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Rosa Colitis

Von Po bis Zunge 

Ein Leben mit Morbus Crohn







Beipackzettel:

Liebe Patientin, lieber Patient, Angehörige, Freunde, Partner oder einfach nur Interessierte!

Bitte lesen Sie die folgende Gebrauchsinformation aufmerksam, weil sie wichtige Informationen darüber enthält, was Sie bei der Anwendung dieser persönlichen Krankengeschichte beachten sollten. Wenden Sie sich bei Fragen bitte an Ihren Arzt oder an mich, die Autorin!

Zusammensetzung:

Weiblich, Jahrgang 1960.

Darreichungsform und Inhalt:

Seit circa 33 Jahren Morbus Crohn.

Anwendungsgebiete:

Für Betroffene, deren Angehörige oder einfach nur Interessierte.

Gegenanzeigen:

Wann darf die Krankengeschichte auf gar keinen Fall gelesen werden?

 Wenn man Angst davor hat, zu wissen, was alles bei einer Krankheit wie Morbus Crohn passieren kann – kann, nicht muss!

 In diesem Fall sollten Sie das Buch umgehend und ungelesen entsorgen!

Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise:

Alles, was ich in dieser Geschichte erzähle, ist die Wahrheit und mir wirklich passiert. Allerdings habe ich einen sehr schweren Verlauf und ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich inzwischen unzählige Morbus Crohn Patienten mit einem wesentlich harmloseren Verlauf kenne:

Viele Crohnis führen ein ganz normales Leben und haben so gut wie keine Einschränkungen.

Wechselwirkungen mit anderen Betroffenen, deren Angehörigen und allen, die einen Crohni kennen und vielleicht sogar lieben: Ich möchte auf gar keinen Fall Angst machen, sondern einfach nur dazu beitragen, ein Tabuthema etwas mehr in die Öffentlichkeit zu bringen!

Dosierungsanleitung:

Jeder, der die Diagnose Morbus Crohn bekommt, ist zunächst sehr erschrocken. Leider habe ich auch nach 33 Jahren Crohn immer noch kein optimales Rezept dafür, wie man mit solch einer Krankheit umgehen sollte. Jeder muss seinen eigenen, für ihn selbst richtigen Weg finden. Ein richtig oder falsch gibt es dabei meiner persönlichen Meinung nach nicht.

Nebenwirkungen:

Mit Morbus Crohn lebt es sich anders.

Intensiver, bewusster, sensibler …

1977 war ich 17 Jahre jung und genau wie alle anderen in meinem Alter hatte ich Zukunftsträume.

Ich wuchs in einem Geschäftshaushalt auf. Meine Eltern betrieben eine Gaststätte mit einer kleinen Pension und einen landwirtschaftlichen Betrieb. Viel Zeit für mich war nicht übrig.

Ich träumte davon, Goldschmiedin zu werden, doch meinen Eltern erzählte ich nichts davon. Meine Mutter setzte voraus, dass ich irgendwann den elterlichen Betrieb, in dem ich inzwischen arbeitete, übernahm.

Meine Eltern hatten aus dem Nichts den kleinen, gut florierenden Betrieb geschaffen und waren sehr stolz darauf. Daher fehlte mir der Mut, ihnen zu offenbaren, dass ich einen völlig anderen Beruf erlernen wollte.

Ohne meinen Eltern ein Wort davon zu sagen, suchte ich nach einer Lehrstelle in meinem Traumberuf. Schließlich hatte ich Glück, in einer von meinem Heimatort vierzig Kilometer entfernten Kleinstadt.

Ein älteres Ehepaar betrieb dort einen Juwelierladen mit einer Werkstatt, in der nicht nur Reparaturen erledigt wurden, sondern auch eigens designte Schmuckstücke hergestellt wurden. Genau das wollte ich. Dieser Job war für mich wie maßgeschneidert.

Mein zukünftiger Chef ließ sich erfreulicherweise darauf ein, meinen 18. Geburtstag abzuwarten, an dem ich eigenhändig meinen Lehrvertrag unterschreiben wollte.

So konnte ich mein kleines Geheimnis noch etwas für mich behalten, um einen günstigen Zeitpunkt abzuwarten, es meinen Eltern zu erzählen.

In den folgenden Wochen fieberte ich meinem Geburtstag entgegen und konnte es kaum erwarten, den Job anzutreten. Meinen Eltern erzählte ich immer noch nichts davon. Die Enttäuschung, die ich ihnen zwangsläufig zufügen würde, schob ich weiterhin vor mir her. Irgendwie schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein.

Im Sommer 1977 fuhr ich mit meinem damaligen Freund Jochen, meiner Freundin Sabine und ihrem Freund Michael in Urlaub. Die Reise ging mit einem altersschwachen VW in Richtung ehemaliges Jugoslawien. Es war mein erster Urlaub ohne Eltern und daher aufregend und spannend.

Mein Bauch brummelte schon seit Monaten unangenehm und laut, meist zu unpassenden Gelegenheiten. Nach dem Essen spürte ich häufig ein Kneifen und in den letzten Wochen war mir aufgefallen, dass ich öfter als sonst zur Toilette musste.

Von 1986 bis 1987 hatte ich, zunächst unmerklich, etwa zehn Kilo abgenommen. Ich dachte nicht weiter darüber nach. Da ich mich ohnehin etwas zu dick fühlte, freute ich mich sogar über meine Gewichtsabnahme. Bei 1,62 m Größe wog ich nun 55 kg. Für mich war das mein absolutes Wohlfühlgewicht zu jener Zeit.

In diesem Urlaub wurde mein Durchfall fortlaufend heftiger. Da wir teilweise in unserem altersschwachen Käfer schliefen, unregelmäßig aßen und die hygienischen Gegebenheiten nicht gerade optimal waren, dachte ich, meine zahlreichen und oft plötzlichen Toilettengänge, hätte ich diesen Umständen zu verdanken.

Mein damals heiß und innig geliebter Jochen schlug oft genervt seine rot bewimperten Augenlider nach oben, wenn ich, mit einer Klopapierrolle bewaffnet, in den nächstgelegenen Büschen verschwand.

Schnell lernte ich, diesen Umstand zu verheimlichen. Ich ließ mir alle möglichen und unmöglichen Ausreden einfallen, wenn ich mal wieder schnell verschwinden musste.

In diesem Urlaub aß ich so wenig wie möglich. Nach dem Motto: Wenn oben nichts reinkommt, kommt unten nichts raus.

Trotzdem genoss ich diese Zeit. Wir feierten oft, bis spät in die Nacht hinein, sahen uns Land und Leute an, genossen den Strand und das Meer. Vor allem aber genossen wir eins: Die große Freiheit, denn für Sabine und mich war es der erste Urlaub ohne Eltern.

Sabine und ich waren erst 17 und wir hatten wochenlang unsere Eltern genervt, diesen Urlaub machen zu dürfen. Unsere Freude waren fünf Jahre älter als wir und hatten es daher einfacher gehabt.

Nach vierzehn Tagen war unser knapp bemessenes Geld ausgegeben und unser Urlaub ging zu Ende.

Schon auf der Heimreise bemerkte ich, dass ich völlig ausgepowert war. Ich schlief fast nur, fühlte mich etwas fiebrig und musste Jochen dauernd bitten, an der nächsten Raststätte anzuhalten. Mein Durchfall war noch heftiger geworden und mir standen, sobald ich den Drang hatte meinen Darm zu entleeren, die Schweißperlen auf der Stirn.

Es war eine für mich unglaublich peinliche Situation. Der Gedanke, es nicht mehr zur Toilette oder ins nächste Gebüsch zu schaffen, zermürbte mich.

Letztlich verkniff ich mir auch noch das Trinken in der Hoffnung, so meine Toilettengänge etwas in den Griff zu bekommen.

Auch Sabine und Michael waren inzwischen von den häufigen Stopps genervt und verabschiedeten sich auf der Hälfte der Heimreise von uns. Sie fuhren in ihrem ebenfalls altersschwachen VW allein weiter.

Jochens Stimmung war nun auf dem Nullpunkt. Michael und er hatten auf der Autobahn einige Wettrennen gefahren, um sich so die stupide und langweilige Fahrt zu versüßen. Nun saß Jochen schweigsam am Steuer und schaute verbissen auf den Mittelstreifen. Er war stocksauer. Ich zog meine Beine nah an meinen Körper und kniff meine Pobacken zusammen. In dieser Haltung saß ich nun neben ihm, starrte aus dem Seitenfenster und versuchte die Landschaft zu genießen. Irgendwie schaffte ich es, so meinen Stuhlgang zu unterdrücken und ihn nicht mehr darum zu bitten, anzuhalten. Wir hielten nur noch zu den üblichen Pausen und zum Tanken und ich betete inständig, nicht, so wie auf der Hinfahrt, in einen Stau zu kommen.

Endlich waren wir Daheim und ich war völlig geschafft. Erschöpft schleppte ich den Koffer die Treppe zu unserer Kneipe hinauf. Etwas außer Atem ging ich hinein, und als mein Vater mich erblickte, bemerkte ich, dass er mich entsetzt anstarrte. Ich bemerkte, wie er fast unmerklich den Kopf schüttelte.

Ich begrüßte meine Eltern und die anwesenden Gäste kurz und schleppte danach meinen Koffer weitere Treppen hinauf auf meine Zimmer. Etwas atemlos ließ ich das schwere Ding aus meinen Händen gleiten und sah mich nun selbst in dem mannshohen Spiegel an meinem Kleiderschrank.

Blitzartig verstand ich nun auch den entsetzten Blick meines Vaters. Ich sah grauenhaft aus!

Meine Wangen waren hochrot vom Fieber, die Lippen spröde und trocken, das ganze Gesicht glänzte wie eine Speckschwarte und wirkte eingefallen. Die Haare klebten verschwitzt an meiner Stirn und ich hatte tiefe dunkle Augenränder. Die Jeans, die ich erst kurz vor dem Urlaub gekauft hatte, schlotterte um meine Beine herum.

Ich war sehr erschrocken, als ich das Häufchen Elend, das mir aus dem Spiegel entgegenstarrte, sah. Mechanisch sagte ich, als es leise an meiner Tür klopfte: „Herein.“

Zu meiner Überraschung stand mein Vater in der Tür. Er kam niemals in mein Zimmer! Da der Betrieb meiner Eltern nur sehr wenig Privatsphäre zuließ, hatte ich mein Reich zur Tabuzone erklärt und er hielt sich bisher konsequent an meinen Wunsch. Mein Vater betrat mein Zimmer, schloss die Tür und setze sich auf den Koffer, der immer noch mitten im Raum stand. Seine Stimme klang unnachgiebig, als er sagte: „Du hörst ab sofort mit deiner komischen Diät auf! Es wird wieder normal gegessen! Du siehst aus wie ein Gespenst!“

Verdattert sah ich ihn an.

Sicher, ich hatte in den letzten Jahren des Öfteren eine Diät angefangen, doch nach zwei bis drei Tagen gab ich letztlich immer auf. Auch die letzten Monate vor dem Urlaub veränderte ich mein Essverhalten etwas. Da sich manchmal Durchfälle eingestellt hatten, aß ich, wenn ich unterwegs war, weniger.

Ich versuchte meinen Papa zu beschwichtigen und erzählte von meinen Durchfällen im Urlaub. Schließlich gab er sich mit meinen Erklärungen zufrieden und wir kamen überein, dass mich wahrscheinlich „die Rache Montezumas“, eine typische Reisekrankheit, ergriff. Ich wollte nur noch ins Bett und schlafen und mein Vater verließ mein Zimmer. Völlig kraftlos sank ich in mein Bett und schlief sofort traumlos, lange und tief.

Erst am nächsten Tag, in der Mittagszeit, wachte ich wieder auf. Noch nicht einmal unsere Gäste, die an meinem Zimmer vorbei mussten, um in den Speisesaal zu gelangen, hatten es geschafft, mich aus meinem fast komatösen Schlaf zu wecken.

Ich fühlte mich immer noch angeschlagen, jedoch besser als den Abend zuvor. Der Blick in den Spiegel zeigte mir ein etwas frischeres Bild.

Nachdem ich mich aufraffte, unter die Dusche zu gehen, stieg ich gewohnheitsmäßig auf die Waage. 44 Kilogramm! Ich hatte elf Kilo abgenommen, in vierzehn Tagen! Eigentlich hätte mich das alarmieren sollen, doch ich dachte mir immer noch nichts Böses dabei und schob die Gewichtsabnahme auf die Reisekrankheit.

In den nächsten Wochen beruhigte sich mein Bauch wieder etwas. Meine Toilettengänge wurde wieder etwas reduzierter, blieben jedoch über der Norm. Mein Vater achtete sehr darauf, dass ich regelmäßig aß. Den Gang auf meine Waage, sah ich zu dem Zeitpunkt als unnötig, denn zu dick fühlte ich mich nicht mehr. Dass ich eigentlich viel zu dünn war, bemerkte ich noch nicht einmal. Mein Bauch brummelte immer noch lautstark und das Kneifen darin wandelte sich zunächst unmerklich in leichte Schmerzen um.

Mein 18. Geburtstag rückte immer näher. Wie die meisten Teenies freute ich mich sehr darauf. Für mich bedeutete es nicht nur, mehr Freiheit, den Führerschein und die sonst üblichen Dinge. Nein, ich fieberte immer mehr meinem, Traumjob entgegen. Dies meinen Eltern zu erzählen, schob ich weiterhin vor mir her.

Eines Morgens entdeckte ich entsetzt Blut im Stuhl. Endlich war ich alarmiert. Ich konnte mir nun nicht mehr vormachen, die Durchfälle hätten eine harmlose Ursache. Dennoch ging hinunter in unsere Küche, um das Frühstück für unsere Gäste herzurichten. Wie jeden Morgen saß mein Vater am Küchentisch und trank seinen letzten Kaffee, bevor er mit der Arbeit in unserem landwirtschaftlichen Betrieb begann. Sofort sah er mir an, dass irgendetwas passiert war, und sprach mich darauf an.

Ihm gegenüber hatte es keinen Sinn, meine Entdeckung zu verschweigen. Als ich ihm von dem Blut im Stuhl erzählte, sah ich sofort Panik in seinen Augen. Der sonst so besonnene Mann, von dem ich bisher dachte, ihn könne nichts aus der Ruhe bringen, war außer sich. Der Gedanke, sein einziges Kind sei ernsthaft krank, trieb ihm die Tränen in die Augen. Seine Bemühungen, seine wahrhafte Besorgnis zu verstecken, erschreckten mich noch mehr.

„Bin ich wirklich ernstlich krank?“ schoss es mir beunruhigend durch den Kopf. Bisher war ich, die üblichen Kinderkrankheiten ausgenommen, nie krank gewesen. Selbst akute grippale Infekte hatten mich nie lange im Bett gehalten. Bislang war ich kerngesund.

Da ich schon immer ein positiv denkender Mensch war, hielt ich mich nicht lange mit diesen trüben Gedanken auf. Ich dachte, das Blut im Stuhl habe eine harmlose Ursache, die mit ein paar Tabletten schnell wieder in den Griff zu kriegen ist.

Der Termin beim Arzt wurde noch am gleichen Morgen gemacht und ein paar Stunden später saß ich, mit meiner Mutter als Beistand, in seinem Sprechzimmer. Sofort, nachdem ich ihm von meiner Reise nach Jugoslawien erzählte, stand seine Diagnose fest: Salmonellen! Ansteckend! Der Auslöser: das Essen der von Mitteleuropäern ungewohnten, mit Salmonellen verseuchten Speisen.

Trara … endlich bekam ich eine Diagnose. Ich war fast glücklich darüber, denn ich wusste, dass Salmonellen relativ schnell ausgemerzt werden konnten. Nicht schön, jedoch heilbar.

Sofort fand ich mich damit ab, ein paar Wochen im Krankenhaus zu sein, um danach mit frischer Energie meine Lehrstelle antreten zu können. Genau dies war nun noch meine einzige Sorge: meinen Traumberuf nicht rechtzeitig antreten zu können und deswegen meinen Lehrvertrag gekündigt zu bekommen.

Wieder zuhause rief ich heimlich und besorgt bei dem netten Ehepaar an. Doch die versicherten mir, auch wenn ich nicht zum üblichen Termin vollkommen wiederhergestellt sei, dass meine Lehrstelle auf mich warte. Ich war überglücklich von der positiven Nachricht und ließ mich kurz darauf von meiner Mutter ins nächstgelegene Krankenhaus fahren.

Nach der üblichen Aufnahme mit der Anamnese wurde ich in den Keller des Hauses verfrachtet. Isolierstation. Ich war ja ansteckend! Ein klitzekleines Zimmer mit Bad und WC. Die Menschen, die mich besuchten, mussten draußen am Fenster stehen.

Ich fühlte mich wie ein Affe im Zoo. Regnete es, stand mein Besuch mit Regenschirm dort. Wollten meine Lieben die Mitbringsel abgeben, mussten sie in das Krankenhaus, um die mitgebrachten „Bananen“ und diverse Dinge an der Eingangstür der Station abzugeben. Das Pflegepersonal, sowie die Ärzte, betraten den kleinen Raum mit Mundschutz und in einem noch kleineren Vorraum aufgehängten Kitteln. Meinem Stuhl, Urin und sogar dem Abwasser der Dusche wurden chemische Mittel zugefügt, bevor sie in das Kanalsystem entlassen wurden. Erfreulicherweise war das Pflegepersonal sehr freundlich und liebevoll. Wenn es die Zeit zuließ, kamen sie zu mir, um sich mit mir zu unterhalten. Ich hatte Telefon und einen kleinen Fernseher brachten mir meine Eltern mit. Daher war ich nicht völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Außerdem las ich sehr viel. Fortwährend liefen weitere Untersuchungen und ich wunderte mich sehr darüber, da die Diagnose für mich schon feststand. Zu fragen, warum dies so war, traute ich mich leider nicht, denn ich hatte viel zu großen Respekt vor meinem sehr dominanten Stationsarzt, einem Gott in Weiß.

Gegen den Durchfall bekam ich Imodium®, ein Mittel, das die Peristaltik des Darms etwas reduziert. Leider half es nicht ausreichend. Außerdem bekam ich noch ein Antibiotikum.

Ein Ultraschall wurde gemacht, ich wurde von oben und unten, mit und ohne Kontrastmittel geröntgt und eine Gastroskopie wurde durchgeführt. Zu guter Letzt wurde ich für eine Endoskopie vorbereitet. Damals eine äußerst eklige und mit meinem, vom Durchfall lädierten Schließmuskel, schmerzhafte Untersuchung. Zu jener Zeit musste man noch zehn Liter einer abführenden, salzig schmeckenden Lösung trinken, um den Darm zu reinigen.

Die letzten Becher trinkend, saß ich weinend auf dem Klo mit einem Eimer im Arm. Die Flüssigkeit schoss oben und unten gleichzeitig aus mir heraus.

Als der Pfleger, der hin und wieder bei mir reinschaute, sah, wie elend es mir ging, bat er mich, in die Toilettenschüssel sehen zu dürfen. Mir war dies unglaublich peinlich, doch er redete mir verständnisvoll zu und ich ließ ihn, immer noch etwas widerwillig, meine Ausscheidungen betrachten. Als er sah, dass nur noch eine helle, flüssige Brühe zu sehen war, erlaubte er mir, mit dem Trinken aufzuhören. Ich war erleichtert und krabbelte in mein Bett, um auf die Darmspiegelung zu warten. Zwischenzeitlich musste ich immer noch auf Toilette, doch irgendwann war ich vollkommen leer.

Erst nachmittags wurde ich in den Untersuchungsraum geführt. Nachdem ich mich unten herum entkleidete, wurde ich aufgefordert, mich auf den harten und kalten Untersuchungstisch zu legen.

Die Tür zum Flur stand weit offen und vorbeispazierende Patienten und Besucher schauten neugierig herein. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Mutterseelenallein, in einem von Neonleuchten beleuchteten Raum und voller Angst, musste ich nun auch noch die Blicke wildfremder Menschen ertragen. Nicht nur, dass ich halb nackt war, ich fühlte mich nackt bis tief in meine Seele hinein.

Minuten wurden für mich zu Stunden. Ich wartete sehnsüchtig darauf, dass die Untersuchung endlich begann. Am liebsten wäre ich geflohen.

Gefühlte fünf Stunden später kam ein mir fremder Arzt mit einer Schwester in den Raum. Nach einer knappen Begrüßung und ohne weitere Erklärungen begannen sie mit der Untersuchung. Als der Doc den Schlauch in meinen After einführte, durchzuckte ein stechender Schmerz meinen Körper. Die dauernden Durchfälle hatten bewirkt, dass mein Schließmuskel kleine Fissuren davongetragen hatte.

Ich biss auf die Zähne, während der Arzt den Schlauch in meinen Darm schob. Kurz darauf schien er irgendetwas entdeckt zu haben. Er bat die Schwester, einen weiteren Arzt dazu zu holen. Damals gab es noch keinen Bildschirm, an dem sich die im Raum befindlichen Menschen die Untersuchung mit ansehen konnten. Maximal zwei Personen linsten durch ein für mich fernrohrartiges Gerät.

Nachdem der zweite Mediziner ein Stück meines Darmes begutachtet hatte, wurde noch ein Dritter dazu geholt. Zwischendurch wurden kleine Pröbchen von meinen Darmwänden abgezwickt. Eine Prozedur, die man kaum bemerkt. Trotzdem war ich kräftemäßig hart an meiner Grenze. Die Luft, die über den Schlauch in meinen Darm geleitet wurde, setze mir zusätzlich zu.

Dadurch, dass mehrere Gastroenterologen nacheinander an der Untersuchung teilnahmen, zog sie sich unwillkürlich in die Länge. Ich war unglaublich erleichtert, als ich endlich zurück in mein Zimmer durfte.

Ich ahnte nun, dass man irgendetwas gefunden hatte, und konnte es kaum erwarten, mit meinem Stationsarzt zu reden. Doch bei der nächsten Visite teilte er mir nur mit, dass man Proben entnommen hatte und zur Untersuchung weggeschickte. Also nichts, was ich nicht schon wusste.

Zermürbende Tage der Ungewissheit folgten. Ich war mir inzwischen sicher, irgendetwas in meinem Darm war nicht so, wie es eigentlich sein sollte.

War ich nun doch ernsthaft krank? Wenn ja, konnte die Erkrankung mit Medikamenten geheilt werden? Oder musste ich etwa operiert werden? Krebs! Hatte ich diese furchtbare Krankheit? Ich bekam Angst. Kurz vor meinem 18. Geburtstag, den ich so freudig erwartete, hatte ich Angst um mein Leben.

Die nächsten Tage drehten sich meine Gedanken im Kreis. Es blieb mir nichts anderes übrig, als auf die Ergebnisse der Proben zu warten. So sehr ich auch grübelte, es brachte mich nicht weiter.

Um mich ein wenig abzulenken, rief ich häufig meine Zimmernachbarin, mit der ich mich anfänglich durch die papierdünnen Wände unterhielt, an. Sie lag wegen einer ansteckenden Gelbsucht auch isoliert. Sie war sehr lebensfroh und tröstete mich oft, zeigte für vieles Verständnis und hatte immer ein offenes Ohr für mich. War ich auch noch so traurig, wenn ich mit Lisa redete, fühlte ich mich besser.

Eines Tages, als mir einfach nur langweilig war, rief ich sie an. Nach einem kurzen Gespräch merkte ich, dass Lisa ungewöhnlich wortkarg war.

Unvermittelt hörte ich es krachen und poltern. Ein leises „Verdammt“ vernahm ich durch die Leitung. „Alles in Ordnung?“, fragte ich besorgt.

Ich hörte, wie Lisa ächzte und weiterhin schimpfte: „Gerade wenn man sich nicht richtig bewegen kann, fällt alles zu Boden! Ich hab`s gleich, Rosa, warte.ˮ Ich hörte, wie sie sich mühsam aus dem Bett hievte, um das Telefon aufzuheben.

Etwas atemlos sprach sie nun wieder klar und deutlich: „Es ist zum verrückt werden. Seit ich die neuen Tabletten gegen mein Rheuma bekomme, werde ich, von Tag zu Tag unbeweglicher. Und diese verfluchten Schmerzen! Kaum auszuhalten. Diese giftgrünen Pillen helfen überhaupt nicht.ˮ

„Wieso kriegst Du denn Andere, wenn dir deine bisherigen Tabletten geholfen haben?“, fragte ich Lisa. „Ach, was weiß denn ich? Morgen bei der Visite werde ich mal nachfragen“, antwortete sie ungehalten.

Blitzartig kam mir eine abstruse Idee. „Sag mal, Lisa, welche Farbe hatten denn deine alten Pillen?ˮ Währenddessen zog ich die Schublade meiner Nachtkonsole auf.

„Blau-weiß, wieso fragst du?“, antwortete Lisa irritiert.

Ich sah in meine geöffnete Schublade, in der einige blau-weiße Kapseln, durch den Ruck des Öffnens nach vorne kullerten.

Seit einigen Tagen bekam auch ich ein neues Medikament. Statt zu fragen, warum dies so war, hatte ich die Pillen einfach in meiner Schublade gehortet.

Unser Stationsarzt kam stets mit wehendem Kittel zur Visite und kaum hatte er den Raum betreten, schon war er auch wieder weg. Von den zahlreichen Fragen, die seit Tagen in mir brannten, wurden nur sehr wenige ungeduldig beantwortet.

Ein neues Medikament, von dem ich nicht wusste, für was es gut sein sollte, wollte ich nicht einnehmen. Es schien mir irgendwie nicht richtig zu sein. Imodium®, das Mittel gegen meinen Durchfall, lag nicht mehr in meiner Pillenschachtel. Da es mir zu dem Zeitpunkt nicht half, vermutete ich, dies sei der Grund.

„Sag mal Lisa, kannst Du denn normal auf die Toilette“, fragte ich intuitiv.

„Ach hör bloß auf! Seit Tagen geht gar nichts mehr. Kein Wunder, bei diesem kleinen Zimmer, in dem man sich kaum drehen kann. Mir fehlt die Bewegung“, schimpfte sie.

„Oder unsere Tabletten wurden verwechselt. Meine Neuen sind grün“, mutmaßte ich. Ich hörte, wie Lisa scharf die Luft einzog. Während sie antwortete, spürte ich ihre unterdrückte Wut. Ihre Stimme klang scharf wie ein Messer. Ich versuchte, sie zu beruhigen, denn bisher waren wir ja noch nicht sicher, ob unsere Medikamente tatsächlich vertauscht worden waren.

Nachdem Lisa sich etwas beruhigte, beendeten wir unser Gespräch und sie klingelte unverzüglich nach einer Schwester.

Nach einigen Minuten, in denen ich nur ein leises Brummeln im Nachbarzimmer hörte, wurde Lisas Stimme lauter Ich ahnte, dass sich meine Annahme bestätigte. Lisa ließ nun ihrem Ärger freien Lauf und schimpfte lauthals.

Schon bevor wir wieder miteinander telefonierten, war mir klar, dass Lisa seit Tagen sehr hoch dosiert Imodium® genommen hatte. Für einen normal arbeitenden Darm nicht so ganz ungefährlich, da dies zu einem Ileus (Darmverschluss) führen kann. Durch das Fehlen des Rheumamittels bekam Lisa Schmerzen. Ich hatte glücklicherweise Lisas Rheumamittel nicht genommen.

Nach einigen Tagen konnten wir beide über die Verwechslung der Medikamente lachen. Lisa bekam nun ihr Rheumamittel und ihre Schmerzen verschwanden weitgehend und sie freute sich, als sie endlich wieder zur Toilette konnte. Wir diskutierten noch häufig über den Vorfall und kamen zu dem Schluss, dass so etwas vorkommen kann. Die oft überlasteten Pflegekräfte sind Menschen wie wir. Wir alle machen leider Fehler. Natürlich sollte so etwas nicht passieren!

An einem Freitagnachmittag kam unser Pfleger fröhlich in mein Zimmer und öffnete das Fenster und die kleine Tür, die auf das Gelände des Krankenhauses führte. Ich war sehr irritiert und fragte ihn, was dies bedeutete. Doch er erklärte mir nur, dass ich nun nicht mehr isoliert liegen muss. Bei der nächsten Visite würde ich alles Weitere erfahren.

Da ich nun mein Zimmer verlassen durfte, eilte ich sofort an das Fenster von Lisas Krankenzimmer und klopfte. Als sie mich verwirrt ansah, musste ich herzlich lachen. Mir wurde bewusst, obwohl wir uns durch die vielen Gespräche schon sehr gut kannten, gesehen hatten wir uns noch nie. Mein Lachen verriet ihr sofort, wer ich war.

Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie alt Lisa wohl war und nun sah ich in das gelbe Gesicht einer Fünfzigjährigen. Ich war sehr überrascht, denn mir wurde nun bewusst, dass ich all meine kleinen Geheimnisse einer Frau anvertraut hatte, die eigentlich, vom Alter her meine Mutter sein konnte. Diese Tatsache tat jedoch unserer Freundschaft keinen Abbruch.

Den ersten Satz, den sie zu mir sprach, habe ich bis heute nicht vergessen:

„Hugh, ich Lisa, vom Stamme der Sioux, du Bleichgesichtˮ, sagte sie schelmisch und ihr gelbliches Gesicht strahlte mich an.

Ich wartete vergeblich darauf, dass noch ein Arzt zu mir kam, um mir zu erklären, warum ich nun mein Zimmer verlassen durfte. Als ansteckend galt ich nicht mehr.

Das Wochenende, an dem mein Stationsarzt scheinbar nicht im Haus war, verlief sehr zäh. Die üblichen sonntäglichen Besuche von Freunden lenkten mich etwas vom Grübeln ab. Die übrige Zeit stand ich meist an Lisas Fenster und wir plauderten.

Die Nacht von Sonntag auf Montag schlief ich kaum. Ich hatte Angst vor der endgültigen Diagnose und zermarterte mir den Kopf, wie es mit mir weitergehen würde.

Montagmorgen saß ich angespannt wartend in meinem Bett. Als der Arzt, nachdem er kurz angeklopft hatte, ins Zimmer eilte, pochte mein Herz heftig und ich hatte das Gefühl, mein Hals sei zugeschnürt.

Er setzte sich zu mir aufs Bett und sagte: „Mädchen, du hast Morbus Crohn, eine chronische Krankheit, die dich dein Leben lang begleiten wird. Ich habe jetzt leider nur wenig Zeit und komme später noch mal, um dir zu erklären, wie wir nun weiter vorgehen werden.“

Er stand auf, nickte mir kurz zu und verschwand aus dem kleinen Raum.

In meinem Kopf raste es nun. Meine Gedanken schwirrten ziellos herum. Von einer Krankheit Morbus Crohn hörte ich nie zuvor. Ich wusste nun nicht viel mehr als vor der Visite. Ich lag teilnahmslos in meinem Bett, starrte die Decke an und weinte. Das Telefon klingelte pausenlos, aber ich ging nicht ran. Lisa, die auch unter den Anrufern war, alarmierte schließlich unseren Pfleger.

Er kam kurz darauf in mein Krankenzimmer und erzählte mir sehr einfühlsam alles, was er über MC wusste. Er nahm sich sehr lange Zeit für mich und machte mir Mut.

Als er sich um andere Patienten kümmern musste und ging, war ich schon etwas gefasster.

Ich ging zu Lisa hinüber und erzählte, was ich erfahren hatte. Mein terminales Ileum war entzündet und daher kamen meine Durchfälle. Auf den Röntgenaufnahmen war ein ausgeprägtes Fistelsystem zu erkennen. Die Fisteln hatten Verbindungen zu anderen Darmschlingen geschaffen, machten aber noch keine fühlbaren Probleme. Daher war es nicht notwendig, zu operieren.

Auch Lisa machte mir Mut, so gut sie konnte.

Nachmittags kam noch einmal der Arzt und besprach mit mir die Medikation. Ich bekam Azulfidine®, ein Mittel, das ursprünglich aus der Rheumatherapie kommt und den Wirkstoff Sulfazalazin® beinhaltet. Die Medikation mit Imodium® wurde fortgeführt.

Ich bat darum, auch in den nächsten Wochen auf dem Zimmer der Isolierstation bleiben zu dürfen. Da ich nun hinaus konnte und mich frei auf dem Krankenhausgelände bewegen durfte, fühlte ich mich dort gut aufgehoben. Lisa war in meiner Nähe und das übrige Pflegepersonal hatte ich inzwischen lieb gewonnen. Zur Visite kam nun regelmäßig ein Gastroenterologe. Er nahm sich mehr Zeit für mich, erklärte mir vieles geduldig und sprach mir Mut zu.

Meine Eltern waren schockiert. Aus dem einst vor Gesundheit strotzenden Mädchen war von einem zum anderen Tag eine chronisch Kranke geworden. Ich bemerkte, dass vor allem meine Mutter nicht wirklich wusste, wie sie nun mit mir umgehen sollte. Meine Eltern besuchten mich, so oft es ihre kurz bemessene Zeit zuließ, doch meist vermieden wir über MC zu reden.

Meinen 18. Geburtstag verbrachte ich auf der Isolierstation. Jochen schenkte mir 18 blutrote, langstielige Rosen, die auf dem winzigen Tisch standen und irgendwie fremd und verloren aussahen. Zwei junge Männer aus meinem Heimatstädtchen, die auch Patienten in dem Krankenhaus waren, verbrachten den Nachmittag mit mir.

Herbert, der wegen eines schweren Motorradunfalls schon seit Wochen dort war und immer noch auf Krücken ging und Norbert, der sich auf der Arbeit eine Fingerkuppe abgequetscht hatte. Man nähte ihm das abgequetschte Stück wieder an, doch es wollte einfach nicht anwachsen. Einige Tage später musste ihm schließlich die Fingerkuppe wieder abgenommen werden.

Bis in den späten Abend hatte ich ununterbrochen Besuch, der mir gratulieren wollte. Als der Letzte gegangen war, lief ich noch einmal zu Lisa hinüber. Wir plauderten noch kurz und ich ging in mein Zimmer zurück.

Dort knüllte ich Geschenkpapier zusammen, stapelte Geschenke in den viel zu kleinen Schrank und ging ins Bad, um mich für die Nacht herzurichten.

Im Spiegel blickte mir mein blasses Gesicht entgegen und der Jogginganzug schlotterte um meinen Körper.

Die vorhergegangenen Wochen spulten sich in meinem Kopf ab. Der Urlaub, die ständigen Durchfälle, die stressige Heimfahrt, die anstrengenden Untersuchungen und schließlich die Diagnose. Ich wog noch 39 Kilo. Meinen 18. Geburtstag hatte ich mir anders vorgestellt.

In der Nacht starrte ich aus dem Fenster über die Dächer der Kleinstadt und dachte über meine Zukunft nach.

Am nächsten Morgen rief ich in dem Juweliergeschäft an und kündigte den Lehrvertrag zum Goldschmied aufgrund meines Morbus Crohn. Ein Fehler, wie ich heute weiß, doch ich traute mir zu dem Zeitpunkt nichts mehr zu.

Ende Oktober wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Mein Durchfall reduzierte sich auf acht bis zehn Stühle. Ich nahm langsam wieder an Gewicht zu und konnte bald wieder im elterlichen Betrieb mitarbeiten.

Von Jochen trennte ich mich. Ich fand ihn im Bett einer jungen Frau, die bei uns Urlaub machte. Als ich die Zimmertür öffnete, sah ich zuerst ihre hochhackigen roten Pumps, die an ihren nackten Füßen steckten und gegen die Zimmerdecke zeigten. Dazu Jochen, nackt, der mich erschrocken anstarrte. Ich gab mir die Schuld an diesem Zwischenfall.

Mein Selbstbewusstsein und mein Selbstwertgefühl bekamen einen Knacks.

Durch die Krankheit wurde ich sehr schnell erwachsen. Ich war nicht mehr so ungezwungen, sondern nachdenklicher und stiller. Trotzdem kam langsam meine Lebensfreude zurück. Ich ging mit Freunden bis spät in die Nacht in die Disco und wir hingen oft in unserem Park herum und feierten. Ich versuchte alles mitzumachen, so wie alle anderen jungen Menschen in den Siebzigern. Ich wollte auf keinen Fall zum Außenseiter werden, und wenn ich wusste, dass es zum Feiern ging, aß ich den ganzen Tag nichts, sodass ich abends nicht so oft zur Toilette musste. Mein Gewicht hielt sich so um die 50 Kilo.

Trotz des Wissens, eine chronische Krankheit zu haben, verdrängte ich diese Tatsache weitgehend. Außer den häufigen Toilettengängen, dem lauten Gebrummel meines nach den Mahlzeiten oft geblähten Bauchs und dem gelegentlichen Kneifen darin, fühlte ich mich wohl.

Im Frühjahr 1979 wurden meine Stuhlgänge jedoch wieder zahlreicher. Wenn ich unterwegs war, gewöhnte ich mir an, ständig nach einer Toilette Ausschau zu halten. Trotzdem gelang es mir nicht immer, peinliche Situationen zu vermeiden.

Mit der Zeit kannte ich jedes WC, das sich in meinem Umfeld befand. Bei Verwandten, Freunden und Menschen, die um mein Problem wussten, klingelte ich oft Sturm und eilte sofort ins Bad. Oft entledigte ich mich schon von Jacke, Mantel oder Ähnlichem im Hausflur und ließ einfach diese Kleidungsstücke auf dem Weg zum Bad hinter mir fallen. Häufig stürmte ich auch schnell ins Gebüsch.