans oder die bequeme Jogginghose gehörten zu Melanies Lieblingsklamotten, während Alina meistens Leder trug, aber nicht, weil sie es erotisch fand, sondern weil sie es leicht abwischen konnte, ohne groß waschen und bügeln zu müssen. Die erotische Wirkung, die sie dadurch auf Männer hatte, war Alina nicht bewusst.

Sie quälte sich unterdessen weiter mit ihrem grünen Mini durch den Frankfurter Verkehr in Richtung Innenstadt. Offenbar war jeder Frankfurter mit dem Auto unterwegs, wollte einkaufen oder einfach so schnell wie möglich ins Wochenende.

Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht und das Chaos, auf das sie sich kaum zu konzentrieren vermochte, hinter sich gelassen. Nach erfolgreicher Parkplatzsuche eilte sie mit der Fototasche aufgeregt auf ein Gebäude zu, über dessen Eingang in großen Lettern ‚JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT‘ stand. Sie kannte das Universitätsgelände so gut wie ihre Westentasche, schließlich hatte sie hier studiert und sehr viel Zeit in diesen Gängen verbracht. Ihren Laufschritt beschleunigte sie fast zum Sprint, blieb allerdings plötzlich vor dem Treppenaufgang stehen.

»Du blöde Kuh!«, schalt sie sich plötzlich laut, blieb vor dem Treppenaufgang stehen und schlug sich gegen die Stirn. In ihrer Aufregung und abgelenkt durch Melanie, hatte sie total vergessen, dass die Büros wegen Renovierungsarbeiten verlegt worden waren. Sofort kehrte sie um und raste mit dem grünen Mini zum Institut für Physik, vor dem sie glücklicherweise auch gleich einen Parkplatz fand. Schon während sie aus dem Wagen stieg, sah sie zum Fenster des Büros, das ihr Ziel war, nahm aber nicht wahr, dass dort kein Licht brannte. Sie brauchte keinen Schlüssel, um das Gebäude zu betreten. Normalerweise sollte das Institut ab achtzehn Uhr abgeschlossen sein, was aber so gut wie nie eingehalten wurde, da Studenten oder Lehrer oft verspätet gingen und die Tür einfach offengelassen wurde. Zielstrebig hechtete sie die Treppe hoch und wollte, ohne anzuklopfen, in das Büro stürmen, auf dessen Türschild ‚Prof. Dr. Karl Jung, Studiendekan des Fachbereiches Physik‘ geschrieben stand. Es war bereits kurz nach 21 Uhr, doch Alina war sich sicher, dass sie den Professor noch antreffen würde.

Sein Büro war nämlich selten verschlossen, seit seine Frau verstorben war. Er hatte daraufhin sein Haus verkauft und hielt sich fast ausschließlich im Institut auf.

Heute allerdings hatte Alina Pech. Die Tür war zugesperrt, sodass sie schwungvoll mit der Nase dagegen prallte. »Aua, verdammt!«, fluchte sie und rieb sich verwundert die geprellte Stupsnase. »Nanu? Niemand da? Wo sind Sie, Professor Karl?« Ein weiteres Mal nahm sie ihr Smartphone und versuchte, den Professor auf dessen Handy zu erreichen. Trotz des Freizeichens nahm aber niemand ab. Sie hatte dem Studiendekan zu seinem 61. Geburtstag extra ein Mobiltelefon geschenkt, damit er immer für sie erreichbar war. Meistens ließ er es aber dann doch irgendwo liegen. Dass es auch jetzt so war, konnte Alina rasch feststellen, denn der Klingelton kam aus dem verschlossenen Büro.

Zwischen dem Professor und ihr hatte sich mit der Zeit ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt. Er war wie ein Vater für sie und sie für den Professor wohl die Tochter, die er nie hatte. Dr. Karl Jung hatte ihren Vater gekannt und hätte nach dessen Tod Alina und ihren Zwillingsbruder Markus, der in England lebte, am liebsten adoptiert, aber seine Frau war dagegen gewesen. Die Mutter von Alina und Markus hatte seit dem Unfall, bei dem ihr Vater ums Leben gekommen war, im Koma gelegen und war nicht in der Lage gewesen, sich um ihre Kinder zu kümmern.

Der Professor, der von Geburt an im Rollstuhl saß, liebte Alina und hatte keine Geheimnisse vor ihr. Sie genoss sein bedingungsloses Vertrauen, was sie ihrerseits erwiderte. Damit sie in den seltenen Fällen, in denen ihr Mentor mal nicht im Büro anzutreffen war, nicht unverrichteter Dinge wieder gehen oder lange auf ihn warten musste, hatte er ihr einen Zweitschlüssel anvertraut.

Ungeduldig kramte Alina ihren Schlüsselbund aus der Jackentasche, schloss mit dem Zweitschlüssel die Tür auf und schaltete gleich das Licht ein. Sofort entdeckte sie das Handy auf dem Schreibtisch, das leise vor sich hin brummte. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie noch nicht aufgelegt hatte. Sie betrat das Büro und musste lächeln. Es ist wie immer ... chaotisch, ging es ihr durch den Kopf und ging um den Schreibtisch herum. Sie hatte die leise Hoffnung, eine Nachricht für sie zu finden. Alina hatte Glück.

Ein kleiner gelber Zettel klebte am Bildschirm des Computers.

»Na wer sagt‘s denn«, freute sie sich und entzifferte auch gleich das Gekritzel des Professors. Mit Schriften kannte sie sich schließlich aus.

Hi Alina,

bin bis morgen in Essen o

Sei gegrüßt und mach es dir bequem o

Karl o

Da ist wieder der kleine Kreis, stellte sie amüsiert fest.

Die Zeichensetzung des Professors war eine ganz eigene. Er machte grundsätzlich an den Satzenden keine Punkte, sondern kleine Kreise. Das hatte stets zur Belustigung der Studenten beigetragen.

Alina ließ ihren Blick umherschweifen, zog die Stirn kraus und tat so, als würde ihr der Professor gegenübersitzen.

»Bequem!? Das ist ‘n Scherz Professor, wie soll man es sich hier bequem machen?«, schüttelte sie den Kopf und ließ sich rückwärts in den Chefsessel fallen, den ihr Mentor selbst nie benutzen konnte. Erschrocken sprang sie gleich wieder auf, weil sie sich auf ein Buch gesetzt hatte. Sie nahm das offensichtlich schon sehr alte und abgegriffene Buch auf und blätterte darin herum. Mit ihren Gedanken war sie aber bei der Schatulle und wie sie sie ohne Gewalt öffnen könnte. Auf einmal machte sie in dem Buch eine erstaunliche Entdeckung und setzte sich sofort aufrecht hin. »Das gibts doch nicht!« Ich dachte, Sie wären der Einzige, der sowas macht. Das Buch kann doch unmöglich von Ihnen geschrieben worden sein, dafür ist es viel zu alt. Das hat doch bestimmt schon drei- oder vierhundert Jahre auf dem Buckel, wahrscheinlich sogar noch mehr.

Der Verfasser des handgeschriebenen Buches, beendete genau wie Professor Jung, alle Sätze mit diesem kleinen Kreis.

Auch die Schrift irritierte Alina. Hastig nahm sie die Notiz des Professors und verglich sie mit der Schrift im Buch.

»Das ist doch nicht möglich, wie ...?«, kam es ihr überraschend laut über die Lippen. Neugierig las sie einige Seiten quer. Vielleicht finde ich ja im Text einen Hinweis auf den Autor, dachte sie, bis ihr auf einer Seite die Namen, ‚Kopernikus, Luther, da Vinci‘ und das Wort ‚Zeitreise‘ ins Auge sprangen. Was zum Teufel hatten die mit Zeitreisen zu tun? Gespannt suchte sie weiter nach dem Autor, der sich in dem Buch als Zeitreisenden bezeichnete und von einer geheimen Zusammenkunft mit Nikolaus Kopernikus, Leonardo da Vinci und Martin Luther schrieb. »So ein Unsinn!«, sagte sie. »Seit wann lesen Sie denn Märchenbücher, Professor Karl?« Kopfschüttelnd schlug sie es zu und las stumm den Titel. Meine Ergänzungen u. a. zu De revolutionibus orbium coelestium ... Hmmm ... Soweit ich weiß, ist das doch das Hauptwerk von Kopernikus? … Über die Kreisbewegungen der Himmelskörper.

Seufzend und ohne eine Antwort auf ihre Fragen zu erhalten, legte sie das Buch schließlich auf einen Stapel weiterer Bücher neben der Tastatur. Einige Male hatte sie den Professor in dessen Büro aufgesucht und stundenlang mit ihm über dies und jenes gesprochen. Allerdings war ihr erst jetzt bewusst, dass sie dieses neue Umfeld, das eigentlich wegen der Renovierungsarbeiten nur als Provisorium gedacht war, noch gar nicht wahrgenommen hatte. Die Gespräche mit Karl waren so interessant gewesen, dass alles andere unwichtig erschien.

Obwohl der Professor genau wusste, dass dieses Büro nur eine Übergangslösung war, hatte er sich hier häuslich eingerichtet.

Alina lehnte sich zurück, legte die Füße auf eine Tischecke und ließ ihren Blick erneut durch den Raum schweifen. Erstaunlich, dass Sie da mit Ihrem Rollstuhl überhaupt zurechtkommen.

Links neben der Eingangstür standen zwei Schränke, deren Türen abmontiert waren. Sie fungierten als Regale und waren mit antiquarischen Messgeräten und Schriften über Kopernikus, Galilei, da Vinci und anderen Dingen regelrecht vollgestopft. Das kleine Büro hatte links vom Schreibtisch aus betrachtet noch eine zweite Tür. Diese führte in einen Nebenraum, von dem Alina wusste, dass der Professor ihn als Schlafzimmer nutzte. Normalerweise war es im Institut nicht erlaubt, aber da der Professor im Rollstuhl saß, wurde ihm diese Annehmlichkeit zugestanden. Den Zugang hatte man vom Schreibtisch aus gut im Blick. Neben der Tür befand sich ein Waschbecken mit einem Spiegel darüber, der ungewöhnlich tief hing, damit ihn der Professor ebenfalls nutzen konnte.

Alinas Blick wanderte zur Decke, an der Metallschienen mehrere ineinander liegende Ellipsen formten. Im Brennpunkt der Ellipsen war ein Haken geschraubt, von dem aus an einem dünnen Stromkabel eine leuchtende orangene Kugel hing, die unverkennbar unsere Sonne darstellen sollte und gleichzeitig als Lampe diente. An jeder der Schienen war ein kleiner, elektrisch angetriebener Schlitten angebracht, mit dessen Hilfe die daran befestigten Miniaturplaneten um die Sonne bewegt werden konnten. Die Planeten hingen an hauchdünnen fast unsichtbaren Fäden, sodass man den Eindruck hatte, dass sie frei in der Luft schwebten.

In allen Ecken des Raums standen kleine Tische, auf denen sich Türme von Büchern über Physik und Mathematik, sowie zahlreiche lose Blattsammlungen über die Astronomie befanden. Der Raum hatte vis-à-vis des Eingangs ein Fenster, dessen Fensterbrett ebenfalls voller Bücher war.

Alinas Aufregung wegen der Enthüllungen des Pfarrers und über die Schatulle hatte sich inzwischen gelegt. Die Müdigkeit gewann Oberhand, weshalb sie schließlich aufstand und das Büro verließ.

Zu Hause angekommen, schaltete sie das Smartphone aus und steckte es in die Ladestation. Sie freute sich auf ein entspannendes Bad. Mit geschlossenen Augen lag sie nur kurze Zeit später in der Wanne. Ihre Gedanken kreisten permanent um die Schatulle, die sie vor der Wanne auf einen Hocker gelegt hatte und auf die sie ab und an mal einen Blick warf. Plötzlich schreckte sie hoch und musste laut lachen. Das Schaumwasser, das über den Rand der Badewanne schwappte, störte sie nicht. »Das ist es«, freute sie sich, sah auf die Schatulle und griff dabei nach dem Badetuch. »Ich weiß jetzt, wie ich dich ohne Schlüssel und ohne Beschädigung öffnen kann.« Sie nickte zufrieden. Ja, genau, so könnte es gehen ... zusammen mit Professor Karl ... Sie musste gähnen. Müdigkeit machte sich in ihr breit. Zufrieden stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab und schlief gleich ein, nachdem ihr dunkler Haarschopf das Kissen berührte.

Kapitel 4

Kapitel 4

Thomas saß in der dunkelsten Ecke einer Dorfkneipe am Stadtrand von Frankfurt am Main. »Irgendwann kriege ich das Schwein«, lallte er in seinen verfilzten Bart, griff nach dem Glas vor sich und kippte den Inhalt in einem Zug die Kehle runter. »Noch so einen, Kurt!«, befahl er, ohne aufzusehen, und zeigte dabei auf das leere Schnapsglas.

Inzwischen war es schon weit nach Mitternacht. Aus dem Lautsprecher an der Wand klang leise Musik.

»Hier Thomas, das ist dann aber endgültig der Letzte«, sagte Kurt, ein Endfünfziger, der die Figur eines Weinfasses hatte. »Der geht aufs Haus ... wie alle«, stöhnte er und gähnte. »Du kannst ja doch nicht bezahlen. Außerdem wird es Zeit. Ich will auch mal nach Hause.«

Thomas hob seinen letzten Wodka wie zum Toast und sah den Wirt mit verdrehten Augen und durch seine langen fettigen Haare an, die ihm vor den Augen hingen. »Danke, mein Freund.« Dann leerte er das Glas auf ex und hielt es sich gleich darauf vors rechte Auge. »Schon wieder leer. Sag mal, hast du denn keine größeren Gläser?«

Kurt verdrehte genervt die Augen. »Du musst endlich mit der Sauferei aufhören und in dein Leben ...« Überrascht unterbrach er den Satz, als sein Telefon so spät noch klingelte. »Wer ist das denn um diese Zeit?«, wunderte er sich.

»Geh ran, dann weißt du‘s«, knurrte Thomas.

Kurt nahm den Hörer ab. »Hallo?« Er sah kurz zu Thomas hinüber, drehte sich aber gleich um und führte das Gespräch fort.

Thomas bekam davon allerdings nichts mehr mit. Er war eingeschlafen.

Nachdem Kurt das Telefonat beendet hatte, spülte er die letzten Gläser und machte den Tresen sauber.

Auf einmal stemmte Thomas seinen rechten Arm auf den Tisch, um den Kopf abzustützen, rutschte jedoch ab und knallte mit dem Gesicht voller Wucht auf die Platte. »Aua! Was ... Was ...?«

Kurt verzog die Mundwinkel.

»Heute ist es genau ein Jahr her«, sprudelte Thomas unerwartet laut los. »Genau ein Jahr, dass Claudia und meine Mädchen umgebracht wurden.«

Kurt stöhnte.

»Ich weiß Thomas, das hast du mir schon tausendmal gesagt. Außerdem wurden sie nicht umgebracht, es war ein Unfall.«

Thomas hob den rechten Zeigefinger und hickste. »Was weißt du schon! Doch, doch, doch, sie wurden umgebracht. Da kann mir keiner was Anderes erzählen«, bestand er energisch darauf. »Es war der dreiundzwanzigste Mai zweitausenddreizehn. Das Datum werde ich nie vergessen ... Genau heute ist es ein Jahr her.« Thomas raufte sich die Haare.

»Ich weiß«, bestätigte Kurt. »Und seitdem durchlebst du jede Nacht denselben Traum. Das hast du mir schon so oft erzählt.«

»Es ist wie ein Film, der in einer Endlosschleife in meinem Schädel abläuft, verstehst du, verdammt nochmal?« Thomas pustete laut die Luft aus. »Sie bekamen nur gottverdammte sieben Jahre auf dieser beschissenen Erde.« Tränen liefen ihm über die Wangen. »Ich stieg gerade aus dem Auto ... auf einmal« Thomas riss die Arme hoch und schrie: »Booom!«

Kurt zuckte regelrecht zusammen.

»Mit einer gigantischen Explosion ist mein Haus in die Luft geflogen. Einfach so. Meine kleinen Engel standen gerade vor der Schaukel. Ich wollte hinrennen, aber dann kam aus dem Nichts diese riesige Feuerwalze und hat meine Engel ... Scheiße! Und ... und Claudia wurde durch die Explosion in der Küche regelrecht zerfetzt.« Er schluchzte.

Kurt setzte sich zu ihm und legte ihm stumm die rechte Hand auf die Schulter.

»Nichts, absolut nichts konnte ich tun, verdammt ... nur machtlos zusehen. So ein Wahnsinn.« Thomas hatte sich regelrecht in Rage geredet und bemerkte nicht, dass er Kurt dabei immer wieder anspuckte.

»Beruhige dich, Thomas«, tröstete ihn Kurt. Gähnend stand er auf, ging zum Tresen zurück, wischte sich mit einer Serviette das Gesicht ab und stellte Thomas anschließend ein Schnapsglas, gefüllt mit Wasser, vor die Nase. »Hier.«

Thomas kippte es sofort und lallte mit feuchter Aussprache weiter.

»Alles ist wie bei einem Atompilz hochgegangen ... und dann in einer riesigen Staubwolke zusammengefallen. Ich habe mir die Seele aus dem Leib geschrien.« Er zögerte einen Moment. »Mehr konnte ich ums Verrecken nicht tun, das ist eine einzige Hölle. Seit diesem Tag schrecke ich immer und immer wieder auf und habe diese furchtbaren Bilder im Kopf. Verstehst du? Verstehst du das verdammt noch mal?«, fragte Thomas energisch.

»Ja, komm jetzt! Ich bringe dich nach Hause.«

»Seitdem ist nichts mehr, aber auch gar nichts mehr so wie es war und es wird auch nie wieder so sein. Jetzt bin ich 34 und ... Scheiße, dann kommt auch noch so ein Scheißkerl von Staatsanwalt und lässt mich verhaften. Dieses Arschloch glaubt bis heute, dass ich sie umgebracht habe.« Er sah Kurt mit eigenartig verdrehten Augen an, tippte sich an die Stirn und zeigte ihm den Vogel. »Stell dir das mal vor!«

Kurt schnaubte. »Ich weiß, Freising hat dich in der Untersuchungshaft besucht und dir ein Angebot gemacht. Du siehst, ich kenne das alles schon.« Dann packte er Thomas an den Schultern und half ihm hoch. »Das reicht jetzt! Ich will nach Hause.«

Da sie nicht weit auseinanderwohnten, brachte Kurt ihn nach Hause.

 

Gegen Mittag wurde Thomas aus dem Schlaf gerissen, als jemand energisch den Klingelknopf malträtierte. Weil das Läuten einfach nicht aufhören wollte, raffte er sich, vor sich hinbrummelnd, auf und ging schlaftrunken zur Haustür. »Was soll denn das? Ich komm ja schon!«, schalt er und presste seine Hände an den Kopf, der ihm zu platzen schien.

Der Postbote war es inzwischen gewohnt, Thomas in Unterhosen zu sehen. Irgendwie tat ihm der arme Kerl leid. »Ein Einschreiben vom Amtsgericht, dessen Empfang Sie mir hier bitte bestätigen.« Er hielt Thomas ein elektronisches Tablet hin, auf dem, ‚Dr. Thomas I. Becker, 23.05.2014, 11:50 Uhr‘, angezeigt wurde. »Bitte hier unterschreiben«, wiederholte der Postbote und hielt ihm den Stift für das Tablet hin.

Thomas griff gähnend nach dem Stift, unterschrieb, nahm das Einschreiben und kickte die Tür hinter sich wieder zu. Ein Blick auf den Umschlag genügte ihm, um das Schreiben als unwichtig zu qualifizieren. »Wen interessieren schon Schreiben vom Amtsgericht«, sinnierte er und warf den Umschlag ungeöffnet auf den Stapel von Briefen, Mahnungen und Rechnungen, der sich bereits auf der Kommode türmte.

Daneben stand ein Karton, der von Werbeprospekten regelrecht überquoll.

Erschöpft wollte er sich auf sein abgewetztes Ledersofa fallen lassen, hielt aber inne, da kein freier Platz vorhanden war.

Alles Mögliche lag darauf herum und davor, dass kein leichtes Herankommen möglich war.

Vor sich hinmurmelnd schob er die leeren Bierdosen beiseite. Seine Klamotten, die überall verteilt herumlagen, störten ihn nicht. Gar nichts störte ihn, solang man ihn nur in Ruhe ließ. Nachdem er auch die Dosen mit einer Armbewegung vom Tisch gefegt hatte, legte er die Füße hoch. Sein Blick fiel auf die ungepflegten Fußnägel. Er griff nach einer Bierdose, die ihm gerade ins Auge fiel, schüttelte sie, um mit einem Blick ins Innere festzustellen, dass diese bereits leer war. Enttäuscht warf er sie quer durchs Wohnzimmer und ließ sich vor Erschöpfung nach hinten in die Kissen sinken. Im Halbschlaf gab er sich schönen, jedoch schmerzhaften Erinnerungen hin. Er schwelgte in Zeiten, als seine Familie noch lebte und wie stolz er auf seine beiden Töchter Lena und Corinna gewesen war. Schluchzend strich er sich durch den verfilzten Bart. »Warum zum Teufel sie und nicht ich?« Das war die Frage, die ihn Tag und Nacht quälte. »Tot, einfach tot ... Ermordet! Warum verdammt?«

Nur wenige Minuten später schlief er wieder ein. Sein Körper hatte Schwerstarbeit zu leisten und musste schließlich noch den Alkohol der letzten Nacht verarbeiten.