Viele Menschen fühlen sich unwohl oder krank, ohne dass Ärzte ihnen eine klare Diagnose für ihre Symptome stellen könnten. Gerade bei Pilzerkrankungen haben Ärzte und Patienten es schwer, denn: Pilze erkennt man nicht auf den ersten Blick, weil die Auswirkungen so unterschiedlich sind.
Die folgenden Fallbeispiele sollen Ihnen zeigen, dass es für viele Symptome keine schulmedizinische Erklärung gibt – dass die Betroffenen deshalb aber noch lange keine »eingebildeten Kranken« sind.
Eine 40-jährige, früher sportliche Frau ist ständig müde, schläft zwölf Stunden täglich. Schon kurz nach dem Aufstehen fühlt sie sich wie gerädert. Ihr Job wird ihr zur Qual: Sie kann sich nicht konzentrieren, selbst die kleinsten Handgriffe fallen ihr schwer. Dabei hat sie das Gefühl, auf der Stelle zu treten, und sie vermag sich an manchen Tagen nicht einmal zu Arbeiten durchringen, die ihr sonst Spaß machen. Zeitweilig ist sie arbeitsunfähig und fühlt sich »einfach krank«. Der Arzt kann sich auf diese Symptome keinen Reim machen. Der Bluttest zeigt normale Werte, auch einen Eisenmangel schließt der Mediziner aus. Gleichzeitig nimmt die Frau seit Jahren trotz Hungerkuren und täglicher Kalorienkontrolle stetig zu.
Ab und zu überfällt sie Heißhunger auf Schokolade, Kekse oder Brot. Sie hat dann das Gefühl, »völlig verhungert zu sein« und ein »Flirren vor den Augen« zu haben. Dann verschlingt sie Butterbrote und Schokolade – weit über ihr Hungergefühl hinaus. Ihr Heißhunger lässt sich auch nicht mit den gängigen Diättricks wie einer Schüssel Salat oder einem Joghurt stillen. Versucht sie es damit, isst sie anschließend die Süßigkeiten wie im Zwang zusätzlich. Nach einiger Zeit beginnen sie unerklärliche Schmerzen in den Finger- und Kniegelenken zu quälen. Auch hier weiß der Arzt nicht weiter. Die Frau begibt sich deshalb in naturheilkundliche Behandlung. Ihr Therapeut untersucht sie auf eine mögliche Pilzinfektion. Es stellt sich heraus, dass die Frau an einer Darminfektion mit der krank machenden Hefe Candida albicans leidet. Sie bekommt Medikamente und stellt ihre Ernährung um. Bereits nach drei Tagen lassen die Heißhungeranfälle und Schmerzen nach, die Müdigkeit verschwindet. In den nächsten acht Monaten nimmt sie zehn Kilogramm ab.
Etwa 150 Pilzarten können Krankheiten beim Menschen auslösen, 10 bis 20 davon kommen häufig als Erreger vor, der Rest sind »Exoten«.
Müdigkeit, Gelenkschmerzen und Heißhungerattacken sind typische Anzeichen für eine Pilzinfektion im Körper. Dass diese Schmarotzer sich aber auch ganz anders bemerkbar machen können, zeigt ein weiteres Fallbeispiel.
Einem jungen Mann machen heftige Herzschmerzen zu schaffen. Vor allem nachts hat er manchmal das Gefühl, sein Herz würde sich »überschlagen«. Eine gründliche Untersuchung beim Arzt zeigt jedoch, dass sein Herz völlig gesund ist. Schließlich lautet die Diagnose: psychosomatische Herzbeschwerden. Gleichzeitig plagen den Mann wieder und wieder heftige, schmerzhafte Blähungen und Verdauungsbeschwerden. Er gerät schnell außer Atem und hat immer das Gefühl, erkältet zu sein, weil seine Nase andauernd verstopft ist.
Schließlich bekommt er eine Prostataentzündung, und ein anderer Arzt untersucht seinen Urin. Darin findet sich der krank machende Keim Candida albicans, der sich vom Darm aus dorthin ausgebreitet hat. Eine Behandlung vor allem des Darms mit Antipilzmedikamenten und eine Ernährungsumstellung beseitigen nicht nur die Prostataentzündung, sondern lassen auch Blähungen, Herzschmerzen und alle anderen Symptome verschwinden.
Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Verdauungsprobleme und Heißhunger sind typische Anzeichen für eine Pilzinfektion.
Die Beispiele zeigen: Pilzkrankheiten und ihre Anzeichen sind enorm vielfältig. Ein und derselbe Keim wirkt sich bei jedem Menschen anders aus. Daher ist auch die richtige Diagnose so schwierig.
Diese Symptomenvielfalt von Pilzerkrankungen kommt zustande, weil sich jeder Körper mit den Schmarotzern anders auseinander setzt. Bei einigen Menschen hält das Immunsystem die Pilze einigermaßen im Zaum – dafür machen dem Betroffenen dann möglicherweise die schädlichen Abfallprodukte der Pilze zu schaffen. Sie klagen vielleicht über Gelenkschmerzen.
Weil Pilze das Abwehrsystem arg strapazieren können, leiden andere wiederum an einem lädierten Immunsystem, sind durch diesen geschwächten Schutzmechanismus z. B. dauernd erkältet und fühlen sich immer krank.
Bei vielfältigen »Wehwehchen« ohne erkennbare Ursache ist schnell die Diagnose »psychosomatische Beschwerden« gestellt. Das schließt eine Pilzinfektion aber keineswegs aus: Stress und Kummer schwächen die Abwehr und machen es Pilzen leicht, sich einzunisten.
▶ Viele Beschwerden, die Pilze hervorrufen, lassen sich noch nicht erklären. Behandelt man diese Patienten gegen Pilze, verschwinden auch die rätselhaften Symptome. Die Vielfalt von Pilzinfektionen und die noch bestehenden Wissenslücken können sogar Fachleute in die Irre führen. Machen Sie deshalb niemals den Fehler, selbst die Diagnose zu stellen und dabei alle Symptome auf eine vermeintliche Pilzinfektion zurückzuführen.
▶ Falls Sie unter scheinbar unerklärlichen Schmerzen oder anderen Beschwerden leiden, klären Sie unbedingt mit einem Arzt, ob dahinter nicht andere Krankheiten stecken.
▶ Findet sich kein Auslöser für Ihre Symptome, können Sie Pilze als Krankheitsursache in Betracht ziehen – und Ihren Arzt darauf hinweisen.
▶ Auch wenn Sie selbst felsenfest davon überzeugt sein sollten, dass an Ihren Beschwerden Pilze schuld sind: Der Gang zum Arzt ist unerlässlich.
Pilze kennt jeder, denn die wenigsten wachsen verborgen im Körper des Menschen. So will der Bäcker die Backhefe nicht missen, Biertrinker in Bayern mögen mit Hefeweizen nicht geizen.
Auch bei der Käseherstellung leisten Pilze gute Dienste: kein Camembert, Brie oder Roquefort ohne einen Edelschimmelpilz. Und der Feinschmecker schätzt seine schmackhaften Schwammerl. Doch diese zahmen Pilze haben unfreundliche Verwandte, die zu Plagegeistern für den Menschen werden können.
Die meisten Pilze bilden Zellfäden, die zu Geflechten zusammentreten. Oft erscheinen diese als feste Gebilde, als Fruchtkörper. Die Mykologie (Pilzkunde) unterscheidet grob zwischen den mikroskopisch kleinen Pilzen (z. B. Schimmelpilzen) und den Großpilzen, zu denen auch die essbaren gehören.
Egal, ob Krankmacher oder fetter Fliegen pilz: Biologisch gesehen gehören sie zu den Pflanzen, ihre nächsten Verwandten sind die Algen. Weil Pilze jedoch keine pflanzentypischen Merkmale wie Wurzel, Blatt oder Blüte haben, sprechen Biologen gern vom abgeschlossenen Reich der Pilze. Weltweit gibt es rund 100 000 verschiedene Arten.
Ein Pilz besteht zu einem großen Teil aus einem unsichtbaren Geflecht, dem Myzel. Manchmal wächst aus diesem Pilzmyzel ein Fruchtkörper heraus. Einige dieser Fruchtkörper sind begehrte Speisepilze: Champignons, Maronen, Pfifferlinge, Morcheln oder Steinpilze sind nur einige Beispiele.
Der größere Teil des Pilzes aber gedeiht im Verborgenen und kann dort riesige Ausmaße annehmen: Das größte Lebewesen der Erde ist ein Pilz! Amerikanische Forscher haben dieses Pilzgeflecht im Boden gefunden, das sich auf einer Fläche von über 600 Quadratkilometern ausdehnt. Auch menschliche Zellen wie etwa die Haut kann ein Pilz mit einem unsichtbaren Geflecht durchziehen.
Haut-, Hefe- und Schimmelpilze können den Menschen krank machen, wenn es ihnen gelingt, in seinem Organismus Fuß zu fassen, sich dort zu vermehren und zu ernähren.
So unheimlich diese Gewächse zunächst erscheinen: Es ist gut, dass es Pilze gibt, denn sie sind eigentlich nichts anderes als riesige Recyclingfabriken. Weil sie selbst keine Energie aus Luft und Sonne gewinnen können, wie es etwa Blumen und Bäume tun, müssen sie sich mit den Nährstoffen begnügen, die ihnen andere Organismen zur Verfügung stellen. In der Regel sind abgestorbene Pflanzen oder Tierkadaver ihre Nahrung. Pilze können diese Reste vollständig verwerten, übrig bleiben nur noch wenige Stoffe wie Mineralien oder Wasser. Die stehen nun wieder anderen Lebewesen zur Verfügung. Ohne Pilze gäbe es deshalb kein Leben auf unserer Erde. Pilze sind keine Feinschmecker und absolut nicht wählerisch, was ihre Nahrung betrifft. Deshalb kommen sie auch so gut wie überall vor. Im Boden tummeln sie sich genauso wie in der Luft, im Wasser, in Lebensmitteln, Wohnungen – und manche eben auch in Lebewesen. Wir nennen sie dann schädlich, wenn diese Pilze schmarotzen und ihrem »Wirtsorganismus« schaden können.
Experten schätzen, dass etwa 100 Pilzarten im menschlichen Organismus wachsen und ihm schaden können. Ein Pilz gilt dann als schädlich, wenn er in der Lage ist, im menschlichen Körper dauerhaft zu überleben und sich von ihm zu ernähren. Mediziner nennen krank machende Pilze pathogen.
Wollen sich Pilze auf Dauer einnisten, müssen sie sich an den Körperzellen des Wirts festhalten können. Dafür sind pathogene Pilze mit chemischen Substanzen ausgestattet, mit denen sie an Hautzellen regelrecht »andocken« können. Ist diese Verbindung einmal geschlossen, hält sie so fest wie ein Patentkleber: Auch heftige mechanische Reibung kann Pilze nicht mehr völlig entfernen.
Einige Pilze sind sogar in der Lage, mit chemischen Substanzen Hautzellen aufzulösen und durch sie hindurchzuwachsen. Das geschieht u. a. im Darm, wenn die Hefen nicht genügend Nahrung erhalten. Auf der Suche nach Verwertbarem bohren sie sich durch die Darmwand bis in die Blutgefäße. Diese zapfen sie an und ernähren sich von dem im Blut gelösten Zucker. Doch auch ein Pilz, der sich noch so gut in der Darmschleimhaut festhält, kommt gegen eine funktionierende körpereigene Abwehr nicht an. Deshalb haben einige krank machende Pilze die Fähigkeit entwickelt, die Abwehrkräfte der Hautoberfläche zu blockieren. Sie können die für die Abwehr an der Darmoberfläche zuständigen Immunglobuline vom Typ A – kurz IgA – chemisch aufspalten.
Nicht nur manche Pilze verfügen über ein raffiniertes Tarnsystem, auch einige Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, breiten sich mit dem Trick aus, kranke Zellen als gesunde auszugeben und so die Körperabwehr in die Irre zu führen.
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Krank machende Hefen haben noch einen weiteren Trick, der körpereigenen Abwehr zu entgehen. Sie können sich so tarnen, dass das Immunsystem sie für körpereigene Zellen hält und in Ruhe lässt. Das Abwehrsystem erkennt körperfremde Stoffe normalerweise an ihrer Oberflächenstruktur. Einige Pilze können dieses Aussehen nachahmen und so der Abwehr entgehen.
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Der Körper verfügt neben den Abwehrzellen noch über weitere Möglichkeiten, sich unerwünschte Eindringlinge, etwa im Magen-DarmTrakt, vom Leib zu halten – aber auch sie können von krank machenden Pilzen unterlaufen werden. Der extrem saure Magensaft beispielsweise tötet die meisten Mikroorganismen zuverlässig ab oder verhindert zumindest ihre Vermehrung. Die unschädliche Bäcker- oder Brauerhefe stirbt in einem solchen Milieu ab. Krank machende Hefen jedoch können selbst in einer solch extrem sauren Umgebung überleben.
Krank machende Pilze gibt es überall auf der Welt. In den Tropen kommen beispielsweise Arten vor, die lebensgefährliche, schwer zu behandelnde Erkrankungen hervorrufen. Glücklicherweise kommen solche Pilze in unseren Breiten nicht vor. Das liegt vor allem an unseren besseren hygienischen Verhältnissen. Bei uns schafft vor allem eine zuckerreiche und ballaststoffarme Ernährung einigen Darmpilzen geradezu paradiesische Lebensbedingungen.
Um die Übersicht über die krank machenden Pilze zu erleichtern, teilen Mikrobiologen Pilze in drei verschiedene Gruppen ein: die Hefen, die Schimmelpilze und die so genannten Dermatophyten. Pilze aus jeder Gruppe können dem Menschen schaden und verschiedenartige Beschwerden auslösen.
Häufigster Krankmacher ist die Hefe Candida albicans, die beim Menschen auf Haut, Schleimhäuten und im Darm vorkommt.
Hefen
Hefen sind die häufigsten Verursacher von Krankheiten. Nicht jeder Pilz ist eine Hefe, aber jede Hefe ist ein Pilz. Mikrobiologen nennen diesenPilz Candida. Die meisten Infektionen verursacht Candida albicans, wörtlich übersetzt »weiße Hefe«. Sie ist auch bei den Ärzten am bekanntesten.
Viele Mediziner sagen Candida, wenn sie Candida albicans meinen. Doch es gibt mehrere krank machende Candidaarten. Diese Unterscheidung ist wegen der Behandlung wichtig. Denn die schädlichen Hefen Candida krusei und Candida glabrata können den heute gängigen Antipilzmedikamenten wesentlich länger widerstehen, ohne ganz zu verschwinden. Deshalb richtet sich die Behandlungsdauer u. a. nach der festgestellten Pilzart.
Auch die Hefe Candida tropicalis macht krank. Sie ist nach neuen Erkenntnissen genau wie Candida glabrata oder Candida krusei auf dem Vormarsch und verursacht immer häufiger Infektionen. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe anderer Hefen, die viel seltener auftreten.
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Schimmelpilze
Bei Schimmelpilzen gibt es neben unschädlichen Arten wie den Edelschimmeln im Käse andere, die krank machen. Zu ihnen gehört beispielsweise der Aspergillus niger – der »schwarze Schimmel«. Er wächst gerne an feuchtem Mauerwerk und hinterlässt dort charakteristische schwarze Flecken. Der schwarze Schimmel produziert zur Fortpflanzung reichlich Sporen, die selbst unter für sie ungünstigen Bedingungen überdauern. Auch nach vielen Jahren wächst aus ihnen wieder ein neuer Pilz.
Schwirren viele Schimmelpilzsporen durch die Luft, geraten sie beim Einatmen in die Lunge. Eine solche Infektion ruft schwere Krankheiten hervor. Ein bekanntes Beispiel ist der »Fluch des Pharao« Tutanchamun:
Bei der Entdeckung seines Grabes 1922 starben 27 Menschen, die die Pyramide betraten, an einer geheimnisvollen Lungenkrankheit. Als Erster erlag ihr der Ägyptenforscher Lord Carnavon. Heute weiß man, dass er sich beim Betreten der Grabkammer mit immensen Sporenmengen eines Schimmelpilzes infiziert haben muss, der sich in seiner Lunge einnistete und diese zerstörte. Ganz so zufällig scheinen die Todesfälle jedoch nicht zu sein. Forschungen weisen darauf hin, dass die alten Ägypter Schimmelpilze ganz bewusst als biologische Waffen eingesetzt haben. So fanden Wissenschaftler Gefäße, auf denen die Schimmelpilze wahrscheinlich gezielt angezüchtet wurden – um den Ersten zu töten, der die Grabkammer unbefugt betritt.
Auch in Badezimmerecken, hinter Schränken, an Außenwänden und in Kellerräumen nistet sich gern der schwarze Schimmel ein. Wahre Sporenfänger sind Teppichböden, die in ausgebauten Kellerräumen verlegt sind. Für nicht unterkellerte Räume sollte man daher glatte, wischbare Beläge wählen.
Für so gefährliche Pilzinfektionen der Atemwege kommen neben dem Aspergillus niger auch andere Schimmelpilze wie der Aspergillus fumigatus infrage. Er gefährdet besonders Arbeiter in Nahrungsmittelbetrieben wie etwa Käsereien, Bäckereien, Mühlen oder Brauereien. Aber auch bei Gärtnern, Landwirten und bei Angestellten in der Holzwirtschaft ist eine solche »Lungen-Aspergillose«, wie Mediziner diese Erkrankung nennen, eine typische Krankheit.
Dermatophyten
Als letzte Gruppe der krank machenden Pilze treiben die so genannten Dermatophyten vor allem auf der menschlichen Haut und auf Hand- und Fußnägeln ihr Unwesen. Manche hinterlassen nur rötliche Flecken, andere wiederum können zu schmerzhaften Hautschäden führen. Früher nahm man an, dass sich diese Pilze nur von abgestorbenen Hautschüppchen ernähren würden. Doch es hat sich gezeigt, dass ein Dermatophyt die Haut mit seinem Pilzgeflecht regelrecht durchzieht. Sein Wachstum zerstört die Haut, weil er sich auch von noch lebenden Hautzellen ernährt. Ein Trost: Pilzinfektionen mit Dermatophyten sind zwar lästig, aber nicht lebensgefährlich.
Vor Pilzen ist man nirgends sicher. Zwar gilt für die meisten Pilzerkrankungen: Man bekommt sie nicht, man holt sie sich – aber das ist schnell geschehen.
Die Behandlung von Haut- und Nagelpilzen ist langwierig und erfordert große Konsequenz. Ein befallener Fußnagel muss nach der Pilzdiagnose erst völlig herausgewachsen sein – und das dauert fast ein Jahr.
Schimmelpilzsporen beispielsweise schwirren in vielen Wohnungen ebenso durch die Luft wie im Wald oder auf Wiesen. Allerdings reicht die Konzentration der Pilzsporen meist nicht für eine Infektion aus.
Die Biotonne als Gefahrenquelle
Eine alltägliche, typische Infektionsquelle für Schimmelpilze ist die Biomülltonne, die sich mit wachsendem Umweltbewusstsein steigender Beliebtheit erfreut. Die Speisereste sind ein idealer Nährboden für Pilze, besonders wenn die Tonne warm steht und selten geleert wird. Mit dem Öffnen des Deckels entsteht ein Luftwirbel, der dem Umweltfreund eine große Menge an Schimmelpilzsporen – meist des Aspergillus fumigatus – entgegenschleudert.
Sehr gefährdet sind beispielsweise Menschen mit Asthma oder einer Bronchitis. Ihnen raten Ärzte, die Finger von der Biotonne zu lassen, weil sich in ihren geschädigten Lungen die Pilzsporen besonders gut festsetzen können.
Ein Dauerbombardement mit diesen potenten Krankheitserregern erträgt selbst eine gesunde Lunge nur schwer. Auch für Gesunde gilt deshalb der Tipp, den verrottenden Nassmüll nicht länger als einen Tag in der Wohnung zu behalten.
Hobbygärtner leben gefährlich, wenn sie den erst halb verrotteten Kompost umsetzen. Ein dichtes Tuch als Atemschutz hält aber die meisten Pilzsporen ab.
Tiere als Überträger
Anders als Schimmelpilze und Dermatophyten kommen krank machende Hefen nicht frei in der Natur vor. Sie sind auf Versorgung durch ein Lebewesen angewiesen. Tiere gehören daher zu den häufigsten Pilzinfektionsquellen des Menschen. Candidaarten können beispielsweise von Kühen, Hunden, Katzen, Pferden, Schweinen, Hühnern und Fischen übertragen werden. Dermatophyten können von fast allen Haustieren auf den Menschen übergehen. Oft kommt es hier auch zu einem unfreiwilligen Pingpongeffekt.
Schließlich kann auch Ungeziefer Pilze übertragen. Milben beispielsweise kriechen auf einer infizierten Hautpartie von einem Tier oder einem Menschen entlang. Dabei heften sich Pilze an ihren Panzer und können beim nächsten Kontakt einen anderen Menschen oder ein anderes Tier befallen.
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Von Mensch zu Mensch
Natürlich kann auch ein Mensch den anderen infizieren. Ein Kuss kann bereits ausreichen. Vom Mund ausgehend, breiten sich die Pilze dann im gesamten Verdauungstrakt aus.
Beim Geschlechtsverkehr können sich Partner gegenseitig anstecken. Deshalb sollte bei permanenten Scheidenpilzinfektionen der Partner mitbehandelt werden, auch wenn er oft von seiner Infektion nichts merkt. Wenn Pilzinfektionen hartnäckig wiederkehren, sollte immer daran gedacht werden, dass der Partner die ständige Infektionsquelle sein könnte.
Schmarotzende Pilze mögen es warm und feucht, regelmäßiges »Füttern« schätzen sie ebenfalls sehr. Dies alles finden sie im menschlichen Organismus und können dort deshalb optimal gedeihen. Die verschiedenen Pilzarten bevorzugen spezielle Lieblingsplätze, wie beispielsweise den Darm, die Harnwege, Haut, Haare, Nägel oder die Atemwege.
▶ In der freien Natur, in Wohn- und Kellerräumen (gefährlich nur in sehr hohen Konzentrationen)
▶ In falsch angesetztem Kompost, in der Biomülltonne
▶ Auf Ungeziefer wie Milben
▶ Haustiere gehören zu den häufigsten Pilzüberträgern
▶ Auch ein pilzinfizierter Mensch kann natürlich andere anstecken
Die Allgegenwart der Pilze wirkt zwar bedrohlich, beweist aber auch, dass weitere Faktoren wie eine Abwehrschwäche hinzukommen müssen, bevor sie sich ernstlich im Körper ausbreiten können – sonst hätte sie jeder.
Der Darm
Schädliche Hefen z. B. brauchen keinen Sauerstoff zum Leben. Ihr idealer Aufenthaltsort ist deshalb der Darm, vorzugsweise der Dünndarm. Wie in einem Selbstbedienungsrestaurant schwimmen sie in einem nie versiegenden Nahrungsbrei. Unter optimalen Bedingungen kann sich die Anzahl der krank machenden Hefen im Darm innerhalb von 20 Minuten verdoppeln. Bevor der Mensch wichtige Nährstoffe aufnehmen kann, bedient sich der Pilz. Das gilt in erster Linie für Zucker und leicht verdauliche Kohlenhydrate, aber auch für einen so wichtigen Mineralstoff wie Kalzium, das der Pilz für seinen Zellaufbau benötigt. Der Mensch als unfreiwilliger Gastgeber bekommt von diesen Nährstoffen nur, was übrig bleibt. Die unregelmäßige Darmoberfläche bietet krank machenden Hefen ideale Verstecke. In ihren vielen kleinen Ausstülpungen, den Darmzotten, sitzen Pilze besonders gern. Meistens bilden sie dort kleine Nester. Von dort aus können sie den ganzen Körper besiedeln. In der Darmschleimhaut gibt es kleine Spalten, durch die einzelne Pilzzellen hindurchpassen.
Ist die körpereigene Abwehr nicht intakt, können sie von dort in die feinen Blutäderchen gelangen, die den Darm durchziehen – und kommen so über den Blutstrom in den ganzen Körper und alle Organe.
Wenn der Pilz im Darm direkt am gedeckten Tisch sitzt, kann man ihn dort auch besonders gut bekämpfen. Wirksame Tipps dafür finden Sie im Rezepteteil dieses Ratgebers.
Krank machende Hefen leben bevorzugt im Dünndarm. Dort können sie sich mit bestimmten Enzymen an die Darmschleimhaut anheften. Diese Hefezellen teilen sich immer weiter und bilden Fäden, die dann im Nahrungsbrei wie Algen in einem Bach schwimmen.Wenn sehr viele Pilze im Darm vorhanden sind, wachsen sie häufig auch bis in den Dickdarm oder sogar bis zum Darmausgang.
Die Harnwege
Ein funktionierendes Abwehrsystem schränkt diese Ausbreitung ein und tötet viele Pilzzellen ab, bevor sie weiteren Schaden anrichten können. Funktioniert die Körperabwehr nicht mehr richtig oder sind zu viele Pilzzellen im Körper unterwegs, können sich einige Exemplare auch in anderen Organen niederlassen. Gern sitzen sie dann beispielsweise in der Blase oder den Nieren. Sie lassen sich dann auch im Urin nachweisen. Andere Orte, an denen sie sich möglicherweise festsetzen, sind das Auge, die Geschlechtsorgane, die Herzklappen und die Atemwege.
Haut, Haare und Nägel
Auch auf der Haut und in Finger- und Fußnägeln fühlen sich Hefen unter Umständen ganz wohl. Studien haben gezeigt, dass vor allem ältere Menschen krank machende Hefen auf der Haut haben. Dort ernähren sich die Pilze von oberen Hautschichten und Hornplatten – und zerstören sie damit.
Haut, Nägel und Haarwurzeln sind auch der Stammplatz der Dermatophyten. Weil sie es gern etwas kühler als 37 °C haben, besiedeln sie den Wirt vor allem von außen. Einige jedoch vertragen höhere Temperaturen und können deshalb auch unter der Haut und in den Lymphknoten wachsen. Rund 80 Prozent aller Hautpilzerkrankungen sind auf Dermatophyten zurückzuführen.
Egal, ob Hefen, Dermatophyten oder Schimmelpilze: Sie alle sind äußerst flexibel, was ihren Aufenthaltsort anbelangt. Sie können sich zum einen über das Blut ausbreiten, wie es etwa die Hefen tun. Zum anderen geschieht dies durch eine Schmierinfektion. Dabei kommt es durch pilzinfizierte Körperstoffe wie Speichel, Eiter, Harn oder Kot zur Übertragung der lästigen Schmarotzer.
Eine Pilzerkrankung bleibt deshalb selten auf nur eine Körperstelle begrenzt. Ist beispielsweise die Harnblase infiziert, sollten stets auch andere Organe auf eine Infektion hin untersucht und behandelt werden, um den ständigen Nachschub an Pilzen zu unterbinden – der Behandlung der Blase allein wäre nur ein kurzer Erfolg beschieden. Das Gleiche gilt auch bei Haut- oder Nagelpilzen.
Das A und O der Vorbeugung von Pilzkrankheiten sind ein möglichst starkes Abwehrsystem und eine gesunde Darmflora. Dann haben es die Schmarotzer viel schwerer, sich einzunisten und Schaden anzurichten.
Die Atemwege
Auch die Schimmelpilze attackieren nicht nur Joghurt, Obst, Brot und andere Lebensmittel, sondern wachsen genauso auf und im Menschen. Ihr bevorzugter Aufenthaltsort sind die Atemwege, weil sie Sauerstoff zum Leben brauchen. Besonders gern überziehen sie die Bronchien mit ihrem Pilzgeflecht und rufen dann asthmaartige Beschwerden hervor. Hier hilft sich der Körper häufig selbst: Ein wachsender Schimmelpilz reizt die Hautoberfläche der Bronchien so stark, dass der Infizierte nach einiger Zeit heftig husten muss. Dabei werden die Pilze mit der ausgehusteten Luft nach außen geschleudert. Ist die Schleimhaut jedoch vorgeschädigt – etwa durch eine chronische Atemwegserkrankung –, kann sich der Pilz auch dauerhaft festsetzen, weil dieser Abwehrmechanismus des Körpers nicht mehr richtig funktioniert.
Da ein Schimmelpilzbefall der Lunge die Atemwege sehr schädigen kann, müssen Sie auch die Wohnung besonders sorgfältig auf Infektionsquellen durchforsten. Seltenes Lüften führt oft zu Schimmelecken hinter Möbeln oder Gardinen.