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Überblick

Obwohl flächenmäßig unbedeutend, nehmen die Westmännerinseln aus verschiedenen Gründen eine Sonderstellung innerhalb Islands ein. Historisch interessant sind sie u. a. deswegen, weil sie vielleicht noch vor der Landnahmezeit besiedelt worden sind. Die bedeutende Fischerei und die Vogelkolonien, vor allem aber die spektakulären Vulkanausbrüche 1963–1967 und 1973 haben den Namen des Archipels in aller Welt bekannt gemacht. Dies, zusammen mit einer faszinierenden Natur und einer guten Verkehrsanbindung zum „Festland“ (Fähre, Flüge), sorgte für die stark ansteigende Popularität der Inseln bei ausländischen Touristen. Ein Großteil von ihnen erreicht Heimaey nach einem halbstündigen Flug ab Reykjavík oder nach einer ebenso langen Fährfahrt vom Hafen in Landeyjahöfn und bleibt nur für einen Tag, andere besuchen als Kreuzfahrtgäste den Archipel kaum länger. Doch die Inseln bieten durchaus genug, um wenigstens eine Übernachtung hier einzuplanen. Dazu trägt auch der aufgeschlossene Charakter der Bevölkerung bei, die vom Wesenszug her optimistischer und lebenslustiger wirkt als die „Festland-Isländer“.

Besiedelt und touristisch erschlossen ist von den Westmännerinseln allein die Insel Heimaey. In der gleichnamigen Kleinstadt sind alle Dienstleistungsangebote konzentriert. U. a. gibt es hier Banken, mehrere Imbissgaststätten und Restaurants, Tankstelle, Supermärkte, Krankenhaus und Apotheke.

Lage und Entstehung der Inseln

Der Archipel der Westmännerinseln liegt nördlich des 63. Breitengrads, 10–30 km vor der isländischen Südküste. Ihm gehören neben zahllosen Klippen 15 Inseln an, worunter Heimaey mit 14,5 km² die bei Weitem größte ist. Es folgt das erst 1963 entstandene Eiland Surtsey mit 2,5 km², das gleichzeitig den südlichsten Landesteil Islands darstellt. An weiteren Inselchen sind erwähnenswert Elliðaey und Bjarnarey im Norden von Heimaey, Suðurey und Hellisey im Süden, sowie Álfsey im Südwesten. In der Klimatabelle weist der Archipel die ganzjährig mildesten Temperaturen des Landes auf, ist allerdings auch mit Niederschlag reich gesegnet und häufig von orkanartigen Stürmen betroffen.

Redaktionstipps


Ausgedehnter Inselrundgang bzw. Sightseeingtour mit anschließender Besteigung des Vulkankraters Eldfell (S. 409).

Bootstour um die Insel mit Besuch der Vogelfelsen, Grotten und der Möglichkeit zur Walbeobachtung (S. 410).

Erdgeschichtlich sind die Westmännerinseln (wie das ganze Land) sehr jung und gehen auf unterseeische Eruptionen vor 200.000 bis 100.000 Jahren zurück. Aber erst vor 10.000 bis 5.000 Jahren tauchten die Eilande aus dem Meer auf, in einem ähnlichen Prozess wie 1963 Surtsey. Aus etwa 80 Kratern (davon 17 auf den Inseln selbst) wurde in dieser Zeit aus einer Tiefe von 10–30 km das Magma gefördert, dem der Archipel seine Entstehung verdankt. Unter allen Inseln ist Heimaey die einzige, an deren Existenz eine lange Reihe von Eruptionen mitgewirkt haben. Durch die Lavaproduktion vor 6.000 bis 5.000 Jahren entstanden mehrere getrennte Inselchen, deren Alter versteinerte Pflanzenreste (5.400 Jahre alt) dokumentieren. Durch einen späteren Ausbruch des Helgafell wurden diese miteinander verbunden. Den jüngsten Zuwachs erhielt Heimaey durch die Eldfell-Lava des Ausbruchs von 1973.

Zehn Jahre vorher hatte sich der Archipel bereits weiter im Süden durch die Geburt von Surtsey erheblich vergrößert.

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Surtsey – die Geburt einer Insel

Als am 14. November 1963 Seeleute, die ca. 20 km südwestlich von Heimaey auf Fischfang waren, aufsteigenden Rauch an einer Stelle bemerkten, die vorher 130 m Wassertiefe aufwies, war klar, dass ein unterseeischer Vulkanausbruch im Gange war. Nach dieser moderaten Einleitung wandelte sich das Erscheinungsbild kurze Zeit später in dramatischer Weise: Bis zu 10 km Höhe erreichte die Säule von schwarzer Asche und weißem Dampf, begleitet von einem rot glühenden Kuchen, der brodelnd und zischend aus dem kalten Ozean aufstieg. Beobachtet von Fernsehzuschauern in aller Welt türmten sich immer neue Lavamassen zunächst 50, dann 100 m und schließlich noch höher auf. Drei Inseln wurden auf diese Weise geboren, wobei zwei jedoch in den folgenden Jahren den anstürmenden Naturkräften nicht standhielten und wieder versanken. Die dritte jedoch, benannt nach dem Feuerriesen Surt der nordischen Mythologie, erreichte innerhalb von 3,5 Jahren (so lange dauerte der Ausbruch!) eine Größe von 2,5 km² und eine Höhe von 169 m. Mit 1 km³ Masse war die Produktion viermal höher als beim Ausbruch auf Heimaey zehn Jahre später.

Bereits während der Eruptionen wurde das neue Eiland unter Naturschutz gestellt, da sich hier die einzigartige Gelegenheit bot, die Entstehung neuen Lebens zu beobachten. Denn mit einer Oberflächentemperatur von 1.000 °C bot Surtsey zunächst keiner Existenzform Raum. Das änderte sich in überraschend schnellem Prozess. Die ersten „Siedler“ waren Bakterien, die man bereits 1964 in der Asche am Strand fand. Im Mai desselben Jahres erschienen zum ersten Mal Fliegen und Möwen besuchten das ungewohnte Terrain. 1965 eroberte sich eine Pflanze (cakile arctica) als Pionier die Vulkaninsel. Und 1970 zog als erster Vogel bereits der Eissturmvogel seine Jungen in der Lava groß. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich schon mehrere Fischarten den immer noch warmen Küstengewässern genähert, gefolgt von Seehunden und Robben. Bis 1987 fand man 25 verschiedene Pflanzenarten, die durch Meeresströmung, Wind oder Seevögel hierhin gelangten. Inzwischen brüten außer dem Eissturmvogel auch Mantelmöwen, Silbermöwen, Gryllteisten und Dreizehenmöwen ihre Eier aus. Für Tausende von Zugvögeln dient Surtsey als Rastplatz auf dem Weg von und nach Europa. Und wer sich der Insel nähert, bemerkt einen deutlichen Grünschleier, der sich immer mehr gegenüber dem Schwarz der erstarrten Lava durchsetzt.

Wegen ihres Wertes als Freiluftlabor darf Surtsey nur von Wissenschaftlern besucht werden. Touristen haben aber die Möglichkeit, auf einem Rundflug oder einer Bootstour die Insel aus der Distanz zu betrachten.

Der Ausbruch von 1973

Unter allen vulkanischen Aktivitäten Islands ist der Ausbruch auf Heimaey im Jahr 1973 wohl der bekannteste, vor allem, weil er sich in einem dicht besiedelten Gebiet ereignete und die dramatische Rettungsaktion von den Augen der Weltöffentlichkeit mitverfolgt werden konnte. Dabei hatte man auf der Insel nichts Böses geahnt, als am Vorabend des 23. Januar leichtere Erdstöße zu vernehmen waren. Um 2 Uhr morgens jedoch wurden die Bewohner durch einen hellen Feuerschein geweckt, dem ersten Vorboten der kurz darauf einsetzenden Eruption. Auf der östlichen Seite der Insel hatte sich eine 1.600 m lange Feuerspalte geöffnet, aus der neben riesigen Mengen an Asche und Bimsstein allein in den ersten 12 Stunden mehr als 12 Mio. Tonnen Lava in die Luft geschleudert wurden.

In Reykjavík reagierte man sofort und setzte alle Hebel in Bewegung, um die gesamte Inselbevölkerung zu evakuieren. Als Glücksfall erwies sich dabei der Sturm der vergangenen Tage, dessentwegen die gesamte Trawlerflotte nicht auslaufen konnte und noch im Hafen lag. Ruhig und diszipliniert verließen auf Schiffen, mit Helikoptern und Flugzeugen bereits am ersten Tag 5.300 Personen ihre Heimat und machten einer Heerschar von Journalisten Platz, die die Naturkatastrophe hautnah erleben und den Rettungsbemühungen beiwohnen wollten. Zunächst wurden in einer Blitzaktion 14.000 Fenster und Türen mit Wellblech abgedichtet, damit der Ascheregen nicht in die Wohnräume eindringen konnte. Dieser erreichte in der ersten Woche die Dachhöhe der Gebäude und Fischfabriken, und mit Schaufeln und Bulldozern war man fieberhaft beschäftigt, die Dächer von der Aschen- und Geröll-Last zu befreien.

Vorher schon hatte man unter Mithilfe der amerikanischen Soldaten Mobiliar, Fahrzeuge und selbst Maschinen der Fischfabriken in Sicherheit gebracht. Bald stellte sich aber heraus, dass die größte Gefahr in jener Wand aus glühender Lava bestand, die sich über 160 m hoch mit 30 m pro Tag auf den Ort und seinen Lebensnerv, den Hafen, zuwälzte. Die Isländer waren nicht bereit, fatalistisch vor der Naturgewalt zu kapitulieren. Ein einheimischer Physiker machte den Vorschlag, die glühende Lava mit Seewasser abzukühlen, sie so zur Erstarrung zu bringen und als natürlichen Schutzwall gegen das nachfließende Material aufzubauen. Zunächst mit Feuerwehrschläuchen, dann mit stärkeren, von den Amerikanern gestellten Pumpen begann man das Experiment. Tatsächlich, kurz bevor der Lavastrom den Hafen völlig abgeschlossen hätte, bewirkten die 6–9 Mio. Tonnen aufgepumpten Seewassers den Stillstand und damit die Rettung der Gemeinde.

Auf dem Eldfell, dem „Feuerberg“

Insgesamt hatte der Ausbruch fünf Monate angedauert und dabei 225 Mio. m³ Lava sowie 25 Mio. m³ Asche und Bimsstein gefördert. Im Zentrum der eruptiven Tätigkeit bildete sich ein neuer Vulkanberg, der Eldfell (Feuerberg), der sich nun mit ca. 215 m neben dem älteren Helgafell (226 m) erhebt. Außerdem wurde die Inselfläche Heimaeys um 2,5 km² vergrößert, vor allem zur östlichen Seite hin. Dort beträgt die Entfernung zur Bjarnarey (Bäreninsel) heute nur noch 1 km im Gegensatz zu 2,5 km vor der Eruption. Am Hafen ist an der Farbe der Lava erkennbar, welche Stellen mit Wasser bepumpt worden sind. Durch die Verengung der Hafeneinfahrt von ursprünglich 800 m auf nunmehr 170 m Breite bekam dieser übrigens einen weit besseren Schutz vor Stürmen und gilt heute als einer der sichersten des Landes. Nicht nur das war eine der letztlich positiven Begleiterscheinungen des Ausbruchs. Auch die Erdwärme konnte anschließend für das Heizsystem genutzt werden. Zwar wird die Lava von Jahr zu Jahr kälter, doch haben Messungen auf dem Kraterrand des Eldfell ergeben, dass in einer Tiefe von 30–100 cm die Temperatur immerhin noch 700 °C beträgt; noch für viele Jahrzehnte wird das kostenlose Energiereservoir erhalten bleiben.

Am 26. Juni 1973 wurde der Ausbruch von Wissenschaftlern für beendet erklärt und man konnte mit aller Energie an den Wiederaufbau gehen. Die unter der Lava begrabenen Häuser waren nicht zu retten, andere konnten von den Aschemassen befreit werden, wobei Jugendliche aus allen Teile Europas tatkräftige Hilfe leisteten. Groß waren auch die finanziellen Zuwendungen, die man besonders aus Dänemark und Schweden erhielt. Durch sie war es möglich, dass bald schon die meisten (nicht alle!) Einwohner zurückkehrten und sich ihr neues, modernes Heimaey aufbauten.

Kurze Geschichte der Westmännerinseln

In mehrfacher Hinsicht ist die Geschichte des Archipels interessant – nicht nur wegen der erwähnten spektakulären vulkanischen Vorgänge der jüngeren Vergangenheit. Glaubt man den Erzählungen der Landnámabók, waren es fünf irische Sklaven, die in den ersten Jahren der Landnahmezeit ihren Herrn Hjörleifur Hróðmarsson in Südisland getötet und mit einigen Sklavinnen auf den unbewohnten Archipel geflohen waren. Der Blutsbruder des Ermordeten, kein Geringerer als der erste Siedler Ingólfur Arnarson, setzte den Flüchtlingen nach und tötete sie. Dadurch entstand der Name „Inseln der Westmänner“, weil die Kelten westlich von Norwegen wohnten.

Eine andere Namenserklärung bieten Siedlungsreste auf Heimaey, die einige Archäologen ins 7. oder 8. nachchristliche Jahrhundert datieren, also deutlich vor der wikingischen Landnahme. Man muss also damit rechnen, dass eine „Vorhut“ wohl aus Skandinavien kommend bereits hier lebte, als der Exodus norwegischer Siedler in den 870er-Jahren einsetzte. Auch diese Menschen müssen für die Neuankömmlinge „Westmänner“ gewesen sein. Allerdings ist darüber nichts in den Sagas überliefert, sondern stattdessen, dass sich erst im 10. Jh. ein gewisser Herjólfur Barðarson mit Frau, Gesinde, Schafen und Pferden dauerhaft hier niederließ.

Hafen und Fischfabriken von Heimaey


Legendär ist der Freiheitswillen der Insulaner, die während des ganzen Mittelalters (und eigentlich bis heute) nicht mit den Isländern in einen Topf geworfen werden möchten. Trotzdem gingen sie natürlich den gemeinsamen Weg in die norwegische, dann dänische Herrschaft, jedoch immer ein wenig auf Distanz und zudem (wegen der von Anfang an betriebenen Fischerei) wirtschaftlich erfolgreicher als die Nachbarn im Norden. Von Schicksalsschlägen sind die Vestmannaeyar freilich nicht verschont geblieben. Nach Überfällen britischer Freibeuter im 16./17. Jh. verursachten im Jahr 1627 die „türkischen“ Piraten einen Schock, der noch lange nachwirkte. Drei Schiffe algerischer Sklavenjäger tauchten damals vor der Küste auf, die Besatzung ging an Land, tötete Dutzende der damals rund fünfhundertköpfigen Bevölkerung und entführte die Hälfte in die Sklaverei (242 Männer, Frauen und Kinder). Jahre später konnte die dänische Krone 37 der Opfer in Nordafrika freikaufen, davon sahen jedoch nur 13 ihre Heimat wieder. Die „Türkenüberfälle“ waren bis in die Neuzeit ein Synonym für das jederzeit drohende Unheil; auf Heimaey bleiben sie durch das Monument der nordafrikanischen Piraten und durch die 1630 zum Schutz vor weiteren Sklavenjägern errichtete Skanzin (Schanze) in Erinnerung.

Auch die darauffolgende Zeit war von Schicksalsschlägen geprägt. Mehr als einmal suchten Epidemien die Bevölkerung heim und der Ausbruch der Lakispalte im Jahr 1783 vernichtete die reichen Fischbestände. Vielleicht hat man in jenen Tagen entdeckt, dass auch Tang essbar ist. An Küstenabschnitten, an denen Frischwasser ins Meer floss, sammelte man den solcherart von Salzwasser gereinigten Tang bei Ebbe ein, ließ ihn später an der Luft trocknen und presste ihn. Jeder Bauernhof besaß das Vorrecht zur „Ernte“ an einem bestimmten Strandabschnitt. Die gesunde und eisenhaltige Nahrung wird heute noch im Südteil der Insel eingesammelt, kommt aber leider fast nie auf die Speisekarte der Restaurants.


Vom weiteren Verlauf der Geschichte gibt es keine von der allgemein-isländischen Entwicklung abweichenden Ereignisse zu berichten, abgesehen natürlich von den bereits genannten Vulkanausbrüchen und der enormen Kraftanstrengung des Wiederaufbaus. Hingewiesen sei jedoch auf einige alltägliche Schwierigkeiten, die man in dieser Art auf dem Festland nicht kannte. So z. B. das Trinkwasserproblem, das in Ermangelung nennenswerter Bäche oder Seen bis 1968 evident war; erst dann löste eine vom Festland durchs Meer verlegte Wasserleitung die alten Regenwassertonnen ab. Auch mit dem Heizen hatte man seine Schwierigkeiten, die allerdings durch die vulkanische Tätigkeit behoben wurden. Heutzutage heizt die warme Lava in Röhren fließendes Kaltwasser so auf, dass es nicht nur in den Häusern mollig warm wird, sondern auch ein Schwimmbad davon profitiert.

Heute hat Heimaey, die einzige bewohnte Insel des Archipels, knapp 4.300 Einwohner. Da fast alle Inselbewohner im gleichnamigen Hauptort leben, ist dieser für isländische Verhältnisse eine recht große „Stadt“.

Fischerei: die wirtschaftliche Grundlage

Immer schon besaßen die Westmännerinseln selbst für isländische Verhältnisse äußerst fischreiche Gewässer. Darum ist es kein Wunder, dass der Archipel, seitdem Fischfang ein Stützpfeiler der Landesökonomie wurde, im ganzen Land für seine guten Fangmöglichkeiten bekannt war und regelmäßig auch viele „Festland-Isländer“ hierhin lockte. In kleinerem Maßstab hatten die Westmännerinseln daher für Island eine ähnliche Bedeutung wie die Lofoten für Norwegen. Im Großen und Ganzen hat sich daran nichts geändert: Obwohl die Inselbevölkerung nur 2 % der Gesamtpopulation ausmacht, trägt sie doch mit ca. 15 % zum isländischen Fischexport bei!

Der traditionsreiche Fischereihafen von Heimaey, immer schon einer der größten des Landes, beherbergt eine ganze Flotte kleinerer Boote sowie Trawler von respektabler Größe; Kleinwerften und Fisch verarbeitende Betriebe bestimmen das Bild. Die angelandeten Fänge entsprechen in ihrer Zusammensetzung dem isländischen Durchschnitt, vorherrschend ist der Fang von Lodde und Kabeljau, insbesondere im Winter. Schellfisch, Seelachs, Rotbarsch, Steinbutt, Scholle, Steinbeißer und Seehase werden ganzjährig aus dem Wasser geholt, während im Herbst bevorzugt Jagd auf Hering gemacht und im Sommer Hummer angelandet wird.

Seevögel und ihre Bedeutung für die Inseln

Von den insgesamt 70 auf Island brütenden Vogelarten sind 30 auf den Westmännerinseln heimisch, darunter der Schwarzschnabel-Sturmtaucher sowie der kleine und große Wellenläufer fast ausschließlich hier. Das Erstaunliche sind die enorm großen Bestände verschiedener Arten: Nirgendwo auf Island mit Ausnahme des Nordwestens gibt es Felsen mit einem solch lebhaften Vogelleben. Die Westmännerinseln – ein Paradies für Ornithologen also.


Die Seevögel hatten und haben auch ihre Bedeutung für die insulare Wirtschaft. Einige Arten konnte man essen und ihre Eier sammeln, in Ergänzung zum Fisch waren sie eine wohlschmeckende und nährstoffreiche Speise. Junger Basstölpel z. B., der auf den vorgelagerten Schären in der zweitgrößten Kolonie des Landes lebt, ist sowohl frisch eine Delikatesse als auch eingesalzen als Wintervorrat genießbar. Gleiches gilt für die Trottellumme und auch gesalzener oder geräucherter Eissturmvogel war auf der Speisekarte zu finden. Nach dem gesalzenen Essen (Vögel und Fisch) im Winter stellten gesammelte Seevögeleier im Frühling eine willkommene Abwechslung dar. Die Eier von Eissturmvögeln, Tordalken und Gryllteisten – alle größer als Hühnereier! – waren am beliebtesten. Um an die Eier der sog. „Schwarzvögel“ (d. h. Tordalke und Gryllteiste), die in den steilen Klippenwänden nisten, heranzukommen, entwickelte sich das Seilschwingen zum „Nationalsport“. Dabei ließen sich selbst junge Insulaner in halsbrecherischer Höhe an Seilen von den Felsen hinab und schwangen sich anschließend seitwärts zu weiteren Nestern. Wegen vieler tödlicher Unfälle wurde der Sport immer wieder untersagt, setzte sich jedoch stets gegen alle Verbote als Mutprobe der Jungen durch. Beim Nationalfeiertag geben die Besten eine Demonstration ihres Könnens, während für Touristen, die diesen Sport ausprobieren möchten, in der Nähe des westlichen Hafenbeckens (sprangan) ein niedriges und ungefährliches Seil hängt.

Unter allen Seevögeln hat jedoch der Papageientaucher immer die größte Bedeutung für die Westmännerinseln besessen und ist zu einer Art „Nationalsymbol“ des Archipels geworden.

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Papageientaucher – die Clowns des Nordatlantiks

Dem Papageientaucher (isl.: lundi, lat.: fratercula arctica) hat sein vielfarbiger Schnabel, die „geschminkten“ Augen und das frackartige Gefieder den Beinamen eines „Clowns“ eingebracht. Isländer bezeichnen ihn etwas klerikaler als „Probst“ (prófastur). Sicherlich gehört das kleine Tier zu den lustigsten und interessantesten der Nordmeere und er ist überall, wo er auftaucht (außer Island besonders auf den Lofoten, Shetlands und Färöern) ein begehrtes Fotoobjekt. Nirgendwo aber gibt es so viele Exemplare wie auf Island (ca. 3–4 Mio.) und hier wiederum nirgendwo so viele wie auf den Westmännerinseln (ca. 700.000). Den Winter über verbringen die Tiere auf dem Wasser des Nordatlantiks und kommen erst zur Brutzeit – Mitte Mai – an Land. Dort nisten sie bevorzugt in der obersten Region eines Vogelfelsens, wo sie in die Grasnarbe ein tiefes Loch graben (z. T. mehr als 1 m tief!), in das jedes Pärchen ein einziges Ei legt. Das mit viel Mühe gegrabene Nest wird von den Tieren jedes Jahr aufs Neue belegt. Im Flugverhalten wirken die Vögel durch ihren Körper plump und scheinen ihn nur durch hektisches Flügelschlagen in der Luft halten zu können. Um so eleganter präsentieren sie manchmal ihre gefangenen Fische dem Betrachter, wenn ein silberglänzender Hering neben dem anderen aus dem Schnabel hängt.

Interessant sind die Farbabweichungen, die man bei Papageientauchern recht häufig antrifft. Aufgrund dieser Nuancen genießen einige Tiere bei den Vogelfängern besondere Namen wie „Papageientaucher-König“, „Prinz“, „Kohlenjunge“ etc.

Ein Albino, also ein völlig weißes Tier, wird als „Papageientaucher-Königin“ bezeichnet.

Für die Inselbevölkerung der Vestmannaeyar spielten und spielen die Tiere eine besondere Rolle. Mehr noch als Trottellumme und Eissturmvogel ist der Papageientaucher als Leckerbissen begehrt – ob frisch gebraten, gesalzen oder geräuchert. Die Federn wurden früher für das Bettzeug genutzt. Zum Fangen entwickelte man ein besonderes Instrument, das aus einem 2–3 m langen Stab besteht, an dessen Ende zwei kleinere Stäbe mit einem Netz dazwischen angebracht sind. Damit fängt man die Papageientaucher im Fluge, allerdings nie – so will es ein alter Brauch – wenn der Vogel Futter im Schnabel hat. Doch auch vor den Papageientauchern der Vestmannaeyar hat der Klimawandel nicht haltgemacht. Mit der Erwärmung des Meerwassers ziehen die Beutefische der Papageientaucher weiter nach Norden, sodass es für die Elterntiere immer schwieriger wird, ausreichend Nahrung für ihre Jungen zu finden. Seit einigen Jahren ist die Zahl der brütenden Tiere derart rückläufig, dass die isländischen Behörden die Jagd von 55 auf fünf Tage reduziert haben. Statt sonst 100.000 dürfen nur noch 3.000 Vögel gefangen werden.

In den letzten beiden Augustwochen spielt sich das größte Ereignis für die Kinder ab. Denn die von ihren Eltern nicht mehr gefütterten Jungtiere fliegen in der Nacht zu Tausenden auf die Lichter der Stadt zu und landen unsanft auf dem harten Asphalt. Ungeübt in der Kunst des Startens würden sie so ein leichter Raub der Katzen, doch die Kinder, die in diesen Tagen die ganze Nacht aufbleiben dürfen, sammeln die Vögel in kleinen Kästchen oder Kartons ein. Nachdem die Tiere den Rest der Nacht im Kinderzimmer verbracht haben, wird ihnen am nächsten Morgen die Freiheit wiedergegeben.

Papageientaucher sind ein „Nationalsymbol“ der Westmännerinseln

Inselrundfahrt/-rundgang Heimaey

Die Stadt Heimaey

Da sie nach dem Vulkanausbruch fast völlig neu aufgebaut werden musste, verfügt Heimaey nur über wenige bedeutsame Baudenkmäler. Trotzdem lohnen sich ein kleiner Rundgang und der Aufenthalt in dem Städtchen, das eine großzügige, aufgeräumte Atmosphäre ausstrahlt. Einem Fischereizentrum entsprechend ist der Hafen (1) mit seinen verschiedenen Becken immer einen Besuch wert. Hier kann man das Ein- und Auslaufen der Fähre „Herjólfur“ (benannt nach dem ersten Siedler der Westmännerinseln) beobachten. Und Fotografen kommen beim bunten Bild der Trawlerflotte, von der manchmal bis zu hundert Schiffe im Hafen liegen, stets auf ihre Kosten. Zum Norden begrenzt wird der Hafen durch die bizarr aufragende Wand des Heimaklettur, der mit 283 m die höchste Erhebung des Archipels darstellt.

Ein merkwürdiges hölzernes Gebäude an der Hafeneinfahrt (auf jenem Land, das der Vulkanausbruch des Jahres 1973 schuf) wurde im Zusammenhang mit der 1.000-Jahr-Feier zur Einführung des Christentums im Juli 2000 aufgebaut. Es handelt sich dabei um eine rekonstruierte Stabkirche (2), die die Stadt Heimaey als Geschenk aus Norwegen erhielt. Die Idee zum Kirchenbau war den Einwohnern von Heimaey zuerst im Jahr 1995 gekommen, worauf sie die norwegische Regierung um Unterstützung gebeten hatten. Die einzelnen Hölzer wurden in Norwegen geschlagen, per Hand nach Vorgaben von Experten des Historischen Museums in Oslo bearbeitet und von norwegischen Zimmerleuten im April 2000 auf Heimaey zusammengefügt. Bei der Einweihung der Kirche war das norwegische Königspaar anwesend. Im Inneren der Stabkirche gibt es eine Altartafel, die nach einem Original aus dem 14. Jh. mit historischen Werkzeugen geschnitzt worden war – der Nachbau eines Wikingerschiffs namens „Hvitserker“ brachte sie nach Heimaey.

Geschenk aus Norwegen: die Stabkirche an der Hafeneinfahrt

Deutlich profaner stellt sich der Ort zur Stadtseite hin dar, wo sich Kleinwerften und die Fischfabrik (Besichtigung möglich) befinden. Wer sich hier nicht westwärts in Richtung Herjólfsdalur orientiert bzw. auf die nördliche Landzunge oder östlich zum neuen Lavafeld wandern möchte, sollte gegenüber dem Fähranleger den Skildingavegur und in dessen Verlängerung den Heiðarvegur entlangspazieren.

Wenige Hundert Meter stadteinwärts lohnt dann linker Hand ein Besuch des Aquariums und Naturkundemuseums Sæheimar (3). In dem eher kleinen Gebäude am Heiðarvegur ist seit 1964 ein interessantes Museum untergebracht. Die Fische, Seeanemonen und Schalentiere in den zwölf Bassins sind von einheimischen Fischern gesammelt worden, sie repräsentieren einen Großteil der Meeresfauna rund um den Archipel. In einem zweiten Saal befindet sich die Ausstellung (ausgestopfter) Vögel. Besonders faszinierend sind die Tiere mit Farbabweichungen, vor allem die völlig schwarzen Trottellumme, das einzig bekannte Exemplar der Welt. Ebenfalls in diesem Saal sieht man ausgestopfte Fische und Krebse, darunter die seltenen Luzifer und Seeteufel, das sind Tiefseefische, die gewöhnlich in 1.000–2.000 m Wassertiefe heimisch sind. Ein dritter Raum beherbergt eine Steinsammlung.

Sæheimar Náttúrugripasafn/Aquarium, Heiðarvegur 12, 481-1997, www.saeheimar.is, Mai–Mitte Sept. tgl. 10–17, Okt. Mo–Fr 14–15.30, Sa 13–16, sonst nur Sa 13–16 Uhr, Eintritt ISK 1.200, Jugendliche 10–17 Jahre ISK 500.

Auf dem Stadtrundgang wendet man sich nun über die breite Vestmannabraut nach Westen und kommt dort zu einer Art Geschäftszentrum des Städtchens mit Restaurants, Pensionen, Hotels, Apotheke, Läden, Banken und Postamt.

Wer an weiteren Besichtigungspunkten interessiert ist, sollte jedoch an der Kreuzung auf den Skólavegur rechts einbiegen. Nach kurzer Zeit passiert man zwei moderne Gebäude in sehr unterschiedlichem Stil, nämlich das Rathaus (4) (Ráðhús) der Stadt und das Gemeindemuseum (5) (Byggðasafn, Sommer tgl. 11–17 Uhr). Dieses verfügt neben einer Kunstgalerie auch über eine ganz ansehnliche Sammlung von alten Fotografien, Schiffsmodellen und anderen Erinnerungsstücken. Darunter ist in dem Gebäude die zentrale Bibliothek (Bókasafn) der Vestmannaeyar untergebracht.

Noch etwas weiter auf dem Skólavegur erreicht man die Lanðarkirkja (6), die mit dem Baudatum 1776 als zweitälteste Steinkirche des Landes gilt. Auf einer Steinsäule 100 m vor ihrem Eingang erhebt sich das Denkmal für die ertrunkenen Fischer.

Eindrucksvoll ist auch der große Friedhof (7) auf der anderen Seite des Kirkjuvegur, von dessen hübschem Eingangsportal im Jahr 1973 nur das obere Kreuz aus der Asche schaute.

Über den Kirkjuvegur geht es nun zurück zum Hafen, wobei man rechter Hand den Komplex des Inselkrankenhauses passiert. Sofort anschließend sollte man nach rechts auf den Rand der Lava zugehen und ihm über die Heimagata wieder bis zum Kirkjuvegur folgen. An dieser Stelle haben die Insulaner ein vom Lavafluss regelrecht erdrücktes Haus als Erinnerung an die Katastrophe stehen gelassen.

Über den Kirkjuvegur oder besser noch über Vestmannabraut und dann nach rechts über den Bárustígur kommt man schließlich zum Ausgangspunkt des Spaziergangs zurück. Anschließend könnte man nun oder am nächsten Morgen am östlichen Hafenanleger (8) zu einer Whalewatching-, Angel- oder Sightseeing-Bootstour um die Insel starten.

Wer sich vorher oder nachher sportlich betätigen bzw. ausspannen möchte, dem sei der Besuch des modernen Schwimmbads (9) im Komplex des Sportzentrums (Sundlaug og íþróttamiðstöð Vestmannaeyja) an der Brimhólabraut ( 488-2400) empfohlen. Es wurde anstelle des zerstörten alten Freibads aus dänischen Spendengeldern errichtet und ist mit Sauna, 40 °C heißem Freibecken, mehreren heißen Pötten und vielen Sporteinrichtungen ausgestattet. Westlich davon haben gleich drei Fußballclubs ihre Spielplätze friedlich nebeneinander angelegt. Und noch ein Stück weiter westlich, in der Nähe des Tals Herjólfsdalur, befindet sich der 18-Loch-Golfplatz der Insel, der zu den 100 besten der Welt gezählt wird ( 481-2363). In dieser Gegend sieht man schon an der großzügigen Bebauung mit Einfamilienhäusern und Villen, dass es um die soziale Situation vieler Bürger nicht gerade schlecht bestellt sein kann.

Die Insel Heimaey

Mit 14,5 km² ist die Insel Heimaey überschaubar genug, dass man sie an einem Tag recht gut kennenlernen kann. Ein Mietwagen ist dazu nicht unbedingt erforderlich. Flugreisenden sei eine geführte Sightseeingtour mit dem Bus mit anschließender Bootstour empfohlen, die man am Nachmittag beispielsweise durch die Besteigung des Eldfell, einen Stadtspaziergang und/oder einen Besuch des Schwimmbads ergänzt. Wer sich zwei Tage Zeit nimmt, kann alle wichtigen Punkte bequem erwandern: Die Entfernung vom Hafen bis zur Südspitze Stórhöfði beträgt nur 6 km.

Die folgende Rundfahrt entspricht in etwa der Route, die von den Touristenbussen abgefahren wird. Vom Startpunkt in Heimaey geht es dabei zunächst zum westlichsten Hafenbecken Friðahöfn, wo sich ein schöner Blick auf die Stadt bietet. Beim Vulkanausbruch von 1973 gab es Pläne, an dieser Stelle einen Durchstich zum Ozean durchzuführen, falls der Lavafluss die alte Hafeneinfahrt blockieren sollte. Dann geht es wieder zurück durch die modernen westlichen Stadtgebiete und, am Golfplatz vorbei, zum Tal Herjólfsdalur, wo sich auch der Campingplatz befindet.

Das sich an eine steile Bergwand schmiegende Tal ist alljährlich im August Schauplatz des Volksfestes Þjódhátið Vestmannæyja, das in ganz Island einen berühmt-berüchtigten Namen hat. Die Zahl der Teilnehmer übersteigt dann die der Gesamtbevölkerung Heimaeys bei Weitem, und die Flugstrecke Reykjavík–Heimaey ist mit Dutzenden von Sonderflügen die meist frequentierte des Landes. Der Ursprung des Festes liegt in der Tatsache, dass 1874 bei der landesweiten Zusammenkunft in Þingvellir (anlässlich der 1.000-Jahr-Feier der Landnahme) die Insulaner durch einen Sturm das Festland nicht erreichen konnten. Sie installierten deshalb ihren eigenen Nationalfeiertag, der bis auf den heutigen Tag nicht nur fortbesteht, sondern in seiner Bedeutung vor allem für Jugendliche noch gestiegen ist. Im Verlauf von drei Tagen werden dabei Demonstrationen im Seilschwingen geliefert, um ein großes Feuer gibt es Musik und Tanz und der Alkohol fließt in Strömen. Touristen, die hier ein Folklorefest erwarten, sind fehl am Platz, wer jedoch in die deftige Atmosphäre eines sehr freizügigen Open-Air-Festivals eintauchen möchte, ist genau richtig.

Seinen Namen hat das Tal nach Herjólfur Barðarson, dem ersten Siedler der Westmännerinseln. Die häufig als die Ruinen seines Hofs bezeichneten Steinwälle datieren Archäologen heute jedoch in eine Zeit deutlich vor der wikingischen Landnahme. Vielleicht war also Herjólfsdalur der zuerst besiedelte Platz von ganz Island.

Wanderern ist es möglich, die ca. 6 km bis zur Südspitze Heimaeys vom Herjólfsdalur direkt am Strand entlang zurückzulegen. Busse und Pkw machen einen kleinen Umweg wieder durch das westliche Randgebiet der Stadt, dann am Flughafen vorbei und schließlich parallel zur Küste, die den Namen Ofanleitishamar trägt. Hier passiert man auch jenen steinigen Uferabschnitt, an dem sich im März 1984 eine unglaubliche Geschichte zutrug: 6 km vor der Küste kenterte in einem Sturm ein Fischerboot mit fünf Mann Besatzung. Während vier Seeleute sofort im eiskalten Wasser umkamen, gelang es dem 22-jährigen Gunnlaugur FriðÞórsson, die Distanz zum Ufer von Heimaey in fünf Stunden schwimmend zurückzulegen. Dort konnte er in tiefschwarzer Nacht die scharfen Lavaklippen nicht bezwingen, schwamm ein weiteres Stück, erkletterte eine Felswand und schaffte es, obwohl er sich dabei die Füße aufgerissen und viel Blut verloren hatte, bis zur Ortschaft, wo er bewusstlos zusammenbrach, aber überlebte. Sein Schicksal erweckte das Interesse der Wissenschaft, da man in Seewasser nahe dem Gefrierpunkt bisher maximal 20 Minuten als überlebensfähig angesehen hatte. In einem Londoner Institut wurde Gunnlaugur auf Herz und Nieren überprüft und man fand heraus, dass die Fettschicht seiner Haut in ihrer Konsistenz Ähnlichkeit mit der einer Robbe aufwies.

Das auf einer Halbinsel gelegene Stórhöfði stellt den südlichsten Punkt Heimaeys dar. Der Weg bis zum hoch gelegenen Leuchtturm mit seiner meteorologischen Station ist im letzten Abschnitt nicht öffentlich, kann aber zu Fuß zurückgelegt werden. Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht auf die vorgelagerten Inselchen und die Hauptinsel Heimaey bis zu ihren nördlichen Bergen. In dieser exponierten Lage pfeift der Wind besonders heftig, tatsächlich gilt die Station als die windreichste Europas. Auch in der Vergangenheit waren die Westmännerinseln stets von Stürmen besonders schlimm betroffen, vor allem natürlich die Fischer, die nicht mehr rechtzeitig den Weg zum schützenden Hafen zurückfanden. Vom 18. Jh. ist überliefert, dass in einem solchen Orkan an einem einzigen Tag 50 Seeleute auf dem Meer blieben – angesichts der damaligen Bevölkerung von 350 Seelen ein enorm hoher Tribut. Während motorisierte Besucher von hier aus auf der gleichen Straße zurückfahren müssen, haben Wanderer Gelegenheit, die Gebiete der östlichen Bucht zu erkunden. Litlihöfði, Stakkabót und das Sæfjall lohnen den Besuch vor allem wegen ihres reichen Vogellebens.

Ein Denkmal erinnert an Auswanderer

Nachdem man den Flughafen passiert hat (eine sympathisch kleine, aber durchaus moderne Anlage mit einem Oldtimer unter der Decke), geht es rund um den nordöstlich gelegenen und 226 m hohen Vulkan Helgafell (heiliger Berg). Seinem Ausbruch vor rund 5.000 Jahren verdankt die Insel ihre Entstehung. Zu seinen Füßen sieht man einige Schafe, obwohl die Landwirtschaft nach dem Ausbruch von 1973 weitgehend aufgegeben worden ist.

Anschließend geht es an der Flanke des ca. 215 m hohen Eldfell (Feuerberg) vorbei, an der man 1993 anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Ausbruchs ein weißes Kreuz aufstellte. Er ist das Zentrum jener eruptiven Tätigkeit, die die spektakulärste Zäsur in der jüngeren Inselgeschichte darstellt. Wegen der Asche, die immer wieder in die Stadt geweht wurde, versucht man den Eldfell zu bewachsen.

Hinweis

Eine Wanderung auf den Krater des Eldfell (genau wie zum Helgafell) ist recht einfach, doch macht das Gehen über Lockergestein und Sand einige Mühe. Von der Stadt aus benötigt man etwa 45 Minuten bis zum Gipfel, der eine fantastische Aussicht bietet.

Die letzte und ebenfalls interessante Station ist das Lava-Gebiet, das 1973 als Neuland die Inselfläche erheblich vergrößerte. Vom Fahrweg aus hat man mehrfach Gelegenheit, den Blick auf das Städtchen Heimaey, die jenseitigen Berggipfel und die enge Hafeneinfahrt zu genießen. Eine sonderbare Idylle stellt jener Garten dar, den ein älteres Ehepaar 1988 in der wüstenhaften Umgebung anlegte. Auf dem warmen Untergrund wachsen nicht nur Rosen und andere Pflanzen, sondern auch Kartoffeln!

Kurz vor der Rückkehr zum Hafen passiert man die Überreste des dänischen Forts Skansinn (Schanze), das 1630 zum Schutz vor nordafrikanischen Sklavenjägern an der Hafeneinfahrt errichtet wurde; es ist eins der ersten isländischen Steingebäude überhaupt.

Auf schmalem Pfad den Eldfell hinunter

Wanderungen

Wer gut zu Fuß ist, kann ausgehend vom Hafenbecken Friðahöfn aus einige Wanderungen unternehmen, die alle zu hoch gelegenen Punkten mit vorzüglichen Panoramablicken führen. Eine Etappe führt nach oberhalb des Herjólfsdalur, dann über das Dalfjall bis zum Vogelfelsen von Stafnsnes im Nordwesten der Insel. Eine andere zur Nordküste mit der „kleinen“ und „großen Klippe“ (litla klif und stóra klif). Auch der höchste Berg des Archipels, der Heimaklettur (283 m) ist von bergwandergewöhnten Urlaubern durchaus besteigbar. Noch weiter im Osten kommt man zum Ystiklettur, wo die seltenen Schwarzschnabel-Sturmtaucher brüten. Einige der genannten Wanderwege sind auf ausgetretenen Pfaden möglich; wichtig ist, sich vorher in der Touristeninformation über die Begehbarkeit und Gefährlichkeit der jeweiligen Etappe zu erkundigen.

Mit dem Ausflugsboot um Heimaey

Genauso eindrucksvoll wie eine Wanderung oder die Busrundfahrt über die Insel ist eine Umrundung derselben mit dem Boot. Diese führt normalerweise im Uhrzeigersinn um Heimaey herum, wobei natürlich auf Wind- und Wetterverhältnisse Rücksicht genommen werden muss. Man kann jedoch immer mit Seegang rechnen und empfindliche Naturen sollten die Seekrankheit rechtzeitig vorher durch ein entsprechendes Mittel bekämpfen. Der Vorteil einer solchen Seereise ist, dass man den steilen Vogelfelsen sehr nahekommt. Vor allem für die in den unteren Regionen angesiedelten Seevögel gibt es dabei vorzügliche Beobachtungsmöglichkeiten; daneben sind natürlich auch das Flugverhalten und der Beutefang der höher nistenden Vögel zu studieren. Die ersten Vogelfelsen passiert man noch in der Hafenausfahrt, dann die enge, nordwärts gerichtete Bucht, die lange Zeit Heimat des weltberühmten Orcas Keiko (s. u.) war.

info

Ein tierischer Filmstar

Die Naturkulisse der Bucht Klettsvík war 1998–2002 der fantastische Rahmen für ein weltweit beachtetes Experiment, nämlich die Auswilderung eines lange Zeit in Gefangenschaft gehaltenen Wals. Die Rede ist vom „Hollywood-Star“ Keiko, dem Hauptdarsteller der „Free Willy“-Filme. Ende der 1970er-Jahre war der Schwertwal als Jungtier vor der Küste Islands gefangen und Mitte der 1980er-Jahre an einen Vergnügungspark in Mexiko verkauft worden. Aufgrund seiner Gelehrigkeit wurde der Wal für Hollywood interessant, wo er sich als Hauptdarsteller des Kinofilms „Free Willy“ 1992 in die Herzen unzähliger Zuschauer in aller Welt schwamm.

Nach seiner Filmkarriere drohte der Orca in viel zu engen und zu warmen Bassins in Amerika einzugehen. Als dies den Fans bekannt wurde, kam es schnell zur Gründung einer Stiftung, die die Auswilderung des Wals betrieb – inspiriert auch durch die Handlung des Films, in dem ein Junge einem Wal zur Freiheit verhilft. Nach einer mehrere Millionen Dollar teuren Aktion wurde der Schwertwal 1998 per Flugzeug zunächst in ein Netzgehege der Bucht Klettsvík im Hafen von Heimaey gebracht, später die ganze Bucht für das Trainingsprogramm zur Auswilderung des Tieres abgesperrt. Da noch niemals der Versuch unternommen wurde, einen Wal nach jahrelanger Gefangenschaft wieder freizulassen, stieß das Experiment auf weltweite Beachtung. U.a. versuchten mehrere Spezialisten, alle Orcas vor der isländischen Küste zu erfassen und aufgrund der unterschiedlichen Rückenflossen-Form Keikos Verwandtschaft aufzuspüren – in der Hoffnung, der Wal könne sich einer solchen Herde anschließen.

Das Experiment machte jedoch nur langsam Fortschritte, z. B. fing Keiko erst nach einer langen Zeit der Weigerung selbst Fische und schuf damit die Grundlage, um im Ozean zu überleben. 2002 schließlich glaubten sich die Experten dem Ziel des Unternehmens, also der „Auswilderung“ nahe: Erstmalig verließ Keiko die Westmännerinseln und schwamm selbständig für längere Zeit im Atlantik. Nach mehreren Wochen allerdings suchte er von sich aus vor der mittelnorwegischen Küste wieder Kontakt zu Menschen. Und Ende 2003 zeigte der Orca alle Anzeichen einer schweren Krankheit. Im Dezember schließlich wurde das knapp 10 m lange und 6 t schwere Tier in einem Fjord tot aufgefunden, gestorben an einer akuten Lungenentzündung. Damit ist auch fraglich, ob man das Experiment der Auswilderung als erfolgreich ansehen kann. Keiko jedenfalls, der nur 27 Jahre alt wurde (Orcas können durchaus ein Alter von 50 bis 55 Jahren erreichen), blieb es anders als dem Filmhelden Willy verwehrt, die zweite Hälfte seiner Existenz in Freiheit verbringen!

Dann geht es an der bizarr und unwirklich wirkenden Küste des neuen Lavafelds entlang, hinter der in den Buchten von Skarfatangi und Stakkabót weitere Vogelkolonien beobachtet werden können. Besonders eindrucksvoll sind anschließend die Bestände an der Westseite des Südkaps Stórhöfði. An der lang gestreckten Westflanke der Insel vorbei geht es zur Grotte Teistuhellir, in die das Boot bei günstigen Seeverhältnissen einfährt. In dieser Region sind auch die Chancen am größten, einen oder mehrere Schwertwale zu sichten. Die Insel-Nordseite ist durch Kliffs, Schären und Brandungsgrotten gegliedert.


Bevor es wieder in die Hafeneinfahrt geht, passiert man hier die Schäre Faxasker, wo nur wenige Hundert Meter von Heimaey entfernt noch in den 1970er-Jahren gekenterte Schiffer elend erfrieren und verhungern mussten: Wegen eines tagelangen Sturmes und hoher See war eine Rettungsaktion nicht möglich. Eine kleine Schutzhütte soll heute ein ähnliches Desaster verhindern helfen. Bevor man wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrt, bietet die Grotte Kafhellir unterhalb des Bergs Heimaklettur einen letzten Höhepunkt – aufgrund ihrer vorzüglichen Akustik wird sie „Konzertgrotte“ genannt. Eine andere Bootstour führt bei halbwegs akzeptablen Seeverhältnissen zur Vulkaninsel Surtsey, der man dabei recht nahekommt und sie umrundet, aber nicht betreten darf. Da diese Minikreuzfahrt rund sechs Stunden dauert, ist sie für Tagestouristen weniger empfehlenswert.

Reisepraktische Informationen Westmännerinseln

(Stadtplan Heimaey s. S. 406)

Information

Touristeninformation Vestmannaeyjar, Bárustígur 2, 900 Vestmannaeyar, 481-3555, www.vestmannaeyjar.is und www.visitwestmanislands.com. Eine zweite Touristeninformation ist im Sommer am Flughafen geöffnet.

Hotels

Hotel Vestmannaeyjar (1) €€€–€€€€, Vestmannabraut 28, 481-2900, www.hotelvestmannaeyjar.is. Das moderne Hotel im Stadtzentrum bietet 43 komfortable Zimmer (davon 24 etwas größere im 2014 eröffneten Gebäude), u. a. mit TV, Minibar, Telefon. Ein Spa befindet sich auf der unteren Etage des Hotels mit Whirlpools und Sauna, Massagesalon, Beauty-Salon. Das Restaurant Einsi Kaldi (s. u.) serviert inseltypische Spezialitäten, vor allem natürlich frisches Seafood (Reservierungen 481-1415).

Hotel Eyjar (2) €€€€, Bárustígur 2, 481-3636, www.hoteleyjar.is. Zentral gelegene Unterkunft mit gut ausgestatteten, modernen Hotelzimmern sowie Studios mit Kitchenette, Terrasse, opulentes Frühstücksbuffet (nicht im Winter). Im gleichen Haus befinden sich der Buchladen Eymundsson und die Touristeninformation.

Gästehäuser

Hvíld (3) €–€€€, Höfðavegur 16, 481-1230, www.guesthousehvild.weebly.com. Einfaches, sauberes Gästehaus, Zimmer für 1–4 Pers., auch Schlafsackunterkunft; Garten, Grillplatz.

Hamar (4) €€€, Herjólfsgata 4, 481-2900, www.guesthousehamar.is. 14 gut ausgestattete Doppel-, Dreibett- und Familienzimmer mit eigenem Bad, Terrasse und Frühstücksbuffet. Vom Gästehaus wird auch das nahe Puffin Nest Capsule Hostel (€€) verwaltet, das aus 40 übereinander gestapelten, futuristisch gestylten „Schlafkapseln“ für Einzelpersonen besteht.

Jugendherberge

Farfuglaheimili Sunnuhóll (5) €€€ (im DZ, €€ im Mehrbettzimmer), Vestmannabraut 28, 481-2900, www.hostel.is/hostels/Vestmannaeyjar. Herberge hinter dem Hótel Vestmannaeyjar, 25 Betten in 7 Doppel- und Mehrbettzimmern, Bad auf jeder Etage, Gemeinschaftsküche. Ganzjährig.

Camping

Im Herjólfsdalur (6), ca. 15 Fußminuten vom Zentrum entfernt, ist das Zelten in einem ehemaligen Vulkankrater möglich, 864-4998.

Restaurants

Einsi Kaldi (1), Vestmannabraut 28, 481-1415, www.einsikaldi.is. Gutes Restaurant des Hótels Vestmannaeyjar (s. o.), spezialisiert auf Fischgerichte sowie Papageientaucher und Trottellumme, Touristenmenüs.

Fiskibarinn (2), Skolavegur 1, 414-3999, www.facebook.com/fiskibarinn. Angenehmes Lokal mit Fisch- und Fleisch-Verkaufstheke, gute Fisch- und Seafood-Gerichte, leckeres Lamm.

GOTT (3), Bárustígur 11, 431-3060, www.gott.is. Neueres, sehr gutes Bio-Restaurant mit nettem Service, leckere Fischgerichte (nach dem Fang des Tages fragen!).

Tanginn (4), Básaskersbryggja 8, 414-4420, www.facebook.com/tanginn.is. Das Restaurant am Hafen (toller Blick!) wartet mit originellen Burgern, Suppen, Salatbuffet, Fisch und Walsteaks auf.

Ausflüge

Angel- oder Bootsfahrten um die Hauptinsel und zu anderen Inselchen des Archipels vermittelt das Touristenbüro. Sehr empfehlenswerte Sightseeing-Bootstouren und Whalewatching veranstaltet Viking Tours ( 488-4884, https://vikingtours.is).

Weitere schöne Touren bietet Eyjatours (Básaskersbryggja, 852-6939, www.eyjatours.com), z. B. die „Puffin and Volcano“-Tour, bei der man u. a. mit Papageientauchern Bekanntschaft macht, die Tagestour mit einem Einheimischen („A day in Westman Islands with a local“) oder Fahrten mit elektrischen Trikes.

Fähre

Die Westmännerinseln (Heimaey) werden im Sommer mehrmals tgl. vom 2010 eröffneten Hafen in Landeyjahöfn (Fahrzeit 35 Min.) mit der Personen- und AutofähreHerjólfur“ angelaufen (fasst 500 Passagiere und 60 Pkw). Infos/Buchungen: www.seatours.is. Ist der Hafen von Landeyjahöfn geschlossen, was vor allem im Winter vorkommt, wird Heimaey ganzjährig 2-mal tgl. von Þorlákshöfn (Fahrzeit 2 Std., 45 Min.) angelaufen. Infos auf Heimaey im Service Center am Hafen oder 481-2800, in Hvolsvöllur 481-2800 oder in Reykjavík: Vesturbugt, 481-2800, ab Landeyjahöfn Erw. ISK 1.380, 12–15 Jahre ISK 690; ab Þorlakshöfn Erw. ISK 3.420, 12–15 Jahre ISK 1.160, unter 12 Jahren frei.

Flüge

Zwischen Vestmannaeyjar Airport und Flughafen Bakki an der gegenüberliegenden Festlandküste gibt es tgl. 3 Verbindungen (Flugzeit ca. 7 Min., www.visitwestmanislands.com).
Tipp: Auf dem Flug ab Reykjavík sind die Plätze auf der linken Seite am interessantesten, da es ein ganzes Stück an der Südküste entlang geht. Wegen des fast schon spektakulären Anflugs auf Heimaey lohnt ein Fensterplatz. Vom Inselflughafen benötigt man nicht unbedingt einen Bus- oder Taxitransfer zum Städtchen. Die ca. 3 km können auch zu Fuß zurückgelegt werden, wobei man erste Eindrücke von der Vulkanlandschaft der Insel sammelt.

Eagle Air, 562-4200, www.eagleair.is. Flugverbindungen mit Reykjavík im Winter 2- bis 3-mal tgl. (außer Sa), im Sommer 2-mal tgl. Die Flugzeit beträgt ca. 30 Min.

Mietwagen/Taxi

Eyjabílar Car Rental (Höfdavegur 19, 899-2589) vermietet Autos und betreibt auch einen Taxi-Service ( 698-2038).