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Vorwort

André F. Lichtschlag zeichnet die Entwicklung und Weichenstellungen der Alternative für Deutschland (AfD) nach. Heute muss selbst ein objektiver Beobachter – der ich nicht bin – sagen: Seine Nase hat ihn nur selten getrogen.

Seine wesentliche Leistung: Er hat früh erkannt, dass die AfD eine Partei für ein ganz eigenes Milieu ist. Die AfD ist nicht eine FDP 2.0 ohne Euro-Rettung und keine Union 2.0 mit etwas mehr Wirtschaftskompetenz. Sie ist auch keine Mischung aus beidem, auch wenn sie aus beiden Gruppen Wähler gewonnen hat. Für mich war das von Anfang an klar. Man kann mir vielleicht entgegenhalten, dass dies im Rückblick leicht zu behaupten ist.

Ich glaube aus guten Gründen, dass es anders ist: Seit etwas mehr als einem Jahr habe ich ein Mandat im Europäischen Parlament. Dieses verdanke ich den Wählern der AfD. Ich kenne die Wähler der AfD. Sehr viele persönlich. Und ich kenne das Milieu. Obwohl ich mein Mandat erst kurz innehabe, kann ich auf rund 20 Jahre Politikerfahrung zurückblicken. In diesen 20 Jahren habe ich mich wie viele andere stets nach einer liberalen und konservativen Reformpartei gesehnt. Einer Partei, die die Interessen der vergessenen Leute vertritt. Gesellschaftlich konservativ mit einem minimalinvasiven Staat. Konservativ, weil es meine feste Überzeugung ist, dass Werte und Traditionen von Bedeutung sind. Liberal, weil ich nicht glaube, dass der Staat diese Werte und Traditionen protegieren sollte. Reformerisch, weil der Staat zur Beute einer linken Mehrheit geworden ist, die ihrerseits den Staat nicht als neutrales Instrument betrachtet, sondern ihn als Werkzeug, zuweilen gar als Waffe einsetzt, um linke Vorstellungen durchzusetzen. Dieser Missbrauch muss beendet werden.

Die AfD ist daher bis zu einem gewissen Grade auch eine Protestpartei. Protest gegen diesen Staat und seinen Missbrauch. Protest gegen eine Politik, die auf Andersdenkende keine Rücksicht mehr nimmt und den Minderheitenschutz, ohne den eine Demokratie nicht denkbar ist, ignoriert. Protest gegen eine Kirche, die nicht als Gegenpol und Wertevorbild dient, sondern sich willfährig der bunten Republik hingibt und sich somit selbst auflöst. Protest auch gegen einen Journalismus, der so häufig weder berichtet noch kritisiert noch recherchiert, sondern zum tumben Meinungs- und (Un-) Werteverstärker derjenigen geworden ist, die an den Schalthebeln der Macht sitzen.

Und deshalb ist die Analyse von Lichtschlag auch richtig. In der Tat war die AfD ein „Koalitionsprojekt“ von „Liberalen, Konservativen, Christen, Libertären, Patrioten, Antifeministen, Klimaskeptikern“ und anderen. Freilich hat die AfD auch heute noch vielfältige Strömungen. Doch sie alle eint erstens nicht nur der Protest und damit eine grundlegende Skepsis gegenüber dem Ist-Zustand der Republik, sondern vor allem auch die Überzeugung, dass der Staat in zu viele Lebensbereiche vorgedrungen ist, in denen er nichts zu suchen hat. Im Privaten, in der Familie, müssen Entscheidungen ungehindert vom Staat selbständig getroffen werden dürfen.

In diesem Milieu habe ich mich über lange Jahre bewegt. Ich habe geholfen, dieses Milieu mitzuprägen. Erst neben meinem Beruf. Dann in Vollzeit als Beruf. Aber stets mit vollem Einsatz. Darauf bin ich, diese Schwäche will ich zugeben, stolz. Und aus diesem Milieu ist die AfD entstanden. Denn die Partei ist tatsächlich damals zum Kristallisationspunkt der ebenso Enttäuschten wie Hoffnungsvollen geworden, zu denen auch ich gehörte – und gehöre. Meinen Platz in der Partei habe ich dann mit Beharrlichkeit und Geradlinigkeit erlangt. Mein Mittel der Wahl: Ich habe das gemacht, was ich 20 Jahre lang gemacht habe, und habe meine politischen Positionen kein Jota verändert. Ich habe „mein Ding“ gemacht. Ich bin in der glücklichen Lage, dass die Partei mehrheitlich tickt wie ich.

Anders ist es für Bernd Lucke gewesen. Er hat stets versucht, die Partei nach seinem Bilde zu formen und von oben nach unten durchzuregieren. Andersdenkende hat er mit allen Mitteln bekämpft. Zuletzt bekämpfte er sogar seine eigene Basis. Die hat ihn dann konsequenterweise auf dem Essener Parteitag vom 5. Juli 2015 mit großer Mehrheit abgewählt. Damit kann die AfD endlich intern verwirklichen, was sie programmatisch ohnehin fordert: mehr Demokratie, vor allem direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild.

Inzwischen arbeiten wir alle gemeinsam an der Zukunft der AfD. Die Motivation ist groß – wahrscheinlich größer als bei ihrer Gründung. Partizipation der Mitglieder und die Pointierung der Themen in ihrer ganzen Breite tragen die Partei und verleihen ihr ein neues Momentum. Und es gibt viel zu tun. Die Systemparteien haben durch ihre konturlose Politik eine große Zahl von Wählern enttäuscht, die wir gewinnen können. Unser Milieu ist das Milieu der vergessenen Leute. Es sind diejenigen, die leistungsbereit sind, denen vom Staat aber ein übergroßer Anteil der Früchte ihrer Arbeit genommen wird. Mit ihren Abgaben müssen sie Schulen finanzieren, in denen den Kindern nicht beste Rechen-, Lese- und Schreibfertigkeiten, sondern mit dem Elternhaus konfligierende Werte vermittelt werden. Es sind die, die trotz 80 Prozent Abgabenquote auf Benzin auf mit Schlaglöchern übersäten Straßen weite Wege zur Arbeit pendeln, die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten bezahlen, die ein ungewolltes Programm senden, und die nach 40 Wochenstunden Arbeit und 40 Berufsjahren ein Altersauskommen erwartet, das mit der Lebensleistung nicht korrespondiert. Kurz: Die AfD kümmert sich um die, die die Musik bezahlen, die aber für andere spielt – die Opfer der systematischen Umverteilung von Einkommen und Werten.

In der AfD haben sich viele dieser vergessenen Leute gesammelt. Sie bilden in der AfD die Mehrheit. Wir treten für drastische Reformen in den Sozialversicherungssystemen, im Steuersystem, bei der überbordenden Regulierung und Bürokratie, in der Energie- und Klimapolitik und auch im Schulsystem ein. Nicht zuletzt verlangen wir auch Änderungen in der Geldpolitik und ganz besonders an der Stellung Deutschlands im Verhältnis zur EU und dem internationalen Institutionengefüge. Beispielsweise habe ich gefordert, dass Deutschland auf eine Neuverhandlung der EU-Verträge durch eine Drohung mit Austritt und einem Austrittsreferendum drängt – wie das Großbritannien macht. Ich habe auch gefordert, dem Gold wieder eine Funktion im Geldsystem einzuräumen. Derzeit erlebt Deutschland eine weitere Krise durch den Zusammenbruch des Asylsystems, das nicht für Einwanderung taugt. Die AfD hat gefordert, dass Asyl – als Instrument für die Verfolgten – nur noch nah am Krisenherd und außerhalb Deutschlands als Botschaftsasyl beantragt werden kann, flankiert von einem Einwanderungsgesetz, wie es Deutschland wirklich braucht.

Das alles sind grundlegende Systemwechsel, die aber – das ist der Anspruch der AfD und der fruchtbare Acker ihrer Gründung – immer stets fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Die AfD ist aus dem Rechtsbruch der Maastricht-Verträge geboren. Die Wiederbelebung des Rechtsstaats ist unser Anspruch. Das in Arbeit befindliche Programm der AfD wird zeigen, dass wir es sowohl mit dem Grundgesetz als auch dem Rechtsstaat und erst recht der Systemkritik bei Themen über den Euro hinaus ernst meinen.

Und wenn das Programm steht, dann ist das erst der Anfang unserer Arbeit. Es ist kein Erfolg an sich, dass es in Deutschland erstmals eine liberal-konservative Partei gibt. Es gilt praktische Erfolge zu erzielen, die nur im ideologischen Konflikt der Visionen errungen werden können. Der ideologische Konflikt zeigt sich daran, dass Kompromisse schwer zu finden sind, weil die Vorstellungen von einer sachgerechten Lösung zu weit auseinanderliegen.

Die Zahl dieser Konflikte nimmt zu. Ich erlebe sie täglich im Europäischen Parlament, wo ich konsequent überstimmt werde und ich auch nichts Gutes an dem finde, was mehrheitlich beschlossen wird. Ich erlebe sie regelmäßig bei Veranstaltungen, wo ich für die bloße Äußerung meiner Ansichten mit faulen Eiern beworfen werde. Und ich erlebe das auch auf meiner Facebook-Seite, wo neben einer enormen Zustimmung und Unterstützung eben doch Diffamierungen und Beleidigungen an der Tagesordnung sind. Ein ideologischer Konflikt dieser Art wurde auch in der Hayek-Gesellschaft ausgetragen, in der ich Mitglied bin. Und ich bin sicher, es werden in Zukunft noch viele Feuer ähnlicher Art aufflackern. Für mich heißt das: Es liegt Veränderung in der Luft.

Wir sehen den ersten Großbrand in Form der Zuspitzung der Asylkrise. Eine Million „Flüchtlinge“, eine Bundeskanzlerin, die den Regierungssitz mit einer Kanzel verwechselt und eine undifferenzierte Willkommenskultur predigt, während sie mir nichts dir nichts den ohnehin bankrotten deutschen Sozialstaat auf die ganze Welt ausweitet – denn Asyl kenne angeblich keine Obergrenze. Dazu ein der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin unterliegender Innenminister, der vollmundig in einer Pressekonferenz die Begrenzung des Flüchtlingsstroms behauptet, während er seine Ministeranordnung verschweigt, nach der das Gesetz außer Kraft gesetzt wird, nach dem Asylbewerbern aus Drittstaaten die Einreise zu verweigern ist. Die Mischung aus dem Lockruf der Kanzlerin und der Röcke-hoch-Politik ihres Ministers ist explosiv.

Meine Erwartung: Die Entfremdung der vergessenen Leute von den Systemparteien mündet in einer Re-Politisierung der apathischen Menschen. Es hat etwas Ironisches, dass die von der Linken planvoll durchgeführte Voll-Politisierung aller Lebensbereiche nun umschlägt in ihr Gegenteil. Das Wachstum einer neuen Opposition ist unübersehbar. Ich wage die Vermutung, dass sich das bei den nächsten Landtagswahlen und bei der Bundestagswahl 2017 in den Ergebnissen zeigen wird.

Zeigen wird sich die Re-Politisierung auch in den Medien. Alternative Zeitschriften wie eigentümlich frei dürfen sich auf großen Erfolg und eine sprunghaft wachsende Leserschaft freuen. Ich erwarte eine deutliche Vergrößerung der Absatzmöglichkeiten. Dieses wachsende Marktpotential bietet Chancen, die genutzt werden können. Schon dieses Buch von André F. Lichtschlag zur AfD wird davon profitieren. Ich wünsche dem Buch und allen anderen Produkten aus dem Hause Lichtschlag größten Erfolg. Denn die Märkte für alternativen Journalismus und alternative Politik befruchten sich gegenseitig. Jeder neue Leser alternativer Medien unterstützt den Erfolg alternativer Politik, jeder Wähler bringt den Medien mehr Leser.

Und dadurch sind strukturelle Veränderungen zum Greifen nahe. Die Mehrheitsverhältnisse verschieben sich. Die Union als Staatspartei und Kanzlerwahlverein hat ausgedient. Das bereitet den Boden für ein Deutschland, dessen Bürger in Freiheit leben können. Ohne Angst vor staatlicher Überwachung. Mit der Chance, ein Einkommen zu verdienen, ohne dass man in Sorge an die nächste Steuererklärung denken muss. Ein Deutschland, in dem Polizisten sich um Verbrecher kümmern statt um Schwarzarbeiter und Zu-schnell-Fahrer. Der Mensch ist frei geboren, nicht als Sklave. Der Staat hat diese Freiheit zu verteidigen. Nicht der Staat gewährt dem Bürger seine Freiheit, sondern der Bürger kontrolliert den Staat. Freiheitsrechte werden wieder groß geschrieben. Wo der Staat nicht zurückgedrängt wird, da gibt es demokratische, direkte Teilhabe. Außenpolitisch tritt Deutschland endlich wieder bescheiden auf, hält sich von Brandherden fern, statt sich in Konflikte zu drängeln, die letztendlich die Sicherheit der Bürger gefährden. Wir pflegen freundschaftliche Beziehungen mit allen europäischen Nachbarn, ohne dass ihnen Mindeststeuersätze bei der Körperschaftssteuer, Flüchtlingsquoten oder die Troika oktroyiert werden. Darum ist mein Motto: Mit Mut für die Freiheit und mit Herz für Deutschland.

Beatrix von Storch

I. Vorgeschichte: Skript

Hier und dort wurde der Autor dieses Buches bezichtigt, früh an der Wiege der AfD Pate gestanden zu haben. Dabei wird gerne auf einen Artikel verwiesen, der im Jahr 2003 unter der Überschrift „Rudi Möllemann“ in der von mir herausgegebenen Zeitschrift eigentümlich frei erschien. Ich hatte damals Risiken und Chancen einer neuen Partei erörtert und auf die Entstehungsgeschichte der Grünen verwiesen:

„Erinnern wir uns: Im Lauf der 70er Jahre und quasi als Nachgeburt von 1968 sprossen allerorten Basisinitiativen und Kleinparteien aus dem Boden: rote oder grüne Initiativen, mit radikal-sozialistischen oder konservativ-ökologischen Zielen: hier die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML), gegründet 1968; die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), gegründet 1970; der Kommunistische Bund (KB), gegründet 1971; der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW), gegründet 1972 – und viele weitere sozialistische Kleingruppen, die mehr oder weniger bei der Gründung der Grünen eine Rolle spielten. Und dort waren es etwa die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD), gegründet 1965; die Grüne Liste Umweltschutz (GLU), gegründet 1977; die Grün-Alternative Liste (GAL), gegründet 1978; die Grüne Aktion Zukunft (GAZ), gegründet 1978 – und viele weitere ökologische Kleingruppen, die ebenfalls mehr oder weniger bei der Gründung der Grünen dabei waren. Alleine, das hatte man inzwischen feststellen müssen, hatte man keine Chance. Selbst ein Verbund der ökologischen Listen hier und der sozialistischen Kaderparteien dort wäre jeweils auf sich alleine gestellt gescheitert. Und etwa die Sozialisten selbst waren sich aus ihren unterschiedlichen Gruppierungen kommend nicht gerade grün. Erst die Auflösung in einer Sammlungspartei mit Partnern aus kulturell ganz anderen Zusammenhängen sorgte hier für die nötige Toleranz und Bereitschaft etwa zur Zusammenarbeit von Ex-Putztrupplern mit Ex-KPDlern, von Fraktionen einer Denkrichtung, die sich zuvor jahrelang bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen bekämpften. Man versuchte es gemeinsam, um des Erfolges willen. Und das gelang: Aus dem Geflecht der unterschiedlichen Gruppierungen, die während etwa eines Jahrzehnts entstanden waren, sollte nun mittels einer ökosozialistischen Sammlungspartei ab 1979 der Durchbruch gelingen, basisdemokratisch – mit endlos langen Personal- und Programmdiskussionen. Die chaotischen ersten Parteitage der Grünen sind heute Legende. Wer Anfang der 80er Jahre regelmäßig die Tagesschau gesehen hat, wird die Bilder stillender Ökomütter im Kampfgeschrei gegen sozialistische Geiferer nicht vergessen haben.“

Eine konservativ-libertäre Sammlungspartei aber, so folgerte ich damals weiter, sollte sich „diesen Beginn ersparen. Die Grünen konnten einen solchen medialen Super-GAU nur deshalb durchstehen, weil sie von einer Sympathiewelle der Journalisten getragen wurden, die insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien selbst der hysterischsten Unflätigkeit immer noch etwas ‚Richtungsweisendes und Klärendes‘ abgewinnen wollten.“ Eine konservativ-libertäre Partei hätte diese Unterstützung nicht zu erwarten und müsse deshalb quasi „von oben“ gegründet werden: „Ein charismatischer Kopf wäre zwingend nötig.“

Wofür sollte die neue Partei dann eintreten? Meine Forderung vor mehr als zwölf Jahren: „Programmatisch sind die nötigen Antworten sehr schnell in der Antithese zur rotgrünen heutigen Mehrheitsmeinung gefunden. Stehen die Ökosozialisten gerade in Deutschland für Etatismus (sie haben es geschafft, dass Sozialleistungen heute als Anspruch betrachtet werden: als Anspruch, auf Kosten anderer zu leben), für diskriminierenden Feminismus (kein Mensch regt sich mehr über perverse Frauenquoten in der Politik oder diskriminierende Frauenparkplätze in der Tiefgarage auf), für spaßbremsenden Ökofanatismus (Deutschland ist zum Amüsement aller anderen zum Volk der ernsthaften Müllsortierer und Zurückbringer klebriger alter Cola-Dosen geworden), für Zentralismus (die Ökosozialisten sind die Vorreiter einer zentralen Politikgleichschaltung aus Brüssel, langfristig wird die Stärkung der UN auf dem Weg zum Weltstaat angestrebt) sowie für zeigefingerschwingenden Antifaschismus (für die falsche Meinung geht man in der BRD ins Gefängnis, und das Büßergewand ist Pflichtkleidung für die Deutschen). Ohne die Grünen wäre eine allgegenwärtige gesellschaftliche Gleichschaltung hin zur feministisch-etatistisch-ökofanatisch-zentralistisch-antifaschistischen Republik niemals möglich gewesen. Nun ist es höchste Zeit zum Widerstand.“

Und deshalb: „Die fünf Grundpfeiler einer solchen Bewegung liegen auf der Hand: Kehren wir den rotgrünen Spieß einfach um: Die neue Kraft wird für Freiheit und Selbstverantwortung (und damit für radikalen Staatsabbau auch im Bereich ‚Soziales‘ oder im Bereich Bildung) stehen, die traditionelle Familie wieder als die Keimzelle der Gesellschaft betrachten, für Lebensfreude und Zukunftsoptimismus werben (und den Umweltminister in den gelben Sack stecken und ihm eine seiner klebrigen Dosen hinterherwerfen), für Föderalismus und Subsidiarität streiten und für ein nationales Selbstverständnis auch als Deutsche eintreten.“

Weiter schrieb ich: „Wie im Fall der Grünen kommt auch heute der Widerstand bei näherer Betrachtung aus zwei Richtungen, aus einer radikal freiheitlichen, libertären Richtung wie auch aus einer konservativ-nationalen. Ziel wird es nicht nur sein, die politisch-ökonomische Verfassung dieser Republik grundlegend zu verändern. Hier werden sich vor allem die Libertären mit ihrem Programm für Freiheit und Wohlstand einbringen können. Es wird auch einen Kulturkampf geben müssen in einem Land, in dem die alleinerziehende Lesbe oder der nichtsnutzige Bettler längst zum Ideal erkoren wurden. Hier gilt es, Gegenbilder zu entwerfen von heroischen Unternehmern, von Machern, von Familienvätern. Setzen wir das Leistungsideal der heute dominierenden Beamten- und Schmarotzermentalität entgegen. Die neue Kraft ist vermutlich viel näher am Start, als viele jetzt noch ahnen.“

Soweit meine Hoffnung im Jahr 2003. Und soweit auch das überschäumende Temperament meiner Sturm- und Drangphase. Heute würde ich es etwas gesetzter formulieren und die zum Schluss erwähnte nationale Komponente durch eine christliche ersetzen oder zumindest ergänzen. Es dauerte dann doch bis zum 6. Februar 2013, als die Alternative für Deutschland (AfD) das Licht der Welt erblickte. Ist sie meiner groben Blaupause einer kämpferischen libertär-konservativen Kulturrevolution gefolgt? Konnte die „Gründung von oben“ wie erhofft den internen Richtungskampf minimieren helfen? Viele Fragen stehen gleich am Beginn unseres Falls. Schauen wir uns also den Tathergang genauer an.

II. Tathergang: Alternative Partei

Eine neue Partei

Am 22. September 2013 fand die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag statt. Noch zu Beginn desselben Jahres schien es die langweiligste Wahl aller Zeiten zu werden.

Kurz vor dem Wahltag war alles anders. Plötzlich konnte nicht nur eine deutsche Regierung wackeln, sondern das bisherige, lange Zeit felsenfest geglaubte Parteiensystem zusammenbrechen. Die ungewohnte Spannung verdankten die Deutschen einer neuen Partei – der Alternative für Deutschland (AfD).

Sie war eher noch heimlich am 6. Februar gegründet worden, am 3. März ging ihre schnell besonders erfolgreiche Facebook-Seite online, am 14. April fand der eigentliche Gründungsparteitag in Berlin statt. Bereits nach wenigen Wochen hatte die AfD mehr als 15.000 Mitglieder.