Aufgaben und Lösungen aus Zweiten Juristischen Staatsprüfungen in Bayern im Öffentlichen Recht 2012
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Aufgaben und Lösungen aus Zweiten Juristischen Staatsprüfungen in Bayern im Öffentlichen Recht

aktualisiert und publiziert in den
Bayerischen Verwaltungsblättern (BayVBl.)

2012

Alle Lösungshinweise wurden vor der Publikation im jeweiligen Heft der Bayerischen Verwaltungsblätter nochmals überprüft und gegebenenfalls überarbeitet. Die Lösungen sind somit auf dem Stand der Erstpublikation in den Bayerischen Verwaltungsblättern.

Die Reihenfolge der Aufgaben und Lösungen entspricht der zeitlichen Reihenfolge des Erscheinens in den Bayerischen Verwaltungsblättern.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailierte bibliografische Angaben sind im Internet
unter www.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-415-05317-5 (ePub)

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titel
Impressum
Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2
(Schwerpunkt Baurecht, Wasserrecht)
Lösungsskizze zur Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2
Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2
(Schwerpunkt Gaststättenrecht)
Lösungsskizze zur Aufgabe 9 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2
Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2008/1
(Schwerpunkt Baurecht)
Lösungsskizze zur Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2008/1
Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2008/1
(Schwerpunkt Wasserrecht)
Lösungsskizze zur Aufgabe 10 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2008/1
Gesetzbuch24.de

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Anlage 1 …

Anlage K2 (auszugsweise)

24. 6. 2011

Wasserwirtschaftsamt Landshut
(…) Landshut

An das
Landratsamt Kelheim
(…) Kelheim

Eingang: 28. 6. 2011

Kiesabbau auf der FlNr. 943 Gemarkung Herrnwahlthann

Bei der beantragten Abbautiefe (zirka 8 Meter) werden grundwasserführende Schichten (zirka neun Meter unter Gelände) nicht angeschnitten. Auch wenn eine Gefährdung des allgemeinen Trinkwassers durch den Abbau nicht zu erwarten ist, kann eine Beeinträchtigung der privaten Wasserversorgungsanlage Lamm durch eine vorübergehende Erhöhung der Nitratkonzentration nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Bach

Dipl. Geologe

Anlage K3 (auszugsweise)

24. 10. 2011

Landratsamt Kelheim
(…) Kelheim

Herrn
Sepp Steinbrenner
(…) Herrnwahlthann

Vollzug des Bayerischen Abgrabungsgesetzes (BayAbgrG)

Kiesabbau auf der FlNr. 943 Gemarkung Herrnwahlthann

Ihr Antrag vom 6. 6. 2011

Das Landratsamt Kelheim erlässt folgenden

Bescheid:

  1. Für das oben bezeichnete Vorhaben wird die Abgrabungsgenehmigung erteilt.
  2. (…) [Kostenentscheidung: Ordnungsgemäß]

Begründung:

Die Abgrabungsgenehmigung ist zu erteilen, weil das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayAbgrG).

Das Vorhaben verletzt auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Allein aus der abstrakten Gefährdung des Grundwassers kann nicht auf die Verletzung nachbarschützender Rechte geschlossen werden.

(…) [Es folgen eine ordnungsgemäße Begründung der Kostenentscheidung und eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung.]

Rausch

Regierungsrat

12. 12. 2011

Landratsamt Kelheim
(…) Kelheim

An das
Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg
(…) Regensburg

Eingang 13. 12. 2011

Verwaltungsstreitsache
Leonhard Lamm ./. Freistaat Bayern

Wir beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Abbaugenehmigung ist rechtens. Eine wasserrechtliche Erlaubnis war nicht zu erteilen, da kein Grundwasser angeschnitten werden soll.

Sollte nach Auffassung der Kammer doch ein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen sein, gilt Folgendes: Auch bei Bestandskraft der Abgrabungsgenehmigung darf Sepp Steinbrenner mit der Durchführung seines Vorhabens erst beginnen, wenn ihm in einem noch durchzuführenden Verfahren eine entsprechende wasserrechtliche Genehmigung erteilt worden ist. Damit fehlt dem Kläger aber das Rechtsschutzbedürfnis, gegen die Abgrabungsgenehmigung vorzugehen.

Das Vorhaben ist im Übrigen bauplanungsrechtlich zulässig, da es keine öffentlichen Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt. Das Vorhaben löst keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von Nr. 3 dieser Vorschrift aus, da diese allenfalls mittelbar zu befürchten sind und nicht durch den eigentlichen Abbauvorgang entstehen. Auch der Belang der Wasserwirtschaft, Nr. 6 dieser Vorschrift, der nur ein Mindestmaß an Trink- und Grundwasserschutz begründet, wird nicht konkret beeinträchtigt.

Das Einvernehmen ist ordnungsgemäß erteilt worden. Die Gemeinderatssitzungen sind öffentlich. Der befangene Gemeinderat musste nicht den Sitzungssaal verlassen.

Rausch

Regierungsrat

19. 12. 2011

Rechtsanwältin
Doris Schiller
(…) Regensburg

An das Bayerische
Verwaltungsgericht Regensburg
(…) Regensburg

Eingang: 22. 12. 2011

Der Kläger ist, auch wenn es die staatlichen Behörden nicht wahrnehmen wollen, sehr wohl in seinen Rechten verletzt. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt vor, weil das Vorhaben nach der Aussage des Wasserwirtschaftsamtes die Wasserwirtschaft gefährdet (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB). Damit kann das Vorhaben auch schädliche Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB herrvorrufen. Schließlich ist aus diesem Grund auch das stets zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme verletzt.

Das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage besteht, weil der Bescheid für das noch durchzuführende wasserrechtliche Verfahren Indizwirkung hat.

Schiller

Rechtsanwältin


Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. 12. 2011 wird Sepp Steinbrenner zu dem Verfahren beigeladen.


Niederschrift über die mündliche Verhandlung der 1. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. 1. 2012 (auszugsweise):

(…)

Mit den Beteiligten wird die Sach- und Rechtslage erörtert.

Die Beteiligten sind sich einig, dass das Abbaugrundstück ebenso wie der Hof des Klägers im Außenbereich liegen. Sie sind sich ferner einig, dass die private Wasserversorgung des Klägers nach § 46 WHG rechtlich zulässig ist.

Der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts Landshut, Dipl.-Geologe Bach, wird informatorisch zu den wasserwirtschaftlichen Fragen gehört. Er führt aus:

„Der Brunnen des Klägers wird aus einem lokal eng begrenzten Grundwasservorkommen gespeist, dessen Einzugsgebiet aufgrund der topographischen Gegebenheiten nach Westen ausgerichtet ist. Die Kiesabbaufläche liegt somit im unmittelbaren Zustrom zum privaten Brunnen, wobei die Abbaufläche selbst circa einen 30%igen Anteil des gesamten Einzugsgebiets des klägerischen Brunnens einnimmt. Durch den geplanten Kiesabbau tritt eine wesentliche Reduzierung der Grundwasserdeckschichten ein. Selbst bei einem normalen Abbaubetrieb (also ohne Störfälle) kann – auch wenn die Gefahr nicht sehr groß ist – infolge des Maschineneinsatzes und der damit verbundenen Mobilisierung von Nährstoffen durch eine vorübergehende Erhöhung der Nitratkonzentration eine schädliche Veränderung der Beschaffenheit des Grundwassers und damit eine Beeinträchtigung der privaten Wasserversorgungsanlage des Klägers nicht ausgeschlossen werden“.

Die Bevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22. 11. 2011. Der Vertreter des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

(…)

Vermerk für den Bearbeiter:

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg ist zu fertigen. Rubrum, Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Rechtsmittelzulassung, Tatbestand und Streitwertbeschluss sind erlassen.

Soweit die Entscheidung keiner Begründung bedarf oder in den Entscheidungsgründen ein Eingehen auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen nach Ansicht des Bearbeiters nicht erforderlich erscheint, sind diese in einem Hilfsgutachten zu behandeln.

Zustellungen, Vollmachten und sonstige Formalien sind in Ordnung, soweit sich aus dem Sachverhalt nichts anderes ergibt. § 87 Abs. 2 und § 108 Abs. 2 VwGO wurden beachtet. Wenn der Sachverhalt nach Ansicht des Bearbeiters nicht ausreicht, ist zu unterstellen, dass trotz Amtsermittlung und richterlicher Aufklärungspflicht keine weitere Aufklärung möglich ist.

Auf Naturschutzrecht sowie das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht einzugehen.

[1] Der Aufgabentext und die Lösungsskizze wurden aktualisiert (Stand: Oktober 2011).

Aufgabe 8 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2[1]

(Arbeitszeit: 5 Stunden)

Auszug aus den Akten des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg Az. RN 1 K 11.1719


22. 11. 2011

Rechtsanwältin
Doris Schimpf
(…) Regensburg

An das
Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg
(…) Regensburg

Eingang: 23. 11. 2011

Ausweislich beiliegender Vollmacht (Anlage K1) zeige ich die Vertretung von Leonhard Lamm an und erhebe in seinem Namen Klage gegen den Freistaat Bayern mit folgendem

Antrag:

Die Abgrabungsgenehmigung des Landratsamts Kelheim vom 24. 10. 2011 zugunsten von Sepp Steinbrenner, (…) Herrnwahlthann, wird aufgehoben.

Begründung:

Der Kläger ist Landwirt und hat eine landwirtschaftliche Hofstelle im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Diese ist nicht an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen, sondern wird durch einen privaten Brunnen mit Trinkwasser versorgt.

Zirka 200 Meter vom Hof des Klägers entfernt liegt das Grundstück FlNr. 943 Gemarkung Herrnwahlthann, das im Eigentum des Bauunternehmers und Gemeinderatmitglieds Sepp Steinbrenner steht. Dieser beantragte am 6. 6. 2011, dort auf einer Fläche von insgesamt 22 500 m2 Kies in vier Abschnitten abbauen zu dürfen, wobei das Grundwasser nicht angeschnitten werden sollte (Trockenauskiesung).

Im Genehmigungsverfahren teilte das Wasserwirtschaftsamt Landshut gegenüber dem Landratsamt Kelheim unter dem 24. 6. 2011 mit, dass eine Beeinträchtigung der privaten Wasserversorgung des Klägers nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das Landratsamt Kelheim hat dem Kläger eine Kopie der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts Landshut überlassen (Anlage K2).

Trotz dieser Stellungnahme und wiederholter Anfragen und persönlicher Vorsprachen meines Mandanten hat das Landratsamt Kelheim am 24. 10. 2011 die nun angefochtene Abgrabungsgenehmigung erteilt (Anlage K3). Eine Kopie hiervon hat der Kläger am 26. 10. 2011 erhalten.

Die zulässige Klage ist auch begründet, weil nach Art. 6 Bayerisches Abgrabungsgesetz eine Abgrabungsgenehmigung überhaupt nicht hätte erteilt werden dürfen. Auch wenn kein Grundwasser angeschnitten werden sollte, hätte im Hinblick auf § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG ein wasserrechtliches Verfahren durchgeführt werden müssen. Bereits wegen der falschen Verfahrensart ist die Abgrabungsgenehmigung rechtswidrig.

Die Rechtswidrigkeit ergibt sich aber auch daraus, dass das für die Abgrabungsgenehmigung erforderliche Einvernehmen der Gemeinde nicht ordnungsgemäß erteilt worden ist. Der Gemeinderat Sepp Steinbrenner wurde zwar bei der Gemeinderatssitzung am 14. 9. 2011 für den TOP 4.3 (Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für das Vorhaben Kiesabbau auf der FlNr. 943 der Gemarkung Herrnwahlthann) ausgeschlossen. Er hat jedoch den Sitzungssaal nicht verlassen, sondern blieb im Zuschauerraum. Durch seine Anwesenheit konnte die Beratung und Abstimmung im Gemeinderat unsachgemäß beeinflusst werden. Dies ist hier deshalb von Bedeutung, weil der Gemeinderat mit fünf zu vier Stimmen das gemeindliche Einvernehmen erteilt hat. Der Gemeinderatsbeschluss ist damit rechtswidrig, was auf die Abbaugenehmigung durchschlägt.

Schiller

Rechtsanwältin

Anlagen: (…) [Es folgen die erwähnten Unterlagen.]